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Gemeinsamer Ministerrat, 7. 4. 1900

I. Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie pro 1901

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z32.pdf.

178 Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7. 4.1900

   Der Vorsitzende wirft die Frage auf, ob nicht in einer für den folgenden Tag
anzuberaumenden Konferenz die bisher nicht zu erzielende Einigung angestrebt
werden sollte. Da dieser Vorschlag allseitige Zustimmung findet, ladet der Vorsitzende
zur Wiederaufnahme der Beratung am folgenden Tage ein.4

                                                                                           Goluchowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 29. April 1900. Franz Joseph.

                   Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7. April 1900

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Sz£U, der k. k. Ministerpräsident v. Koerber, der
k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay, der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v.
Krieghammer, derkgi. ung. Finanzminister v. Lukäcs, derk. k. Finanzminister Ritter Böhm [v. Bawerk],
der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun.
    Protokollführer. Sektionsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬
garischen Monarchie pro. 1901.

   KZ. 35 - GMCZ. 421
   Protokoll des zu Wien am 7. April 1900 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame '
Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern
Grafen Gohichowski.

   Bevor die Konferenz nach Eröffnung derselben durch den Vorsitzenden die Bera¬
tung des Marinebudgets fortsetzt, ergreift der k. u. k. gemeinsame Kriegs¬
minister GdK. Freiherr v. Krieghammer das Wort, um, auf den
Voranschlag seines Ressorts zurückkommend, zu erklären, daß er nicht in der Lage sei,
die von der Konferenz im Ordinarium vorgenommenen Abstriche im Betrage von
904 000 Kr. durchzuführen. Er müsse daher um die Ermächtigung bitten, Reduktionen
in der gleichen Höhe im Extraordinarium vornehmen zu dürfen, wodurch ja die
Hauptsumme des Mehrerfordemisses des Heeresbudgets keine Änderung erleiden
werde.

    Die Konferenz nimmt keinen Anstand, diese Ermächtigung zu erteilen, so daß die
Steigerung des Heeresbudgets sich nunmehr folgendermaßen gestalten wird: im Ordi¬
narium 4 273 000 Kr., im Extraordinarium 11096 000 Kr., zusammen 15 369 000 Kr.

    Es wird hierauf die weitere Beratung des Marinebudgets in Angriff genommen,
und erklärt der k.u.k Marinekommandant Admiral Freiherr v,
Spaun, nach abermaliger eingehender Prüfung des bezüglichen Voranschlages
in der Lage zu sein, außer der Reduktion von 5 190 000 Kr., in welche er bereits

4 GMR. v. 7.4.1900, GMCZ. 421.

i DieBeratung ist die Fortsetzung des GMR. v. 6.4.1900, GMCZ 420.
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in der vorangegangenen Konferenz gewilligt habe, noch eine weitere Reduktion
von 1 Million Kronen eintreten zu lassen, und zwar werde sich dieselbe zur
Hälfte, das heißt im Betrage von einer halben Million Kronen, im Extraordinari-
um bei Titel VI, Subtitel C, Post 2, 3 und 4, durch Verschiebung der Bauraten
der Panzerschiffe I, II und HI, zur anderen Hälfte im Extraordinarium bei Titel
VH (Waffenwesen) durch Abstriche an den Posten 5, 6, 12, 13, 14 und 16 be¬
werkstelligen lassen. Auf diese Weise erscheine das Mehrerfordemis der Marine¬
verwaltung dem Wunsche der beiden Regierungen entsprechend auf 4 024 000 Kr.
herabgemindert.

   Redner bespricht und begründet hierauf folgende Nachtragskredite:
    1. Zum ordentlichen Erfordernisse der Kriegsmarine für das Jahr 1900 zur
Deckung außergewöhnlicher Auslagen, zur Ergänzung und Unterbringung des
Kriegsvorrates an Munition und Seeminen, Maschinen-, Betriebs- und sonstigen
Materialien 3 230 000 Kr.;
   2. zum ordentlichen Erfordernisse der Kriegsmarine für das Jahr 1899 zur Deckung
des Mehraufwandes anläßlich der Entsendung Sr. Majestät Schiffes ,,Kaiserin Elisa¬
beth&quot; nach Ostasien 201 000 fl. - 402 000 Kr.;
   3. zum ordentlichen Erfordernisse der Kriegsmarine für das Jahr 1899 zur
Deckung außergewöhnlicher, durch prophylaktische Maßnahmen hervorgerufener
Auslagen 12 000 fl. - 24 000 Kr.
   Nachdem der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell noch bemerkthat,
daß er, um etwaigen auf einen Flottenbauplan bezüglichen Anfragen in den Delegatio¬
nen vorzubeugen, Wert darauf lege, daß das neue große Panzerschiff ,A&quot;, Ersatz
,,Laudon&quot;, bei der parlamentarischen Behandlung dieser Post in den Delegationen
ausdrücklich als Ersatz bezeichnet werde, erscheint die Beratung des Voranschlages
der k. u. k. Kriegsmarine zu Ende gebracht, und stellt der Vorsitzende fest, daß
die Konferenz denselben im Ordinarium mit 28 521 660 Kr., im Extraordinarium
mit 14 969 160 Kr., zusammen mit 43 490 820 Kr. angenommen und auch den vorer¬
wähnten drei Nachtragskrediten zugestimmt hat.
   Die Konferenz stimmt weiters der von dem k. u. k. gemeinsamen Minister des
Äußern Grafen Gohichowski nachgesuchten Erstreckung der Verwendungs- und Ver¬
rechnungsdauer rücksichtlich des zum außerordentlichen Erfordernisse des Titels 2
pro 1897 für den Bau und die Errichtung von Gesandtschaftsgebäuden in Peking, Tokio
und Cetinje bewilligten Nachtragskredites per 300 000 fl. zu.
   Schließlich wird der Voranschlag für das gemeinsame Zollgefälle aufgrund der
von den beiderseitigen Regierungen präliminierten Beträge mit 125039 249 Kr.
eingestellt, worauf der Vorsitzende konstatiert, daß bezüglich des gemein¬
samen Voranschlages der Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungari¬
schen Monarchie pro 1901 in der Konferenz eine vollkommene Übereinstimmung

erzielt worden ist.
   Vor Schluß der Konferenz gibt der k.u.k. gemeinsame Finanzminister

v. K ä 11 a y noch der Ansicht Ausdruck, daß es opportun wäre, bereits jetzt darüber
schlüssig zu werden, wie sich der gemeinsame . Kriegsminister Anfragen gegenüber
verhalten solle, welche in den Delegationen an ihn in bezug auf die Erhöhung des
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Rekrutenkontingentes2 oder die Neubewaffnung der Artillerie3 möglicherweise gestellt
werden könnten.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell bemerkt demgegenüber,
daß die Antwort auf eine die Erhöhung des Rekrutenkontingentes betreffende Frage
notwendigerweise eine ganz vage sein müsse und nur etwa in dem Sinne lauten könne,
daß die beiderseitigen Regierungen zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen
hätten, und daß diese Angelegenheit erst dann, wenn alle beteiligten Faktoren darüber
einig geworden seien, vor die Legislativen würde gebracht werden können.

   Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v.
Krieghammer erklärt, daß er sich einer derartigen Anfrage gegenüber, wie er
dies übrigens bereits einmal zu tun in der Lage war, äußerst reserviert verhalten werde.4
Anders lägen dagegen die Dinge bezüglich der Frage der Neubewaffnung der Artillerie.
Diese Angelegenheit könnte nicht länger geheimgehalten werden, nachdem im vorlie¬
genden Heeresbudget 1 200 000 Kr. für Versuche mit neuen Geschützmodellen einge¬
stellt seien und bis zum Zusammentritt der Delegationen im Jahre 1901 bereits eine
Anzahl von Versuchsbatterien mit den neuen Geschützen aufgestellt sein würden. Er
werde daher nicht umhinkönnen, auf eine diesfällige Anfrage zu erwidern, daß die
Kriegsverwaltung, wenn einmal die im Zuge befindlichen Versuche zu einem endgilti-
gen Ergebnis geführt haben würden, mit einer bezüglichen Anforderung an die Dele¬
gationen herantreten werde.

   Hierauf schließt der Vorsitzende die Sitzung.

                                                                                           Gohichowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt diese Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 29. April 1900. Franz Joseph.

2 Die Erhöhung des Rekrutenkontingents stand im GMR. v. 29. 8.1896, GMCZ. 393; GMR. v. 30. 8. 1896
    GMCZ. 394; GMR v. 18.9.1896 GMCZ. 395; des weiteren GMR v. 29. 6.1899, GMCZ. 415; GMR v. 15.
     11.1899, GMCZ. 417, zur Debatte. Aufden Ministerratssitzungen des Jahres 1899 anerkannten zwar beide
    Refferungen, daß eine Erhöhung des Rekrutenkontingents notwendig sei, siefanden aber die Unterbreitung
     des diesbezüglichen Vorschlags zum gegebenen Zeitpunkt angesichts der innenpolitischen Verhältnisse in
     beiden Ländern ungelegen.

3 Krieghammeran die Teilnehmerdesgemeinsamen Ministerratesv. 19.5.1899, KA., KM., Präs. 26-1/5/1899:
    Bewaffnung unserer Feld- und Gebirgsartillerie mit modernem Geschütz. Über dieselbe Frage (unter
    Hinweis auch auf den bereits erwähnten EntwurfKrieghammers vom Mai) Denkschrift von Beck über die
    allgemeinen millitärischen Verhältnisse zu Ende desJahres 1899v. 27.12.1899, ebd., MKSM. 25-1/1/1900.
    Im Budget des Jahres 1901 wurde bereits wie aus den Protokollen ersichtlich auch den Wiederaufrüstungs¬
     bedürfnissen derArtillerie Rechnung getragen.

4 Krieghammerführte in der österreichischen Delegation aus, eine Verkürzung der Dienstzeit von drei aufzwei
    Jahre sei lediglich mit einerparallelen Erhöhung des Rekrutenkontingents vorstellbar, Kolmer, Parlament
    und Verfassung in Österreich, Bd. 8102.
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