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Nr. 608 Ministerrat, Wien, 23. Oktober 1871 - (PDF)

RS. und bA.; P. Weber; VS. Hohenwart; BdE. und anw. (Hohenwart 23. 10.), Holzgethan 27. 10, Scholl 28. 10., Jireček 28. 10., Schäffle (bei II bis VII) 30. 10., Habietinek 31. 10., Grocholski 31. 10.

[Tagesordnungspunkte]
KZ. 2820 – MRZ. 115

|| || Protokoll des zu Wien am 23. Oktober 1871 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Präsidenten des Ministerrates und Ministers des Innern Grafen Hohenwart.

I. Gesetzesentwurf des steiermärkischen Landtages über die Einreihung der Straße von Cilli über St. Marein bis zur Einmündung in die Gösschach–Landesberger Straße in die Kategorie der Bezirksstraßen erster Klasse - (PDF)

I. ℹ️ Der Präsident des Ministerrates als Minister des Innern erhält die Ermächtigung, für den beim steiermärkischen Landtag beschlossenen Gesetzentwurf, mit welchem die einen Teil des Straßenzuges von der südöstlich kroatisch-steirischen Grenze nach Kärnten bildenden Straße von Cilli über St. Marein bis zur Einmündung in || || die Pötschach–Windisch Landsberger Straße in die Kategorie der Bezirksstraßen erster Klasse eingereiht wird, nachdem der erste Teil des obenerwähnten Straßenzuges (nämlich von Cilli nach Windischgrätz) bereits in diese Kategorie gehört und der Verkehr daselbst bedeutend ist, die Ah. Sanktion einholen zu dürfen1.

II. Gesetzesentwurf des dalmatinischen Landtages wegen Einführung einer Hundesteuer - (PDF)

II. ℹ️ Der Präsident des Ministerrates als Minister des Innern bringt den vom dalmatinischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf zum Vortrage, womit die Gemeinden ermächtigt werden sollen, eine Auflage auf den Besitz von Hunden einzuführen2. Gegen die Ah. Sanktionierung dieses Gesetzentwurfes sprechen nach den Anschauungen des Präsidenten einige Bedenken.

Im § 5 werde dem Gemeinderat das Recht der inappellabeln Entscheidung über Rekurse in Angelegenheiten der Ausführung dieses Gesetzes eingeräumt. Dies sei eine Bestimmung, die mit der Gemeindeordnung || || [] mit unserer [] überhaupt im Widerspruch [], wornach gegen Be[] der Gemeindevertretungen [] eine Berufung, sei es an den Landesausschuss, sei es an die lf. Behörden offen bleibt3. Ein solches Berufungsrecht sei umso notwendiger bei einem Besteuerungsgesetze, weil sonst die Gemeinde Partei und Richter in einer Person wäre und den Besteuerten der gebührende Rechtsschutz entzogen würde.

Der § 6 erkläre als aufrecht bestehend „die von den Gemeinden in Ausübung der Lokalpolizei in Betreff der Aufsicht über die Hunde bereits getroffenen Verfügungen“. Da diese Verfügungen nicht bekannt sind und möglicherweise gesetzwidrige Bestimmungen enthalten können, so erscheine es bedenklich, selbe durch diesen Gesetzentwurf ohne weiters in Bausch und Bögen zu sanktionieren.

Außer diesen zwei wesentlichen Anständen, welche der Ah. Sanktionierung des Gesetzentwurfes entgegenstehen, und [] als Gründe der || || Sanktionsverweigerung hinzuweisen wäre, ergeben sich noch zwei Bedenken, auf welche der Präsident den Statthalter bloß aufmerksam zu machen beabsichtigt. Diese seien: das Ausmaß der Taxe, welche mit einem Maximalbetrag von 8 fr. bestimmt ist, einem Betrag, der im Verhältnis mit anderen Ländern viel zu hoch gegriffen ist, da selbst in Niederösterreich die höchste Taxe 4 fr. beträgt. Weiter soll nach § 3 für jeden Wachhund auf Feld und Schiffen eine Registrierungstaxe von 50 Kreuzern gezahlt werden, ohne dass es klar wird, ob diese Registrierungstaxe nebst der Steuer einzuheben ist oder für die erwähnte Gattung von Hunden die Befreiung von der Steuerentrichtung beabsichtigt wird.

Der Landesverteidigungsminister ist mit der Nichterteilung der Ah. Sanktion umso mehr einverstanden, als die Durchführung des Gesetzes in den unwirtbaren Gegenden Dalmatiens, wo es schwer ist, || || [] einzuheben, [] Hindernissen ver[] wäre und der Taxbetrag unverhältnismäßig [] ist.

Die Konferenz stimmt dem Antrage des Präsidenten bei4.

III. Zustimmungstelegramm der Gemeinde Žižkov und der kgl. Weinberggemeinde bei Prag - (PDF)

III. ℹ️ Dem Präsidenten des Ministerrates ist folgendes Telegramm aus Prag de dato 22. Oktober l. J. zugekommen, welches er dem Ministerrate zur Kenntnis bringt:

„Die öffentlich versammelten Bürger von Žižkov und der königlichen Weinberggemeinde sprechen ihr Vertrauen in die mit unseren Führern Rieger und Martinitz begonnene Ausgleichsaktion aus und hoffen, dass es Ew. Exzellenz Loyalität, Patriotismus und Standhaftigkeit gelingen werde, den Ausgleich zum Wohle und Heile unseres Königs der Völker Österreichs und unseres Vaterlandes zustande zu bringen“5.

IV. Au. Adressen der Landtage in Galizien, Bukowina, Oberösterreich und Mähren - (PDF)

|| || IV. ℹ️ Der Präsident des Ministerrates beabsichtigt die durch die betreffenden Länderchefs eingesendeten au. Adressen des galizischen Landtages, beschlossen in der Sitzung vom 2. Oktober 1871, des Bukowinaer Landtages vom 7. Oktober, des oberösterreichischen Landtages vom 25. September und des mährischen Landtages vom 13. Oktober Sr. k. u. k. apost. Majestät mit den gleichlautenden Resolutionsentwürfen: „Ich habe die vom … Landtage in der Session vom … beschlossene Adresse zur Kenntnis genommen“ au. zu unterbreiten6.

Die Konferenz erklärt sich einverstanden7.

V. Verleihung des Ritterkreuzes vom Leopoldorden an den Hofrat und Polizeidirektor Ritter v. Hammer in Lemberg - (PDF)

V. ℹ️ Dem Präsidenten des Ministerrates als Minister des Innern liegt das mit Gesundheitsrücksichten motivierte und mit ärztlichen Zeugnissen belegte Pensionsgesuch des Lemberger || || Polizeidirektors Hofrates Anton Hammer Ritter v. Pohlau vor.

Der Statthalter Graf Gołuchowski bestätigt, dass Hofrat v. Hammer der Ruhe bedarf, beantragt die Versetzung desselben in den bleibenden Ruhestand und die Bemessung der Ruhegebühr nach der Anzahl der zurückgelegten Dienstjahre mit 5/8 von dem 3.000 fr. betragenden Jahresgehalte8. Dagegen walte kein Anstand ob. Der Statthalter hebt weiter hervor, dass Hofrat Hammer während seiner ganzen Dienstzeit unter schwierigen Verhältnissen stets eine sehr angestrengte und ausgezeichnete Tätigkeit entwickelt hat. Im Jahre 1863 wurde derselbe über Antrag des damaligen Statthalters Grafen Mensdorff mit dem Orden der eisernen Krone III. Klasse dekoriert. Da Hammer durch 16 Jahre Polizeidirektor in Lemberg war, hält es Graf Gołuchowski für angedeutet, ihm aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand einen neuerlichen Beweis der Ah. Zu|| || friedenheit zuteil werden zu lassen und befürwortet die Ag. Verleihung des Ritterkreuzes vom Leopold-Orden.

Der Präsident des Ministerrates stimmt der Ansicht des Statthalters bei und wird von der Konferenz mit einhelligem Beschluss ermächtigt, den bezüglichen au. Antrag zu stellen9.

VI. Bitte des patriotischen Hilfsvereines um eine Ah. Auszeichnung für den Hofrat Med. Dr. Billroth und für den Professor Med. Dr. Folwarczny - (PDF)

VI. ℹ️ Der Präsident des Ministerrates als Minister des Innern bringt ein Gesuch des Wiener patriotischen Hilfsvereines um Erwirkung von Ah. Auszeichnungen für die Professoren Hofrat Dr. Billroth und Dr. Folwarczny zum Vortrag10.

Bei Beginn des preußisch-französischen Feldzuges wurden von Seite des Wiener patriotischen Hilfsvereines Ärzte in die beiderseitigen Lager entsendet, und zwar nach Frankreich der Titularstabsarzt Dr. Freiherr v. Mundi und Dr. Albert Mosetig, nach Preußen Hofrat Dr. Theodor Billroth und Professor Dr. Karl || || Folwarczny. Den ersteren wurden auf Antrag des Kriegsministers von Sr. apost. Majestät Ordensdekorationen verliehen, und zwar dem Freiherrn v. Mundi die Eiserne Krone II. Klasse und dem Dr. Mosetig derselben Orden III. Klasse11. Der patriotische Hilfsverein wendete sich nun abermals an den Kriegsminister mit dem Ansuchen, auch für die beiden andern, nach Preußen entsendeten Ärzte Ah. Auszeichnungen erwirken zu wollen. Nachdem diese Angelegenheit vom Kriegsminister, und zwar mit dem Beifügen, dass ihm zwar keine näheren Daten über die Verdienstlichkeit der genannten Ärzte zu Gebote stehen, er aber von seinem Standpunkte das Ansuchen befürworten müsse, an den Präsident des Ministerrates geleitet worden, habe er für angezeigt erachtet, sich an das Ministerium des Äußern um Auskünfte über die Leistungen dieser Ärzte zu wenden12. Das Ministerium des Äußern sprach sich über die Leistungen || || der gedachten Ärzte, welche in der zur vollsten Zufriedenheit geführten Leitung von Spitälern bestanden, vorteilhaft aus, ohne jedoch besonders hervorragende Daten mitteilen zu können 13.

Der Präsident des Ministerrates bemerkt, es scheine ihm allerdings, dass die Parität es erheischen würde, auch den nach Preußen entsendeten Ärzten Ah. Anerkennungen zuzuwenden. Dagegen sei aber folgendes in Betracht zu ziehen. Hofrat Billroth habe von Sr. Majestät dem Könige von Preußen für seine Dienstleistung den Orden des eisernen Kreuzes II. Klasse am weißen Bande, außerdem von Sr. königlichen Hoheit dem Großherzoge von Baden das Kommandeurkreuz I. Klasse vom Zähringer Löwenorden, Dr. Folwarczny von Sr. Majestät dem Könige von Preußen das eiserne Kreuz II. Klasse am weißen Bande und von Sr. Majestät dem Könige von Bayern das Ritterkreuz I. Klasse des Militärverdienstordens erhalten14. || || [] sei nicht zu ver[] ihre Dienstleistung [] des Siegers, wo sie weder Entbehrungen nach Gefahren ausgesetzt waren, mit jener der nach Frankreich entsendeten Ärzte, für welche letzteren von französischer Seite keine Auszeichnung zuteil wurde, nicht in eine Linie gestellt werden kann. Bei dieser Sachlage scheine dem Präsidenten des Ministerrates die nötigen Anhaltspunkte zu fehlen, um für Dr. Billroth und Dr. Folwarczny noch auf eine österreichische Dekoration den Antrag zu stellen. Er glaube daher, auf das Ansuchen des patriotischen Hilfsvereines nicht eingehen zu können.

Der Landesverteidigungsminister kann diese Ansicht nur bekräftigen. Soviel ihm bekannt, haben Billroth und Folwarczny wohl in Spitälern gewirkt. Ihm sei aber kein einziger Fall bekannt, wo sie auf dem Schlachtfeld beschäftigt gewesen wären. Mundi und Mosetig dagegen entfalteten ihre Tätigkeit || || in einer eingeschlossenen, durch viele Monate belagerten Stadt, ausgesetzt den größten Entbehrungen und den Projektilen des Gegners. Weiters sei ihm bekannt, dass die von Mundi und Mosetig dort eingeführten österreichischen Ambulanzen allseitig als die besten anerkannt worden sind. Der Unterschied zwischen den Leistungen sei daher ein namhafter.

Der Unterrichtsminister ist umso mehr einverstanden, als Dr. Billroth, der ein Militärspital in Mannheim, also entfernt von Gefahren, geleitet, noch eine zu kurze Zeit in Österreich Professor ist, als dass von diesem Gesichtspunkte für ihn eine Dekoration beantragt werden könnte, und als der Unterrichtsminister überdies kürzlich vernommen hat, dass Billroth den österreichischen Dienst verlassen dürfte.

Der Ministerrat erklärt sich mit der Ansicht des Präsidenten einhellig einverstanden15.

VII. Verleihung des Leopoldordens an den Ministerialrat Moritz Ritter v. Löhr; – der eisernen Krone III. Klasse an den Ministerialrat Krumhaar, und des Adels an den Gemeinderat Melingo - (PDF)

|| || VII. ℹ️ Der Unterrichtsminister bringt zur Kenntnis, dass der Bau Museums für Kunst und Industrie“ vollendet ist16. Se. apost. Majestät haben dem Unterrichtsminister Ag. []nen zu lassen geruht, dass die Schlusssteinlegung am 4. November l. J. vorgenommen werden wird. Mit Rücksicht hierauf habe Se. kaiserliche Hoheit Erzherzog Rainer als Protektor des Museums eine Reihe von Auszeichnungen beantragt, von denen einige derart sind, dass der Unterrichtsminister der Zustimmung des Ministerrates bedarf, um sie Sr. apost. Majestät au. in Vorschlag bringen zu können.

Se. K. Hoheit beantragen für den Ministerialrat im Ministerium des Innern Moritz Ritter v. Löhr und für den Ministerialrat des Unterrichtsministeriums Josef Krumhaar Dekorationen, deren Kategorie Höchstderselbe nicht weiter andeutet, für den Wiener Gemeinderat Achilles Melingo die Verleihung des Adelsstandes und || || für den Ingenieur des Baudepartements im Ministerium des Innern Ferdinand Gaube das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens. Was den Ministerialrat Krumhaar betrifft, so müsste ihm der Unterrichtsminister das Zeugnis geben, dass er nicht bloß bei dem Museumsbau, sondern auch sonst eine sehr anerkennenswerte Tätigkeit entwickelt, speziell den Bau des neuen Obergymnasiums in der Rossau, des chemischen Laboratoriums und andere in das Unterrichtsressort einschlagende Baulichkeiten mit Umsicht und Energie geführt hat und einer Ah. Auszeichnung würdig ist. Er glaubt, für Ministerialrat Krumhaar, da derselbe noch keine Auszeichnung besitzt, den Orden der eisernen Krone III. Klasse in Vorschlag bringen zu sollen. In Betreff des Gemeinderates Melingo habe der Unterrichtsminister auch vom niederösterreichischen Statthalter nähere Auskünfte eingeholt. Selbe lauten sehr günstig. Er nehme daher || || [] dem Wunsche Sr. kaiserliche Hoheit gemäß die Erhebung des Achilles Melingo in den einfachen Adelsstand zu befürworten. In Betreff des Ministerialrates Moriz v. Löhr, von dem ihm bekannt ist, dass er sich vielfach bei großen Bauführungen verwendet, und das Ingenieurs Gaube, dessen besondere Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit Se. kaiserliche Hoheit hervorheben, müsse er, da es notwendig ist, nicht bloß die hier in Frage stehende, sondern die gesamte Tätigkeit ins Auge zu fassen, Se. Exzellenz den Präsidenten des Ministerrates als Minister des Innern bitten, seine Ansicht auszusprechen.

Der Präsident des Ministerrates bemerkt, dass Ministerialrat Moriz v. Löhr außer den Museumsbau auch noch beinahe alle größeren Bauten für ärarische Zwecke mit großer Umsicht und anerkannter Sachkenntnis leitet. Er würde keinen Anstand nehmen, || || wenn Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Rainer einen Wert darauf legt, dass Ministerialrat Löhr aus Anlass des Museumsbaues eine Dekoration erhalte, für denselben, nachdem er die eiserne Krone III. Klasse bereits besitzt, die Ag. Verleihung des Leopoldordens zu beantragen. Was den Ingenieur Gaube anbelangt, so scheine ihm das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens mit Rücksicht auf die Auszeichnungsgrade, die anderen Ingenieuren des Baudepartements zuteil geworden sind, zu hoch gegriffen, und würde er das goldene Verdienstkreuz mit der Krone für hinreichend halten. Der Unterrichtsminister stimmt dieser Anschauung bei.

Die Konferenz ermächtigt den Unterrichtsminister, für Ministerialrat Moriz v. Löhr das Ritterkreuz des Leopoldordens, für den Ministerialrat Krumhaar die eiserne Krone III. Klasse und für Achilles Melingo die Ver|| || leihung des Adels au. in Antrag zu bringen. Was die Auszeichnung des Ingenieurs Gaube betrifft, so behält sich der Unterrichtsminister vor, da die Verleihung von Verdienstkreuzen instruktionsgemäß keinen Gegenstand der Konferenz bildet, im eigenen Wirkungskreis den au. Antrag zu stellen17a .

VIII. Auszeichnungsantrag für den technischen Akademiedirektor Reisinger in Lemberg - (PDF)

VIII. ℹ️ Dem Unterrichtsminister liegt ein Bericht des galizischen Statthalters vor, worin für den technischen Akademiedirektor Reisinger in Lemberg, dessen Posten bei der Umgestaltung, welcher die von ihm bisher geleiteten Anstalt entgegengeht, aufgelassen wird und der deshalb nach vollstreckter voller Dienstzeit in den Ruhestand tritt, die Ag. Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden beantragt wird18. Der Unterrichtsminister glaubt den Antrag mit Rücksicht auf die geschilderte Verdienstlichkeit || || Reisingers unterstützen zu sollen.

Minister Ritter v. Grocholski bemerkt, er habe zwar diesem Vorschlag, der ihm vorher mitgeteilt worden, seine Zustimmung beigefügt, sich aber vorbehalten, im Ministerrat einen weiteren Antrag zu stellen. Er finde, dass diese Auszeichnung für Reisinger, wenn er nach seiner dienstlichen Stellung überhaupt eine höhere erhalten kann, eine zu geringe ist. Reisinger sei einer der wenigen Beamten, welche wirklich dem Lande zugetan waren, und habe sehr ersprießliche Dienste geleistet. Die Anstalt sei schwach dotiert gewesen, und es könne daher ausschließlich nur seinem Verdienste zugeschrieben werden, dass aus der Lemberger technischen Akademie junge Techniker hervorgingen, welche in Wien bei den verschiedenen Eisenbahnverwaltungen mit hier gebildeten Technikern konkurrieren konnten. Reisinger sei übrigens noch rüstig und könnte noch weiter dienen, || || [] Einführung der polnischen Sprache nicht ein Hindernis wäre. Er würde daher die Eiserne Krone III. Klasse für Reisinger beantragen.

Der Unterrichtsminister erklärt, dass er sich nur dem Antrage des Statthalters angeschlossen habe, von seinem Standpunkte aber gegen die von Minister Ritter v. Grocholski beantragte höhere Auszeichnung, da Reisinger Direktor einer technischen Hochschule ist, nichts einzuwenden habe.

Der Finanzminister votiert für die Verleihung des Franz-Joseph-Ordens, nachdem auf sein Befragen über den Rang des von Reisinger bekleideten Dienstpostens der Unterrichtsminister die Auskunft erteilt, dass Reisinger dermal noch in der []ten Diätenklasse steht, da das Gesetz über die Gleichstellung der technischen mit den Universitätsprofessoren im Reichsrate nicht zum Abschlusse gelangt ist. Zugleich bemerkt der Finanzminister, dass nach der vernom|| || menen Schilderung die bisherige Einrichtung der Anstalt dem Lande nicht zum Schaden gereicht hat, daher die Notwendigkeit der Umgestaltung doch nicht so dringend gewesen sein muss.

Der Landesverteidigungsminister und der Justizminister stimmen für den Antrag des Ministers Ritter v. Grocholski, dem sich auch der Unterrichtsminister angeschlossen hat.

Der Präsident des Ministerrates konstatiert, dass sich die Majorität für die Verleihung der Eisernen Krone III. Klasse an Reisinger entschieden hat. Er für seine Person könnte sich nur für das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens aussprechen, umso mehr als vom Statthalter eine höhere Dekoration nicht beantragt worden ist19.

IX. Drei Gesetzesentwürfe des Kärntner Landtages, betreffend die Abänderung der Volksschulgesetze: a) zur Regelung der Errichtung, Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen; b) zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen; c) betreffend die Schulaufsicht - (PDF)

IX. ℹ️ Der Kultus- und Unterrichtsminister referiert über die vom Kärntner Landtage in der || || [] abgehaltenen Session be[] Gesetzentwürfe in Beziehung auf die Abänderung der Volksschulgesetze20.

Die Veranlassung hiezu gab die im März l. - (PDF)

Die Veranlassung hiezu gab die im März l. J. vom Unterrichtsministerium an den Landesschulrat ergangene Aufforderung, eine Enquete zur Revision der bestehenden Schulgesetze zur Behebung der denselben anklebenden Mängel einzuleiten. Der Kärntner Landtag hat nicht gesäumt, sich mit Abänderungsvorschlägen zu befassen. Die bezüglichen Operate wurden vom Landtage dankbar entgegengenommen und als Grundlage seiner Verhandlungen benützt. Der Unterrichtsminister war in der Lage, in die Verhandlungen rechtzeitig einzugreifen, beziehungsweise dem Landeschef die nötigen Instruktionen zu erteilen21, denen auch der Landtag in allen wesentlichen Punkten entsprach, so dass die vorliegenden Gesetzentwürfe dem Unterrichtsminister geeignet erscheinen, das Volksschulwesen Kärntens || || nachhaltig zu fördern.

Der Gesetzentwurf a (Errichtung, Erhaltung und Besuch der öffentlichen Volksschulen) ändert vollständig den III. Abschnitt des Schulerrichtungsgesetzes vom 17. Jänner 187022, indem, während dieses die gesamten Kosten auf die Bezirke gewiesen hat, nunmehr die Schulbezirke gänzlich fallengelassen und die Kosten auf die Schulgemeinde und das Land verteilt werden. Der Unterrichtsminister teilt mit, in welche Weise nach dem neuen Entwurf diese Verteilung vor sich gehen soll.

Der Gesetzentwurf b bezweckt die Abänderung des Landesgesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Volksschullehrer23. Die hier vorgeschlagenen Änderungen sind nicht von wesentlichem Belang. Nur die Bestimmung des § 14 ist hervorzuheben, wornach bei allen Ernennungen die Vertreter des Landesausschusses im Landesschulrate je zwei Stimmen haben sollen, eine Forderung, welche durch die Zahlung der Lehrergehalte aus || || dem Personalfonds gerechtfertigt [] sich vorteilhaft von []ordnung des oberösterreichischen Gesetzes unterscheide, nach welcher der Landesausschuss selbst die Ernennungen der Lehrer ausspricht. Der Unterrichtsminister macht weiter die Mitteilung von den Bestimmungen des Abänderungsgesetzes über die Dienstesbezüge der Lehrer, welche Bestimmungen zu keiner Einwendung Anlass geben.

Der Gesetzentwurf c bezielt die teilweise Abänderung des Gesetzes vom 8. Februar 1869 über die Schulaufsicht24, wie sie sich aus dem infolge der Gesetze a und b vermehrten Einfluss der Schulgemeinden auf die Ortsschulen ergeben. Hervorzuheben sei hier namentlich der § 7, welcher für Fälle, wo ein Ortsschulrat seine Schuldigkeit nicht tut und eine Neuwahl ein besseres Resultat nicht erwarten lässt, den Landesschulrat im Einvernehmen mit dem Landesausschusse zur zeitweiligen Ernennung eines Schuladministrators || || berechtigt, eine Maßregel, die sich nach den bisherigen Erfahrung sehr empfehle. Der häufig wahrgenommenen Teilnahmslosigkeit für die Interessen der Schule werde dadurch entgegengetreten, dass das Gesetz die Annahme der Wahl zum Vorsitzenden oder Stellvertreter des Vorsitzenden im Ortsschulrate unter Strafandrohung zur Pflicht macht. Weitere Bestimmungen regeln zweckmäßig die Ortsschulaufsicht in Städten mit eigenen Gemeindestatuten, wo ein Stadtschulrat den Wirkungskreis des Orts- und Bezirksschulrates in sich vereinigen soll. Der Landeschef trägt auf die Ah. Sanktionierung der drei Gesetzentwürfe an25, welchen Antrag der Unterrichtsminister, da er darin eine durchgreifende Verbesserung der Kärntner Landesschulgesetze erkennt, unbedingt beitreten zu sollen erachtet.

In Betreff des Gesetzentwurfes ad a stellt der Finanzminister die Frage, || || []keit der Steuer[] irgendeiner Weise in Anspruch genommen wird, beziehungsweise ob und welche Bestimmungen über die allfällige Mitwirkung der Steuerämter in dem Entwurfe vorkommen.

Der Unterrichtsminister gibt die Auskunft, dass diesfällige Bestimmungen in dem Gesetzentwurfe nicht enthalten sind. Da die Leistungen zu Schulzwecken zwischen dem Landesfonds und den Gemeinden geteilt sind, so werden selbstverständlich die Steuerämter nur insoferne in Anspruch genommen, als ihnen die Einhebung der Landesfondsbeiträge obliegt.

Der Finanzminister erklärt sich unter dieser Voraussetzung mit der Erwirkung der Ah. Sanktion für den Gesetzentwurf a einverstanden. Die übrigen Konferenzmitglieder stimmen gleichfalls bei.

|| || Zu dem Gesetzentwurfe b gibt der Unterrichtsminister über Befragen des Präsidenten des Ministerrates die Aufklärung, dass im Landesschulrate bei jeder Ernennung von Lehrern die zwei Vertreter des Landesausschusses Doppelstimmen, somit zusammen vier Stimmen haben sollen. Der Landesschulrat ist aber so zusammengesetzt, dass er mit diesen vier Stimmen nicht majorisiert werden kann. Der Landesausschuss habe sich dieses Recht vindiziert, um einen größeren Einfluss auf die Schulen zu gewinnen. Der Unterrichtsminister glaubt, dieser Einrichtung den Vorzug vor jener in Oberösterreich geben zu sollen26.

Der Präsident des Ministerrates macht hiezu die Bemerkung, dass in Oberösterreich der Landesausschuss präsentiert und dem Landesschulrate das Recht zusteht, solche Lehrer, gegen welche ein Ausschließungsgrund obwaltet, abzulehnen. Die Dekrete fertigt der Landesschulrat aus, wobei er zu überwachen hat, || || [] zum Lehramte [] werde, dem die [] mangelt oder gegen den ein Ausschließungsgrund spricht. Der Präsident des Ministerrates erklärt jedoch, dass er gegen die vom Kärntner Landtage beschlossene Modalität keine Einwendung zu erheben habe.

Die Konferenz erteilt ihre Beistimmung zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den Gesetzentwurf ad b.

Was den Gesetzentwurf ad c anbelangt, so gibt der Unterrichtsminister zu der Bestimmung in Betreff der Bestellung von Administratoren die Erläuterung, dass die bezeichnete provisorische Maßregel für so lange zu dauern hat, bis die Gewähr gegeben ist, dass die Schulgeschäfte durch einen gewählten Ortsschulrat ordnungsmäßig werden besorgt werden. Die Ortsschulräte namentlich auf dem Lande seien die schlechteste Partie unserer Schulgesetzgebung. Sie tun || || nichts, ja sie übertreten selbst das Gesetz. Der Schulbesuch scheitere sehr häufig daran, dass die Mitglieder des Ortsschulrates ihre eigenen Kinder nicht in die Schule schicken. Es sei daher ein Remedium für Fälle der Unkenntnis oder Renitenz geboten.

Der Präsident des Ministerrates hat jedoch ein Bedenken gegen die in dem Entwurfe normierte Bestellung von Administratoren. Das Reichsgesetz über die Volksschulen bestimme ausdrücklich, dass für jede Schule ein Ortsschulrat bestehen soll27. Diese Institution könne man nicht einfach beseitigen und durch Administratoren ersetzen, ohne das Reichsgesetz zu alterieren. Die Bestimmung scheine ihm daher ein Eingriff in das Reichsgesetz zu sein. Durch ein solches Provisorium in infinitum werde es in das Belieben des Landesschulrates gestellt, die Ortsschulräte ganz zu beseitigen. Er sehe auch keinen genügenden Grund für die Notwendigkeit dieser Abänderung. Wenn der Landes|| || schulrat [] Überzeugung ein[] dass ein Bezirksschulrat [] Pflicht nicht erfüllt, stehen ihm die Landesschulinspektoren und Bezirksschulinspektoren zur Verfügung, um Gebrechen zu beheben und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Er glaube daher, dass der Gesetzentwurf ad c sich zu Ah. Sanktion nicht eignet.

Der Unterrichtsminister anerkennt die Bedenken des Präsidenten und konformiert sich mit dem Antrage auf Verweigerung der Ah. Sanktion, umso mehr als dieser Gesetzentwurf am wenigsten dringend notwendig ist.

Minister Ritter von Grocholski ist vom praktischen Standpunkte für die Ah. Sanktion, indem er einen Eingriff in das Reichsgesetz darin nicht erblickt. Kein Gesetz könne in einem solchen Sinne aufgefasst werden, dass dabei eine entsprechende Durchführung zur Unmöglichkeit wird. Das Verhältnis des Orts|| || schulrates zum Bezirksschulrate sei ja im Reichsgesetz auch nicht geregelt. Man könnte daher daraus folgen, dass letzterer auch nicht das Recht hat, den Bezirksschulrat mit Strafen zu belegen. Hat aber das höhere Organ dieses Recht, so müsse es auch zur Auflösung, und wenn von einer Neuwahl kein Resultat zu erwarten ist, zur Bestellung eines Administrators berechtigt sein.

Der Präsident des Ministerrates bemerkt, die Mittel gegen einen säumigen oder renitenten Ortsschulrat seien Geldstrafen oder die Auflösung. Die gänzliche Beseitigung sei aber dem Reichsgesetze widersprechend. Es trete hier ein gleiches Verhältnis ein wie bei Gemeindevertretungen. Die Regierung habe da nur in Betreff des übertragenen Wirkungskreises das Recht, einen Verwalter zu bestellen, weil der übertragene Wirkungskreis nach dem Gesetze überhaupt jeden Moment den Gemeinden abgenommen werden kann. Was aber den au|| || tonomen Wirkungskreis der Gemeinde betrifft, so dürfe die Regierung nur zur Auflösung und Neuwahl schreiten, nicht aber, wenn sie von letzterer kein entsprechendes Resultat erwarten zu können glaubt, einen bleibenden Administrator einsetzen.

Der Finanzminister votiert mit Minister Ritter von Grocholski für die Ah. Sanktionierung des Gesetzentwurfes ad c, der Landesverteidigungsminister, der Justizminister und der Unterrichtsminister, somit die Majorität für den Antrag des Präsidenten, nämlich für die Verweigerung der Ah. Sanktion28.

X. Neuerliche Beratung über die Ah. Sanktionierung des vom schlesischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreffend den Religionsunterricht in den Realschulen - (PDF)

X. ℹ️ Der Präsident des Ministerrates bringt schließlich folgende Angelegenheit zur Sprache. In der Ministerratssitzung vom 5. Oktober l. J. hat der Unterrichtsminister einen vom || || schlesischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend den Religionsunterricht in den Realschulen vorgetragen und von seinem Standpunkte die Nichtsanktionierung beantragt, weil dadurch die Erteilung des Religionsunterrichtes in den oberen Klassen der Realschulen ausgeschlossen wird und der Unterrichtsminister diese Änderung weder durch die im Motivenbericht als Grund angegebene Konsequenz aus dem interkonfessionellen Gesetze noch aus didaktischen oder pädagogischen Rücksichten gerechtfertiget fand. Die Majorität der Konferenz habe sich für die Sanktionierung aussprechen zu sollen geglaubt29.

Dem Präsidenten des Ministerrates sei nun von Sr. apost. Majestät unter Einhändigung des Aktes der Ah. Auftrag erteilt worden, die Angelegenheit nochmals der Erwägung des Ministerrates zu unterziehen30. Aus der Einsicht in den Akt habe er entnommen, dass der fragliche Gesetzentwurf bloß || || [] einzigen [] Realschulgesetzes (§ 8) [] hat, während er bei der Konferenz vom 5. Oktober von der Voraussetzung ausgegangen war, dass es sich um die Ah. Sanktionierung des Realschulgesetzes überhaupt handelt. Mit Rücksicht auf diesen Umstand, der ihm entgangen war, schließe er sich dem Antrage des Unterrichtsministers an und ersuche die Konferenzmitglieder, auch ihre Ansicht darüber auszusprechen.

Der Justizminister, welcher in der Sitzung vom 5. Oktober nicht zugegen war, spricht sich, nachdem ihm der Sachverhalt vom Präsidenten näher erörtert worden, entschieden gegen die Ah. Sanktionierung aus.

Der Unterrichtsminister wiederholt sein ursprüngliches Votum für die Verweigerung der Ah. Sanktion mit dem Bemerken, dass demselben der nun abwesende Handelsminister beigetreten war.

|| || Der Finanzminister erklärt, er sei gleichfalls der Ansicht gewesen, dass es sich um ein vollständiges Realschulgesetz handle, und habe geglaubt, dass diese Bestimmung allein nicht Anlass sein sollte, die Ah. Sanktion zu verweigern, zumal als andere gleiche Realschulgesetze bereits die Ah. Sanktion erhalten hatten. Nachdem es sich aber nicht darum, sondern nur um die Eliminierung einer Bestimmung handelt, für welche ein plausibler Grund nicht vorhanden ist, so nehme er keinen Anstand, sich nun gleichfalls entschieden gegen die Sanktionierung auszusprechen. Der Landesverteidigungsminister und Minister Ritter von Grocholski schließen sich diesem Votum an.

Die Konferenz entscheidet sich somit einhellig dahin, dass auf die Verweigerung der Ah. Sanktion einzuraten sei31.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 11. November 1871. Franz Joseph.