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Gemeinsamer Ministerrat, 2. 10. 1918

zu Ohren gekommen war, habe energisch gegen eine solche Gebietszession Ein¬
spruch erhoben. Sehr schlecht sei es mit der Bekleidung der Armee sowie mit
dem Munitionsersatz bestellt. Bis zu Jahresschluss könne mit den vorhandenen
Vorräten das Auslangen gefunden werden -- von da ab wird es aber unausweich¬
lich bergab gehen, so dass -- wenn der Krieg nicht früher beendet wird -- die
Armee eventuell von einer Katastrophe bedroht werden könnte.

  Seine k.u.k. Apostolische Majestät resümiert hierauf die während des Kronrates
vorgebrachten Vorschläge wie folgt:

   1. Rascheste Ersetzung des Banus von Kroatien-Slawonien.
   2. Enunziation der k.k. und kgl. ung. Regierung in der südslawischen Frage,
dahin gehend, dass die definitive Entscheidung über die Zugehörigkeit Bosniens
und der Herzegowina sowie Dalmatiens den in Betracht kommenden Volks¬
vertretungen Vorbehalten bleibt.
   3. Rascheste Inangriffnahme der inneren Rekonstruktion Österreichs.
   4. Ehetunlichste Ratifizierung des Bukarester Friedens.
   5. Fortgesetzte Beratung der polnischen Frage unter Festhalten an der austro-
polnischen Lösung.
   6. Energischer Druck auf Deutschland in der Friedensfrage.

            Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des
        Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates bestätigt. In der rechten
        oberen Ecke dieses Blattes folgender Vermerk: »nach Reinschrift zurück an Herrn
        Baron Kazy«. -- Auf dem letzten Blatt die Kenntnisnahme durch den Herrscher:
        »Reichenau, am 14. Oktober 1918.«-- Unten links die Unterschrift des Protokollführers
        Colloredo. Die Unterschrift des Ministers des Äußern fehlt. -- Ebd. das Konzept des
        Protokolls, das den Ministerrat »Kronrat« nennt. Dieses Exemplar wurde vom Mini¬
        ster des Äußern Buriän in der Liste der Anwesenden mit seiner Unterschrift signiert.

                                                                                                               40.

                                                                                  Wien, 2. Oktober 1918

        In seiner Vormittagssitzung beschließt der Ministerrat nach längerer Debatte, auf
        das Friedensangebot Wilsons über die schwedische Regierung zu antworten. In seiner
        Nachmittagssitzung konnte über den Antrag des Ministers des Äußern zur Lösung
        der südslawischen Frage keine Einigung erzielt werden. Es ergab sich ein scharfer
        Gegensatz zwischen dem dualistischen und dem trialistischen Standpunkt.

            Österreich-Ungarn hatte am 14. September 1918 an den amerikanischen Präsidenten
        Wilson eine Note gerichtet, in der die Einberufung einer Friedenskonferenz vorge¬
        schlagen wurde. Wilson, der bereits zur Zeit der Friedensverhandlungen in Brest-
        Litowsk, in seiner am 8. Januar 1918 gehaltenen Rede die von ihm als prinzipielle
        Grundlage der Friedensverhandlungen gedachten Punkte bekanntgegeben und seine
        prinzipielle Stellung auch nachher in wiederholten Erklärungen, so zuletzt in seiner
        am 27. September gehaltenen Rede dargelegt hatte, hat das österreichisch-ungarische
        Friedensangebot abgewiesen. Das Expose Buriäns zielt auf die Rede des Präsidenten

                                                                                                               687
<pb/>          Wilson vom 27. September. Grundlage seiner Bemerkungen über die Lage in Deutsch¬
          land bildet der Umstand, daß in der am 14. August im deutschen Hauptquartier in
          Spa abgehaltenen Konferenz von der Deutschen Obersten Heeresleitung die totale
          Aussichtslosigkeit der Weiterführung des Krieges festgestellt worden war und daß dann
          am 29. September Hindenburg und Ludendorff den sofortigen Waffenstillstand und
          den Rücktritt der Regierung des Reichskanzlers Graf Hertling gefordert haben.

              Über die im Ministerrat zur Sprache gekommenen Probleme siehe übrigens den
          Kommentar zum Protokoll vom 27. September.

Protokoll des zu Wien am 2. Oktober 1918 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten, unter dem Vorsitze des Ministers des k.u.k Hauses und
des Äußern Grafen Buriän.

   K.Z. - G.M.K.P.Z. 551.

   Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. W e k e r l e, der k.k.
Ministerpräsident Freiherr von H u s s a r e k, der k.u.k. Kriegsminister GO. Frei¬
herr von Stöger- Steiner, der k.u.k. gemeinsame Finanzminister Freiherr
von Spitzmüller, der k.k. Ministerialrat Freiherr von Löwenthal.

   Protokollführer: Legationsrat Graf Colloredo.
   Gegenstand: 1. Zur Friedensfrage. 2. Lösung der südslawischen Frage.
   Der k.u.k. Minister des Äussern ergreift als Vorsitzender das
Wort und erläutert die aussenpolitische Lage. Längst vor dem Eintritt der bulga¬
rischen Katastrophe -- so führt Graf Buriän aus -- war es klar, dass wir den Krieg
beendigen müssen. Wir wären wohl in der Lage, den Verteidigungskampf bis zum
Jahresende fortzusetzen -- von da an aber würde uns der unvermeidliche Nieder¬
gang unaufhaltsam bis zur vollständigen Erschöpfung führen. Wir würden uns
dann einem Diktat umserer Feinde auf Gnade und Ungnade unterwerfen müssen.
In Deutschland mögen die Dinge etwas besser stehen. Deutschland mag noch
im Stande sein, den Kampf einige Monate länger als wir durchzukämpfen -- aber
nicht zum Nutzen der Monarchie, denn Deutschland könnte Österreich-Ungarn
nicht mit denjenigen Dingen aushelfen, die uns heute zur Fortsetzung des Krieges
an allen Ecken und Enden mangeln. Der schliessliche Zusammenbruch wäre aber
auch in Deutschland unabwendbar. Es könnte also bestenfalls seine eigene Agonie
hinziehen. Wir unterhegen der numerischen Überlegenheit unserer Feinde und
dem von ihnen angewendeten Aushungerungssystem. Wir sind einer Festung
vergleichbar, der die Lebensmittel ausgegangen sind. Der jüngste Friedensschritt
der k.u.k. Regierung habe zu keinem Resultat geführt, aber alle diesfalls vor¬
zubringenden und vorgebrachten Erwägungen, Hoffnungen und Enttäuschungen
seien gegenstandslos in Anbetracht des bulgarischen Zusammenbruches. Dass
Bulgarien bereits seit einiger Zeit entkräftet war, das konnte vorausgesehen werden,
doch war es keine allzu kühne Hoffnung, einigermassen auf die defensive Resistenz¬
kraft der Bulgaren zu bauen. Bulgarien beschuldige uns -- und namentlich
Deutschland -- jetzt, dass seine wiederholten Hilferufe tauben Ohren begegnet
hätten. Was Österreich-Ungarn betreffe, sei dieser Vorwurf durchaus ungerecht¬
fertigt. Wir hätten der bulgarischen Armee mit Monturen und Munition reichlich
ausgeholfen. Auch hätte der k.u.k. Gesandte in Sofia Reisen an die Front unter-

688
<pb/> nommen, um in persönlichem Kontakt mit den bulgarischen Kommanden Infor¬
 mationen über die tatsächlichen Verhältnisse in der Armee zu sammeln. Wir
 wüssten uns also in dieser Hinsicht jeglicher Schuld frei. Was die Haltung des
 Kabinetts Malinow sowie des Zaren Ferdinand anbelange, so sei es heute müssig
 viel Worte zu verlieren. Die Tatsachen sprächen für sich. Heute stehen die Dinge so,
 dass Bulgarien für die Zentralmächte verloren sei und die Türkei Gefahr läuft,
 von ihren Verbündeten abgeschnitten zu werden. Es kann sich mithin in der aller¬
nächsten Zeit auch für die Türkei die Notwendigkeit eines Friedensschlusses um
jeden Preis ergeben. Waren wir also schon seit einiger Zeit entschlossen den Krieg
zu beendigen, so müssen wir heute mehr denn je an diesem Entschlüsse fest-
 halten -- nur gilt es heute das Tempo unserer diesbezüglichen Aktion möglichst
 zu beschleunigen. Inzwischen habe sich Deutschland innerpolitisch reorganisiert.
 Die Deutsche Oberste Heeresleitung verzichtet auf jede Ingerenz in politicis und
macht die deutsche Regierung auf diese Weise so zu sagen »verhandlungsfähig«,
denn mit den Exponenten des nunmehr erledigten Regimes1 wäre die Entente in
keine Verhandlungen eingetreten. Auch hat die Deutsche Oberste Heeresleitung
endlich erkannt, dass jede weitere Fortsetzung des so ungleichen Kampfes ein
nutzloses Aufopfern von Gut und Blut wäre. Sie sieht heute ein, dass -- je früher
wir in Verhandlungen eintreten, desto besser können wir abschneiden. Um nun
auf die Möglichkeit einer Friedensanbahnung zu reflektieren, so habe sich sowohl
hier als auch in Deutschland die Ansicht durchgedrungen, dass der amerikanische
Standpunkt für uns immerhin noch der annehmbarste sei, namentlich deshalb,
weil die wiederholten Enunziationen des Präsidenten Wilson uns die Möglichkeit
bieten, denselben beim Wort zu nehmen, ihn auf seine Äusserungen festzunageln.
Deutschland habe selbst den Antrag gestellt, dass wir uns durch Vermittlung des
Präsidenten Wilson mit einem Friedensvorschlag an die Entente wenden -- und
zwar auf Basis der bekannten vierzehn Punkte und der vier Additionalpunkte
sowie unter Bezugnahme auf die letzte Rede Wilsons.2 Der österreichische und
ungarische Ministerpräsident hätten diesem modus procedendi bereits zugestimmt
und auch Seine Majestät billige denselben. Es handle sich nunmehr darum, den
Schritt je eher zur Ausführung zu bringen und bitte Graf Buriän demnach die
Anwesenden nochmals, sich über die Frage zu äussern.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident hebt zunächst mit Genungtuung
hervor, dass der Antrag spontan von Deutschland gestellt worden sei und nicht
unter dem Drucke einer Drohung unsererseits. Was nun die als Verhandlungs¬
basis in Aussicht genommenen vierzehn Punkte Wilsons anbelangt, so erblicke
Dr. Wekerle in denselben eine grosse Gefahr für die Monarchie und Ungarn.
Er würde es daher begrüssen, wenn ein Vorbehalt formuliert werden könnte
dahingehend, dass die Monarchie die Regelung ihrer inneren Angelegenheiten
selbst besorgen wolle. Würde dem Auslande eine Ingerenz auf unsere internen
Angelegenheiten eingeräumt werden, so würde die Monarchie zum Range eines

    1 Am 29. September forderten Hindenburg und Ludendorff den sofortigen Abschluß des
Waffenstillstandes. Am gleichen Tage trat Graf Hertling vom Posten des Reichskanzlers
zurück. Am 3. Oktober Wurde unter Prinz Max von Baden die neue Reichsregierung gebildet.

    2 Wilson hielt am 27. September in New York eine Rede über seinen Völkerbundsplan.

44 Komjäthy: Protokolle  689
<pb/>Staates wie die Türkei herabsinken -- mit allen sich hieraus ergebenden Konse¬
quenzen.

   Hierauf kommt der k.k. Ministerpräsident zum Wort und führt
Nachstehendes aus:

   So traurig und niederschlagend die Eröffnungen des Grafen Buriän seien,
so seien sie doch nicht überraschend. Die Monarchie befinde sich schon seit
geraumer Zeit auf einer abschüssigen Bahn, auf welcher nur ein baldiger Friede
rettend einwirken könnte. Der Wunsch, so bald als möglich zu einem Ende zu
kommen, sei so intensiv und trete allenthalben mit derart elementarer Kraft
hervor, dass es die k.k. Regierung im Interesse des Volkes, des Staates und der
Dynastie nicht verantworten könnte, diesen Stimmungen nicht Rechnung zu
tragen. Dem k.u.k. Minister des Äussern gebühre unser inniger Dank dafür,
dass er die Sachlage richtig erkannt habe und mit kühlem, abwägendem Blick
aus den Ereignissen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen bestrebt sei.
Was nun die vierzehn Wilsonschen Punkte anbelange, so seien dieselben in man¬
cher Hinsicht für uns nicht ungünstig -- vielfach jedoch geben sie zum Bedenken
Anlass. Die kritischen Punkte seien die Punkte 9 und 10.3 Was die zu Gunsten
Italiens vorzunehmende Grenzrektifikationen betreffe, so könne Freiherr von
Hussarek diesbezüglich nur seine im letzten Kronrate gemachten Äusserungen
wiederholen: ein Volksreferendum brauche man in Südtirol nicht zu fürchten.
Hinsichtlich Triests stünden die Dinge so: die Stadt ist in ihrer Majorität italienisch
mit starkem slawischem und deutschem Einschlag; das Hinterland hingegen ist rein
slawisch. Als Ausfallstor zum Meer sei Triest für Österreich von kapitaler Wichtig¬
keit und müsse wenn irgend möglich, uns erhalten bleiben. Der Punkt welcher
über die den Völkern Österreichs zu gewährende Autonomie spricht, sei vorsichtig
gefasst und entspreche in vieler Hinsicht einer Auffassung, die nunmehr auch
hierzulande als richtig und notwendig erkannt zu werden beginne. Im Zusammen¬
hänge hiemit erörtert Freiherr von Hussarek die Schwierigkeiten, welche einer
Versöhnung der Nationalitäten entgegenstehen. So stellen zum Beispiel die
Tschechen zwei unvereinbare Petite, indem sie einerseits die Realisierung des
böhmischen Staatsrechtes, andererseits nach dem Schlagworte des Selbstbestim¬
mungsrechtes der Völker die Vereinigung sämtlicher Tschechen und Slowaken
fordern. Hier liegen, so meint Freiherr von Hussarek, die grössten Gefahren und
Schwierigkeiten. Die übrigen Autonomiebestrebungen hingegen können zu einer
Rekonstruktion,ja zu einer Regenerierung Österreichs führen. Was die polnische
Frage anbelange, so involviere hier die Anwendung der Wilsonschen Prinzipien
den glatten Verlust Galiziens. Die vier Additionalpunkte enthielten nach Ansicht
Freiherrn von Hussareks nichts, was zu besonderen Bemerkungen Anlass geben
würde. In der Rede vom 27. September hingegen sei ein Passus enthalten, der mit
der seit 40 Jahren in Österreich befolgten Politik unvereinbar ist, insoferne als
die Anwendung der diesbezüglichen Prinzipien die Aufrechterhaltung unseres
Bündnisses mit Deutschland unmöglich machen würde. Ein Abgehen von dieser

   8 Wilsons Punkt 9 sah die Berichtigung der italienischen Grenzen nach dem nationalen
Prinzip vor. Über Punkt 10 s. die Anm. 5 zum Protokoll v. 27. September 1918.
<pb/> Politik, welche sich in der deutsch-österreichischen und auch in der magyarischen
 Mentalität als etwas Selbstverständliches festgesetzt habe und gewissermassen
 zu einem politischen Dogma geworden sei, könnte Bewegungen und Gefahren
 heraufbeschwören, welche in die Worte: »deutschösterreichischer Irredentismus«
 zusammengefasst werden können. Auch in dieser Hinsicht sei daher grösste Vor¬
 sicht am Platze. Zusammenfassend erklärt sich der k.k. Ministerpräsident mit der
 vom k.u.k. Minister des Äussern in Aussicht genommenen Taktik, sowohl was
 die Grundzüge als auch die Details anbelange, vollkommen einverstanden.

    Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister, welcher hierauf das
 Wort ergreift, sieht zunächst nicht in den territorialen Aspirationen unserer Gegner
 die grösste Gefahr, sondern vielmehr in wirtschaftlicher Hinsicht, indem die
 Entente darauf bedacht sein könnte, uns durch wirtschaftliche Anbote von Deutsch¬
 land zu trennen. Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen stellt Freiherr von
 Spitzmüller die Frage, wie der Herr Minister des Äussern über die Chancen der
 Annahme des Friedensangebotes seitens des Präsidenten Wilson denke.

   Nach dem k.u.k. Finanzminister kommt der k.u.k. Kriegsminister
zum Wort. Freiherr von Stöger-Steiner hält den Präsidenten Wilson wohl für
einen Ideologen, immerhin aber für einen ehrlichen Verfechter seiner Ideen. Er
halte es daher für richtig, dass man sich an seine Adresse wenden wolle. Was die
Ordnung unserer inneren Verhältnisse anbelange, so begrüsse er den Vorschlag
des kgl. ung. Ministerpräsidenten, welcher in dieser Hinsicht bei Annahme der
 14 Punkte einen Vorbehalt machen möchte. In Anbetracht der Rückwirkung,
welche die bulgarischen Ereignisse zweifellos auf die Stimmung in unseren süd¬
lichen Gebieten ausüben werden, spricht sich Freiherr von Stöger-Steiner für
ungesäumtes rasches Handeln in der Friedensarbeit aus. An eine glatte Annahme
glaube er ebenso wenig, wie an einen dezidierten Refus. Wahrscheinlich würden
unsere Gegner vorerst mit der Forderung nach Räumung der besetzten Gebiete
antworten. Es sei daher ratsam, sich schon jetzt mit dieser Frage zu befassen.
Betreffs des Trentino gibt Freiherr von Stöger-Steiner der Meinung Ausdruck,
dass ein glattes Abtreten dieser Gebiete ohne vorherigen Plebiszitsversuch
revolutionäre Ausbrüche in Tirol zeitigen könnte mit unabsehbaren Konse¬
quenzen.

   In Erwiderung auf diese Anfrage erklärt Graf B u r i ä n, dass eine glatte
Annahme wohl nicht zu erwarten sei, dass sich aber aus unserem Schritt nach und
nach eine Konversation über Friedensmöglichkeiten entwickeln könnte, welche
schliesslich doch das angestrebte Resultat zeitigen werde. Mit Bezug auf eine
Äusserung des k.k. Ministerpräsidenten erklärt Graf Buriän weiters, dass er
entschlossen sei, zwecks Regelung der Trentinofrage die Vornahme eines Plebiszits
in Anregung zu bringen. Werde das Plebiszit abgelehnt oder entscheide dasselbe
gegen uns, so würde die k.u.k. Regierung gedeckt sein im Bewusstsein, nichts
unterlassen zu haben, um diese Gebiete für Österreich zu retten. Hinsichtlich
Triests stehe Graf Buriän auch heute auf dem Standpunkt, den er schon im Jahre
1916 eingenommen habe. Durch einen Anschluss an Italien würde Triest dem
Ruin verfallen, was auch damals von den Italienern erkannt worden sei. Eine
Lösung bestünde darin, aus Triest eine Freistadt zu schaffen mit einer autonomen

    44* Öpi
<pb/>Stadtverwaltung und einer italienischen Universität. Ein derartiges Programm
Hesse sich unter Umständen vielleicht auch heute noch durchdrücken.

  Was das Bündnis mit Deutschland betreife, so stünde dieses mit der Wilsonschen
Idee eines Völkerbundes wohl nicht im Widerspruch, im Gegenteil es könnte den
Kern für diesen Bund abgeben. Graf Buriän sei entschlossen, das Bündnis mit
Deutschland nicht aufzugeben, doch sei es heute klüger, diesen Gedanken nicht
zu sehr in den Vordergrund zu schieben und das Bündnis vorderhand nicht zu
erneuern, weil dies unter den gegebenen Umständen leicht als Provokation
gedeutet werden und der Sache des Friedens schaden könnte. Im übrigen würde
der Standpunkt, den Präsident Wilson in seiner Rede vom 27. September ein¬
genommen habe, soferne seine Äusserungen ehrHch gemeint waren, den Abschluss
von Spezialbündnissen überflüssig machen. Wie dem auch sei, wir hätten jetzt
keine andere Wahl und müssten uns an Wilson klammern, umso mehr als es
derselbe nach Ansicht des Grafen Buriän ehrlich zu meinen scheine. Die Ideen
Wilsons decken sich ja vielfach mit den unseren, während sie mit den imperiaHsti-
schen Zielen unserer anderen Gegner in manchen Punkten nicht in Einklang zu
bringen seien.
 Auch was die von uns so dringend benötigte Versorgung mit Rohstoffen anbe¬
lange, könnten wir von Wilson mehr erwarten, als von unseren europäischen
Gegnern. Wilson trete für vollständige wirtschaftHche Freizügigkeit ein, während
wir uns seitens Englands, Frankreichs, Italiens etc. in dieser Hinsicht auf sehr
harte Forderungen gefasst machen müssten. Mit Bezug auf eine Bemerkung des
k.u.k. Kriegsministers gibt schliesslich Graf Buriän der Meinung Ausdruck,
dass es ihm unklug schiene, uns gegebenenfalls der Forderung nach Räumung
der besetzten Gebiete zu widersetzen.

   Zusammenfassend konstatiert Graf Buriän, dass die Konferenzteilnehmer sei¬
nem Vorschlag zugestimmt hätten und dass daher das zur Erwägung stehende
Friedensanbot demnächst im Wege der schwedischen Regierung an die Adresse
des Präsidenten der Vereinigten Staaten abgehen werde.

  In der am Nachmittage des 2. Oktober abgehaltenen Sitzung der gemeinsamen
Ministerkonferenz gelangen im Anschlüsse an die Beschlüsse des Kronrates vom
29. September 19184 die ModaHtäten zur Diskussion, unter welchen ein Anfang
in der Lösung der südslawischen Frage gemacht werden könnte.

   In Anbetracht des Umstandes, dass eine rasche Lösung dieser Frage auf legalem
Wege nicht zu erwarten ist, dass aber der fortschreitende Gärungsprozess im süd¬
slawischen Länderkomplex sowie die Rückwirkung der sich bHtzartig vollziehen¬
den bulgarischen Katastrophe rasches Handeln unbedingt erheischt, schlägt
der k.u.k. Minister des Äussern vor, dass Seine k.u.k. Apostohsche
Majestät an die beiden Ministerpräsidenten Handschreiben erlasse, in welchen
unter Betonung der loyalen Haltung der bosnisch-herzegowinischen Bevölkerung
und vorbehaltlich der späteren definitiven Regelung der Frage auf gesetzlichem
Wege schon jetzt die Zusicherung gegeben würde, dass ohne Befragung oder
gegen den Willen und das Votum der Volksvertretungen der in Betracht kommen-

   4 Irrtümlich 29., die Sitzung fand am 27. statt.

692
<pb/>den, von Südslawen bewohnten Gebiete keinerlei Entscheidung zur Durchführung
gebracht werden soll. Graf Buriän zieht diese Form einer öffentlichen Enunziation
einem direkt von der Krone ausgehenden Manifeste vor - mit Rücksicht auf
die Opportunität, die Krone keiner Kritik auszusetzen.

   Die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer einschlägigen, für die breite Öffent¬
lichkeit bestimmten Verfügung wird von allen Anwesenden anerkannt; auch spre¬
chen dieselben -- mit Ausnahme des kgl. ung. Ministerpräsidenten -- ihre
prinzipielle Zustimmung zum Vorschläge des k.u.k. Ministers des Äussern aus.

   Der k.k. Ministerpräsident legt im besonderen dar, dass durch die
Zusammenlegung Kroatien-Slawoniens mit Bosnien-Herzegowina und Dalmatien
unter Ausschluss der übrigen kroatischen und slowenischen Gebiete Österreichs
den derzeitigen politischen Notwendigkeiten vollauf Rechnung getragen würde.
Im Interesse der österreichischen Volkswirtschaft müsse er jedoch angesichts
der Möglichkeit der Lösung der Frage im subdualistischen Sinne darauf bedacht
sein, dass in den Handschreiben, zu welchen er einen Entwurf vorlegt, die Forde¬
rung nach voller wirtschaftlicher Parität Österreichs und Ungarns klar zum Aus¬
druck komme. Im übrigen würde es der k.k. Ministerpräsident aus Opportunitäts¬
gründen begrüssen, wenn das Moment des Festhaltens am Dualismus, zu welchem
sich seine Regierung rückhaltslos bekenne, im Handschreiben nicht zu sehr
unterstrichen würde, weil er von einer derartigen Fassung eine Kompromittierung
des angestrebten Effektes befürchte.

 Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister bringt die staatsrecht-
lichen Funktionen seines Ressorts bei Abwicklung der Regelung der zur Diskus¬
sion stehenden Frage zur Erörterung, woran sich eine längere Wechselrede ent¬
spinnt, an der sich namentlich Graf Buriän und Dr. Wekerle beteiligen. (Nach
Auffassung des k.u.k. Ministers des Äussern und des kgl. ung. Ministerpräsidenten
kommen dem k.u.k. gemeinsamen Finanzminister fast ausschliesslich administra¬
tive Funktionen zu. Die politische Verantwortung des gemeinsamen Finanz¬
ministers erschöpfe sich in dem Rechte, im Minister- oder Kronrate ein politisches
Votum abzugeben und in dem Rechte und der Pflicht zur politischen Informierung
der Krone und der beiden Regierungen.)

   Demgegenüber erklärt der gemeinsame Finanzminister mit Nachdruck, dass
er im Hinblick auf § 1 des Landesstatuts für Bosnien und die Herzegowina un¬
zweifelhaft nicht nur als Mitglied des gemeins. Ministerrates, sondern auch als
oberster Leiter der Verwaltung Bosniens und der Herzegowina für Politik und
politische Zukunft dieser Länder verantwortlich sei. Überdies ergebe sich aus
allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen, dass jede Function eines Ministers
auch die politische Verantwortlichkeit in sich schliesse, dies gelte selbstverständlich
auch für die Leitung der annectirten Länder.&quot;

  Im weiteren Verlaufe seiner Rede gibt Freiherr von Spitzmüller seiner
Ansicht dahin Ausdruck, dass die subdualistische Lösung die Südslawen heute
nicht mehr befriedigen werde und dass daher wohl oder übel eine Regelung im

   a) Der mit »Demgegenüber« beginnende und mit »annectirten Länder« endende Teil
wurde von Spitzmüller in die Reinschrift des Protokolls eingeschoben.

                                                                                                               693
<pb/>trialistischen Sinne ins Auge gefasst werden müsste -- schon mit Rücksicht auf
den Punkt 10 des Wilsonschen Programmes, dessen Annahme seitens der Monar¬
chie ja demnächst öffentlich kundgegeben werden soll. Den in diesem Punkte
des Wilsonschen Programmes aufgestellten Forderungen könne aber im Rahmen
des Dualismus nicht voll Rechnung getragen werden. Hiebei sei sich der k.u.k.
gemeinsame Finanzminister gefährlicher Rückwirkungen bewusst, welche eine
derartige Lösung in Ungarn nach sich ziehen würde.

   Der k.u.k. Kriegsminister erläutert die Rückwirkung der politischen
Lage auf den Geist und die Verfassung der Truppen und hebt hervor, dass die
Schlagkraft der Armee im weitgehenden Masse von der Art abhängen werde, in wel¬
cher die südslawische Frage zur Lösung gelangen werde. Freiherr von Stöger-Steiner
befürwortet eine Lösung dieser Frage in dem Sinne, dass die südslawische Bevöl¬
kerung, welche bisher in 6 getrennten Staaten beziehungsweise Verwaltungsein¬
heiten leben musste, tunlichst restlos in eine grosse politische Einheit zusammen¬
gefasst werde. Er warnt vor kleinlichen Eifersüchteleien zwischen Österreich und
Ungarn, denn es gehe heute um die Existenz der Monarchie, und richtet einen
dringenden Appell an alle verantwortlichen Faktoren, dem Gebote der Stunde
Rechnung zu tragen und einer raschen radikalen Lösung die Wege zu ebnen,
wolle man nicht unabsehbare Gefahren für die Monarchie, für Österreich wie
für Ungarn sowie für die Dynastie heraufbeschwören.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident spricht sich bei voller Würdigung
der Gründe, welche für eine öffentliche Enunziation sprechen, gegen die Hinaus¬
gabe von einschlägigen Allerhöchsten Handschreiben aus. Insbesondere warnt
Dr. Wekerle davor, dass dem südslawischen Elemente in Anbetracht seiner loyalen
Haltung quasi eine Belohnung versprochen werde. Ein solches Vorgehen, vollends
der Hinweis auf trialistische Lösungsmodalitäten würde in Ungarn peinlichste
Sensation und weitgehendste Missstimmung hervorrufen. An einer subdualisti¬
schen Lösung müsse er also unbedingt festhalten. Dr. Wekerle wünscht, dass
die Frage im Sinne der Beschlüsse des Kronrates vom 29. September durch
Abgabe von Regierungsenunziationen behandelt werde, welche er schon aus dem
Grunde dem Vorschläge des Grafen Buriän vorziehen müsste, weil hiedurch die
Krone aus dem Spiel gelassen würde. Eine einschlägige Enunziation sei öster-
reichischerseits durch die Programmrede des k.k. Ministerpräsidenten vom
1. Oktober 1918 bereits erfolgt; er selbst würde die nächste Gelegenheit wahrneh¬
men, um den Standpunkt der ungarischen Regierung darzulegen; hieran könnte
sich dann eine vor einem passenden Forum -- in Bosnien -- abzugebende
Erklärung des gemeinsamen Finanzministers anschliessen. Dr. Wekerle habe auf
vorstehender Basis in den letzten Tagen mit einigen Führern der serbokroatischen
Koahtion verhandelt und bei denselben Entgegenkommen und Verständnis
gefunden. Er sehe daher nicht ein, warum von dieser im Kronrate beschlossenen
Marschroute abgegangen werden sollte. Die Forderung des k.k. Ministerpräsi¬
denten nach voller wirtschaftlicher Parität Österreichs in dem seinerzeitigen verei¬
nigten südslawischen Gebiet stimmt Dr. Wekerle zu mit dem Bemerken, dass
die Südslawen heute ein gesondertes Wirtschaftsgebiet verlangen. Der kgl. ung.
Ministerpräsident unterzieht schliesslich den von Freiherrn von Hussarek vor-

694
<pb/>gelegten Entwurf eines Allerhöchsten Handschreibens, dessen Fassung er -- abge¬

sehen von seinem prinzipiell ablehnenden Standpunkt -- in mehrfacher Hinsicht

vom ungarischen Standpunkte als nicht entsprechend bezeichnet [einer Kritik.]
(Dr. Wekerle beanständet vor allem die Bezeichnung »serbokroatisches Volk«
welche nicht gesetzmässig sei; weiters hebt er hervor, dass für Änderungen im

Verhältnisse zwischen Ungarn und Kroatien Regnicolardeputationen das allein
massgebende Instrument seien.)

 Die vom kgl. ung. Ministerpräsidenten angeregte Vorgangsweise, es vorderhand
bei Regierungsäusserungen beziehungsweise öffentlichen Reden der drei in Betracht

kommenden Faktoren bewenden zu lassen, wird von den übrigen Konferenzteil¬
nehmern als inadaequat und ungenügend bezeichnet. Mit Bezug auf den Textent¬

wurf des k.k. Ministerpräsidenten warnt Graf Buriän davor, die wirtschaftlichen
Interessen sei es der Monarchie, sei es Österreichs oder Ungarns in den Vorder¬

grund zu schieben; er warnt weiters davor, von den Opfern an Gut und Blut zu
sprechen, welche die Monarchie im Interesse Bosniens und der Herzegowina
gebracht habe. Um sich einer trivialen Ausdrucksweise zu gebrauchen -- so führt

Graf Buriän aus -- handelt es sich heute darum, den Südslawen eine Freude zu
bereiten und diese Freude würde durch Hervorhebung vorstehender Momente

nur vergällt.
   Nachdem eine Einigung nicht erzielt werden kann, regt der k.u.k. Minister des

Äussern die Bildung eines Redaktionskomitees an, welches unter Verwertung

der während der Diskussion zu Tage geförderten Argumente den Textentwurf
einer Umarbeitung zu unterziehen hätte. Das modifizierte Elaborat würde sodann

einer neuerlichen Erwägung und Prüfung unterzogen werden.
   Dieser Vorschlag wird angenommen.

            Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des
        Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates bestätigt. Der gemeinsame
        Finanzminister Spitzmüller unterschrieb mit folgender Bemerkung: »Vidirung auf
        separatem Bogen.« Auf dem, dem Protokoll beigeschlossenen separaten Blatte folgender,
        von Spitzmüller stammender maschinengeschriebener Text: »Gesehen und muß ich
        meinem lebhaften Bedauern darüber Ausdruck geben, daß die meines Erachtens nicht
        zutreffenden staatsrechtlichen Ausführungen des Herrn Ministers des Äußern und des
        Herrn ungarischen Ministerpräsidenten über die politische Funktion des gemeinsamen
        Finanzministers im Ministerratsprotokolle reproduziert, meine gegenteiligen Aus¬
        führungen aber nicht wiedergegeben wurden und daß das Protokoll in dieser unvoll¬
        ständigen Fassung zur Kenntnis Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät gebracht wurde.
        Meine jetzige Vidirung erfolgt nur unter der Voraussetzung, daß meine handschrift¬
        liche Ergänzung als integrierender Bestandteil des Protokolles betrachtet werde.«
        -- Auf dem letzten Blatte die Kenntnisnahme durch den Herrscher: »Reichenau, den
        18. Oktober 1918.« -- Unter dem Texte rechts die Unterschrift Buriäns, links die
        Colloredos. -- Das Protokoll der Nachmittagssitzung des 2. Oktober wurde nicht
        mehr unter den gewohnten Formalitäten ins reine geschrieben. Gleichsam als Titel
        steht auf dem Blatte vor dem Text des Protokolls: »Nachmittagssitzung der gemeinsa¬
        men Ministerkonferenz vom 2. Oktober 1918.« Darunter mit Handschrift: »Von
        Seiner Majestät eingesehen. Reichenau am 21. Oktober 1918. Marterer m. p.« Im
        übrigen deuten alle Anzeichen darauf hin, daß die Protokolle der Vormittags- und der
        Nachmittagssitzung als archivalische Einheit behandelt wurden. Das beweist auch der
        Umstand, daß der dem Mantelbogen beigeschlossene Protest Spitzmüllers mit der

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<pb/>         Debatte in der Nachmittagssitzung in Zusammenhang stand. Das Protokoll der
         Nachmittagssitzung wurde jedoch weder vom Minister des Äußern, noch vom Proto¬
         kollführer unterzeichnet. -- Ebd. die Konzepte der beiden Sitzungsprotokolle. Das der
         Vormittagssitzung mit der Handschrift des Protokollführers Colloredo, das der
         Nachmittagssitzung in Maschinenschrift. Letzteres mit dem Handzeichen Buriäns.

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                                                                                Wien, 22. Oktober 1918

        Der Ministerrat entscheidet sich für einen sofortigen Friedensschluß. In der Debatte
        über die Antwort an Wilson wird durch den ungarischen Standpunkt, der starr am
        Dualismus festhält, ja eine Personalunion anstrebt, ein scharfer Gegensatz hervorge¬
        rufen.

            Die letzte Sitzung des gemeinsamen Ministerrates, über die noch ein Protokoll
        verfaßt wurde. Das Habsburgerreich befand sich zu dieser Zeit bereits in totaler
        Auflösung. Das Manifest des Herrschers vom 17. Oktober hatte die föderalistische
        Umgestaltung der österreichischen Hälfte der Monarchie versprochen. Dieses Verspre¬
        chen war jedoch weniger als das, was die Völker damals auf Grund der tatsächlichen
        Kräfteverhältnisse forderten. Die ungarischen Politiker aber waren der Ansicht, die
         Föderalisierung der österreichischen Provinzen bedeute für Ungarn, daß es seiner im
         Ausgleich übernommenen Verpflichtungen entbunden wird, daß diese Umgestaltung
         eine Verbreiterung des dualistischen Systems darstelle. Ministerpräsident Wekerle
        nahm im ungarischen Parlament am 16. Oktober für eine Personalunion Stellung.
        Der Zerfallsprozeß erreichte seinen Höhepunkt durch die auf das Friedensangebot
        der Mittelmächte vom 4. Oktober von Wilson gegebene und einen Tag vor dem Kronrat
        in Wien eingetroffene Antwort, in der er den zehnten seiner vierzehn Punkte als von
        den Ereignissen überholt bezeichnete. Nach Wilson ist nämlich der tschechoslowakische
        Nationalrat de facto eine kriegführende Regierung, und so könne die im 10. Punkte
        skizzierte Autonomie die Tschechen und die Slowaken, doch auch die Südslawen nicht
        befriedigen.

Protokoll des zu Wien am 22. Oktober 1918 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten, unter dem Allerhöchsten Vorsitze Seiner Majestät des
Kaisers und Königs.

   KZ. - G.M.K.P.Z. 553.

   Gegenwärtige: der k.u.k. Minister des Äussern Graf B u r i ä n, der kgl. ung.
Ministerpräsident Dr. Wekerle, der k.k. Ministerpräsident Freiherr von
Hussarek, der k.u.k. Kriegsminister GO. Freiherr von Stöger-Steiner,
der k.u.k. Gemeinsame Finanzminister Freiherr von Spitzmüller, der
Chef des k.u.k. Generalstabes GO. Baron A r z.

   Protokollführer: Legationsrat Graf Colloredo-Mannsfeld.

   Gegenstand: Stellungnahme zur amerikanischen Antwortnote vom 18. Oktober
1918.

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