MRP-2-0-07-0-19180224-P-0036.xml

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Gemeinsamer Ministerrat, 24. 2. 1918

I. Kriegsmaterialbeschaffung für das zweite Halbjahr 1918

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf.

II. Aufnahme einer Stornierungsklausel in die Verträge über die Munitionslieferungen

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=8.

III. Aufwand von 410 Millionen Kronen für die Ausgestaltung der Luftstreitkräfte im ersten Halbjahr 1918

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=8.

IV. Erteilung eines Investitionsvorschusses an die Kanonenfabrik in Győr, im Betrage von 35 Millionen Kronen. Zuwendung von 1,750.000 Kronen an die k.k. Staatseisenbahngesellschaft zur Deckung der bei den Investitionen in Resicza vorgekommenen Überschreitungen. Erfolglassung eines Zuschusses von rund 9.7 Millionen Kronen an die Kanonenfabrik in Győr

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=9.

V. Aufwendungen für die Dezentralisation der Artilleriematerialvorräte

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=10.

VI. Kauf eines Hauses für den k.u.k. Miliärattaché im Haag

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=11.

VII. Massnahmen zur Förderung der Anwerbung weiblicher Hilfskräfte für militärische Stellen

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=11.

IX. Festsetzung der Bezugspreise für ungarische Weine

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=12.

X. Auslandspropagande-Fonds des Kriegspressequartiers

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z36.pdf#page=12.

   Der k.u.k. Kriegsminister bemerkt hiezu, dass die Eisenbahnen einer
der wichtigsten Behelfe der Kriegsführung seien. Er werde im Einvernehmen mit
dem Chef des Feldeisenbahnwesens, der in dieser Frage das erste Wort zu reden
habe, die Frage des Abbaues des militärischen Eisenbahnbetriebes prüfen, wobei
allerdings an der Aufrechterhaltung der Gemeinsamkeit des Wagen- und Loko-
motivparkes, wie dies auch der österreichische Eisenbahnminister anerkenne,
nicht gerührt werde werden können. Zu diesem Zwecke empfiehlt er eine Note
beider Regierungen an das Kriegsministerium, die er dann zur Grundlage ent¬
sprechender Verhandlungen mit dem Armee-Oberkommando nehmen könnte.

  Der Vorsitzende schliesst somit die Beratungen am 15. Februar 1918 um 1j1 2

Uhr nachmittags.

            Die Original-Reinschrift ist nicht vorhanden. -- Die Veröffentlichung erfolgt auf
        Grund des Konzepts. -- Das maschinengeschriebene Konzept des Protokolls mit der
        Unterschrift Nickis und Datum (25. 11. 918.). Darin die Anweisung Nickis für die
        Kanzlei, die in das Konzept aufgenommenen Korrekturen dem Ministerialsekretär
        Baron Käroly Kazy in Budapest, im kgl. ung. Ministerpräsidium, zukommen zu lassen.
        Der maschinengeschriebene nachträgliche Zusatz wurde ins Protokoll übertragen.
        Auf dem die Anwesenden ausweisenden Mantelbogen die Unterschriften von Wekerle
        und Popovics. -- Ebendort oben folgende Bemerkung, die den Sprung in der Numerie¬
        rung begründet: »Nachträgliche Numerierung: Z. 548.«

                                                                                                                36.

                                                                                 Wien, 24. Februar 1918

        Der gemeinsame Ministerrat hält den Plan des Kriegsministeriums über die Kriegs-
        materialbeschaffvmg in der zweiten Hälfte des Jahres 1918 für irreal und verlangt dessen
        Umarbeitung. Debatte über die Geschützherstellung, über die Dezentralisation des
        Artilleriematerials, die Anstellung weiblicher Arbeitskräfte, über die mit der Krieg¬
        führung zusammenhängenden Versorgungs- und andere Probleme.

           Von der Heeresleitung wurde halbjährlich das Programm der Kriegsmaterial¬
        beschaffung zur Versorgung des im Felde stehenden Heeres zusammengestellt. Das
        Beschaffungsprogramm wurde von den beiden Regierungen in den Sitzungen des
        gemeinsamen Ministerrates beraten. Die gemeinsame Ministerkonferenz vom
        24. Februar 1918 verhandelte über den Kriegsmaterialbedarf des letzten Abschnitts des
        Krieges. Im Verlaufe dieser Debatte zeigte sich klar, was in dieser Sitzung endlich auch
        vom gemeinsamen Kriegsminister Stöger-Steiner zugegeben wurde, nämlich wie
        nachteüig die ungarische Industrie auf dem Gebiete der militärischen Aufträge und
        Lieferungen bereits in den Jahren vor Kriegsausbruch, besonders aber während des
        Krieges im Vergleich zur österreichischen Industrie berücksichtigt wurde. (Über den
        gesamten Fragenkomplex, seine tieferen Zusammenhänge siehe: J. Szterenyi--J.
        Laddnyi: A magyar ipar a vildghäborüban [Die ungarische Industrie im Weltkrieg.
        Budapest. 1934] besonders S. 167 ff.) Vgl. auch den Kommentar zum Protokoll vom
        24. Februar 1917.

648
<pb/>Protokoll des zu Wien am 24. Februar 1918 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten, unter dem Vorsitze des k.k. Ministerpräsidenten Dr. Ritter
von Seidler.

   K.Z. - G.M.K.P.Z. 546.

   Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. W e k e r 1 e, der k.u.k.
gemeinsame Finanzminister Baron B u r i ä n, der k.u.k. Kriegsminister G.d.I.
von Stöger-Steiner, der kgl. ung. Handelsminister Dr. Szterenyi,
der kgl. ung. Ackerbauminister Graf S e r e n y i, der kgl. ung. Finanzminister
Dr. P o p o v i c s, der kgl. ung. Ernährungsminister Prinz Windisch-
G r ä t z, der k.k. Finanzminister Dr. Freiherr von Wimmer, der k.k. Handels¬
minister Dr. Freiherr von W i e s e r, der k.k. Ackerbauminister Graf Silva-
T a r o u c a.

   Schriftführer: Hof- und Ministerialsekretär Dr. von Nicki.

   Gegenstände: I. Kriegsmaterialbeschafifung für das zweite Halbjahr 1918.
II. Aufnahme einer Stornierungsklausel in die Verträge über die Munitionsliefe¬
rungen. III. Aufwand von 410 Millionen Kronen für die Ausgestaltung der
Luftstreitkräfte im ersten Halbjahr 1918. IV. Erteilung eines Investitionsvor¬
schusses an die Kanonenfabrik in Györ, im Betrage von 35 Millionen Kronen.
Zuwendung von 1,750.000 Kronen an die k.k. Staatseisenbahngesellschaft zur
Deckung der bei den Investitionen in Resicza vorgekommenen Überschreitungen.
Erfolglassung eines Zuschusses von rund 9.7 Millionen Kronen an die Kanonen¬
fabrik in Györ. V. Aufwendungen für die Dezentralisation der Artilleriematerial¬
vorräte. VI. Kauf eines Hauses für den k.u.k. Militärattache im Haag. VII. Mass¬
nahmen zur Förderung der Anwerbung weiblicher Hilfskräfte für militärische
Stellen. VIII. Erhöhung des Menagegeldes. IX. Festsetzung der Bezugspreise
für ungarische Weine. X. Auslandspropaganda-Fonds des Kriegspressequartiers.
XI. Donauschiffahrtsakte.

   In Vertretung des dienstlich verhinderten k.u.k. Ministers des Äussern hat
der k.k. Ministerpräsident Dr. Ritter von Seidler den Vorsitz übernommen und
eröffnet die Sitzung am 24. Februar 1918 um 3 Uhr nachmittags.

                                                                         I.

   Kriegs-Materialbeschaffung für das zweite Halbjahr 1918.
   Der k.u.k. Kriegsminister legt entsprechend dem wiederholt geäusser-
tem Wunsche der k.k. und der kgl. ung. Regierung eine Zusammenstellung der
voraussichtlichen Kosten für Beschaffung von Material etc. im zweiten Halbjahr
1918 vor und bemerkt hiezu, dass diese Zusammenstellung weder der Menge
noch den Kosten nach als ein absolut bindendes Programm aufgefasst werden
könne, weil sich einerseits der Bedarf der Armee im Felde auf Monate hinaus
nicht errechnen lasse, andererseits die Möglichkeit der Beschaffung des Roh-

                                                                                                               649
<pb/>materials und der Betriebserfordernisse sowie die Transportverhältnisse bald
verzögernd, bald beschleunigend mitwirken können und schliesslich, was die
Kosten anlange, es kaum angehe, die gegenwärtigen Gestehungspreise als sichere
Grundlage des Gelderfordernisses für die künftige Zeit anzunehmen.

   Er möchte besonders hervorheben, dass er nur jenes Mass der Forderungen
stelle, um die unabweislichen Bedürfnisse der Armee im Felde zu decken, deren
sie zur Erhaltung der Schlagfertigkeit nicht entbehren könne und dass er sich
hiebei gewissenhaft die finanzielle Lage der Monarchie vor Augen halte.

   Falls Verhältnisse eintreten, welche eine Reduzierung des aufgestellten Program¬
mes gestatten, werde er es ganz bestimmt nicht versäumen, dies zu berücksich¬
tigen.

   Der Zweck der sonstigen in der Zusammenstellung angeführten Beschaffungen
sei im Texte kurz angedeutet.

   Einer näheren Erläuterung bedürfen vielleicht die Erfordernisse für das Flieger¬
wesen, das Automobilwesen, das Eisenbahnwesen, die Beschaffung der Hand¬
feuerwaffen, der blanken Waffen und des Artilleriemateriales, das Pulverwesen,
die Beschaffung der Munition, die Minenwerfer samt Munition, Granaten und
Fliegerbomben.

   Er sei gerne bereit, diese Erläuterungen dem Ministerrate vortragen zu lassen.
   Er möchte ferner anführen, dass er es sich angelegen sein lasse, bei langfristigen
Verträgen zu erreichen, dass die Heeresverwaltung auf eine so kurz wie nur irgend
möglich erreichbare Zeit gebunden werde, wenn es nicht gelingen sollte zu erzielen,
dass die eingegangenen Verbindlichkeiten automatisch mit Schluss des Krieges
sofort erlöschen.
   Auch möchte er anführen, dass noch weitere auf Grund der durch die Kriegs¬
verhältnisse bedingten provisorischen Organisationen sowohl bei der Armee
im Felde, als auch im Hinterlande unabweisliche Kriegs- oder Demobilisierungs¬
erfordernisse einmaliger und auch fortlaufender Natur eintreten werden. Diesfalls
könne er sich nur auf die monatlichen Kreditrichtigstellungen berufen, welche
die entsprechenden Details enthalten; es sei ganz unmöglich, hierüber schon jetzt
für den zweiten Semester 1918 nähere Angaben zu machen.
   Der k.u.k. Kriegsminister schliesst mit der Bitte, der Ministerrat wolle das vor¬
gelegte Beschaffungsprogramm zur Kenntnis nehmen, ihm aber gleichzeitig die
Ermächtigung erteilen, die im Laufe der Zeit sich als unbedingt notwendig erwei¬
senden Änderungen sowohl in Bezug auf die Menge, als auch in Bezug auf die
Preise unter eigener Verantwortung vornehmen zu dürfen.
   Die letztere Bitte stellt der k.u.k. Kriegsminister auch rücksichtlich jener
Beschaffungen, welche schon früher von den beiden Regierungen zwar bewilligt
wurden, bei denen es sich aber im Laufe der Zeit herausgestellt hat, dass mit den
prähminierten Beträgen infolge der Preissteigerungen auf allen Gebieten oder
durch sonstige unvorhergesehene Zufälle das Auslangen nicht gefunden werden
konnte.
   Der kgl. ung. Finanzminister bemerkt zunächst, dass die vorgelegte
Zusammenstellung so allgemein gehalten sei, dass sie sich für den gewollten Zweck
kaum brauchbar erweise. Es werden darin fünfeinhalb Milliarden für sechs Monate

650
<pb/>präliminiert, was an einmaligen Auslagen ein monatliches Erfordernis von rund
900 Millionen Kronen bedeute. Mit dem zur Deckung der fortlaufenden Ausgaben
angeforderten monatlichen Betrage von 900 Millionen Kronen ergebe dies eine
Anforderung von monatlich 1.8 Milharden Kronen gegenüber dem bisherigen
monatlichen Bedarf von rund 1.5 Milliarden Kronen. Hiebei sei noch in Betracht
zu ziehen, dass infolge der fortschreitenden Teuerung die angeforderte Summe
noch eine weitere Steigerung erfahren werde. Über die technischen Details sowie
über die Möglichkeit der Deckung des angeforderten Bedarfes durch die Industrie
werden die Handelsminister sich zu äussern haben. Vom Standpunkte seines
Ressorts könne er jedoch die Konsternierung über das gewaltige Ansteigen der
Anforderungen nicht verschweigen und müsse insbesondere betonen, dass die
vage Fassung der Zusammenstellung keine Stütze biete, für die angeforderten
gewaltigen Beträge die Verantwortung mit der Heeresverwaltung zu tragen. Einige
Beruhigung biete die Versicherung des k.u.k. Kriegsministers, danach zu streben,
dass die von der Heeresverwaltung eingegangenen Verträge mit Schluss des Krieges
automatisch erlöschen, die Heeresverwaltung demnach eine Bevorrätigung nicht
verfolge. Die Grundlage für die Beurteilung der Anforderungen der Heeresver¬
waltung könnte aber nur eine Zusammenstellung geben, bei deren Abfassung
Einbhck gewährt werde, wie die Lieferungsverträge konstituiert werden können,
wobei auch gleich eine Einflussnahme auf die Verteilung der Lieferungen auf die
beiden Staaten der Monarchie stattfinden könnte. Er möchte zur Erwägung
stellen, ob sich nicht die Aufstellung eines Programmes für kürzere Zeit empfehlen
würde und möchte den k.u.k. Kriegsminister angesichts der valutarischen Lage
der Monarchie auf die Notwendigkeit hinweisen, die ausländischen Bezüge auf
das unumgänglich notwendige Mass einzuschränken.

   Der k.u.k. Kriegsminister erwidert hierauf zunächst, dass die im pro¬
visorischen Budget angesprochenen 20 Milharden Kronen die in der Zusammen¬

stellung angesprochenen 5 1/2i Milharden beinhalten.

   Wenn ihm ein fortwährendes Anwachsen der Anforderungen vorgehalten werde,
so könne er das Gegenteil beweisen. Die vom kgl. ung. Finanzminister ange¬
führte Summe von 1.8 Milliarden monatlich sei nicht erreicht worden.

   In den 10 Monaten seiner Amtstätigkeit als Kriegsminister (Mai 1917 --Februar
1918) habe er bei den Finanzverwaltungen an Mobilitätsgelderfordernissen zusam¬
men 14.967,408.415 Kronen (darunter 5.952,000.000 K für einmahge, 9.015,408.415
K für laufende Ausgaben), daher monatlich durchschnittlich 1497 Milhonen K
angemeldet.

  In der gleichen Anzahl früherer Monate (Juh 1916--April 1917) habe die Summe
der Mobilitätsgelderfordernisse 16.631,540.000 K (darunter 8.580,420.000 K für
einmahge, und 8.051,120.000 K für laufende Ausgaben) daher monatlich durch¬
schnittlich 1663 Milhonen K ausgemacht.

   Trotz der unvermeidlichen Steigerung der laufenden Ausgaben (habe doch die
letzte Preissteigerung bei der Kriegsverpflegung allein 115 Milhonen K monatlich
mehr erfordert) sei seine monatliche Anmeldung um durchschnitthch 166 Mil¬
lionen K unter der durchschnitthchen analogen früheren Anmeldung gebheben.
Er möchte das als Beweis anführen, dass seine auf dem Gebiete der zulässigen

                                                                                                              651
<pb/>Ausgabeneinschränkung, d. h. bei den einmaligen Erfordernissen unausgesetzt
vorwaltenden Sparabsichten von Erfolg begleitet seien.

   Was die vorgelegte Zusammenstellung anbelange, enthalte sie nur Maximal¬
ziffern, die von den einzelnen Abteilungen in dem Bestreben eingestellt worden
seien, Überschreitungen der angeforderten Beträge unbedingt zu vermeiden. Sie
werden voraussichtlich nie erreicht werden, da die Industrie infolge der Mängel,
mit denen sie kämpfe, die in Rechnung gestellten Bedürfnisse nicht zu befriedigen
vermögen dürfte. Die Ansammlung von Vorräten fasse die Heeresverwaltung
auf keinen Fall ins Auge, die Fortschritte der Technik seien so rasche, dass eine
Bevorrätigung in dem weitaus überwiegenden Teile von Kriegsmaterialien gar
nicht in Betracht kommen könnte. Einblick in die Vertragsabschlüsse sei er gerne
bereit zu gewähren. Die Aufstellung eines Programmes für kürzere Dauer sei
indes kaum möglich. Die Industrie strebe an, schon mit Rücksicht auf die Ein¬
deckungsmöglichkeiten, mit langfristigen Programmen zu arbeiten. Auch könne
nicht ausseracht gelassen werden, dass spätere Bestellungen noch teuerer zu stehen
kommen werden. Was die Beschaffungen aus dem Auslande anlange, so beschrän¬
ken sich dieselben auf das unumgänglich notwendige Mass.

   Der kgl. ung. HandeTsminister schliesst sich der seitens des kgl. ung.
Finanzministers an der vorgelegten Zusammenstellung geübten Kritik an. Er
möchte die Zusammenstellung von verschiedenen Gesichtspunkten beleuchten,
fragen, wie die Beschaffungen geplant seien und sich über die Reellität der Anfor¬
derungen im Zusammenhänge mit der Leistungsfähigkeit der Industrie äussern.
Er möchte vorweg bemerken, dass eine Kritik der Zusammenstellung infolge ihrer
Unübersichtlichkeit (sie vereinige oft die heterogensten Gruppen z. B. Befesti-
gungs- und Hindernismaterial mit Scheinwerfern und elektrischen Feldbahn¬
lokomotiven) fast unmöglich sei. Die Zusammenstellung führe ferner nur Beträge
aber keine Mengen an. Es fehle daher jedwede Handhabe zur Beurteilung zwischen
Menge und angefordertem Betrag, auch lasse sie keine Folgerung auf die Preise zu.
Hinsichtlich einer Reihe von Posten müsse er fragen, wie sich die Heeresverwal¬
tung die Beschaffung einer dem angeforderten Betrage entsprechenden Menge
der betreffenden Artikel im Hinblicke auf die Leistungsfähigkeit der einschlägigen
Industrie vorstelle. So seien für die Beschaffung von Handfeuer- und blanken

Waffen, dann Maschinengewehren 2541j2 Millionen Kronen eingestellt. Die bisher

erreichte maximale Erzeugungsfähigkeit der einschlägigen Industrie belaufe sich
mit Berücksichtigung einer 20%igen Preissteigerung in einem halben Jahre auf
43 Millionen Kronen. Maschinengewehre werden ausschliesslich in Steyr erzeugt.
Die maximale Leistungsfähigkeit war bisher in einem halben Jahre 9000 Stück =
45 Millionen Kronen, mit den früheren 43 Millionen Kronen zusammen 85 Mil¬
lionen Kronen. Hinzugerechnet den der maximalen Leistungsfähigkeit der Indu¬
strie entsprechenden Betrag für Pistolen etc. ergebe sich ein Betrag, der um 100
Millionen hinter den angeforderten 254.5 Millionen bleibe. Ähnlich liegen die
Verhältnisse hinsichtlich der Anforderung für Fahrküchen, Backöfen etc. Erzeugt
werden in Österreich und in Ungarn 1000 Stück pro Monat, ergibt für 6 Monate,
das Stück zu 3500 Kronen + 20 % Preissteigerung gerechnet, 21 Millionen Kronen.
Feldküchen erzeuge ausschliesslich Manfred Weiss in Csepel und zwar monatlich

652
<pb/> höchstens 100 Stück, die jedoch nie erreicht worden seien, ergebe einen Betrag
 von 3.6 Millionen, zusammen mit den früheren 21 Millionen, 24.6 Millionen
 Kronen gegenüber den angeforderten 201 Millionen; demnach eine Mehrforde¬
 rung von mehr als 100 Millionen Kronen selbst gegenüber der äussersten, bisher
 nie erreichten Leistungsfähigkeit der Industrie.

  Für Munition fordere die Zusammenstellung 1 1jt Milliarden Kronen an.

 Die Gesamtproduktion, wenn die Versorgung der Betriebe mit Material und
 Kohle eine volle wäre, betrüge mit Berücksichtigung der 20 %igen Preissteigerung
höchstens 900 Millionen Kronen. Demgegenüber betrage die Anforderung 1.5
 Milliarden. Es ergebe sich demnach auch hier eine Mehrforderung von 600
Millionen.

   Ähnlich liegen die Verhältnisse hinsichtlich der Anforderung für Flugzeuge.
Auch hier ergebe sich bei Gegenüberstellung der Anforderung und der maximalen
Erzeugungsmöglichkeit eine beträchtliche Mehranforderung.

   Auch der für Monturen, Schuhe, Wäsche u. dgl. eingestellte Betrag von 1194
Millionen Kronen könne angesichts des Mangels der erforderlichen Rohstoffe
unmöglich erreicht werden. Aus den angeführten Beispielen ergebe sich wohl
zur Genüge, dass die vorgelegte Zusammenstellung keine Möglichkeit der Kritik
der Anforderungen der Herresverwaltung biete. Die Heeresverwaltung habe
hiemit ein ideales, aber kein reales Programm gegeben.

   Der königlich ungarische Handelsminister beantragt sonach, dass der vor¬
gelegte Voranschlag nur als informative Grundlage angenommen werde, der von
den beiden Finanzverwaltungen mit den Referenten der Handelsministerien noch
im Detail umzuarbeiten sei, um die Notwendigkeit der Anforderungen mit der
Möglichkeit der Beschaffung in Einklang zu bringen. Auch müsse dafür Sorge
getragen werden, dass die nachgewiesenermassen bei der Vergebung der Lieferun¬
gen erfolgte Schädigung der ungarischen Industrie aufhöre, und es müsse vor¬
gesorgt werden, dass schon bei Aufstellung des Programmes die Aufteilung der
Bestellungen auf die beiden Staaten der Monarchie erfolge. Ein einvernehmliches
Vorgehen bei Verteilung der Bestellungen nach dem Quotenverhältnisse schon
beim Beginn der Beschaffung werde die nachträglichen, dem Prestige der Monar¬
chie gewiss nicht förderlichen Zänkereien vermeiden lassen.

   Der k.u.k. Kriegsminister weist darauf hin, dass das vorgelegte
Programm nach dreieinhalb jähriger Kriegsdauer aufgestellt worden sei. Es stelle
das dar, was die einzelnen Abteilungschefs als ihren Bedarf bezeichnen, auch
dürfe nicht ausseracht gelassen werden, dass vielfach das, was die Heeresverwal¬
tung im ersten Halbjahr nicht bekommen habe, in dem Programme für das zweite
Halbjahr erscheine. Er verkenne nicht, dass das aufgestellte Programm im gewissen
Sinne Theorie sei und eigentlich nur den Rahmen darstelle, in welchem sich die
Heeresverwaltung-bei ihren Beschaffungen bewegen könne. Er sei gerne bereit,
das Programm dem geäusserten Wunsche gemäss umarbeiten zu lassen, doch
möchte er im Interesse der Beschleunigung der Arbeit Wert darauf legen, dass
diese Umarbeitung mit Hinzuziehung der Vertreter der beiden Handelsministerien
im Kriegsministerium erfolge.

  Der k.k. Finanzminister führt aus, dass er gleich seinem ungarischen

                                                                                                              653
<pb/>Kollegen über die Höhe der in der vorgelegten Zusammenstellung eingestellten
Ziffern bestürzt sei. Nach den vom k.u.k. Kriegsminister gegebenen Aufklärungen
stelle nun allerdings die Zusammenstellung bloss eine Wunschliste dar, welche
die Maximalziffern der Erfordernisse, wie sie die Heeresverwaltung brauchen
würde, beinhalte. Eine Erörterung der Ziffern, welche das darstellen, was die
Heeresverwaltung notwendig habe, komme für die Finanzverwaltung nicht in
Betracht, aber auch nicht die Zustimmung zum vorliegenden Programm, die Carte
blanche für die Heeresverwaltung bedeuten würde. Er könne sich daher den bereits
geäusserten Wünschen nur anschliessen und um Verständigung ersuchen, sobald
die einzelnen Posten konkretisiert sein werden, um dann die entsprechende Kon¬
trolle vom Standpunkte der Finanzverwaltung vornehmen zu können. Er könne
auch nur die Bitte wiederholen, bei Aufstellung der Erfordernisse die grösste
Sparsamkeit zu beobachten. Er müsse diese Bitte auch schon deswegen stellen,
um den Hinweisen im Abgeordnetenhause auf die hohen Anforderungen der
Heeresverwaltung gegenüber seinen Mahnungen zur Sparsamkeit im Staats¬
haushalte die Berechtigung zu nehmen.

   Der k.k. Ministerpräsident resümiert dahin, dass die vorgelegte
Zusammenstellung nur ein Tableau dessen darstelle, was die Heeresverwaltung
für erforderlich erachte. Sie strebe nicht an, durch Erreichung der Genehmigung
dieser Zusammenstellung Carte blanche zu erhalten. Es bestehe Einvernehmen,
dass die Zusammenstellung nach den gegebenen Gesichtspunkten noch eine
Umarbeitung erfahren solle. Die Aufstellung eines Programmes für eine kürzere
Zeit werde als nicht tunlich erachtet. Bereinigt erscheine auch die Frage der
Bezüge aus dem Auslande, die ohnehin auf das unumgänglich notwendige Mass
beschränkt seien. Um die Kontinuität der Lieferungen nicht zu beeinträchtigen,
werde jedoch zugestimmt, dass auch bis zur Fertigstellung des neuen Beschaffungs¬
programmes die unabweislich notwendigen Teilbestellungen von Kriegsmaterial
für den zweiten Semester 1918 bewirkt werden können.

   Der kgl. ung. Handelsminister bezeichnet es als wünschenswert, dass
zumindest der Vertreter des kgl. ung. Handelsministeriums bei der Umarbeitung
des Beschaffungsprogrammes in den Abteilungen des Kriegsministeriums den
Berechnungen des Bedarfes zugezogen werde, um die durch die Leistungsmöglich¬
keit der Industrie gegebenen Grenzen der Anforderungen bezeichnen zu können.

   Der k.k. Handelsminister bemerkt, dass er das vorgelegte Tableau
gleichfalls als solches betrachte, in welchem jeder Referent das angegeben habe,
was er im Höchstfälle brauche. Namens der Industrie, die die hohen Anforderun¬
gen der Heeresverwaltung gerne erfüllen würde, möchte er ausführen, dass sie,
die durch Kohlen-, Material- und Arbeitermangel auf das schwerste getroffen sei,
um ökonomisch arbeiten zu können, ein möglich langfristiges Programm zu
wissen wünsche. Die Industrie brauche einen Plan, der ihr die Möglichkeit biete,
 sich auf möglichst lange Zeit einrichten zu können. Für die von Seiten des kgl. ung.
 Handelsministers gegebenen Anregungen zur Umarbeitung des Programmes
 spreche auch die eben erwähnte industrielle Ökonomie, weshalb er sich diesen
 Anregungen vollinhaltlich anschliessen könne. Auch er sei der Ansicht, dass im
 Kriegsministerium ein Plan mit Bedachtnahme auf die Ausführbarkeit mit

 654
<pb/>Hinzuziehung der Vertreter der Handelsministerien auf tunlichst lange Zeit aus¬
gearbeitet werde.

   Der k.k. Ministerpräsident konstatiert, dass sonach die gewünschte
Intervention der Vertreter der Handelsministerien bei Umarbeitung des Beschaf¬
fungsprogrammes in den Abteilungen des Kriegsministeriums erfolgen werde.

   Zur Frage der quotenmässigen Aufteilung der Beschaffungen bemerkt der
k.u.k. Kriegsminister, dass er, seitdem er Einblick in die Verhältnisse
der ungarischen Industrie gewonnen habe, nicht anstehe zuzugeben, dass die
ungarische Industrie bei der Vergebung der Lieferungen zu kurz gekommen sei.
Sein Bestreben sei seither unausgesetzt darauf gerichtet, eine Besserung herbei¬
zuführen.

   Der kgl. ung. Handelsminister erklärt, auf die Berücksichtigung der
Quote bei jeder Einzelbeschaffung das grösste Gewicht legen zu müssen. Schwierig¬
keiten werden sich nicht ergeben, da durch Kompensationen leicht ein Ausgleich
werde erzielt werden können, den die intervenierenden Vertreter der Handels¬
ministerien ohne Reibungen bewirken werden.

                                                  II.

   Aufnahme einer Stornierungsklausel in die Verträge über die Munitionsliefe¬
rungen.

   Zwecks Klärung dieser Frage wird beschlossen, dass das Kriegsministerium
vorerst eine Referentenbesprechung einleite, zu welcher die Vertreter der beiden
Finanzminister, der beiden Handelsminister, des k.k. Generalkommissariates für
Kriegs- und Übergangswirtschaft, des k.k. Ministeriums für soziale Fürsorge,
des kgl. ung. Ministeriums des Innern, der niederösterreichischen Finanzproku¬
ratur in Wien, sowie des Ärarial-Rechtsvertreters in Budapest einzuladen sein
werden. Das Ergebnis dieser Besprechung wird der k.k. und der kgl. ung. Regie¬
rung mitgeteilt werden.

                                                  III.

   Aufwand von 410 Millionen Kronen für die Ausgestaltung der Luftstreitkräfte
im ersten Halbjahr 1918.

   Der k.u.k. Kriegsminister führt aus, dass seitens des k.k. Minister¬
präsidenten Bedenken geäussert worden seien, dass es kaum möglich sein werde,
das den beiden Regierungen zugekommene Programm für die Ausgestaltung
des Fliegerwesens im 1. Halbjahr 1918 wirklich durchzuführen, zumal es fraglich
sei, ob die Flugzeugfabriken den Aufträgen aus dem zweiten Halbjahr 1917
soweit nachgekommen seien, um mit jenen des ersten Halbjahres 1918 anfangen
zu können. Der prähminierte Aufwand von rund 410 Millionen Kronen sei als
exorbitant angesehen und in dem aufgestellten Programm der Anfang eines auf
breitester Grundlage angelegten Ausbaues der Luftstreitkräfte erblickt worden.
Der k.u.k. Kriegsminister weist auf seine, an die beiden Regierungen gerichtete

                                                                                                              655
<pb/>einschlägige Note hin und bezeichnet die Durchführung des aufgestellten Program¬
mes lediglich als Erfordernis des gegenwärtigen Krieges, ohne dass dadurch der
künftigen Friedensorganisation der Luftfahrtruppe irgendwie vorgegriffen werde.
Die Realisierung des aufgestellten Programmes sei angesichts der unberechen¬
baren Möglichkeiten des Fliegerkrieges und der gegenwärtigen Unzulänglichkeit
der eigenen Luftstreitkräfte unumgänglich notwendig.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident betont gleichfalls die Notwendigkeit
der Herstellung eines Gleichgewichtes in den Luftstreitkräften der Monarchie
gegenüber jenen der Feinde.

   Der Fachreferent des k.u.k. Kriegsministeriums gibt die erforderlichen Detail¬
daten bekannt.

                                                  IV.

   Erteilung eines Investitionsvorschusses an die Kanonenfabrik in Györ im Betrage
von 35 Millionen Kronen. Zuwendung von 1.750.000 Kronen an die k.k. Staats¬
eisenbahngesellschaft zur Deckung der bei den Investitionen in Resicza vorge¬
kommenen Überschreitungen. Erfolglassung eines Zuschusses von rund 9.7 Millio¬
nen Kronen an die Kanonenfabrik in Györ.

   Der k.u.k. Kriegsminister führt aus, dass er der k.k. und der kgl. ung.
Regierung im Notenwege Mitteilung gemacht habe, wonach infolge der Über¬
schreitungen bei den Investitionen in der Kanonenfabrik in Györ weitere 35
Millionen Kronen erforderlich seien, ferner dass durch die höheren Gestehungs¬
kosten dieser Fabrik bei allen bisherigen Lieferungen die Notwendigkeit eines
einmaligen Zuschusses von rund 9.7 Millionen Kronen eingetreten sei. Gleich¬
falls im Notenwege habe er um die Zuwendung des Betrages von 1 3/4 Millionen
Kronen gebeten, der benötigt werde, um der k.k. Staatseisenbahngesellschaft
einen Teil der bei den Investitionen in Resicza vorgekommenen Überschreitungen
vergüten zu können.

   Der k.u.k. Kriegsminister stellt die Bitte, in den vorangeführten Belangen wegen
ihrer Dringlichkeit heute einen Beschluss zu fassen.

   Der k.u.k. Finanzminister bemerkt, dass er gegen die Bewilligung
der zur Deckung von Überschreitungen bei den Investitionen in der Kanonen¬
fabrik Györ und in den Werken der Staatseisenbahngesellschaft in Resicza ange¬
sprochenen Beträge grundsätzlich keine Einwendung erhebe. Zur Prüfung der
ziffermässigen Höhe der angeforderten Beträge bedürfte er näherer Aufklärungen.
Der angeforderte einmalige Zuschuss von 9.7 Millionen Kronen hingegen stelle
sich ihm als eine nachträgliche Erhöhung der Preise oder der staatlichen Subven¬
tion eines Privatunternehmens zur Deckung eines Betriebsdefizits dar. Er müsse
sich gegen ein Präzedenz aussprechen, dass Betriebsabgänge von Aktiengesell¬
schaften auf die Staatsfinanzen übernommen werden.

   Der kgl. ung. Handelsminister widerspricht dieser Auffassung. Es
handle sich bei dem angesprocheneri Zuschuss nicht um eine nachträgliche Erhö¬
hung der Preise. Die Kanonenfabrik habe gar keine fixen Preise, sondern die
Preise hängen von variablen Faktoren ab. Die Notwendigkeit des Zuschusses sei

656
<pb/> daraus entstanden, dass die Fabrik im Zusammenhang mit dem grossen artille¬
 ristischen Programm, dem sogenannten Hindenburg-Programm, dem Kriegs¬
 ministerium einen Investitionsplan vorgelegt und sich verpflichtet habe, denselben
 sofort in Angriff zu nehmen und durchzuführen, unter der Voraussetzung, dass
 die Genehmigung innerhalb einer festgesetzten Frist erfolge. Diese Frist sei nicht
 eingehalten worden, so dass die Voraussetzung, unter welcher die Kanonenfabrik
 eine Verpflichtung eingegangen war, nicht eingetreten sei. Die Kriegsverwaltung
 habe dessenungeachtet auf der Vornahme der Investitionen bestanden, die nun¬
 mehr nur mit wesentlich höheren Kosten durchgeführt werden konnten. Es bestehe
 daher jetzt eine Verpflichtung des Kriegsministeriums gegenüber der Kanonen¬
 fabrik zur Deckung der höheren Investitionskosten.

    Der kgl. ung. Ministerpräsident fügt hinzu, dass es sich tatsächlich
 um Deckung der Investitionskosten durch das Ärar handle, die die Kanonenfabrik
 in weitaus höherem Betrage auch auf gerichtlichem Wege geltend machen könnte.

    Der k.k. Finanzminister erwidert, dass er sich nicht gegen ein Erfor¬
 dernis für Investitionen wende, sondern gegen die Deckung eines Betriebsabgan¬
 ges, als welchen er den Zuschuss ansehe. Es müsste übrigens dessen Natur nach
 den Umständen beurteilt werden und noch Gegenstand einer Prüfung bilden.

    Aus den weiteren Ausführungen des kgl. ung. Handelsministers über
 die Festsetzung der Preise der Kanonenfabrik, die vom Fachreferenten des Kriegs¬
 ministeriums bestätigt werden, ergibt sich, dass der Zuschuss nicht als Deckung
 eines Betriebsabganges angesprochen werden kann.

    Der k.k. Finanzminister erklärt schliesslich, dass er einen vertrags¬
 rechtlichen Anspruch der Kanonenfabrik, den er auch hinsichtlich der ziffer-
 mässigen Höhe unbesprochen Hesse, nicht zu erkennen vermöge, und sich die
 rechnungsmässige Prüfung des aus Bilhgkeitsgründen zu gewährenden Zuschusses
Vorbehalte.

                                                   V.

   Aufwendungen für die Dezentralisation der Artilleriematerialvorräte.
   Der k.u.k. Kriegsminister führt aus, dass er die k.k. und die kgl. ung.
Regierung bereits im Notenwege um ihre Zustimmung zur Aufwendung eines
Betrages von ungefähr 2.6 Millionen Kronen gebeten habe und zwar für die Aus¬
gestaltungen des Artilleriezeugsdepots in Wien 380.000 Kronen, für die Errich¬
tung einer Waffenbeschaffungsanstalt 240.000 Kronen und einer Speditionsanstalt
16.000 Kronen, ferner für sonstige aus der Dezentralisation der Artillerievorräte
sich ergebenden Massnahmen 2 Millionen Kronen. Bisher sei nur seitens der
k.k. österreichischen Regierung eine Antwort eingelangt, wonach den angeführten
Massnahmen mit einem Aufwande von 2 Millionen Kronen zugestimmt werde.
   Der k.u.k. Kriegsminister stellt mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der vor¬
angeführten Bedürfnisse der Armee die Bitte, im Gegenstände heute eine Ent¬
scheidung zu treffen.
  Die verlangten Aufwendungen werden vom Ministerrate genehmigend zur
Kenntnis genommen.

42 Komjäthy: Protokolle  657
<pb/>                                                  VI.

  Kauf eines Hauses für den k.u.k. Militärattache im Haag.
  Der k.u.k. Kriegsminister teilt mit, dass dem k.u.k. Militärattache
im Haag seine Bureauräumlichkeiten gekündigt worden seien und er dieselben
Ende April räumen müsse. Der k.u.k. Militärattache habe, da infolge Wohnungs¬
not eine Einmietung ausgeschlossen und auch die Unterbringung der Kanzleien
im Gesandtschaftsgebäude nicht möglich sei, nach reiflicher Überlegung und
gewissenhafter Prüfung aller Umstände um die Bewilligung zum Ankauf eines
Hauses gebeten und zum Kaufe ein Haus um 50.000 holl. Gulden beantragt.
   Zufolge einer späteren Meldung sei jedoch dieses Haus inzwischen verkauft
worden; es käme nur noch ein Haus zum Preise von 65.000 und zwei Häuser
zum Preise von 100.000, beziehungweise 125.000 holl. Gulden in Betracht. Der
k.u.k. Militärattache habe beantragt, das Haus für 65.000 holl. Gulden mit neun
Wohnräumen sofort zu kaufen, da mehrere Käufer vorhanden seien. Für Adap¬
tierungen und Beschaffung der Einrichtung wäre ein Aufwand von 20.000 holl.
Gulden erforderlich. In letzteren Betrag sei nur das Allernotwendigste aufgenom¬
men worden, derselbe vertrage daher keine Abstriche.
   Der k.u.k. Kriegsminister bittet, den Kauf des Hauses um 65.000 holl. Gulden
und den für Adaptierungen und Einrichtungskosten angesprochenen Betrag von
20.000 holl. Gulden zu Lasten des M-Kredites zu bewilligen, wobei ihm auch eine
Klarstellung in der Richtung erforderlich erschiene, ob die Heeresverwaltung als
Eigentümerin eines solchen Immobils auftreten könne. Seinem Dafürhalten nach
wäre hiezu eher das k.u.k. Ministerium des Äussern befugt, die Heeresverwaltung
könnte gegebenenfalls an das genannte Ministerium einen Mietzins einrichten.
   Der Ministerrat erteilt die erbetene Bewilligung, in welcher der kgl. ung. F i-
nanzminister aber kein Präjudiz für die Lösung der Frage der Unter¬
bringung der Amtslokalitäten der k.u.k. Militärattaches an anderen Orten erblickt
wissen möchte.
   Die Durchführung der Angelegenheit wird im Einvermehmen mit dem k.u.k
Ministerium des Äussern erfolgen.

                                                  VII.

   Massnahmen zur Förderung der Anwerbung weiblicher Hilfskräfte für militä¬
rische Stellen.

   Der k.u.k. Kriegsminister weist darauf hin, dass die Massnahmen,
welche die Heeresverwaltung zur Förderung der Anwerbung von weiblichen Hilfs¬
kräften, deren Anzahl zur Freimachung männlicher Kräfte von 50.000 auf 100.000
erhöht werden soll, in Aussicht nehme, der k.k. und der kgl. ung. Regierung
bereits im Notenwege bekanntgegeben worden seien. Es werde sich durch die
hiebei in Aussicht genommene Gewährung von Verpflegung und Unterkunft ein
monatlicher Mehraufwand von rund 5 Millionen K ergeben.

   Die vom k.u.k. Kriegsminister erbetene Bewilligung der geplanten Massnahme
wird vom Ministerrat erteilt.

658
<pb/>                                                 VIII.

   Erhöhung des Menagegeldes.
   Der k.u.k. Kriegsminister führt aus, dass sich die Notwendigkeit
der Erhöhung des Kostgeldes um 25 Heller pro Kopf und Tag und der Errechnung
desselben auf einer neuen Grundlage ergeben habe. Der monatliche Mehraufwand
betrage zirka 12.360.000 Kronen.
   Den Darlegungen des k.u.k. Kriegsministers wird zugestimmt.

                                                 IX.

   Festsetzung der Bezugspreise für ungarische Weine.
   Der k.k. Ackerbauminister weist darauf hin, dass die Heeresverwal¬
tung bei der Weinbeschaffung infolge der niedrigen österreichischen Richtpreise
und der höheren Weinpreise in Ungarn sich in Österreich schadlos halte. Es sei
dringend geboten, hier Abhilfe zu schaffen.
   Entsprechend dem in der hieran sich knüpfenden Wechselrede geäusserten Wun¬
sche des k.k. und des kgl. ung. Ministerpräsidenten wird das k.u.k. Kriegs¬
ministerium mit gegenständlichen Anregungen an die k.k. und an die kgl. ung.
Regierung ehestens herantreten.

                                                  X.

   Auslandspropaganda-Fonds des Kriegspressequartiers.
   Die für obigen Zweck angesprochenen 500.000 Kronen werden vom Minister¬
rate bewilligt.

                                                 XI.

   Donauschiffahrtsakte.
   Der k.k. Handelsminister teilt mit, dass die k.k. Regierung auf
Betreiben des k.u.k. Ministeriums des Äussern ihre hinsichtlich des Donauakte-
Entwurfes gemachten Vorbehalte fallen lasse und der Organisation der Donau¬
kommission in Budapest vorbehaltlos zustimme, es sei nunmehr an der kgl. ung.
Regierung, von ihrer Forderung nach Sicherstellung der Fahrwassertiefe von 2 m
auf der österreichischen Strecke im Zusammenhänge mit dem Donauakte Abstand
zu nehmen.
   Der kgl. ung. Ministerpräsident erklärt, die kgl. ung. Regierung
könne darauf, dass sie gleichzeitig mit der Annahme der Donauakte die Sicher¬
heit erhalte, dass auf der österreichischen Donaustrecke die Fahrtiefe von 2 m
erreicht werde, nicht verzichten. Sie müsse an der Erreichung der 2 m Tiefe bis
Passau schon angesichts der für die Regulierung des Eisernen Tores gebrachten
und noch zu bringenden Opfer festhalten.
   Der k.k. Handelsminister entgegnet, dass der Standpunkt der öster¬
reichischen Regierung nicht so aufzufassen sei, dass sie die Fahrrinne nicht ver-

     42* 659
<pb/>tiefen wolle. Sie sei gegen die Übernahme einer Verpflichtung, da sie eine solche
gegenüber Deutschland zu einem Verhandlungsobjekt machen wolle. Im Übrigen
sei die Frage der Vertiefung der Fahrrinne noch gar nicht spruchreif, es werden
sich zu ihr noch die Donauregulierungskommission und auch die Finanzverwal¬
tung zu äussern haben.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident gibt die Zweckmässigkeit zu, die
Vertiefung Deutschland gegenüber zu einem Verhandlungsobjekt zu machen,
er würde jedoch eine bindende Erklärung der k.k. Regierung darüber wünschen,
dass sie die Vertiefung vornehmen wolle und werde.

   Der k.k. Handelsminister bemerkt, dass eine Bindung nicht möglich
wäre.

   Schliesslich kommt eine Einigung in dem Sinne zu stände, dass der kgl. ung.
.Ministerpräsident sich mit dem blossen Versprechen der k.k. öster¬
reichischen Regierung, die Fahrrinne zu vertiefen, begnügt und erklärt hiemit,
den Donauakte-Entwurf als von den beiden Regierungen genehmigt zu betrachten.

   Der kgl. ung. Handelsminister bringt noch folgendes zur Sprache:
   Anlässlich der kürzlich in Berlin über die deutsche Getreidehilfe geführten Ver¬
handlungen habe es sich unliebsam fühlbar gemacht und die Verhandlungen
ungünstig beeinflusst, dass von verschiedenen Seiten, so von österreichischen
Organen und vom gemeinsamen Ernährungsausschuss mit deutschen Stellen ohne
Mitwirkung, sogar ohne Kenntnis der österreichisch-ungarischen Vertretungs¬
behörde Verhandlungen stattgefunden haben. Es seien durch solche Verhandlun¬
gen chaotische Zustände geschaffen worden, auch trage die Umgehung der aus¬
wärtigen Vertretungsbehörde nicht zur Hebung ihres Ansehens bei. Er möchte
daher beantragen, der Ministerrat wolle beschliessen, dass Verhandlungen im
Auslande nur mit Mitwirkung der k.u.k. Vertretungsbehörden geführt werden
und, um zu vermeiden, dass Österreich und Ungarn bei derartigen Verhandlungen
sich einander gegenüberstehen -- wie es&#39;häufig vorgekommen sei -- strittige Fra¬
gen vorher gegenseitig bereinigt werden.
   Der kgl. ung. Ernährungsminister schliesst sich diesem Anträge an
und bemefkt, dass der Abschluss des Vertrages zu so ungünstigen Bedingungen,
wie dies zuletzt in Berlin geschehen musste, insbesondere den vom kgl. ung.
Handelsminister erwähnten verschiedenen Verhandlungen zuzuschreiben sei, die
nicht mehr storniert werden konnten und der von ihm beabsichtigten Einleitung
der Verhandlungen auf einer neuen Basis entgegenstanden.
&#39; Der Vorsitzende konstatiert, dass dem Anträge allseits zugestimmt wird,
wobei zur Kenntnis genommen wird, dass -- wie der k.u.k. Kriegsminister
bemerkt -- in rein kriegswirtschaftlichen Fragen das k.u.k. Kriegsministerium
unmittelbar mit dem königlich preussischen Kriegsministerium verhandelt.
   Der Vorsitzende schliesst sonach die Beratungen am 24. Februar 1918
um 7 Uhr abends.

              Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des
          Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates bestätigt. Auf dem letzten
          Blatt unter dem Text rechts die Unterschrift des österreichischen Ministerpräsidenten

&lt;560
<pb/>Seidler als Vorsitzender des gemeinsämeri Ministerrates, links die Unterschrift dek

Protokollführers Nicki mit Datum (11. III. 1918). Die Kenntnisnahme durch den

Herrscher fehlt. -- Ebd. das Konzept des Protokolls, die eine Hälfte mit der Hand, die

andere mit Maschinegeschrieben, mit unzähligen, aus der Feder des Protokollführers

stammenden Korrekturen. Am Ende die Unterschrift von Nicki (5. .111. 1918) und von

Seidler.                                          ·

                                                      37.

          y                      &#39;&#39;               &#39;&#39;

                                 Baden, 30. Mai 1918

Der Ministerrat will die südslawische Frage in einer vielseitigen und gründlichen
Debatte innerhalb des Rahmens der Monarchie lösen.

   Die südslawische Frage hat in der Form, wie sie im gemeinsamen Ministerrat
beraten wurde, nicht viel von den tatsächlichen Elementen des Problems enthalten.
(Über den eigenartigen Hintergrund war in der Einleitung die Rede.) Darüber, in
welchen Ministerratssitzungen diese Frage noch behandelt wurde, siehe den Kommen¬
tar zum Protokoll vom 7. Januar 1916:

Protokoll des zu Baden am 30. Mai 1918 abgehaltenen Ministerratesfür gemeinsame

Angelegenheiten, unter dem Allerhöchsten Vorsitze Seiner Majestät des Kaisers
und Königs.

   KZ. 59. - G.M.K.P.Z. Sd?.

   Gegenwärtige: der k.u.k. Minister des k.u.k. Hauses und des Äußern, betraut
mit der Leitung des gemeinsamen Finanzministeriums Graf B u r i ä n, der k:k&#39;.
Min terpräsident Dr. Ritter von Seidler, der kgl. urig. Ministerpräsident
Dr. Alexander W e k e r l e, der k.u.k. Kriegsminister GO. Freiherr von Stögen-
Steiner, der Landeschef von Bosnien und der Herzegowina, Kommandieren^
der General in Bosnien, Herzegowina und Dalmatien, GO. Freiherr von S a r k o-
t i c, der Banus von Kroätieri, Släwöriieri und Dalmatien; Antori von M i h a&#39;-
1 o v i c h.

Schriftführer: Legationsrat Graf Walterskirdhen.

Gegenstand: Südslawische Frage.                       :

                                                                                                           V

   Seine k.u.k. Apostolische Maje st ä t geruhen die Besprechung uni
5 Uhr zu eröffnen und darauf hinzuweisen, dass Er die Herfen zu sich gebeten
habe, um zu versuchen, die südslawische Frage, die für die Monarchie von aller¬
grösster Wichtigkeit sei, einer Lösung zuzuführen. Es wurde vielfach der Gedanke
ventiliert, Dalmatien mit Kroatien zu vereinigen und Bosnien und die Herzego¬
wina zu Ungarn zu schlagen. Durch Seine Stellung als Kaiser von Österreich und
<pb/>