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Gemeinsamer Ministerrat, 29. 6. 1899

I. Das Projekt des k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers betreffend die Ausgestaltung der Wehrmacht aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z26.pdf.

142  Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 6.1899

abgesehen von der bereits im Vorjahre prinzipiell konzedierten Summe von 2 Millionen,
jede Steigerung des Marinevoranschlages tunlichst zu vermeiden. Unter dieser Voraus¬
setzung will auch Redner die 2 1/2- Millionen-Anforderung nicht beanständen.

   Anläßlich einer hierauf folgenden Diskussion über die Frage, ob die 1 700 000 fl.
gleichfalls als Nachtragskredit pro 1899 oder aber, eventuell mit einer Spezialvorlage,
als Anforderung pro 1900 in den Delegationen eingebracht werden sollen, bemerkt der
Vorsitzende, daß hierüber seinerzeit anläßlich der Beratung des gemeinsamen
Voranschlages ein Beschluß zu fassen sein werde.

   Der Vorsitzende konstatiert hierauf, daß auch der zweite Verhandlungsgegenstand
erledigt sei, und schließt die Sitzung.

                                                                                          Gohichowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses ProtokoUes zur Kenntnis genommen.
   Wien, 31. März 1899. Franz Joseph.

               Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. Juni 1899

     RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Goiuchowski, der kgl. ung. Minister¬
präsident v. Szell, der k. k. Ministerpräsident Graf Thun, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay
(28.7.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer, der kgl. ung. Landesverteidi¬
gungsminister GdK. Baron Fejärväiy, der k. k. Landesverteidigungsminister FZM. Graf Welsersheimb, der
kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs, der k. k. Finanzminister Kaizl.
    Protokollführer Sektionsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Das Projekt des k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers betreffend die Ausgestaltung der
Wehrmacht aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes.

   KZ. 66 - GMCZ. 415
   Protokoll des zu Schönbrunn am 29. Juni 1899 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers und
Königs.

   Se, k. u. k. aposL Majestät geruhen die Sitzung zu eröffnen und als deren
Gegenstand das den beiden Regierungen auf vertrauliche Weise mitgeteüte Expose des
Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers über die Vermehrung des k. u. k. Heeres
zu bezeichnen, wobei Allerhöchstdieselben mit besonderem Nachdruck auf die Wich¬
tigkeit und Dringlichkeit dieser Frage hinweisen, an welche bereits vor vier Jahren
herangetreten worden sei, ohne daß es seither möglich gewesen wäre, dieselbe einer
entsprechenden Lösung zuzuführen.1 Diese Jahre seien verloren, und es müsse dafür
gesorgt werden, daß nicht noch mehr kostbare Zeit ungenützt verstreiche. Wenn Se.

i Ober die Erhöhung des Rekrutenkontingents wurde beraten: GMR v. 29.8.1896, GMCZ. 393; GMR v. 30.
    8.1896, GMCZ. 394; GMR v. 18.9.1896, GMCZ. 395; des weiteren wurden bei einerunter Vorsitzdes Kaisers
    abgehaltenen Militärberatung an der am 7.3.1899 der gemeinsame Kriegsminister, der Generalstabschef
    und die beiden Landesverteidigungsminister teilnahmen, die weiteren Sitzungen des gemeinsamen Minister-
<pb/>Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 61899  143

Majestät auch mit Befriedigung konstatieren könnten, daß adera Pflichteifer und der
Fleiß des Offizierskorps bnichts zu wünschen übriglasseb, so könne anderseits nicht
geleugnet werden, daß die k. u. k. Wehrmacht, was die Quantität cund infolge der
geringen Friedensstände auch die Qualität0 anlange, hinter den Heeren der anderen
Großmächte bedeutend zurückgeblieben sei. Die Frage des Ausbaues der Wehrmacht
stehe im innigsten Zusammenhänge mit der GroßmachtsteUung der Monarchie und sei
daher nicht bloß eine müitärische, sondern fast noch mehr eine politische. Die Frage
der Erhöhung des Rekrutenkontingentes müsse daher ehestens in Angriff genommen
werden, da die jetzt vorhandenen Truppen, zumal die Infanterie, für den Ernstfall weder
an Zahl stark genug noch hinlänglich organisiert seien, so daß einem eventuellen Kriege
unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengesehen
werden könne. Se. k. u. k. apost Majestät geruhen hierauf die Anwesenden zur Mei¬
nungsäußerung über den Beratungsgegenstand aufzufordern.

   Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Gotu-
c h o w s k i erbittet sich daraufhin das Wort um auszuführen, daß angesichts der in
anderen Staaten auf müitärischem Gebiete gemachten Anstrengungen sich niemand
der Notwendigkeit der Durchführung der geplanten Erweiterung der Wehrmacht
verschließen könne, und daß es sich nur darum handle, wann, nicht aber ob an ein solche
herangetreten werden solle. Die Lösung dieser Frage hänge zunächst von der Gestal¬
tung der parlamentarischen Verhältnisse in Österreich ab, da aufgrund des § 14 wohl
der gegenwärtige Truppenstand erhalten werden könne, zur Erhöhung des Rekruten¬
kontingentes jedoch die Zustimmung des Reichsrates erforderlich sei.2

    rates über die Erhöhung des Rekrutenkontingents vorbereitet: KA, MKSM. 20-1/1/1899. Entsprechend der
    Entschließung dieser Beratung erarbeitete der gemeinsame Kriegsminister seinen Vortrag v. 4. 5.1899 über
    den Ausbau der Wehrmacht, ebd., KM., Präs. 26-1/5-2/1899. Der dem Herrscher unterbreitete Vortrag:
    HHStA., Kab. Kanzlei, KZ. 476/1899. Krieghammer schickte sein Expose Goluchowski bzw. den beiden
    Landesreperungen am 19. 5. 1899 zu, ebd., PA. I, Karton 656, 350/CdM. Beilagen: a) Antrag für die
    Heeresvermehrung, Wien 1899; b) Entwurf eines Gesetzes über die Erhöhung des Rekrutenkontingen¬
    tes, Wien 1899. (Das Konzept des Schriftstücks: KA., KM., Präs. 26-1/5/1899.)

a&quot; Korrektur Sr. Majestät aus die Armee in qualitativer Beziehung dank dem.
b_b Korrektur Sr. Majestät aus auf einer sehr hohen Stufe stehe.
c~c Einfügung Sr. Majestät.

2 Nach zwei Wochen stürmischer Sitzungen sah sich derKaiser am 1. Februar 1899gezwungen, denReichsrat

    zu vertagen. In den darauffolgenden Monaten ßhrte die Regierung Thun - ungeachtet der heßgen
    Auseinandersetzungen zwischen den Parteien - unterBerufung auf§ 14 dieAmtsgeschäfte weiter. Kolmer,
    Parlament und Verfassung in Österreich, Bd. 7 206-218. § 14 des Gesetzes v. 21.12.1867, RGBl. Nr.
    141/1867, lautet: Wenn sich die dringende Notwendigkeit solcher Anordnungen, zu welchen verfassungs¬
    mäßig die Zustimmung des Reichsrates erforderlich ist, zu einer Zeit herausstellt, wo dieser nicht
    versammelt ist, so können dieselben unter Verantwortung des Gesamtministeriums durch kaiserliche
    Verordnungen erlassen werden, insofeme solche keine Abänderungdes Staatsgrundgesetzes bezwecken,
    keine dauernde Belastung des Staatsschatzes und keine Veräußerung von
    Staatsgut betreffen. (Hervorhebung von mir -6. S.) Bernatzik, Die österreichischen Verfassungsgeset¬

    ze 399.
<pb/>144  Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 6.1899

    Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister erlaubt sich hierauf, ver¬
 schiedene an ihn in bezug auf die künftige Gestaltung des Heeresbudgets gerichtete
 Anfragen zu beantworten und legt dar, daß aus der Gehaltsregulierung der Offiziere
 und Militärbeamten ein jährliches Mehrerfordemis von ungefähr 5 Millionen sich
 ergeben werde. Dagegen würde die bisherige alljährliche Steigerung des Heeresbud¬
gets um 4 Millionen in Wegfall kommen, insolange die von der Kriegsverwaltung
 kontemplierte neue Vorlage nicht durchgeführt sei. Im Momente der Durchführung
 dieser letzteren würde dann wieder, und zwar während sechs Jahren, eine Steigerung
des Kriegsbudgets um ungefähr 6 Millionen für Heer und Marine eintreten.

    Der Herr k.k. Ministerpräsident Graf Thun gestattet sich der
Ansicht Ausdruck zu leihen, daß er die Notwendigkeit der in Aussicht genommenen
Heeresvermehrung vom militärischen Standpunkte als vollkommen erwiesen betrachte.
Nichtsdestoweniger könne er sich den schwerwiegenden Bedenken nicht verschließen,
welche die durch den Plan der Kriegsverwaltung bedingte kolossale Belastung der
Staatsfinanzen hervorrufen müsse. Die Gesamtsteigerung des fortlaufenden Heeres¬
budgets werde nach Durchführung dieser Ausgestaltung insgesamt 43 Millionen jähr¬
lich betragen, und auch da sei es noch fraglich, ob man mit dieser Summe das Auslangen
finden werde. Redner erbittet sich speziell darüber Auskunft, ob in den neu anzufor-
demden Summen auch bereits die Kosten für die Neubewaffnung der Feld- und
Gebirgsartillerie mit inbegriffen seien.

    Demgegenüber möchte sich der Herr k.u.k. gemeinsame Kriegsmini¬
ster GdK Edler v. Kr ieghammer zubemerkenerlauben,daßesdermalen
nicht möglich sei zu bestimmen, wann mit der Neubewaffnung der Artülerie begonnen
werden solle. Jedenfalls würden die hiefür nötigen Summen erst in drei bis vier Jahren
angefordert werden.

    Der Ick. Ministerpräsident Graf Thun gestattet sich sodann, um
Aufklärung über die Anforderungen der Marineverwaltung zu bitten.

    Der Herr Icu. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v.
Krieghammer möchte sich erlauben, diese Anfrage dahin zu beantworten, daß
für Marinezwecke eine Forderung von 53 Millionen in Aussicht genommen sei. Davon
wurden zwei Schiffe bereits gebaut, während der Bau von sechs anderen noch projek¬
tiert sei.

   Nachdem der Herr k.uJc gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer
nochmals auf die Notwendigkeit der Vermehrung der Truppenzahl hingewiesen und der

k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golucho ws ki
die große Wichtigkeit einer Verstärkung der Marine nachdrücklich betont hatten,
geruhen Se. k.u. k. apost Majestät Allerhöchstihrer Ansicht dahin Ausdruck
zu geben, daß die Entscheidung im Falle eines Krieges jedenfalls zu Lande erfolgen
werde. Einen kontinentalen Krieg zu führen, sei jedoch die Monarchie bei dem gegen¬
wärtigen Stande ihrer Wehrmacht nicht in der Lage.

   Der Herr k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern GrafGotu-
chowski nimmt sich die Freiheit, diesfalls auf die immerhin bedeutende RoUe
hinzuweisen, welche die k. u. k. Marine in dem Falle zu spielen berufen sein würde, falls
es früher oder später bezüglich der orientalischen Frage zu einer Entscheidung
<pb/>Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 61899  145

kommen sollte. Zur Zeit verfüge die Monarchie jedoch nicht einmal über eine hinläng¬
lich große Anzahl von Schiffen, um eventueU das Landheer wirksam zu unterstützen.

    Anknüpfend hieran geruhen Se. k.u.k. apost Majestät die Bedeutung
hervorzuheben, welche der Marine auch im Frieden zukomme, wo sie berufen sei, die
Großmachtstellung der Monarchie dem Auslande gegenüber zur Geltung zu bringen
und deren Handel in überseeischen Ländern zu schützen.

    Der Herr kg 1. ung. Ministerpräsident v. S z e 11 möchte seine Auf¬
fassung dahin präzisieren dürfen, daß kein Minister sich der Verantwortlichkeit ver¬
schließen könne, welche die Stellung der Monarchie als Großmacht ihm auferlegt.
Gerade deshalb aber müsse in der vorliegenden Angelegenheit mit der größten Vor¬
sicht vorgegangen werden. Redner anerkenne zwar, daß die vom Herrn k. u. k. gemein¬
samen Minister des Äußern Grafen Gohichowski angeführten Argumente sehr
zwingender Natur seien, doch müsse in Anbetracht der großen finanziellen Belastung,
welche für die Monarchie aus der Annahme des zur Diskussion gesteUten Projektes des
Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers erwachsen werde, wohl erwogen werden,
wie die rrage der Bedeckung und die*3 darauf bezügliche Aktion am besten durchge¬
führt werden könnte. Man dürfe sich nicht vorstellen, daß man, da kleine Vermehrun¬
gen sich auch in Hinkunft wohl immer einstellen würden, schließlich bei einer jährlichen
Mehrbelastung für die Monarchie von 60, vieUeicht sogar 65 Millionen angelangt sein
werde. PrinzipieU werde selbstverständlich kein Widerstand geleistet werden, und es
müsse den Anforderungen der Kriegsverwaltung ein dem Maße, als es die finanzielle
Leistungsfähigkeit beider Staaten ermöglicht,6 zum Durchbruche verhelfen werden, da
man dies der Großmachtstellung fund der Sicherheit der Monarchie schuldig sei. Über
die finanzielle Tragweite der Sache könne man sich aber heute noch keine Rechenschaft
geben. Redner sei bereit, im Namen der ungarischen Regierung zu erklären, daß
dieselbe das Projekt des Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers einer genauen
Prüfung unterziehen werde; heute sei es jedoch sehr schwer, eine positive Meinung
abzugeben. Die Frage der notwendigen Bedeckung, welch letztere heute noch nicht
vorhanden sei, müsse systematisch vorbereitet werden, da die Angelegenheit, wenn
schon jetzt angeregt, leicht kompromittiert werden könnte.

   Der Herr k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v.
Krieghammer gestattet sich zu bemerken, daß, da die Steigerung des Kriegsbud¬
gets nur eine allmählige, sich auf sechs Jahre verteüende seinwerde, auch die finanzielle
Vorbereitung nur eine sukzessive zu sein brauche.

   Se. k.u.k. apost. Majestät geruhen hier die erläuternde Bemerkung
einzuschalten, daß die Frage der Neubewaffnung der Artillerie mit den ursprünglich
gestellten Anforderungen der Kriegsverwaltung nicht im Zusammenhänge gestanden,
sondern erst später hinzugekommen sei. Übrigens handle es sich um die Umgestaltung
des Artilleriematerials, nicht um dessen Vermehrung.

d_d EinfiigungSzdlls.
c~c EinßgungSzölls.
t-t Einfügung SziUs.
<pb/>146                                          Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 6.1899

   DerHerr Ick. Landesverteidigungsminister FZM. Graf Wel-
sersheimb möchte sich erlauben daran zu erinnern, daß die Frage des Ausbaues
der Wehrmacht der Monarchie nun schon seit drei Jahren ruht, nachdem im Jahre 1896
eine Chance, eine darauf bezügliche Gesetzesvorlage im Reichsrate durchzubringen,
gleider8versäumtworden sei.3 Es dürfe unter keiner Bedingung noch mehr Zeit verloren
werden. Es sei vor allem notwendig, daß man sich im Schoße der Regierungen darüber
klar werde, Nvas überhaupt und wie dasselbe11 durchgeführt werden könne. Die öster¬
reichische Regierung sei nicht in der Lage, sich jetzt darüber auszusprechen, ob es
möglich sein werde, mit der Vorlage im Herbste durchzudringen. Worauf aber bereits
heute hingearbeitet werden könne, sei Einigkeit und Klarheit innerhalb der Regierungen
selbst.1 Österreich-Ungarn sei in bezug auf den Ausbau seiner WehrmachtViel zu lange*
zurückgeblieben.k Es fehle nicht an Menschenmaterial *und selbst nicht an Auskunfts¬
mitteln für dessen Heranziehung,1 wohl aber am Rahmen für &quot;dessen entsprechende
Verwertung; diesen zu schaffen müsse man endlich anfangen.&quot;

   Se. k. u. k. apost Majestät geruhen hieran die Bemerkung zu knüpfen,
daß das Kriegsministerium mit der neuerlichen Anregung der Angelegenheit eben den
Zweck verfolge, daß endlich zu einer wirklichen Beratung derselben geschritten werde.

   Der Herr k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Gofu-
c h o w s k i gestattet sich darauf hinzuweisen, daß immerhin mit der Wahrscheinlich¬
keit gerechnet werden müsse, daß das österreichische Parlament auch bis zum
kommenden Herbste noch nicht aktionsfähig sei, in welchem Falle auf eine parlamen¬
tarische Erledigung der vom Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsminister kontemplier-
ten Vorlage nicht gezählt werden könne. Aus diesem Grunde möchte es nach Ansicht
des Redners voreilig scheinen, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die neue
Vorlage dann oder erst in einem Jahre vorgelegt werden solle, weis die Gefahr des
Verlustes eines weiteren Jahres implizieren würde. Dagegen sei es nicht unmöglich, daß
im nächsten Frühjahre die Aktionsfähigkeit des Reichsrates sichergestellt erscheine, so
daß dann im März oder April ein Gesetz zustande kommen könnte, durch welches
bezüglich des mittelst Verordnung für 1900 festgestellten bisherigen Rekrutenkontin¬
gentes die Indemnität erteüt werden würde, und welches gleichzeitig auch die von dem
Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsminister beantragte Erhöhung des Rekrutenkontin-

     Einfügung Welsersheimbs.

h&#39;h Korrektur Welsersheimbs aus wann das vorliegende Projekt.

1 Streichung Welsersheimbs von Die Vorlage betreffend die Erhöhung des Rekrutenkontingentes sei

     Voraussetzug der Heeresreorganisation.

i~i Korrektur Welsersheimbs aus sehr.                  ,

k Streichung Welsersheimbs von in den letzten Jahren.

1-1 Einfügung Welsersheimbs.

m_m Korrektur Welsersheimbs aus dasselbe.

3 Siehe GMR. v. 29. 8.1896, GMCZ. 393, Anm. 7. Da der hier genannte Gesetzentwurf im Parlament nicht
    durchgesetzt werden konnte, wurde das im Gesetzv. 11.4.1889, RGBl. 41/1889, § 14, sowie im Gesetz v. 28.
    12.1892, RGBl. 239/1892, festgelegte Rekrutenkontingent mit einer kaiserlichen Verordnung v. 21. 2.1899
    um ein Jahrprovisorisch verlängert. Siehe Krieghammeran Thun v. 19.5.1899, HHStA., PA, I, Karton 656,
    360/CdM.
<pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7.3.1898  147

gentes pro 1900 beschließen würde, wodurch dann die Möglichkeit gegeben sein würde,
die durch die neuen Vorlagen bedingten Forderungen der Kriegsverwaltung in das
Budget einzustellen, welches den eventuell für den Monat Mai 1900 einzuberufenden
Delegationen vorzulegen wäre.

   Auch der Herr kgl. ung. Landesverteidigungsminister GdK.
Baron Fejerväry möchte sich erlauben der Ansicht Ausdruck zu leihen, daß
alles von der Arbeitsfähigkeit des österreichischen Parlamentes abhänge. Gelinge es,
den Reichsrat arbeitsfähig zu machen, so werde sich die Sache durchführen lassen.

   Der Herr gemeinsame Finanzministe rv. Källay gestattet sich, die
möglichst rasche Ausgestaltung der Armee als eine dringende Notwendigkeit zu be¬
zeichnen, von welcher speziell im Hinblick auf die Stellung der Monarchie in den
okkupierten Provinzen nicht abgesehen werden könne, wenngleich auch er sich die
gewichtigen Bedenken nicht verhehlt, welche die großen Summen, um die es sich
handelt, hervorrufen müssen. Redner stimme mit dem Herrn kgl. ung. Ministerpräsi¬
denten darin vollkommen überein, daß der Finanzplan sorgfältig vorbereitet werden
müsse, und zwar nicht bloß der öffentlichen Meinung gegenüber. Redner möchte sich
vorzuschlagen erlauben, die in dem Expose des Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsmi¬
nisters vorgesehenen Kosten des Ausbaues der Wehrmacht durch die Aufnahme von
Anleihen zu decken. Er fürchte zwar, mit diesem Vorschläge nicht die Billigung der
Herren Finanzminister der beiden Regierungen zu finden, allein er glaube, daß der
große Zweck, um den es sich handelt, die Aufnahme einer Anleihe gerechtfertigt
erscheinen lasse.

   Von Sr. k. u. k. apost Majestätzur Meinungsäußerung aufgefordert, erlaubt sich der
Herr kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs zu bemerken, daß er nicht in
der Lage sei, sich jetzt über den Gegenstand der Beratung auszusprechen, da er von
der betreffenden Vorlage des Herrn k. u. k. gemeinsamen Kriegsministers erst vor
wenigen Tagen in konkreter Form Kenntnis erlangt habe. Eine so wichtige Frage dürfe
seiner Ansicht nach nur dann vor die Öffentlichkeit gebracht werden, wenn deren
Durchführung gesichert erscheine. Eine unerläßliche Voraussetzung hiefür sei jedoch
die Arbeitsfähigkeit des österreichischen Parlamentes. Was die finanzielle Seite der
Frage anlange, so müsse Redner gestehen, daß er bei der Höhe, welche die Steuern in
Ungarn bereits jetzt erreicht hätten, heute tatsächlich noch nicht wisse, aus welchen
Quellen diese neue große Belastung bestritten werden könnte. Auch Redner verschlie¬
ße sich keineswegs der Notwendigkeit der Forderungen der Kriegsverwaltung, die

Sache müsse aber erst eingehend studiert werden.
   Der Herr k.k. Finanzminister Kaizl gestattet sich seinen Standpunkt

dahin zu präzisieren, daß er zwar die Notwendigkeit der Schlagfertigkeit der
Armee anerkenne, andererseits aber bemerken müsse, daß in den letzten neun
Jahren sehr viel für das Heer und noch mehr für die Landwehr geschehen sei,
und daß bei dem Umstande, daß das Kriegsbudget in einem verhältnismäßig
kurzen Zeiträume von 130 auf 160 Millionen gestiegen sei, von einer Stabüität
beim Heere nicht wohl gesprochen werden könne. Die Vorlage der Kriegsverwal¬
tung erscheine «hm finanziell nicht hinlänglich begründet, da ihm bei einer Erhö¬
hung des Rekrutenkontingentes um ungefähr 50% die hiefür eingesteUte Summe
<pb/> 148 Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Schönbrunn, 29. 6.1899

von 43 Millionen doch etwas zu niedrig gegriffen vorkomme. Dem Vorschläge des
Herrn k. u. k. gemeinsamen Finanzministers, die aus der Erweiterung des Heeres
erwachsenden Kosten im Wege von Anleihen aufzubringen, könne Redner nicht
beistimmen. Was die Lage der Staatsfinanzen anlangt, so schließt sich Redner den
Ausführungen des Herrn kgl. ung. Finanzministers an, indem auch er auf die
enorme Höhe der Steuern hinweist, welche im Vergleiche zu anderen Ländern
von der Bevölkerung Österreichs getragen werden müssen.

    Der Herr kgl. ung. Lan d esver te id ig ung sm in is t e r B ar o n Fe-
j e r v ä r y gestattet sich, auf diese letztere Bemerkung mit dem Hinweise zu reflektie¬
ren, daß im Vergleiche mit anderen Staaten in Österreich-Ungarn verhältnismäßig am
wenigsten von den Gesamtausgaben des Staates für die Wehrmacht aufgewendet werde.

    Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golu-
c h o w s k i erbittet sich das Wort, um die Notwendigkeit des Ausbaues der Wehr¬
macht als im Interesse der Erhaltung der Großmachtstellung der Monarchie gelegen
nochmals auf das nachdrücklichste zu betonen. Redner will zwar nicht in Abrede
stellen, daß in Österreich-Ungarn große Opfer für die Entwicklung der Wehrmacht
gebracht worden sind, doch sei man damit nur dem Beispiele anderer Großmächte,
besonders Rußlands, gefolgt, wo das Kriegsbudget in den letzten 24 Jahren von 190 auf
400 Millionen gestiegen sei.

    Se. k.u.k. apost Majestät geruhen die Ausführungen des Herrn kgl. ung.
Ministerpräsidenten als zutreffend zu bezeichnen und zu konstatieren, daß die Anwe¬
senden denselben zugestimmt haben.

   Allerhöchstdieselben geruhen weiters &quot;den bestimmten Befehl&quot; auszusprechen, daß
die heute zur Diskussion gestandene Vorlage seitens der beiden Regierungen °und im
Einvernehmen mit dem Kriegsminister0 eingehend geprüft und daß zwischen denselben
hierüber ehestens eine Einigung erzielt werde, damit nicht noch ein weiteres Jahr
verloren gehe. Se. k. u. k. apost Majestät geruhen hierauf die Sitzung mit der Ankün¬
digung Allerhöchstihrer Absicht zu schließen, in zwei Monaten eine Ministerkonferenz
einzuberufen, welche sich mit der nun keinen weiteren Aufschub vertragenden Frage
des Ausbaues der Wehrmacht pund dem Erfolge der angeordneten Prüfung1* zu be¬
schäftigen haben werde.4

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Ischl, 13. August 1899. Franz Joseph.

D_n Korrektur Sr. Majestät aus die bestimmte Genehmigung.
0-0 Einfügung Sr. Majestät.
P&quot;P Einfügung Sr. Majestät.

4 Siehe GMR. v. 15.11.1899, GMCZ. 417.
<pb/>