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Nr. 56 Ministerrat, Wien, 28. Oktober 1867

RS. fehlt; Abschrift, Ava., Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich) ; Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta., Kabinettskanzlei, Protokoll 1867 .

P. Meyer; VS. Taaffe; anw. John, Becke, Hye.

KZ. 2440 – MRZ. 187 –

Ministerratsprotokoll vom 28. Oktober 1867 unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidentenstellvertreters Grafen Taaffe.

I. Beratung des vom Subkomitee des Abgeordnetenhauses entworfenen Delegationsgesetzes

I. Graf Taaffe eröffnete die Sitzung mit der Bemerkung, es sei ihm von dem Subkomitee des Abgeordnetenhauses 1 der von demselben ausgearbeitete Gesetzesentwurf betreffend die allen Ländern der österreichischen Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten und die Art ihrer Behandlung2 übermittelt worden, und derselbe werde noch heute in einer Abendsitzung des Subkomitees 3 zur Beratung gelangen. Derselbe unterscheide sich wesentlich in zwei Punkten von der Regierungsvorlage4.

Den bloß formalen Charakter der Regierungsvorlage verlassend enthalte er gleich im ersten Artikel die erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen über das, was als gemeinsame Angelegenheiten für alle Länder der Monarchie anzusehen sei. Die diesfalls aufgenommenen Bestimmungen schließen sich übrigens genau den bezüglichen des 67er Elaborates an.

Die zweite wesentliche Änderung betreffe die Verteilung der Mitgliederzahl der Delegation auf das Herren- und das Abgeordnetenhaus. In der Regierungsvorlage geschehe diese Verteilung nach dem Maßstabe von ⅓ zu ⅔, sodass das Herrenhaus 20, das Abgeordnetenhaus 40 Mitglieder in die Delegation zu entsenden hätte. Der vorliegende Entwurf wende dagegen den Maßstab von ¼ zu ¾ an, demnach der Wahl des Herrenhauses nur 15, derjenigen des Abgeordnetenhauses dagegen 45 Mitglieder anheimfielen, von welchen letzteren 40 durch die Abgeordneten der einzelnen Landtage, 5 aber durch das ganze Haus gewählt werden sollten.

In einer so wichtigen Sache sei es nun Aufgabe der Regierung, noch bevor der Gegenstand vor das Abgeordnetenhaus gelange, sich klar zu werden über die Stellung, welche sie diesem Gesetzentwurfe gegenüber einzunehmen gedenke.

Nach seiner unmaßgeblichen persönlichen Ansicht dürften gegen die Aufnahme gesetzlicher Bestimmungen über die gemeinsamen Angelegenheiten in das Delegationsgesetz keine Einwendungen erhoben werden, diese Aufnahme vielmehr mit Rücksicht auf den Vorgang in Ungarn, wo das 67er Elaborat einfach vom Reichstage zum Gesetz erhoben worden sei5, als notwendig erscheinen. Dagegen scheine ihm der Anstand zu erfordern, dass die Regierung den Verteilungsmaßstab der Regierungsvorlage für die vom Herren- und Abgeordnetenhause in die Delegation zu entsendenden Mitglieder verteidige, ohne jedoch daraus eine prinzipielle Frage zu machen.

Man schritt hierauf zur artikelweisen Beratung des Entwurfesa .

Der Kriegsminister Freiherr v. John äußerte Bedenken über die vorliegende Textierung des § 1 lit. b. Es werde das Kriegswesen mit Inbegriff der Kriegsmarine als gemeinsame Angelegenheit bezeichnet, ausgenommen die Rekrutenbewilligung, die Gesetzgebung über die Art und Weise der Erfüllung der Wehrpflicht, die Dislozierung und Verpflegung des Heeres, die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der sich nicht auf den Militärdienst beziehenden Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des Heeres. Aus dieser Textierung könne leicht der Schluss gezogen werden, es gehören diese von den gemeinsamen Angelegenheiten ausgeschlossenen, übrigens eine einheitliche Heeresleitung wesentlich bedingenden Gegenstände in die Kompetenz der Landesgesetzgebung. Er würde daher eine Textierung vorziehen, welche einfach das Kriegswesen als gemeinsame Angelegenheit hinstellt, die Rekrutierung, die Art und Weise der Erfüllung der Wehrpflicht, die Einquartierung und Verpflegung des Heeres und die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse der Mitglieder des Heeres, zum Zwecke eines gleichmäßigen Vorganges, einer späteren Vereinbarung vorbehält, wo es dann Sache der Regierung sein werde, die Rechte des obersten Kriegsherrn und das Interesse einer einheitlichen Armeeleitung zu wahren. Freiherr von John machte dann besonders noch auf die Unangemessenheit des Ausdruckes „Dislozierung“ und auf seine in der gemeinsamen Konferenz mit dem ungarischen Ministerium vom 14. Februar d. J. gegen diesen ebenfalls im 67er Elaborate vorkommenden Ausdruck erhobene Einwendung aufmerksam, wo er sich dagegen verwahrt habe, dass man unter Dislozierung etwas anderes als die den Ortsverhältnissen entsprechende Unterbringung der auf höheren Befehl in eine Gegend beorderten Truppen 6.

Unter Zustimmung zu dieser letzteren Bemerkung des Kriegsministers über den Ausdruck „Dislozierung“ hielten der Justizminister und die übrigen Mitglieder der Konferenz die Redaktion des § 1 lit. b nicht für unpassend. Dadurch, dass ausgesprochen werde, es gehöre die Rekrutenbewilligung, die Regelung der Wehrpflicht etc. nicht zu den gemeinsamen Angelegenheiten und somit nicht in die Kompetenz der Delegationen, sei noch nicht gesagt, wohin sie dann eigentlich gehören. Ein Teil werde allerdings der Landesgesetzgebung, ein anderer der Administration und wieder ein anderer ausschließlich der obersten Armeeleitung anheimfallen, vorüber man sich zu vereinbaren haben werde.

Um übrigens schon jetzt einigen Bedenken des Kriegsministers in dieser Beziehung zu begegnen, stellte der Justizminister Ritter v. Hye den Antrag, dass im Interesse der Einheit der Armee die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse der Mitglieder der Armee bei § 2 Aufnahme zu finden habe, welcher von jenen Gegenständen handelt, die zwar nicht gemeinsam verwaltet, aber nach gleichen Grundsätzen behandelt werden sollen. Es würde demnach Ziffer 5 dieses Paragraphs folgendermaßen zu lauten haben: „5. Die Feststellung des Wehrsystems und die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der sich nicht auf den Militärdienst beziehenden Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des Heeres.“

Nach längerer Beratung über den Inhalt des § 1 lit. b einigte sich die Versammlung dahin, dass der Minister des Inneren Graf Taaffe als Stellvertreter des Reichskanzlers in der heutigen Sitzung des Subkomitees bei Beratung dieser lit. die Erklärung abzugeben habe, dass er mit Rücksicht auf den Umstand, dass nicht ausgesprochen werde, welchem Vertretungskörper die in diesem Paragraph von den gemeinsamen Angelegenheiten ausgeschlossenen Heeresangelegenheiten zugehören, sondern nur ausgesprochen werde, sie gehören nicht vor die Delegationen, zu keiner weiteren Bemerkung sich veranlasst sehe. Hinsichtlich des Wortes „Dislozierung“ wäre darauf hinzuweisen, in welchem Sinne die Regierung diesen Ausdruck verstehe und, mit Zustimmung des ungarischen Ministeriums, verstanden wissen wolle7.

Bei lit. c dieses Paragraphs stellte Baron von Becke den Antrag, dass das Wort „obenangeführten“ gestrichen werden möchte, weil die Kosten des Reichsfinanzministeriums und der schwebenden Schuld ebenfalls zu den gemeinsamen Angelegenheiten gehören, in dem § 1 aber keine Erwähnung finden, daher das Wort „obenangeführten“ nicht passe und zu Missverständnissen führen könnte.

Man war allgemein einverstanden, dass man beim Subkomitee die Streichung dieses Wortes beantrage8.

Bei § 2 des Entwurfes erklärte sich alles einverstanden mit dem Vorschlage des Justizministers in betreff der Redaktion der Ziffer 5, wie sie unmittelbar vorher erwähnt wurde9.

Ferner wurde beschlossen, bei Ziffer 2 am Schlusse noch die Aufnahme folgender Worte „und die Staatsmonopole“ zu verlangen10.

§ 3. In dem zweiten Satze des ersten Absatzes, welcher davon handelt, dass, wenn zwischen beiden Vertretungen kein Übereinkommen erzielt und Se. Majestät das Quotenverhältnis11, jedoch nur für die Dauer eines Jahres, bestimmt, soll dieser Zusatz „jedoch nur für die Dauer eines Jahres“ wegbleiben, da er in dem 67er Elaborate nicht vorkömmt und es nicht angezeigt sei, in dem diesseitigen Gesetze etwas festzusetzen, was in dem ungarischen nicht enthalten12.

In dem dritten Absatze wurden die Worte „bleibt jedoch ausschließlich den Vertretungskörpern der beiden Reichshälften vorbehalten“ als unpassend mit den konstitutionellen Rechten der Krone vorgreifend angesehen. Sie wären daher umzuändern in folgende: „bleibt der gesetzgebenden Gewalt der beiden Reichshälften vorbehalten.“13

Anbelangend den vom Subkomitee veränderten Verteilungsmaßstab der Delegationsmitglieder des Herren- und des Abgeordnetenhauses war die Versammlung mit der Ansicht des Vorsitzenden einverstanden, dass man sich auf Rücksichten für das Herrenhaus auch ferner für den in der Regierungsvorlage enthaltenen Maßstab ausspreche, im Übrigen aber gegen den vom Subkomitee vorgeschlagenen keine wesentlichen Bedenken erhebe14.

Die übrigen Paragraphe des Entwurfes gaben zu keinen Bemerkungen Anlass15.

II. Pädagogiumsfrage

[II. fehlt]

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 17. November 1867.