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VORWORT

Hiermit legt das Institute for Habsburg and Balkan Studies den ersten Teilband von Band III der Edition „Die Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918“ vor, der dritten Serie der „Protokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie 1848–1918“. Zur Edition im Allgemeinen und zu den Editionsrichtlinien verweisen wir auf den Beitrag „Zur Edition der cisleithanischen Ministerratsprotokolle 1867–1918“ im ersten Band dieser Reihe.

Band III behandelt die Ära des Ministeriums Adolph Fürst v. Auersperg, Teilband 1 die Periode vom ersten Ministerrat dieses Ministeriums bis Ende April 1872, insgesamt 72 Sitzungen. Die hier edierten Protokolle sind, anders als in den beiden vorangegangenen Bänden, vollständig erhalten – mit Ausnahme der ersten beiden Tagesordnungspunkte der ersten Sitzung vom 2. Jänner 1872 (Nr. 16) und der gesamten Sitzung vom 9. März 1872 (Nr. 56) – und sie sind in einem relativ guten Überlieferungszustand. Aus diesem Grund umfasst dieser Band nur eine halbjährige Zeitspanne. Im Gegensatz dazu beinhaltet der Vorgängerband knapp vier Jahre (1868–1871).

Mit der Ernennung des Ministeriums Auersperg am 25. November 1871 wurde die Konsequenz aus der Demission von Karl Siegmund Graf v. Hohenwart am 30. Oktober gezogen. Nach dem Scheitern des Ausgleichs mit den Tschechen als Basis einer föderalen Verfassungsreform wechselte diese konservative zu einer liberalen und zentralistischen Politik. Die von Hohenwart politisch umgefärbten Landtage wurden aufgelöst und Neuwahlen unter liberalen Vorzeichen durchgeführt. Dies geschah beim böhmischen nicht mit den anderen Landtagen schon Ende 1871, sondern erst im April 1872, um diese Wahlen besser vorbereiten zu können. Auch die Frage direkter Reichsratswahlen, an der das liberale Bürgerministerium 1870 gescheitert war, kehrte auf die Tagesordnung zurück. Zwar wurden die direkten Reichsratswahlen mit dem Gesetz vom 13. März 1872 als Notrecht eingeführt, während am Prinzip der Entsendung der Abgeordneten durch die Landtage nicht gerüttelt wurde. Dennoch zeigte sich darin der Wille der Regierung, die Abhängigkeit des Reichsrates von den Landtagen abzubauen. Ein Jahr später erfolgte dann die große Reform, von nun an wurde der Reichsrat direkt gewählt.

Bandbearbeiter ist Klaus Koch, die für die Digitalisierung notwendigen Arbeiten wurden von Patrick Swoboda und Anatol Schmied-Kowarzik durchgeführt, die Erstellung des Drucksatzes der Printversion und der digitalen Version von Stephan Kurz. Auch dieser Band wird unter https://mrp.oeaw.ac.at digital publiziert und so in hybrider Erscheinungsweise aus einer frei lizensierten XML-Datenquelle erstellt.

Die Arbeit an der Edition der Ministerratsprotokolle 1848–1918 ist ein langfristiges Unternehmen. Sie wird ermöglicht durch die finanzielle Sicherheit, für die wir dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften danken. Danksagen möchten wir aber auch dem Österreichischen Staatsarchiv, das unsere Arbeit schon immer gefördert hat. Aber gerade mit dem derzeitigen beschränkten Archivzugang angesichts der Corona-Pandemie hat das institutionelle und persönliche Entgegenkommen die Fertigstellung des Manuskripts ermöglicht. Ganz besonderer Dank aber gebührt Herrn Dr. Jan Kahuda aus dem Národní archiv in Prag, der dem Herausgeber dieses Bandes den Schriftwechsel zwischen dem Ministerium und dem Statthalter von Böhmen übermittelte. Die entsprechenden Archivmaterialien in Wien sind – als Teil des Ministerratspräsidiums – dem Justizpalastbrand 1927 zum Opfer gefallen.

Wien, im Frühjahr 2022Franz Adlgasser, Klaus Koch, Anatol Schmied-Kowarzik