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Gemeinsamer Ministerrat, 29. 8. 1896

I. Maßregeln zur Erhöhung der Kriegsbereitschaft der Armee

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z4.pdf.

24 Nr. 4 Gemeinsamer Ministenat, Wien, 29. 8.1896

               Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, am 29. August 1896

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Goiuchowski, der kgl. ung. Minister¬
präsident Baron Bänffy, der k. k. Ministerpräsident Graf Badeni, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister
v. Källay (7.9.), der k. u. k. gemeinsame Knegsminister GdK. Edler v. Krieghammer, der kgl. ung. Finanz¬
minister v. Lukäcs (16.9.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Bilinski (8.9.), der k. k. Landesverteidigungs¬
minister FZM. Grafv. Welsersheimb, der kgl. ung. Minister für Landesverteidigung FZM. Baron Fejervaiy
(16.9.), der Chef des k. u. k. Generalstabes FZM! Freiherr v. Beck (3.9.).
    Protokollführer Sektionsrat v. Merey.
    Gegenstand: Maßregeln zur Erhöhung der Kriegsbereitschaft der Armee.

   KZ. 39 - GMCZ. 393
   Protokoll des zu Wien am 29. August 1896 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers und Königs.

   Se. k. u. k. apost Majestät geruhen die Sitzung zu eröffnen und daran zu
erinnern, daß in einer vor einigen Monaten unter Ah. Vorsitze stattgehabten gemein¬
samen Ministerkonferenz1 die ganze politische und militärische Sachlage durchgegan¬
gen und bei dieser Gelegenheit seitens des Ministers des Äußern die Frage aufgeworfen
worden sei, inwiefeme Maßregeln zu ergreifen wären, um die eventuell zur vollen
Kriegsbereitschaft der Armee noch fehlenden Punkte möglichst rasch zu ergänzen. In
Ausführung eines damals gefaßten Beschlusses habe der Chef des Generalstabes eine
Arbeit hierüber geliefert und sei darin vor allem zu der sehr richtigen Konklusion
gekommen, daß ohne eine Erhöhung des Rekrutenkontingentes keine wesentliche
Verbesserung der lebenden Streitmittel möglich wäre.2 Wohl aber seien in dem Elabo¬
rate des Chefs des Generalstabes eine Reihe von Punkten bezeichnet worden, bezüglich
derer schon jetzt eine weitere und rasche Vorsorge möglich und geboten wäre, und zwar
seien dies hauptsächlich der Ausbau von Eisenbahnen im Aufmarschgebiet, ferner
gewisse Sicherheitsmaßregeln, speziell auch die oft ventüierte Frage der besseren
militärischen Organisation der Finanzwache an der galizischen Grenze, und schließlich
das Zustandekommen eines Spionagegesetzes. Se. IcuJc. apost. Majestät geruhen, den
in dieser Hinsicht vom Chef des Generalstabes vertretenen Ansichten beizupflichten
und es außerdem als wünschenswert zu bezeichnen, daß auch bezüglich des Ausbaues
der Befestigungen womöglich ein etwas rascheres Tempo eingeschlagen werde.

   Hierauf geruhen Se. k.uJc apost. Majestät den Minister des Äußern aufzufordern,
sich über das vorliegende, diesem Protokolle beigeschlossene Operat des Chefs des
Generalstabes zu äußern.

   Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golu-
c h o w s k i gestattet sich, seine Zustimmung zu allen Ausführungen dieser Denk¬
schrift auszusprechen. Auch er sei der Ansicht, daß es Fragen gebe, die gleich gelöst,

1 Über den GMR. v. 28. 6.1896 wurde kein Protokoll geführt, obwohl die Vorbereitung der Beratung wie
    gewöhnlich war. Siehe KA., MKSM., Separat-Faszikel, Karton 90, Nr. 13 und Gotuchowskis Einladung
    an Bänffy v. 24. 6.1896. HHSrA., PA. I. Karton 621,289/CdM. Siehe auch den Vortrag desk.u.k. Chefs
    des Generalstabes v. 14. & 1896, gedruckt als Beilage Nr. 4a.

2 SieheAnm. 1.
<pb/>Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29.8.1896  25

andere, die aus materiellen und finanziellen Gründen erst später gelöst werden müssen.
Das aber, was heute geschehen könne, müsse je eher geschehen. Bei der dermaligen
Situation auf der Balkanhaihinsel könne vielleicht bald der Augenblick eintreten, wo
die Aufteüung der europäischen Türkei sich als notwendig erweisen werde. Nach
Redners Ansicht dürfte in etwa drei oder vier Jahren der ganze Komplex der orienta¬
lischen Fragen zur Regelung gelangen, und diese Möglichkeit allein beweise, daß wir
keine Zeit zu verlieren haben. Wenn auch unsere Allianzen gewiß verläßlich seien, so
dürfe man doch von den Alliierten nicht mehr verlangen, als sie zu gewähren imstande
sind. Dies beziehe sich speziell auf Deutschland. Es sei kein Zweifel, daß Deutschland
sich in einer vielleicht noch ungünstigeren Situation befinde als unsere Monarchie. Im
Falle eines Krieges werde es gegen zwei Seiten zu kämpfen haben, und da sich die
Verhältnisse in der französischen Armee bedeutend gebessert haben, werde das deut¬
sche Kontingent gegen Frankreich umso stärker sein müssen. Die Aufstellung an der
russischen Grenze werde infolgedessen voraussichtlich eine schwache sein. Schon aus
diesem Grunde sei Deutschland bemüht, uns von jedem energischeren Auftreten
zurückzuhalten. Es liege uns allerdings nichts ferner, als zu provozieren, aber es sei
notwendig, daß wir im gegebenen Momente auch entschieden Vorgehen können. Dies
sei aber nur möglich, wenn die Wehrverhältnisse es gestatten.

   Die Frage der Erhöhung des Rekrutenkontingentes sei Redner nicht kompetent zu
beurteüen. Wohl aber halte er eine rasche Beseitigung der der Kriegsbereitschaft der
Armee noch anhaftenden Mängel für unbedingt notwendig. Als einen solchen erkenne
er übereinstimmend mit dem Chef des Generalstabes vor allem die Frage der Eisen¬
bahnen. So seien die Eisenbahnen, welche Galizien mit Ungarn verbinden, meistens
eingleisige, unter schwierigen Verhältnissen gebaute Bahnen. Redner habe eine
Anfrage an den Chef des Generalstabes gestellt, um zu wissen, ob es möglich wäre, die
eingleisigen Bahnen in doppelgleisige zu verwandeln. Nach der vom Chef des General¬
stabes erteüten Auskunft wäre dies angesichts der Anlage der betreffenden Bahnen mit
sehr großen Schwierigkeiten verbunden. Umso wichtiger sei daher der Bau neuer
Bahnen.3 Nicht minder notwendig erscheine ferner die Vervollständigung des Eisen¬
bahnfahrparkes sowie die weitere Ausgestaltung des Landsturms. Der deutsche Gene¬
ralstabschef, Graf Schlieffen,4 habe die Ansicht geäußert, daß, wenn unser Landsturm
einigermaßen organisiert sei, derselbe eine mächtige Waffe gegen das Eindringen der
Kosaken büden werde.5 Es sei allerdings nicht leicht, das Offizierskorps für den
Landsturm zu gewixmen, wohl aber sollte man Kernpunkte für den letzteren schaffen,
und ein solcher sei vorläufig die Gendarmerie, die jedoch spezieU in Galizien nur circa

3 Siehe Czedik, Der Weg von und zu den österreichischen Staatsbahnen, Bd. 1126-128.
4 Alfred Grafv. Schlieffen (1833-1913), Chefdes deutschen Generalstabes 1891-1905.

5 Von seiten der Wehrmachtßhrung wurde seit den 70er Jahren die Idee vorgebracht, den Landsturm nach
    deutschem Vorbild auszubauen. Mit dem Gesetz v. 6.6.1886, RGBl. Nr. 90/1886, wurde der Dienst beim
     Landsturm für Männer zwischen 19 und 42 Jahren, die der Wehrmacht nicht angehörten, als Pflicht
    vorgeschrieben. In Ungarn bedeutete das Gesetzv. 6 61886, GA. XX/1886, lediglich eine Modifizierung des
    einschlägigen Gesetzes von 1868. Wrede, Geschichte der k. u. k. Wehrmacht, Bd. 5 583-585, 591-593;
    Wagner, Geschichte des k. k. Kriegsministeriums, Bd. 2160; Rothenberg, The ArmyofFrancis Joseph

    109.
<pb/>26 Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29.8.1896

3000 Mann betrage.6 Redner könne auch der Idee des Chefs des Generalstabes bezüg¬
lich der Militarisierung der Grenzfinanzwache, wie eine solche schon in großem Ma߬
stabe in Rußland durchgeführt ist, nur beipflichten. Selbstverständlich sollte aber diese
Maßregel nicht bloß auf Galizien sich beschränken. Auch bezüglich der übrigen in der
Denkschrift berührten Punkte teüe Redner die Ansicht des Chefs des Generalstabes
und würde allerdings auch von seinem Standpunkte es gerne sehen, wenn sich hinsicht¬
lich des Ausbaues der Befestigungen eine Beschleunigung erzielen ließe.

   Se. k. u. k. apost Majestät geruhen zunächst an den gemeinsamen Kriegs¬
minister die Anfrage zu richten, ob er gleichfalls der Ansicht sei, daß ohne eine
Erhöhung des Rekrutenkontingentes sich nicht viel machen ließe.

   Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edlerv.Krieg-
h a m m e r gestattetsich, diese Frage zu bejahen und die Meinung zu äußern, daß ohne
eine Erhöhung des Rekrutenkontingentes alles, was in Absicht auf die Schlagfertigkeit
der Armee gemacht würde, eine Selbsttäuschung wäre.7

   Se. k.u.k. Majestät geruhen hierauf die Frage der Vervollständigung des
Eisenbahnmateriales zur Diskussion zu stellen.

   Der k.u.k. Chef des Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck
erlaubt sich auseinanderzusetzen, daß er vor vier bis fünf Jahren den Antrag auf
Anschaffung von 300 Lokomotiven gestellt habe. Seither seien sogar 500 Lokomotiven
angeschafft worden, und es sei heuer zum ersten Male möglich, die galizischen Bahnen
beinahe ganz mit dem eigenen Materiede zu bedienen. Auth die ungarischen Staatsbah¬
nen seien nicht mehr auf die Ergänzung durch zisleithanisches Material angewiesen.
Die Hauptschwierigkeit liege in den Karpatenübergängen, welche schwere Lokomoti¬
ven erheischen. Auch das übrige rollende Material sei dermalen in ziemlich genügender
Menge vorhanden, doch müssen von Jahr zu Jahr mit der Eröffnung neuer Bahnen auch
wieder die Ansprüche an Fahrbetriebsmittel gesteigert werden. Ferner seien mehrfach
neue Bauten und Umänderungen der Bahnhofsanlagen nötig.

   Etwas anders stehe es mit dem Neubaue von Bahnen oder mit der Umwandlung
bereits bestehender Bahnen. Die Karpatenbahnen z. B. böten imgeheuere Schwierig¬
keiten für die Erweiterung der Trasse. Der Umstand, daß sie teüweise äuf Rutschterrain
gebaut und daß die Tunnels nur für ein Geleise angelegt sind, mache die Umwandlung
dieser Bahnen in zweigleisige untunlich. Es bleibe also als Auskunftsmittel nur der Bau
neuer Bahnen. Nachdem verschiedene Lokalbahnen existieren, die von beiden Seiten
der Karpaten in der Richtung gegeneinander geführt, aber noch nicht verbunden sind,
wären dieselben zunächst zu verbinden und zu erweitern. Besonders kämen folgende
Linien in Betracht: 1. die Verbindung der Linien Podolin-Orlo-Bartfeld und JasIo
gegen Bartfeld. Nach Norden müßte dann die Bahn von Jasio nach Dgbica weiterge¬
führt werden, um den Anschluß an das große galizische Bahnnetz zu erhalten; 2. die

6 Wrede, Geschichte der k. u. k. Wehrmacht, Bd. 5 620-624; Neubauer, Die Gendarmerie in Österreich
     1949-1924 97.

7 Frühere Beratungen über die Erhöhung des Rekrutenkontingents: 18. und 19. 1. 1896, KA., KM., Präs.
    26-1/5/1896; 17.11896, ebd., MKSM. 20-1/3/1896; 15.51896, ebd. 20-1/5/1896. Siehe auch den Entwurf
    des gemeinsamen Kriegsministers v. 17. 8.1896: Studie über den Ausbau unserer Wehrmacht. Entwurf
    eines Gesetzes über die Erhöhung des Rekrutenkontingentes, ebd., KM., Präs. 26-1/11/1896.
<pb/>Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29.8.1896  27

Linie Ungvär-Nagy-Berezna-Turka-Sambor, welche dann von letzterem Orte nach
Lemberg oder an Lemberg vorbei in der Richtung von Kamionka zu verlängern wäre;
3. eine Bahn von Kralovän über Neumarkt nach Chaböwka; 4. die bereits zum Bau in
Aussicht genommene Linie von Ghodorow nach Stryj; 5. eine Bahnverbindung von
Siebenbürgen und der Maramaros nach Kimpolung.

   In den okkupierten Provinzen sei besonders die Fortsetzung der Bahn von Sarajevo
in das Drinatal, entweder gegen GoraZda oder nach Viäegrad, ferner eine Bahnverbin¬
dung von Kroatien nach Dalmatien und endlich der Bau einer schmalspurigen Bahn
von Mostar in die Bocche di Cattaro im müitärischen Interesse geboten.

   Nach dem Vorangeschickten sei also wenigstens ein gewisses beschränktes Projekt
des Baues der müitärisch wichtigeren Bahnen für die nächsten Jahre in Aussicht zu
nehmen.

   Se. k. u. k. aposL Majestät geruhen Sich dahin zu äußern, daß mitRücksicht
auf die Dringlichkeit der Sache es am besten wäre, wenn von Seite des gemeinsamen
Kriegsministeriums diese aufBahnbauten bezüglichen Forderungen präzise zusammen¬
gestellt und mit Berufung auf die heutige Konferenz an die beiden Reigerungen heran¬
getreten würde, damit die Angelegenheit je eher in Fluß komme.8 Sodann geruhen Se.
k.u. k. apost Majestät dem kglung. M inisterpräsidenten Baron B an-
f fy das Wort zu erteüen, welcher die Erklärung abgibt, daß seitens der ungarischen
Regierung in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten gemacht würden, sondern die Be¬
reitwilligkeit bestehe, die betreffenden Linien in Angriff zu nehmen. Die Frage der
Arvatal-Linie sei ohnedies beinahe schon gelöst. Nicht so vorbereitet, aber doch nicht
unmöglich sei die Frage der Bahn über Nagy-Berezna, wobei übrigens die ungarische
Strecke sehr kurz sei. Bezüglich der Bahn von Bistritz nach Kimpolung möchte Redner,
welcher die betreffende Gegend aus eigener Anschauung kenne, auf die Schwierigkeit,
die Berührung von rumänischem Territorium zu vermeiden, aufmerksam machen und
daher empfehlen, die Bahn statt von Bistritz von Bethlen aus zu bauen.

   Derk. k. FinanzministerRitterv.Bilinski erbittetsichdasWort,um
zu dem in Diskussion stehenden Gegenstände vom finanziellen und eisenbahntechni¬
schen Standpunkte zu sprechen.

   Was den Fahrpark anbelange, so würden heuer tausend neue Lastwagen in das
Budget eingestellt, und eine gleiche Anzahl werde in dem Budget pro 1898 figurieren.
Bezüglich der Maschinen sei man allerdings in Galizien noch auf die Aushilfe durch
fremde Maschinen angewiesen. Um Galizien in dieser Hinsicht ganz zu emanzipieren,
seien noch 192 Maschinen, somit eine Auslage von circa 6 720 000 fl. nötig. Diese
müßten also angeschafft werden.

   Was den Bau der Bahnlinien betreffe, so sei die Linie Chodorow-Stryj von den
maßgebenden Faktoren schon angenommen, jene von Chabowka nach Neumarkt stehe
zwar noch in Verhandlung, aber sie werde jedenfalls als normalspurige Bahn gebaut
werden. Desgleichen würden die Mittel zum Ausbaue der anderen von dem Chef des
Generalstabes verlangten österreichischen Anschlußlinien beschafft werden.

* Siehe GMRProtv. 30.1.1897, GMCZ. 398, Anm.1.
<pb/>28 Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29.8.1896

   Se. k. u. k. apost Majestät geruhen hierauf die Frage der Militarisierung
der Grenzfinanzwache zur Sprache zu bringen.

   Der k.u. k. Chef des Gene/alstabes Freiherr v. Beck erlaubtsich
zur Unterstützung seines diesfälligen Antrages darauf hinzuweisen, daß der heutige
Grenzwachdienst in Galizien noch immer manches zu wünschen übriglasse. Speziell
sollte das Zusammenwirken von Gendarmerie und Finanzwache ein geregelteres sein,
und letztere überdies eine bessere Bewaffnung, nämlich mit Repetiergewehren, erhal¬
ten. Die Grenzfinanzwache in Galizien und der Bukowina sei schon jetzt zum Zwecke
einer besseren Disziplinierung vier Inspektoren unterstellt, welche sorgfältig ausge¬
wählt wurden und von denen drei ehemalige Militärs sind. Dieses System bedürfe noch
einer gewissen Erweiterung und wäre jedenfalls nicht bloß in Galizien und der Buko¬
wina, sondern auch in Dalmatien, in Südtirol und an der ungarischen Grenze von
Siebenbürgen bis an die Drina durchzuführen.

   Der k.k. Finanzminister Ritter v. Bilidski bittet, zur Vermeidung
von Mißverständnissen vor allem hervorheben zu dürfen, daß die Finanzwache nicht
bloß für den Grenzdienst bestimmt, sondern daß ihr Gros im Inneren des Landes
verwendet sei. Die Wünsche der Kriegsverwaltung seien bisher stets berücksichtigt
worden. Falls die Heeresverwaltung weitergehende Wünsche hege, müsse Redner um
die Stellung bestimmter Anträge bitten.

   Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Gotu-
c h o w s k i erbittet sich das Wort zu einer Berichtigung. Es sei nicht sein Wunsch, die
ganze Finanzwache zu militarisieren, wohl aber hätte er es für sehr notwendig gehalten,
eine förmliche Organisierung einer Grenzwache vorzunehmen, die nicht die Finanzwa¬
che zu sein brauchte, aber vielleicht auch den Zwecken der letzteren dienen könnte.

   Der k.u.k. Chef des Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck
erwidert, daß er einen solchen Antrag sehr gerne gestellt hätte, wenn er auf die
Organisierung einer neuen Grenzwache hätte rechnen können. Aber ein derartiger
Antrag wäre gewiß als unmöglich bezeichnet worden, deshalb habe er sich auf den
Vorschlag beschränkt, das bereits Bestehende zu verbessern, nämlich die Gendarmerie
als Kernpunkte zu erhalten und zu vermehren und die Grenzfinanzwache militärisch zu
disziplinieren.

   Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK Edler v. Krieg¬
hamm e r gibt der Ansicht Ausdruck, daß die Anforderungen, welche müitärischer-
seits an die Grenzwache gestellt werden, sich ganz gut mit dem eigentlichen Finanz¬
dienste vereinen ließen. Die Kriegsverwaltung verlange ja nur, daß die betreffenden
Leute militärisch erzogen und entsprechend bewaffnet werden und in strenger müitä-
rischer Disziplin stehen.

   Der k.k. Landesverteidigungsminister FZM. Graf Welsers-
h e i m b erlaubt sich zu berichten, daß er Gelegenheit gehabt habe, dem Minister des
Äußern gegenüber es als wünschenswert zu bezeichnen, wenn wir eine ähnliche Ein¬
richtung hätten, wie die russische Grenzwache. Inwiefeme eine solche Einrichtung
durchzuführen wäre, sei eine gemeinsame Frage der Regierungen. Es sei nicht zu
leugnen, daß das gegenwärtige Verhältnis in bezug auf Organisation der Gendarmerie,
der Finanzwache und des Landsturmes noch zu wünschen übriglasse. Was die Organi-
<pb/>Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. &amp; 1896  29

sation des Landsturmes für den Kriegsfall anbelangt, so habe Redner immer davor
gewarnt, daß man etwa davon eine ausgiebige Aktion erwarte. Einen ernsthaften
Widerstand werde der Landsturm nicht leisten können. Auch von der Gendarmerie sei
schwer zu verlangen, daß sie sich in den ersten Tagen der Mobüisierung, wo ihr schwere
und verantwortungsvolle Aufgaben obliegen, mit den Landsturmabteüungen befasse.
Eine Aktion des Landsturmes werde nur dann möglich sein, wenn derselbe sich an
Truppen des stehenden Heeres anlehnen könne. Übrigens werde die projektierte
Neuaufstellung von 15 Jägerbataillönen in Galizien und die Vermehrung der Kavallerie
das einzige Mittel sein, um den Mangel einer Grenzwache zu ersetzen.

   Se. k. u. k. apost Majestät geruhen zu bemerken, daß Allerhöchstdieselben
Sich zwar keinen besonderen Erfolg von dem Projekte einer Militarisierung der Grenz-
finanzwache versprechen, den einschlägigen Wünschen aber nicht entgegenzutreten
gewillt seien. Es würde sich hiebei in der Hauptsache darum handeln, nicht etwas Neues
zu schaffen, sondern im Sinne der bereits getroffenen Einrichtungen fortzufahren,
wobei speziell von Seite der Finanzverwaltung der gute Wille zu dokumentieren wäre,
auch wirklich eine Disziplinierung der Grenzfinanzwache herbeizuführen.

    Se. IcuJk. apost. Majestät geruhen hierauf die Frage der Schaffung eines Spionage¬
gesetzes zur Sprache zu bringen, unter Hinweis auf die dringende Notwendigkeit eines
solchen Gesetzes sowie auf den Umstand, daß in allen anderen Staaten bereits diesem

Bedürfnisse abgeholfen sei.
    Der kgl. ung. Honvedminister FZM. Baron Fejerväry erlaubt

sich darauf anfmp.rksain zu machen, daß, nachdem die Militärstrafprozeßordnung in
Deutschlapd jetzt auf die Tagesordnung komme, man auch in Ungarn auf das Zustan¬

dekommen einer solchen dringen werde.
    Der kk. Landesverteidigungsminister FZM. GrafWelsers-

h e i m b bittet konstatieren zu dürfen, daß der Entwurf einer Müitärstrafprozeßord-
nung bereits im Jahre 1893 zwischen den beiden Landesverteidigungsministerien und
dem gemeinsamen Kriegsministerium vereinbart und den beiderseitigen Justizministe¬
rien mitgeteilt worden sei.9 Erst bei den letzteren hätten die Schwierigkeiten begonnen.
Nach Redners Ansicht täten die Regierungen gut daran, sich zu einer Vorlage des

 Gesetzentwurfes an die Parlamente zu entschließen.
    Der kgl. ung. M inisterpr äsident ß aron B änffy erlaubt sich die

Ansicht zu äußern, daß der Entwurf des Spionagegesetzes im ungarischen Reichstage
 angenommen werden dürfte, wenn gleichzeitig die baldige Vorlage der neuen Müitär-
 strafprozeßordnung in Aussicht gestellt werden könnte.

9 Dasgemeinsame Kriegsministerium erarbeitete am 11.11.1893 einen Entwurf, dessen Kern im wesentlichen
     darin bestand, daß er zwischen Straftaten militärischer Natur und Gemeinverbrechen unterschied und bei
     den letzteren einegewisse Milderung in Aussicht stellte. DerEntwurfwurde von beiden Landesverteidigungs¬
     ministem undJustizministem angegriffen. Das gemeinsame Kriegsministerium beharrte aufseinem Stand¬
    punkt, d. h. darauf, daß Urteile in Prozessen ausdrücklich militärischer Natur aufgrund des Gesetzes vom
    Jahre 1855 gefällt werden. Vgl. das Referat betreffend die leitenden Grundsätze für eine neue Militär¬
    strafprozeßordnung v. 29. Z1896, KA., KM., Präs. 28-3/2/1896. ln derAngelegenheit wurden auch in den
    folgelden Monaten keine Fortschritte enäelt Siehe Krieghammer an die beiden Landesverteidigungsmtmster

    v. 2Z 61896, ebd., Präs. 28-3/2/1896.
<pb/>30 Nr. 4 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8.1896

    Se. k.u.k. apost Majestät geruhen zunächst zu konstatieren, daß die
ehebaldigste Schaffung eines Spionagegesetzes allgemein als eine Notwendigkeit ange¬
sehen werde. Es sei Allerhöchstdenselben bekannt, daß man in Ungarn ein Spionage¬
gesetz nicht dem Reichstage vorlegen wolle, ohne auch die neue Militärstrafprozeßord¬
nung einzubringen. Se. k.u.k. apost. Majestät haben die Überzeugung gewonnen, daß
auch die Militärstrafprozeßordnung bald in den Parlamenten einzubringen sei, behiel¬
ten Sich jedoch die Prüfung dieses Gesetzes vor, um beurteüen zu können, ob dasselbe
die unerläßliche Aufrechterhaltung der strikten Disziplin in der Armee ermögliche und
den Absichten und Wünschen des Obersten Kriegsherrn entspreche. Jedenfalls sei die
Fertigstellung sowohl des Spionagegesetzes als auch der Militärstrafprozeßordnung zu
beschleunigen.

   Der k.u.k. Chef des Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck
gestattet sich sodann, auf die Notwendigkeit der Durchführung der übrigen in seiner
Denkschrift beantragten Sicherheitsmaßregeln für den Mobüisienmgsfall hinzuweisen.
Es seien dies insbesondere die Sicherung einer genügenden Zufuhr von Verpflegsarti-
keln und Schlachtvieh, die rechtzeitige Erlassung eines Ausfuhrverbotes auf Pferde,
Schlachtvieh und Getreide, die Einstellung des Telegraphen- und Telephonverkehrs
über die ganzen Grenzen der Monarchie und die Handhabung einer strengen Presse¬
zensur. Diese Anträge werden sämtlich von der Konferenz angenommen.

   Der Icu. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golu-
c h o w s k i möchte sich erlauben, es für den Mobilisierungsfall auch noch als äußerst
wünschenswert zu bezeichnen, daß gleich im Beginne der Aktion die Möglichkeit
gegeben sei, eine größere Summe Geldes in Serbien, Rumänien und Montenegro zu
verteüen. Eskönnte hiemit einverhältnismäßig bedeutenderundwichtiger Erfolg erzielt
werden.

   Se. k.u. k. apost Majestät geruhen zu konstatieren, daß sämtliche in der
Denkschrift des Chefs des Generalstabes gestellten Forderungen allseitiger Zustim¬
mung begegneten. Bezüglich eines Punktes, der in der Denkschrift nur gestreift sei,
nämlich der Beschleunigung der Befestigungsbauten, erscheine es Allerhöchstdensel¬
ben doch möglich und geboten, daß gleichfalls etwas geschehe, und zwar nicht gerade
in Galizien, aber etwa in Pola.

   Der k.u.k. Chef des Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck
erbittet sich das Wort um darzulegen, daß allerdings in fortifikatorischer Hinsicht
manches sehr erwünschtwäre. So z. B. wären gewisse Objekte in Galizien zu verbessern,
die Bauten in Südtirol fertigzubringen und an der Küste in Pola und Cattaro der Ausbau
der Befestigungen zu beschleunigen.10 In Cattaro werde im Laufe des nächsten Früh¬
jahres das Notwendigste fertig werden, dagegen wären für Pola noch einige Millionen
notwendig, um die Reede von Fasana zu sichern. Alles dies begegne aber der Schwie¬
rigkeit, daß die Armierung der Befestigungen nicht rasch erfolgen könne, weü die dabei
in Betracht kommenden Etablissements mit Bestellungen überhäuft seien.

10 Vgl. die am 17. 2.1896 unter Vorsitz des Kaisers abgehaltene Konferenz über die Befestigung Cattaros, an
     der die drei gemeinsamen Minister und der Marinekommandant teilnahmen, KA., MKSM. 20-1/3/1896.
<pb/>Nr. 4a Vortrag des k.u.k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14.8.1896          31

   Redner möchte bei dieser Gelegenheit noch einen anderen wichtigen Punkt, der
allerdings zum Heeresbudget gehöre, berühren, nämlich die Gewehrfrage. Es handle
sich noch um einen Bedarf von über einer halben Million Gewehren, und zwar brauche
das stehende Heer noch 370 000, die beiden Landwehren 200 000. In dieser letzteren
Summe sei auch der Bedarf für den Landsturm inbegriffen, welchem man ein modernes
Gewehr geben müsse, nachdem aes unverantwortlich wäre, ihn mit einem minderwer¬
tigen Gewehre gegen den Feind zu verwenden.3

   Der k.u.k. gemeinsame Minister desÄußernGrafGoIu-
c h o w s k i bittet, noch einige Schlußbemerkungen machen zu dürfen. Aus der ganzen
Diskussion gehe hervor, daß noch manches bis.zur voUen Kriegsbereitschaft der Armee
zu geschehen habe. Redner wolle nicht eine Prophezeiung aussprechen, müsse aber
doch, wie schon zu Beginn der Sitzung, es als wahrscheinlich bezeichnen, daß - wenn
nicht früher - so doch in etwa drei bis vier Jahren die Orientfragen in das Stadium der
Entscheidung treten werden. Es solle damit nicht gesagt sein, daß es dann zum Kriege
t-nmmftn müsse, aber jedenfalls brauche man sich vor demselben umso weniger zu
fürchten, je besser man vorbereitet sei. Redner habe deshalb eine Diskussion und
Entscheidung über die von der Konferenz behandelten Fragen provoziert und hiedurch
gleichzeitig der Eventualität vorgebeugt, daß in dem Falle die Monarchie beim Eintritte
politischer Komplikationen in die Lage kommen sollte, ein entscheidendes Wort zu
sprechen, die Heeresleitung etwa die Einwendung geltend mache, daß sie darauf nicht

vorbereitet sei.
    Der k.u.k. Chef des Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck

erwidert, es werde der Heeresleitung das Zeugnis nicht versagt werden können, daß sie
seit Jahren und ungeachtet aller jeweils auf die Erhaltung des Friedens hinweisender
Symptome bestrebt sei, die Armee auf den möglichst fertigen Standpunkt zu bringen.
Aus eben diesem Grunde nehme die Heeresleitung das bereitwillige Eingehen auf die
neuestens von ihr gestellten Forderungen dankbarst engegen.

    Se. k.u.k. apost Majestät geruhen hierauf die Sitzung zu schließen.

    Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
    Wien, 19. September 1896. Franz Joseph.

         Nr. 4a Vortrag des k. u. k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14.8.1896

   Beilage zum GMRProt. v. 29.8.1896, GMCZ. 393

   In der am 28. Juni 1. J. unter dem Ah. Vorsitze Sr. k.u.k. apost Majestät stattgehab¬
ten Sitzung stellte der Minister des Äußeren Graf Goluchowski an mich die Anfrage,
ob die Armee in ihrem gegenwärtigen Zustande kriegsbereit sei, dann welche Forde¬
rungen zur Erhöhung der Kriegsbereitschaft eventuell sofort gesteht werden müßten,

«-» Korrektur Becks aus man ihn dermalen noch in der Linie verwenden wolle.
<pb/>32 Nr. 4a Vortrag des k.u.k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14. 8.1896

da der Ausbau der Wehrmacht aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes erst im
Jahre 1898 beginnen und auf zehn Jahre verteilt werden soll.

    Ich habe diese Frage gleich in der Sitzung mündlich beantwortet und komme
nunmehr dem Ah. Befehle nach, indem ich meine diesbezüglichen Anschauungen im
nachstehenden auch schriftlich darlege. Die aufgeworfene Frage kann nicht beantwor¬
tet werden, ohne einen Blick auf die allgemeine Lage der Monarchie zu werfen.
Diesbezüglich steht es wohl fest, daß die Monarchie von allen Großstaaten am ungün¬
stigsten situiert ist. Rußland und Frankreich können ihre Kriegsvorbereitungen auf eine
Front beschränken, Deutschland hat nur mit zwei Fronten zu rechnen und Italien
kommt für eine selbständige Aktion gegen eine andere Großmacht nicht in Betracht.
Hingegen müssen wir vier Fronten in den Kalkül ziehen, von denen derzeit allerdings
nur zwei aktuell sind. Die eine derselben, jene gegen Nordosten, ist wohl die wichtigere,
die andere gegen die Balkanhalbinsel gewendete aber wegen der dort herrschenden
Zustände und auch insofeme die gefährlichere, weil die Entscheidung über dort
entamierte Aktionen möglicherweise in deren weiterem Verlaufe auf dem nordöstli¬
chen Kriegsschauplätze ausgetragen werden müßte. Ohne die Bundestreue unserer
Alliierten irgendwie zu bezweifeln, muß doch, selbst für einen großen Kriegsfall solcher
Art, welcher zweifellos als Casus foederis gelten würde, zugegeben werden, daß einer¬
seits Italien infolge seines minderwertigen Heerwesens wenig in die Waagschale fällt
sowie daß anderseits&#39; Deutschland infolge der hochgesteigerten Kraftentwicklung
Frankreichs genötigt wäre, den weitaus größten Teü seiner Kraft an der Westgrenze zu
verwenden und daher gegen Rußland nur relativ sehr schwache Kräfte in das Feld
stellen könnte. Das Schwergewicht emes Krieges mit Rußland fiele sonach unter allen
Umständen auf unsere Schultern.

   Es ist aber sehr leicht möglich, daß die Zustände auf der Balkanhalbinsel eine
Situation hervorbringen, die uns dazu zwingt, dort zur Wahrung unserer Interessen und
unserer Machtstellung einzugreifen. Hieraus könnten sich nun, besonders dann, wenn
ein solches Einschreiten ohne vorherige Verständigung mit Rußland erfolgt, weiterge¬
hende Differenzen entwickeln, in welchen Deutschland möglicherweise keinen Casus
foederis erblickt. Wäre in diesem Falle ein nennenswerter TeU unserer Kraft im
Südosten engagiert und müßte hierauf die Entscheidung auf dem nordöstlichen Kriegs¬
schauplätze ausgefochten werden, so wäre dies sicherlich der gefährlichste Moment für
unsere Wehrmacht. Diese Möglichkeit und das Gefühl, daß unsere jetzige Armee einen
unter so schwierigen Verhältnissen begonnenen Kampf nur beim Zusammentreffen
besonderer Glückszufälle siegreich bestehen könnte, sowie die Absicht, die Monarchie
in jeder Richtung unabhängig zu machen, waren die Ursache, daß ich [in] jüngster Zeit
den Ausbau der Wehrmacht in größerem Stüe aufgrund eines erhöhten Rekrutenkon-
tingentes, beantragt habe.

   Was nun die dermalenvorhandenen Streitkräfte betrifft, so ist deren Stärke und auch
ihre Organisation von dem bestehenden Wehrgesetze und dem Budget abhängig. Was
innerhalb dieser Grenzen zu erreichen möglich war, ist aber geschehen. Es hat bis heute
gebraucht, um die Schwächen, welche der Organisation nach dem Jahre 1866 anhafte¬
ten, nach und nach zu beheben.
<pb/>Nr. 4a Vortrag deskuJe. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14.8.1896  33

   Viel zu wenig Berufsoffiziere, sehr kleine Friedensstände, Meingel an Waffen und
Kriegsausrüstung jeder Art kennzeichneten unser Heer nicht bloß im Jahre 1870,
sondern selbst noch Jahre später. Auch bei der Kavallerie hätten die Eskadronen, trotz
des scheinbar entsprechenden Friedensstandes, im Kriege höchstens mit 80 Reitern
ausrücken können. Die Mobilisierungsvorsorgen ließen viel zu wünschen übrig, ein
rascher geordneter Aufmarsch der Armee war nicht möglich. Alle diese Verhältnisse
haben sich seither gewaltig geändert. Das Berufsoffizierskorps ist qualitativ gehoben
und der Zahl nach ausgiebig vermehrt worden, so daß wir jetzt auch in der Lage sind,
die erst im Kriege aufzustellenden Heeresformationen und Ersatztruppen mit einer
ziemlich ausreichenden Zahl aktiver Offiziere zu dotieren.

   Das bei der Kavallerie eingeführte System der Urlauberpferde ermöglicht es, die
Feldeskadronen mit vollem Stande ins Feld gehen zu lassen, und gestattet überdies, die
Reserveeskadronen und dergleichen gleich bei Beginn der Mobüisierung mit gerittenen
Pferden zu dotieren. Die Feldartillerie wurde bedeutend vermehrt, und haben die
Batterien der zu den meistbedrohten Korps gehörigen Regimenter bereits im Frieden
acht Geschütze bespannt. Das innere Gefüge der Truppen ist durchwegs gekräftigt und
für eine zweckmäßige, intensive Schulung nicht bloß der Friedenskader, sondern auch
der Reservisten in ausgiebiger Weise vorgesorgt worden. Bewaffnung und Ausrüstung
sind jenen der fremden Mächte ebenbürtig und bis auf den Mangel eines größeren
Reservevorrates, speziell an Handfeuerwaffen, in genügender Zahl vorhanden. Auch
auf dem Gebiete des Verpflegs-, Train-, Feldeisenbahn-, Feldtelegraphen- und Kriegs¬
brückenwesens ist in einer den modernen Anforderungen entsprechenden Weise tun¬
lichst vorgesorgt. In kurzem dürften wir auch über Ballontrains verfügen. Der Übergang
auf das Territorialsystem und sorgfältige Vorbereitungen jeder Art bieten die Möglich¬
keit einer gegen früher wesentlich beschleunigten und geordneten Mobüisierung, wobei
wir allerdings angesichts der allgemeinen Lage bedauerlicherweise gezwungen sind, im
Interesse der möglichst hohen Kriegsbereitschaft auch von solchen einzelnen Abwei¬
chungen vom Territorialsysteme Umgang zu nehmen, welche sonst bei unseren Ver¬
hältnissen sehr erwünscht wären.

   Im ganzen kann man, ohne unbescheiden zu sein, behaupten, daß der gegenwärtige
Zustand des Heeres ein guter ist, und daß es den Vergleich mit keiner fremden Armee
zu scheuen braucht. Nur etwas mehr Selbstvertrauen wäre unserem Heere zu wünschen.
Die Ursache dieses etwas geringen Selbstvertrauens liegt zum Teüe auch darin, weü
das Heer mitunter empfindet, daß ihm umgekehrt von außen nicht immer volles
Vertrauen entgegengebracht wird. Bei imseren staatsrechtlichen Verhältnissen ist dies
kaum ganz zu vermeiden, doch ließe sich der berührte Übelstand durch eine geschickte
konsequente Einwirkung auf die öffentliche Meinung gewiß erheblich abschwächen.

   So unbestreitbar aber die Güte des Heeres ist, ebenso unweigerlich steht fest, daß
es numerisch für die sichere Lösung der ihm eventuell zufallenden Aufgaben viel zu
schwach ist. Dieser Mangel läßt sich nur durch den von mir vorgeschlagenen Ausbau
der Wehrmacht aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes beheben, und es gibt
absolut kein anderes durchgreifendes Mittel gegen denselben. Die etwaige sofortige
Bewilligung eines selbst hoch angesetzten außerordentlichen Kredites könnte - für sich
allein - in dieser Beziehung nichts ändern. Bis zum Eintritte einer Heeresvermehrung
<pb/>34 Nr. 4a Vortrag des k.u.k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14. 8.1896

müssen wir geradeso, wie wir es schon seit langer Zeit zu tun gezwungen waren, in
Aussicht nehmen, die Landwehren in erster Linie zu verwenden. Letztere, welche bis
vor kurzem eine bloß einjährige Präsenzpflicht, sehr kleine Kader und viel zu wenig
Berufsoffiziere hatten, leisteten, was man billigerweise unter solchen Verhältnissen
verlangen konnte. Nunmehr, nach Einführung der zweijährigen Präsenzpflicht auf
höhere Stände gebracht und mit Berufsoffizieren besser dotiert, wird sich ihre Ver¬
wendbarkeit rasch heben. Heerestruppen würden sie aber bei Beginn eines Krieges in
der vordersten Linie nie ganz zu ersetzen vermögen. Nebstdem können sie aber auch
in diesem Momente für andere Aufgaben nicht leicht entbehrt werden, und das notge¬
drungene sofortige Vornehmen der Landwehren in die erste Linie hat uns genötigt, zur
Lösung solcher Aufgaben auf den Landsturm zu greifen, so daß beispielsweise sogar
die Kriegsbesatzungen unsererwichtigsten Festungen fast ausschließlich diesem dritten
Elemente entnommen werden müssen. Es kann aber nicht geleugnet werden, daß die
Landsturmformationen, vornehmlich wegen der geringen Zahl der bei ihnen eingeteU-
ten aktiven Offiziere, dann auch deswegen, weü der größte Teü des Landsturmes nur
Werndl-Gewehre hat, für eine derartige Verwendung nur als Notbehelf angesehen
werden kann. Aus der vorangehenden Darlegung ergibt sich einerseits, daß seitens der
Heeresleitung für die Verbesserung der lebenden Streitmittel das möglichste geschehen
ist, und daß sich anderseits auf diesem Gebiete bis zur Inangriffnahme der numerischen
Heeresverstärkung aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes wohl noch manche
kleine Mängel beseitigen, jedoch abgesehen von der Vermehrung an Repetiergeweh¬
ren, und wenn nicht irgend eine Großmacht mit der Einführung eines neuen, leistungs¬
fähigeren Feldgeschützmateriales den Anfang machen sollte, keine wesentliche
Besserung der Verhältnisse mehr erzielen ließe.

   Ich übergehe nunmehr auf jene Kriegsvorbereitungen, welche die Befestigungen und
die Durchführung des Aufmarsches betreffen. Für den Ausbau und eine moderne
Armierung unserer Festungen ist nach Zulässigkeit der vorhandenen Mittel allmählig
viel geschehen. Ebensoviel bleibt noch zu tun. Doch ist in dieser Beziehung ein wesent¬
lich rascheres Tempo, besonders hinsichtlich der Beschaffung neuer schwerer Geschüt¬
ze kaum möglich, da die in Betracht kommende ausländische Industrie von allen Seiten
her voll in Anspruch genommen wird, und die einheimische Privatindustrie sich erst
jetzt soweit zu entwickeln begümt, daß nunmehr wenigstens in dem Etablissement der
Firma Skoda mit der Herstellung schwerer Geschütze begonnen wird. Die Leistungs¬
fähigkeit der für die Durchführung des Aufmarsches zur Verfügung stehenden Eisen¬
bahnen ist bei uns zweifelloskleiner als in Deutschland und Frankreich. Doch darf nicht
außer acht gelassen werden, daß die gebirgige Bodenbeschaffenheit eines großen Teües
der Monarchie in dieser Beziehung manches geradezu unüberwindliche Hindernis
bietet. Ich habe stets nachdrücklichst auf den Bau neuer Bahnen, die Ameliorierung
bestehender Linien und Betriebseinrichtungen sowie die Vermehrung der Fahrbe¬
triebsmittel hingewirkt und hiebei manchesmal bei der k. k. Regierung weniger Entge¬
genkommen gefunden als bei der königlich ungarischen. So sind trotz unausgesetzten
Betreibens die k. k. Staatsbahnen in der Beschaffung von Fahrbetriebsmittel gegenüber
anderen Bahnen lange Zeit stark zurückgeblieben und, um nur vom nordöstlichen
Kriegsschauplätze zu reden, in Galizien wiederholt dringend verlangte neue Bahnlinien
<pb/>Nr. 4a Vortrag des k.u.k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14.8.1896  35

noch immer nicht in Angriff genommen, und erst letzthin hat bei Verhandlungen über
die Konzessionierung neuer Linien das Streben des galizischen Landesausschusses,
lokale Interessen über jene des Reiches zu stellen, beim k. k. Eisenbahnministerium
nicht ohneweiters eine entschiedene Ablehnung gefunden. Trotz alledem ist auf dem
Gebiete des Eisenbahnwesens viel geschehen, wie sich dies sofort zeigt, wenn man die
heutigen Verhältnisse am nordöstlichen Kriegsschauplätze mit jenen vor kaum
15 Jahren vergleicht, wo nur drei, fast ausschließlich eingleisige Bahnen nach Galizien
führten und für einen geordneten Massenverkehr fast gar nicht gesorgt war. Dement¬
sprechend hat sich auch die Dauer der Aufmarschbewegung während dieser Periode
allmählich um etwa 20Tage verkürzt So rasch aufzumarschieren wie Deutschland, sind
wir allerdings auch heute nicht imstande und werden es überhaupt kaum je sein, denn
dazu müßtenwirvor allem sämtliche Aufmarschbahnen in zweigleisige umwandeln, und
dies würde auf kaum zu überwindende Schwierigkeiten stoßen. Nicht bloß deswegen,
weü auf den bezüglichen Karpatenbahnen die zahlreichen Objekte (Tunnels, Brücken)
nur für ein Geleise eingerichtet sind, sondern hauptsächlich der schwierigen Terrain¬
verhältnisse wegen, welche die Trassen zu überwinden haben. Eine oder die andere
Linie wird sich ja vielleicht doppelspurig machen lassen, im allgemeinen können aber
die Aufmarschverhältnisse in dieser Richtung wohl mm durch den Bau neuer Linien
gebessert werden.

   In beiden Beziehungen konnte ich bisher keine bestimmten Anforderungen stellen,
weü vor allem das Dringendste geschaffen werden mußte. Selbst von letzterem sind,
innerhalb der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, auf dem nordöstli¬
chen Kriegsschauplätze der Bau der Bahnen Stryj-Chodorow und Jaroslau (respektive
Przeworsk oder Rzesz6w)-Rozwad6w, dann die Erhöhung der Leistungsfähigkeit auf
Teilstrecken der galizischen Transversalbalm, sowie auf den Linien D?bica-Rozwad6w,
Jaroslau-Sokal und Lemberg-BelZec teils eben erst begonnen, teils noch ganz ausstän¬
dig. DieseArbeiten müssen vor allem getan werden. Zweifeüos wäre es aber auch höchst
erwünscht, baldigst neue, über dieKarpaten führende Linien zu schaffen, wie solche von
Kralovän durch das Arvatal, sowie von Szepes-Bela nördlich Kesmärk über Neumarkt
nach Chabowka, dann von Podolin über Orlo nach Bartfeld und weiters nach Jaslo,
ferner von Nagy-Berezna über Turka nach Sambor, endlich von Bistritz über Doma
Watra nach Kimpolung schon mehrfach projektiert worden sind. Vom militärischen
Standpunkte wird jedoch der Ausbau dieser Linien, von denen jene Bartfeld-Jaslo und
Nagy-Berezna-Sambor die bedeutsamsten sind, nur dann einen erheblichen Gewinn
darstellen, wenn gleichzeitig das anschließende nordungarische beziehungsweise galizi-
sche Bahnnetz derartig erweitert würde, daß sich aus dem Inneren der Monarchie bis in
die Gegend von Lemberg durchlaufende neue Transportlinien kombinieren ließen. Ob
die Umwandlung der über Munkacs-Stryj und Märamaros-Stanislau führenden Auf¬
marschbahnen in doppelspurige möglich ist, wäre zu studieren.

   Keinesfalls darf ob der Sorge für das Bahnnetz im Nordosten auf jene Linien
vergessen werden, die unseren anderen Fronten fehlen. Ich beschränke mich in dieser
Beziehung hier anzuführen, daß auf dem südwestlichen Kriegsschauplätze die Verbin¬
dung der Linie Fiume-Agram mit den dalmatinischen Staatsbahnen, dann die Herstel¬
lung des Bahnanschlusses Banjaluka-Jajce, der Bau einer Bahn von Mostar in die
<pb/>36 Nr. 4a Vortrag des k.u.k. Chefs des Generalstabes, Ischl, 14. 8.1896

Bocche di Cattaro und die Fortsetzung der bosnischen Bahnen von Sarajevo in das
Drinatal bei ViSegrad, trotz ihrer hervorragenden militärischen Bedeutung bisher nicht
realisiert worden sind. Auf die Sicherung der Bahnen im Aufmarschraume übergehend,
möchte ich zunächst betonen, daß die oft ausgesprochene Befürchtung, es werde der
russischen Kavallerie in den ersten Mobilisierungstagen gelingen, unsere Grenzbahnen
stark zu beschädigen und dadurch unseren Aufmarsch empfindlich zu stören, vielfach
übertrieben wird. Durch die Verlegung aller sich in Galizien ergänzenden Truppen in
ihre Heimat, speziell durch die Vermehrung der dortigen Kavallerie, durch kleine
fortifikatorische Maßnahmen an den wichtigsten Bahnobjekten und durch Vorsorgen
für die rasche Behebung etwaiger Bahnunterbrechungen, endlich durch die Organisie¬
rung eines territorialen Landsturmes mit Zuhilfenahme der Gendarmerie in Galizien
und der Bukowina, haben sich die Verhältnisse so gestaltet, daß die gegen unsere
Bahnen gerichteten Unternehmungen der russischen Kavallerie kaum durchgreifende
Erfolge haben können, besonders dann nicht, wenn die Organisation des territorialen
Landsturmes noch auf Schlesien und Nordmähren ausgedehnt wird, was ich in der
nächsten Zeit zu beantragen gedenke. Voraussetzung ist es aber hiebei, sowie auch
hinsichtlich des Grenzschutzes, der Verhinderung der Spionage, der Aufbringung der
Landestransportmittel, dann des Schlachtviehes und sonstiger Verpflegsvorräte im
Aufmarschraume usw., daß alle Organe und Zweige der Staats- und autonomen Ver¬
waltung sowohl die einschlägigen Vorbereitungen als auch deren eventuelle Durchfüh-
rung pflichtgemäß, sorgsam und energisch sowie im steten Einvernehmen unter sich
und mit den militärischen Konunanden betreiben.

   Auf diesem Gebiete fehlt es vielfach einerseits an Verständnis, Eifer und Energie
für das im Interesse der Reichsverteidigung Notwendige und anderseits auch an man¬
cherlei Vorbereitungen. In dieser Beziehung verweise ich auf die manchmal mangelnde
Förderung des Dienstes der Gendarmerie durch die politischen Behörden bei der
Handhabung einer strengen Fremdenpolizei und bei der Spionageverhinderung; dann
auf die Schwierigkeiten, welche die intensive Heranziehung der Grenzfinanzwache zu
den einschlägigen Diensten findet, welche nur durch eine wenigstens teüweise Müita-
risierung derselben ganz zu überwinden sein dürften. Auch ist es erforderlich, daß das
Spionagegesetz tunlichst bald zustande gebracht werde.

    Ein allseitiges festes Zusammenwirken bei der Überwachung des Fremdenverkehrs
und bei der Verhinderung von Ausspähungen ist schon im Frieden umso mehr geboten,
als wir in dieser Beziehung ohnedem durch unsere Staatsgrundgesetze sehr beengt und
nngleir-h schlechter daran sind, als es Rußland ist. Noch unentbehrlicher wird dieses
Zusammenwirken beim Eintritte einer drohenden Lage und eines Krieges, für welche
Fälle eine vollständige Absperrung der russischen Grenze und eine strenge, direkt
abschreckende Handhabung des Polizeidienstes unvermeidlich wird.

    Hand in Hand damit wird die Einstellung des Telegraphen- und Telephonverkehres
nicht bloß über die an Rußland stoßende, sondern über die ganze Monarchiegrenze,
desgleichen die Handhabung einer strengen Pressezensur und strenger Meldevor¬
schriften innerhalb des gesamten Staatsgebietes gehen, in welchen Beziehungen die
Regierungen eingehendere Vorbereitungen als bis jetzt treffen sollten. Bei diesen
Vorbereitungen darf nicht übersehen werden, daß, sobald der Ausbruch kriegerischer
<pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30.8.1896                                    37

Verwicklungen an irgend einem Teile des Kontinentes zu drohen beginnt, die Sperrung
jeder Ausfuhr von Pferden, Schlachtvieh und Getreide imvermeidlich scheint, weil es
uns sonst selbst an Pferden und Verpflegung mangeln würde. Bei einem längeren,
allgemein werdenden Kriege würden wir unseren Verpflegsbedarf im eigenen Gebiete
ohnedem nicht decken können, und habe ich es schon seit langem für notwendig
bezeichnet, für diesen Fall bereits jetzt die überseeische Zufuhr von Verpflegsartikeln,
auf welche unter gewissen Fällen nur unter englischer oder nordamerikanische Flagge
zu rechnen wäre, zu sichern.

   Ich habe hiemit die wesentlichen Maßnahmen angedeutet, welche außer der vor
allem wichtigen Heeresvermehrung aufgrund eines erhöhten Rekrutenkontingentes für
die nächste Zeit noch in Betracht kommen, muß aber nun zum Schlüsse überdies
betonen, daß bei einem Kriege mit Rußland mehr noch als sonst der Erfolg auf einer
tunlichst raschen Bereitstellung unserer gesamten Kraft basiert, um selbe zu einem
Offensivschlage ansetzen zu können, ehe die feindliche Armee bereits vollends versam¬
melt ist. Nur ein zielbewußtes Vorgehen unserer Diplomatie kann der Heeresleitung
die Gelegenheit hiezu geben. Wenn die Führung der äußeren Politik sich gegebenenfalls
in die Notwendigkeit versetzt sähe, mit der gewaltsamen Austragung eines bestehenden
Konfliktes zu rechnen, dann ist auch ein rascher Entschluß zur Führung des Krieges
das allerwichtigste, da langwierige diplomatische Verhandlungen dem Gegner nur die
Möglichkeit böten, sich früher operationsbereit zu machen, und uns damit die wichtig¬
ste Chance des Erfolges entrissen.

   Se. Exzellenz der Reichskriegsminister hat die vorstehenden Ausführungen gelesen
und schließt sich denselben vollkommen an.

  * Ischl, 14. August 1896. FZM. Beck eh.

              Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. August 1896

RS. (undRK.)  &#39;

Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Goluchowski, der kgl. ung. Minister¬

präsident Baron Bänffy, der k. k. Ministerpräsident Graf Badeni, der k. u. k. gemeinsame Finanzministerv.

Källay (9.9.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer.

Protokollführer. Sektionsrat v. Mdrey.

Gegenstand: I. Die Modalitäten der Angliederung Bosniens und der Hercegovina an die österreichisch¬

ungarische Monarchie im Falle der Annexion jener Länder. II. Die parlamentarische Behandlung der

Ausgleichsvorlagen sowie der projektierten neuen Militärvorlagen.

   KZ. 38 - GMCZ. 394
   Protokoll des zu Wien am 30. August 1896 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angp.lp.gp.nhfiitp.n unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers und Königs.

   [I.] S e. k. u. k. a p o s L Majestät geruhen die Sitzung zu eröffnen und als
deren Gegenstand die definitive Festlegung der Beschlüsse jener gemeinsamen Mini¬
sterkonferenz zu bezeichnen, welche am 26. d. M. über die Modalitäten der Angliede¬
rung Bosniens und der Hercegovina an die Monarchie im Falle der Annexion jener
<pb/>