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Nr. 105 Ministerrat, Wien, 17. Oktober 1866 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Hueber; VS. Belcredi; BdE. und anw. (Belcredi 17. 10.), Mailáth 3. 11., Komers 5. 11., Wüllerstorf 6. 11., John 7. 11., Geringer für XI 7. 11., Kussevich für III 10. 11; Becke 7. 11.; außerdem anw. Mensdorff, Fautz bei IV; abw. Esterházy, Larisch.

MRZ. 105 – KZ. 3901 –

Protokoll des zu Wien am 17. Oktober 1866 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Staatsministers Grafen Belcredi.

I. Einberufung der Landtage in den Ländern diesseits der Leitha, in Ungarn und Kroatien-Slawonien

Der vorsitzende Staatsminister setzte den Ministerrat in Kenntnis, daß Se. Majestät das Ah. Patent, womit die Landtage von Böhmen, Galizien und Lodomerien mit Krakau, Dalmatien, Österreich unter und ob der Enns, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Krain, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol, Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska, dann der Stadtrat von Triest auf den 19. November d. J. in ihre gesetzlichen Versammlungsorte einberufen werden, zu unterzeichnen geruht haben und daß dieses Patent morgen durch die Wiener Zeitung verlautbart werden wird1.

II. Einberufung der Landtage in den Ländern diesseits der Leitha, in Ungarn und Kroatien-Slawonien

Der ungarische Hofkanzler verband hiemit die Mitteilung, daß morgen ebenfalls in der Wiener Zeitung ein Ah. Handschreiben an ihn erscheinen werde2, worin Se. Majestät aussprechen, daß Allerhöchstdieselben mit lebhafter Freude durch den Friedensschluß die Möglichkeit geboten sehen, den mit der Ah. Entschließung vom 24. Juni l. J. bis zur Beendigung des Krieges vertagten ungarischen Landtag3 wieder einzuberufen, daß Se. Majestät jedoch wegen der insbesondere in den beiden Hauptstädten herrschenden Epidemie4 Bedenken tragen müssen, den Termin der Einberufung schon jetzt zu bestimmen. Se. Majestät beauftragen ihn zugleich, die erforderlichen Vorkehrungen ungesäumt einzuleiten, damit der Landtag im Fall einer günstigeren Wendung der Gesundheitsverhältnisse || S. 269 PDF || seine Wirksamkeit binnen der kürzesten Frist beginnen könne. Die Konferenz nahm diese beiden Mitteilungen zur Kenntnis.

III. Einberufung der Landtage in den Ländern diesseits der Leitha, in Ungarn und Kroatien-Slawonien

Der Leiter der kroatisch-slawonischen Hofkanzlei teilte der Konferenz den Inhalt des Entwurfes eines Ah. Reskriptes, womit der kroatisch-slawonische Landtag auf den 19. November d. J. einberufen werden soll, mit, welcher Entwurf mit dem Amendement des Grafen Belcredi, daß als ein weiterer Grund, warum die Vertagung des Landtages so lange gewährt habe, auch die mittlerweile eingetretenen Kriegsereignisse zu erwähnen wären, von der Konferenz einhellig angenommen wurde5.

IV. Überweisung der von Italien für verkauftes Kriegsmaterial eingelaufenen Gelder an das Kriegsministerium zur Bestreitung der Kosten für den Bau von zwei Kriegsschiffen

Der Vizeadmiral Ritter v. Fautz referierte, daß Se. Majestät während des letzten Krieges den Bau zweier Kriegsschiffe, und zwar eines Kasemattschiffesa und einer Holzkorvette, und zwar mit dem Auftrage der größtmöglichen Beschleunigung anbefohlen haben, daß jedoch das von dieser Ah. Bewilligung in Kenntnis gesetzte Finanzministerium im Interesse des Staatsschatzes den Wunsch ausgesprochen habe, daß im Jahre 1866 kein Bau mehr beginnen soll und die Bauten selbst auf die Jahre 1867, 1868 und 1869 zu verteilen wären6. Diesem Wunsche könne jedoch von Seite der Kriegsmarine nicht beigestimmt werden, weil diese neuen Schiffe eben nur einen Ersatz für die im Jahre 1870 außer Verwendung kommenden zuerst gebauten Panzerfregatten „Drache“ und „Salamander“ bieten werden und sonst die Kriegsmarine im Jahre 1870 nur fünf schlagfertige Panzerschiffe – statt, wie es heute der Fall ist, sieben – hätte. Für das Jahr 1867 seien für das Kasemattschiff eine außerordentliche Dotation von 800.000 fr. und für die Hälfte der Artillerie ein Betrag von 274.550 fr., zusammen also eine Summe von 1,074.550 fr., erforderlich. Der Leiter des Kriegsministeriums hob vor allem hervor, welche bedeutenden Abstriche die Kriegsmarine in den letzten drei Jahren an der Erhaltsquote des 6%-Flottenwertes zu erleiden hatte, er betonte die durch die Abtretung des venezianischen Festungsviereckes an Wichtigkeit für die Reichsverteidigung bedeutend vermehrte Aufgabe der Kriegsmarine, für deren ungeschwächte Erhaltung unter allen Umständen gesorgt werden müsse. Er bemerkte weiters, daß der Antrag zum Baue dieser zwei Schiffe zu einer Zeit gestellt worden sei, wo man von der Abfertigung, die Österreich von Italien erhalten werde, noch nichts wußte, daß es daher nur zweckmäßig und billig sei, wenn, worauf er den Antrag stellte, die dem Finanzministerium aus dem Verkaufe der Gardaseeflottille und der Marineobjekte aus dem Arsenale in Venedig ganz unverhofft zukommenden Geldsummen der Kriegsmarine zur Bestreitung der Baukosten der erwähnten zwei Schiffe zugewendet würden. Der Leiter des Finanzministeriums verwahrte sich nur || S. 270 PDF || prinzipiell gegen den Grundsatz, daß, weil das Material der Kriegsmarine gehörte, der aus dessen Veräußerung eingehende Betrag wieder zu Kriegsmarinezwecken verwendet werden müsse. Korrekt müßte der Aufwand für den Bau der beiden Schiffe im Budget als eine Überschreitung behandelt und der Erlös für das Material der Kriegsmarine im allgemeinen in Empfang gestellt werden. Nachdem jedoch der Kriegsminister den unverweilten Bau dieser beiden Schiffe im Interesse der Reichsverteidigung für unbedingt notwendig erkläre, die Marinesektion im Punkte der Sparsamkeit viel geleistet habe und gegenüber der Quote im November l. J. um 200.000 fr. weniger in Anspruch genommen habe, nachdem weiters nicht geleugnet werden kann, daß bei einer Beschleunigung des Baues das Schiff besser und billiger hergestellt wird, erachtete Baron Becke, gegen die Überweisung der aus dem Verkaufe des Kriegsmarinematerials an Italien eingehenden Geldsummen, welche seinerzeit aus der jetzt noch nicht vorliegenden Konvention ziffernmäßig zu ersehen sein werden, an das Kriegsministerium zum Zwecke des Baues dieser Kriegsschiffe in der Voraussetzung vom Standpunkte des Finanzministeriums keine Einwendung erheben zu sollen, wenn der Dotationsanspruch für die Kriegsmarine im nächsten Jahre nicht im Ordinarium erhöht wird.

Die Konferenz stimmte sohin dem Antrage des Kriegsministers einhellig bei7.

V. Überweisung von 5 Millionen fl. der italienischen Entschädigung von 35 Millionen fl. an das Kriegsministerium für Verteidigungszwecke

Der Leiter des Kriegsministeriums referierte im Ah. Auftrage über seinen Sr. Majestät au. erstatteten Antrag, daß von der infolge Art. VI des Friedensvertrages mit Italien für die Anlehensquote vom Jahre 1854 und für den Wert des nicht transportablen Kriegsmaterials eingehenden Summe von 35 Millionen fr.8 ein Teilbetrag von 10 Millionen fr. dem Kriegsministerium für Herstellung von notwendigen Verteidigungsanstalten an unseren derzeit ganz offenen Grenzen überwiesen werden.

Der Leiter des Finanzministeriums bemerkte, daß von diesen 35 Millionen fr. der Betrag von 30 Millionen bereits zur Rückzahlung der von der Nationalbank vorgeschossenen Kriegsentschädigung an Preußen infolge Ah. Entschließung Sr. Majestät bestimmt sei9, daß daher nur der Betrag von 5 Millionen fr. in Silber hievon noch disponibel bleibe, dessen Überweisung an das Kriegsministerium zu dem beabsichtigten Zwecke keinem Anstande unterliege. Der Leiter des Kriegsministeriums wollte nur noch richtigstellen, daß das Kriegsministerium einen Anspruch auf 10 Millionen fr. erheben könnte, weil dasselbe durch die Überlassung respektive Veräußerung desselben an Italien || S. 271 PDF || um das ganze Geschützmaterial gekommen ist, für die Verteidigung der Landesgrenzen aber doch sorgen soll.

Die Konferenz stimmte bei, daß die nach der Äußerung des Barons Becke noch verfügbaren 5 Millionen fr. in Silber von der italienischen Entschädigung dem Kriegsministerium für Verteidigungs­anstalten überwiesen werden.

VI. Grundzüge für den Unterhändler Brandeis bezüglich Verpachtung des Tabakmonopols

Der Leiter des Finanzministeriums setzte mit Bezug auf seine Mitteilungen im Ministerrate vom 28. September l. J. wegen der eingeleiteten Unterhandlungen zur anderweitigen Benützung des Tabakgefälles10 die Konferenz von dem Inhalte eines Schreibens in Kenntnis, in welchem er dem Unterhändler mit den Kapitalisten, Josef Brandeis, die Grundlagen zu eröffnen beabsichtigt, auf welchen die Regierung geneigt wäre, sich bezüglich des Tabakgeschäftes in ernstliche Unterhandlungen einzulassen.

Hienach würde dem Brandeis bedeutet werden: 1. daß die Regierung geneigt sei, ihm die Bewilligung zur Gründung einer Aktiengesellschaft zu erteilen, welche um einen zu vereinbarenden Preis die Ablösung der vorrätigen Tabake, Fabrikate, Utensilien und Maschinen auf sich nehmen und auf die Dauer von sechs Jahren die Ausübung des Tabakmonopols mit allen demselben anhaftenden Rechten, Vorteilen und Privilegien und den hiemit zusammenhängenden, gegen dritte Personen eingegangenen Verpflichtungen pachten würde. Die Kontrolle der Tabakeinlösungen des Tabakverschleißes und der Grenzüberwachung würde von der Regierung wie bisher ausgeübt werden. 2. Als Gegenleistung hätte die Gesellschaft dem Staate für die Monopolspachtung einen jährlichen Bezug zu gewähren, welcher dem jetzigen durchschnittlichen Reinerträgnisse des Gefälles zum mindesten gleichkommt und dem Staate nicht die Möglichkeit verschließt, an dem durch rationellere Bewirtschaftung resultierenden Mehrgewinne in einem billigen Verhältnisse zu partizipieren. 3. Die Bedingungen des Geschäftes müssen zum Ausgangspunkte haben, daß der Gesellschaft für ihre bedeutende Kapitalsanlage und das Risiko im Geschäfte selbst ein genügender Ersatz geboten werde, weshalb schon jetzt die Zugestehung einer hinlänglichen Abschreibung vom Kapitalswerte der Immobilien und des fundus instructus in Aussicht gestellt werde. 4. Als eine Vorbedingung wird gestellt, daß die Gesellschaft die bei dem Tabakgefälle angestellten k. k. Beamten für die Pachtzeit übernehme, was aber nicht ausschließe, daß die Gesellschaft auf eigene Kosten auch anderweitige leitende Organe heranziehen könne. Endlich 5. wäre hervorzuheben, daß diese Grundzüge weder die Regierung noch den Unterhändler Brandeis irgendwie zum Abschlusse des Geschäftes verpflichten, so daß jeder Teil freie Hand behalte, von den Unterhandlungen jederzeit, und zwar ohne Anspruch auf irgendeinen Kostenersatz zurückzutreten.

Die Konferenz erklärte sich mit der Aufstellung dieser Grundzüge für die Negoziation mit Brandeis einverstanden.

VII. Vertrag mit Brandeis über die Abnahme des Quecksilbers aus dem Bergwerk von Idria für zehn Jahre

Der Leiter des Finanzministeriums gab sein Vorhaben kund, sich die Ah. Ermächtigung zum Abschlusse eines Vertrages mit Josef Brandeis aus London || S. 272 PDF || über die Abnahme des Quecksilbers aus dem Bergwerke von Idria während der Dauer von 10 Jahren au. erbitten zu wollen.

Nachdem Baron Becke die Vorteile dieses Geschäftes für das Ärar und das Wesentliche der Vertragsbedingungen näher auseinandergesetzt und insbesondere hervorgehoben hatte, daß durch den Abschluß des Vertrages die ärarische Verschleißregie von einem Artikel entlastet werde, der vielen Schwankungen unterliegt, und daß den möglicherweise bevorstehenden Verlusten, die sich aus der schon jetzt naheliegenden Gefahr einer großen Absatzkrise infolge der Quecksilberproduktion in Kalifornien für das Ärar ergeben könnten, im vorhinein begegnet wird, daß weiters einer monopolistischen Ausbeutung des ausschließlichen Bezugsrechtes durch Brandeis dadurch vorgebeugt ist, daß er verpflichtet ist, den österreichischen Industriellen das für ihre Industriezwecke erforderliche Quantum bis zu einer Maximalmenge von 800 Zentnern zu einem mäßigen Preise zu liefern, und daß endlich im Vertrage auch die Valutaverhältnisse berücksichtigt sind, erklärte sich die Konferenz mit dem Vorhaben des Leiters des Finanzministeriums einverstanden. Letzterer bemerkte schließlich, daß eigentlich das Finanzministerium seinem Wirkungskreise nach berechtigt gewesen wäre, den in Rede stehenden Vertrag ohneweiters selbständig abzuschließen. Da es sich aber um die Veräußerung von Bergwerksprodukten auf einen längeren Zeitraum hinaus und überdies darum handelt, ein Prinzip zur Geltung zu bringen, welches eine Reform auf diesem Felde anzubahnen bestimmt ist, habe er es für angezeigt gehalten, sich zu diesem Vertragsabschlusse die Ah. Genehmigung zu erbitten und zu diesem Ende den Gegenstand im Ministerrate in Vortrag zu bringen11.

VIII. Auslegung des Art. XXIII des Friedensvertrages mit Italien (Amnestie)

Der Justizminister referierte, er habe, damit nicht wieder aus der ziemlich vagen Fassung des Art. XXIII des Friedensvertrages mit Italien12: „amnistie pour tous les individus compromis à l’occasion des événemens politiques survenus dans la Péninsule jusqu’ à ce jour.“, ähnliche Inkonvenienzen entstehen, wie sie bereits allenthalben in betreff des Art. X des Friedensvertrages mit Preußen hervorkommen13, mit dem au. Vortrage vom 10. 1. M., Z. 1928 Pr., angezeigt14, daß er aus dem Sinne und Geiste dieses Artikels wie auch aus der Genesis der vorausgegangenen politischen Ereignisse und Friedensunterhandlungen entnehmen zu können glaube, daß der darin Ag. zugesicherte Amnestieakt sich ausschließend auf diejenigen politischen Umtriebe zu beschränken habe, welche sich auf die Losreißung Venetiens und die übrigen jüngsten politischen Ereignisse in Italien bezogen, keineswegs aber etwa auch auf diejenigen strafbaren Reate auszudehnen sei, welche auf die Losreißung auch Südtirols, Triests || S. 273 PDF || und anderer Teile Istriens vom Kaisertume abzielten, und sich die Ag. Ermächtigung au. erbeten, in diesem Sinne die Gerichtsbehörden anweisen zu dürfen.

Der Staatsminister meinte, daß nach dem strengen Wortlaute des Vertrages die Südtiroler und Istrianer allerdings von der Amnestie ausgeschlossen wären. Dagegen scheine es politisch klug, auch auf die Südtiroler und Istrianer, die doch nur die Bewegungen in Italien für sich ausgebeutet haben, den Amnestieakt auszudehnen. Da aber Italien ein Recht, dieses zu verlangen, aus dem Friedensvertrage nicht erworben habe, wäre diese Amnestieausdehnung als ein Akt der kaiserlichen Machtvollkommenheit hinzustellen. Der Minister des Äußern stimmte dem Antrage des Staats­ministers um so mehr bei, als die italienischen Friedensunterhändler um diese Amnestieaus­dehnung ausdrücklich gebeten haben.

Da auch die übrigen Konferenzmitglieder sich mit diesem Antrage des Grafen Belcredi einverstanden erklärten, gab der Justizminister sein Vorhaben kund, in einem besonderen au. Vortrage Sr. Majestät die Bitte unterbreiten zu wollen, den Amnestieakt aus Ah. Machtvollkommenheit und Gnade auch auf die Südtiroler und Istrianer ausdehnen zu wollen15.

IX. Prager Verbindungsbahn

Der Handelsminister führte die Motive an, welche für die sofortige Herstellung der Prager Verbindungsbahn sprechen. Er bemerkte, daß die Herstellung dieser Verbindungsbahn zwar den Konzessionären der Franz-Josef-Bahn obliege, daß jedoch, da diese Verbindungsbahn einen integrierenden Bestandteil der konzessionierten Zweigbahn Gmünd–Tabor–Prag bilde, die Herstellung der Verbindungsbahn auf gewöhnlichem Wege füglich nur im Zusammenhange mit der Zweigbahn Gmünd–Prag gewärtigt werden könne. Die Vertreter der nördlichen Staatseisenbahn und der Böhmischen Westbahn haben sich bereit erklärt, die fragliche Verbindungsbahn gegen volle Vergütung der Kosten aus dem Staatsschatze herstellen zu wollen16. Die Konzessionäre der Franz-Josef-Bahn wollen sich dagegen zur sofortigen Herstellung der Verbindungsbahn verpflichten, wenn ihnen ein Ärarialvorschuß von 1½ Millionen Gulden unter denselben || S. 274 PDF || Modalitäten wie jener für die Strecke Budweis–Pilsen bewilligt wird17. Nach dem geprüften Bauprojekte für die Franz-Josef-Bahn müßten zu dem angedeuteten Zwecke Eisenbahnstrecken in einer Gesamtlänge von 3270 Klaftern nebst dem Plenum für den Prager Bahnhof der Franz-Josef-Bahn hergestellt werden. Die effektiven Herstellungskosten werden auf 2,400.000 fr. veranschlagt. Da sonach nicht in Zweifel gezogen werden könne, daß die Offerte der Konzessionäre der Franz-Josef-Bahn den Vorzug verdienen, und bei der hohen Wichtigkeit des baldigen Zustandekommens dieser Verbindungsbahn glaubte der Handelsminister Sr. Majestät die Ah. Genehmigung des Offertes der Franz-Josef-Bahn und implizite die Ag. Gewährung des ärarischen Vorschusses in Antrag bringen, früher aber die Zustimmung des Ministerrates sich verschaffen zu sollen. Baron Wüllerstorf erachtete übrigens noch aufmerksam machen zu sollen, daß, wenn der Verkehr der Böhmischen Westbahn auf den Bahnhof der nördlichen Staatsbahn geleitet wird, es unumgänglich notwendig sei, daß die Stadtmauern dort fallen. Der Leiter des Kriegsministeriums habe aber für diesen Fall zur Bedingung gemacht, daß die Stadtmauer weiter hinaus wiederhergestellt werde. Baron Wüllerstorf meinte zwar, daß ein so kommerzielles Zentrum wie Prag eine Befestigung nicht erleide, er glaubte übrigens, daß auch über diesen Punkt in der Konferenz Beschluß zu fassen wäre.

Der Leiter des Finanzministeriums fand in Anbetracht der Wichtigkeit des Zweckes gegen die Gewährung des ärarischen Vorschusses von 1½ Millionen fr. um so weniger etwas zu erinnern, als durch den Bau dieser Verbindungsbahn dem Notstande des dortigen Proletariates einigermaßen abgeholfen werden wird. Bezüglich der Modalitäten, unter welchen der Vorschuß gegeben werden soll, behielt er sich jedoch vor, noch einige Anforderungen der Finanzverwaltung, wie z. B., daß die Aktien partienweise nach Vollendung der einzelnen Strecken der Staatsverwaltung übergeben werden sollen, geltend zu machen und diesfalls das Einvernehmen mit dem Handelsminister zu pflegen. Der Leiter des Kriegsministeriums bemerkte, daß wegen der Befestigung von Prag bereits durch zwei Ah. Resolutionen von den Jahren 1852 und 1858 abgesprochen worden sei18 und daß die militärischen Verhältnisse in dieser Beziehung sich seither nicht geändert haben. Wenn daher Se. Majestät den Pragern das Zugeständnis machen, daß die Bahnbauten an einer Stelle hergestellt werden, wo jetzt die Stadtmauer sich befindet, so müssen sie sich auch herbeilassen, die Stadtmauer weiter hinaus wiederherzustellen. Überhaupt darf, wenn Prag befestigt werden soll, die Stadt sich nicht bis zu den Fortifikationen ausdehnen, weil sonst die Aktion des Militärs bei einer Belagerung gehindert wäre. Der Justizminister meinte, daß nach der Konfiguration der Stadt Prag und nach der örtlichen Beschaffenheit der Umgebung Befestigungswerke nur auf den die Stadt umgebenden und dieselbe dominierenden Hügeln hergestellt werden könnten, bis zu diesen so entfernten Punkten werde sich aber die Stadt niemals erweitern.

|| S. 275 PDF || Nachdem sich sohin die Konferenz einstimmig prinzipiell über den Hauptpunkt, nämlich für die Gewährung des ärarischen Vorschusses von 1½ Millionen fr. an die Konzessionäre der Franz-Josef-Bahn zur sofortigen heuer noch zu beginnenden Herstellung der fraglichen Verbindungsbahn, zustimmend ausgesprochen hatte, einigte sich dieselbe bezüglich eines allfälligen Demolierens der Stadtmauer an der betreffenden Stelle in dem vom Grafen Belcredi gemachten Vorschlage, daß die Demolierung unter der Bedingung zuzugeben wäre, wenn die Stadt Prag sich bereit erkläre, auf die für diesen Fall von der Geniedirektion zu stellenden Forderungen einzugehen19.

X. Ausbau der mährischen Eisenbahnen

Der Leiter des Finanzministeriums referierte, es haben die k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde, die Handels- und Gewerbekammer, die k. k. privilegierte Brünn–Rossitzer Eisenbahn und die Handels- und Gewerbekammer in Olmütz, um den tiefen Wunden, unter denen Industrie, Handel, Gewerbe und der Bauernstand infolge der Kriegsereignisse leiden, Linderung und Heilung zu gewähren, einen Vorschlag das mährische Eisenbahnnetz betreffend überreicht20, dessen wenigstens teilweiser Beachtung die Staatsverwaltung sich nicht entziehen könne. Nach Darstellung des Inhaltes der betreffenden Eingabe beantragte Baron Becke, Sr. Majestät den beiliegenden (Beilageb ), in keiner Weise präjudizierenden und der Regierung freie Hand belassenden Entwurf eines Ah. Handschreibens, welches Se. Majestät bei der bevorstehenden Ah. Anwesenheit in Brünn erlassen geruhen dürften, durch Vermittlung des Grafen Belcredi unterbreiten zu wollen, wobei er mit Rücksicht auf den Wunsch des Handelsministers, daß die Strecke Brünn–Olmütz ausgelassen werde, weil auch auf andere Länder Rücksicht genommen werden müsse, noch hervorhob, daß die Frage der Trasse noch nicht reif sei und es daher zweckmäßig erscheinen dürfte, auch für diese Linie, für welche sich viele interessieren, im Ah. Handschreiben im allgemeinen hin die Zusicherung auszusprechen.

Die Konferenz erklärte sich mit dem Antrage des Barons Becke einverstanden.

XI. Unterordnung der geologischen Reichsanstalt und der Forstlehranstalt in Mariabrunn unter das Handelsministerium

Der Handelsminister referierte, er habe mit dem au. Vortrage vom 25. März 1. J., Z. 28421, den Antrag wegen Errichtung einer Bodenkultursektion für die Länder diesseits der Leitha im Ministerium für Handel und Volkswirtschaft gestellt, welchem Antrage jedoch laut Schreiben des Staatsministers22 Se. Majestät mit Rücksicht auf politische und finanzielle Verhältnisse der Gegenwart keine Folge zu geben geruhten. Er sei daher darauf bedacht gewesen, in einer anderen entsprechenden Weise die so notwendige Erweiterung des Departements || S. 276 PDF || für Landeskultur im Handelsministerium zu erreichen und habe mit au. Vortrage vom 10. Juni 1. J.23 die au. Bitte gestellt: Se. Majestät wolle die Zuweisung der geologischen Reichsanstalt und der Forstlehranstalt in Mariabrunn an das Handelsministerium Ag. zu genehmigen und zugleich behufs der Bestellung eines eigenen Referenten für Rechtssachen im Landeskulturfache sowie eines zweiten technischen Referenten für landwirtschaftliche Angelegenheiten eine Vermehrung des Personalstandes des genannten Ministeriums um zwei Sektionsratsstellen mit den systemmäßigen Bezügen Ag. zu genehmigen geruhen. Er habe endlich auch gebeten, Se. Majestät wolle die von Fall zu Fall einzuleitende Berufung von Fachmännern zur Beratung landwirtschaftlicher Fragen dem Ermessen des Handelsministers Ag. zu überlassen geruhen.

Der von Sr. Majestät hierüber vernommene Staatsrat habe sich gegen diese Anträge ausgesprochen24. Der Handelsminister bezeichnete als die Hauptursache, warum auf dem Felde der Landeskultur in Österreich von Seite der Regierung anderen Staaten gegenüber so wenig geleistet werde, die mangelhafte Organisation des Dienstes, welcher im Handelsministerium von einem Referenten versehen werden soll. Die landwirtschaftliche Bevölkerung fühle schon seit einer Reihe von Jahren das Bedürfnis, in der Staatsverwaltung vertreten zu sein. Eine solche Vertretung finde in allen Ländern statt, Preußen habe einen Agrikulturverein, der einen Aufwand von 2½ Millionen Taler bedingt, in Frankreich bestehe hiefür im Handelsministerium eine reich dotierte Abteilung. In Österreich, das in jeder Beziehung diesfalls so weit zurück ist und wo die agrarische Gesetzgebung seit einem halben Jahrhundert stationär geblieben ist, bestehe hiefür durchaus keine Einrichtung. Ein einziger Referent im Handelsministerium soll alle Angelegenheiten über Seidenkultur, Bienenzucht, Jagd und Fischerei, Forstwesen, Wiesenkultur, Bewässerungen, Entsumpfungen, Kolonien, Industrie und landwirtschaftliche Ausstellungen übersehen und leiten. Das könne aber von einem Menschen, und wäre er selbst ein Universalgenie, nicht geleistet werden. Für alle diese Angelegenheiten habe er nur einen Referenten, einen alten Herrn, der zwar gut dient, aber von der Gesetzgebung keine Kenntnis hat. Erst gestern sei ihm ein Ah. Handbillet zugekommen, welches die Seidenkultur zu beachten befiehlt25. Er sei in peinlicher Verlegenheit, wen er mit diesem Auftrage im Ministerium betrauen soll. Mit dem Personale, wie es ihm jetzt zu Gebote steht, besitze er nicht die Kräfte, die er benötige, seine Pflicht zu erfüllen, wie dies Se. Majestät zu fordern berechtigt sind und die Völker wünschen. Bei der größten Aufmerksamkeit, die er selbst dem Fache der Landeskultur zuzuwenden beabsichtige, müsse er auf die Vermehrung um zwei Referenten als das mindeste aus eigener längerer Überzeugung bestehen. Da er von den Landeskulturverhältnissen in den einzelnen Ländern gar nichts erfahre, ein ständiger Landeskulturrat aber nicht errichtet werden soll, müsse ihm an der Ah. Ermächtigung sehr gelegen sein, wenigstens von Fall zu Fall Fachmänner zur Beratung landwirtschaftlicher Fragen berufen zu dürfen, um sogleich mit || S. 277 PDF || Sicherheit des Erfolges alle Mittel in Bewegung setzen zu können, Übelständen entgegenzutreten. Was die Notwendigkeit der Unterordnung der geologischen Reichsanstalt und der Forstlehranstalt in Mariabrunn unter das Ministerium für Handel und Volkswirtschaft betrifft, könne er nur den Gründen, welche Baron Hock in der staatsrätlichen Beratung für diesen Antrag vorgebracht habe, unbedingt beipflichten, wie denn überhaupt die staatsrätliche Majorität sich bei diesen Anträgen meist mit vier gegen drei Stimmen ergeben habe und auf die Stimme des Barons Hock, der in Fragen von Handelspolitik und Landeskultur als eine wahre Autorität betrachtet werden müsse, gewiß ungleich höherer Wert gelegt werden müsse als auf die Voten anderer Staatsräte, die nur zufällig mit diesem internen Gegenstande sich beschäftigen zu können in der Lage waren.

Der Leiter des Staatsrates erwiderte, daß er in dieser Angelegenheit nicht als homo novus spreche, indem ihm Erfahrungen in dieser Beziehung seit der Zeit zur Seite stehen, wo ihm interimistisch die Leitung des Handelsministeriums von Sr. Majestät Ag. anvertraut gewesen war. Übrigens haben sich im Staatsrate alle Stimmen, auch Baron Hock, gegen die sofortige Kreierung zweier neuer Sektionsratsstellen im Handelsministerium ausgesprochen. Die Majorität sei nur der Ansicht gewesen, daß dieser Antrag definitiv abzulehnen wäre, während die Minorität und darunter Baron Hock geglaubt habe, es sei vorerst das Bedürfnis dieser Personalvermehrung von dem Handelsminister näher nachzuweisen. Auch er glaube, daß es Aufgabe des Handelsministers wäre, eine Übersicht der Agenden des Handelsministeriums und der Verteilung der vorhandenen Arbeitskräfte zu geben, um mit Sicherheit beurteilen zu können, ob die dem genannten Ministerium obliegenden Agenden mit dem bisherigen Personal vielleicht durch einen entsprechenden Wechsel der Personen versehen werden können oder nicht. Seines Wissens sei seit 1861 eine bedeutende Vermehrung der Gestion dieses Ministeriums nicht eingetreten, und daher müssen die Ah. Weisungen in Hinsicht auf Sparsamkeit in erster Linie maßgebend bleiben. Wenn der Handelsminister aus der Darstellung des Anwachsens der Geschäfte die Nachweisung liefern könnte, daß es ihm mit den dermaligen Arbeitskräften unmöglich wäre, das Auslangen zu finden, dann werde die Personalvermehrung keinem Anstande unterliegen. Vorderhand bleibe es aber noch immer fraglich, ob nicht durch eine unglückliche Wahl der Person die Stagnation eingetreten ist und ob nicht durch einen Wechsel der Personen und Auswahl solcher, die in der agrarischen Gesetzgebung bewandert sind, der Dienst auch ohne Personalvermehrung klaglos besorgt werden kann. Was die geologische Reichsanstalt betrifft, sei es so ziemlich gleichgiltig, welcher Zentralstelle dieselbe zugeteilt werde. Ursprünglich sei sie dem Finanzministerium zugedacht gewesen, dann aber aus persönlichen Verhältnissen dem Staatsministerium überwiesen worden, bei dem sie auch füglich belassen werden sollte. Die geologische Reichsanstalt nehme einen neutralen Boden ein, sie überwacht vieles, was die ganze Monarchie umfaßt, sie soll allen Zentralstellen dienstbar sein, und bei diesem Verhältnisse wäre es unpassend, sie einer Zentralstelle wie dem Handelsministerium unterzuordnen, dessen Wirkungskreis sich in Angelegenheiten der Landeskultur nur auf einen Teil des Reiches erstreckt. Die Forstlehranstalt in Mariabrunn verfolge die Absicht, || S. 278 PDF || taugliche Forstleute für den Dienst der Staatsforste heranzubilden, sie steht mit der Forstverwaltung im Wienerwalde in einem Verbande, sie befindet sich in einem Gebäude der letzteren, es liege daher nur in der Natur der Sache, die Verwaltung einer solchen Anstalt im Bereiche der Wirksamkeit jener Zentralstelle zu belassen, welcher auch die Verwaltung der Objekte obliegt, nämlich des Finanzministeriums. Dem Handelsministerium sei eine Einflußnahme auf die Leitung des Unterrichtes in dieser Lehranstalt auch bei der gegenwärtigen Einrichtung gewahrt. Es sei unmöglich, bei einem Ministerium alles zu vereinen, was nur immer in Beziehung zur Landeskultur steht, eine Teilung nach Aufgaben müsse stattfinden, und da auch die technischen Lehranstalten und die Realschulen nicht dem Handelsministerium unterstellt sind, bestehe um so weniger ein Grund, gerade nur die Forstlehranstalt in Mariabrunn einzeln herauszugreifen und dieselbe dem Handelsministerium zu unterstellen. Was den dritten Punkt, die Einberufung von Sachverständigen, betrifft, habe der Staatsrat nur die Ah. Entschließung vom 17. Juni 1858 im Auge behalten, wornach solche massenhafte Enqueten der Ah. Genehmigung vorbehalten wurden26. Der ständige Reichsrat habe die Nachteile solcher Enqueten, die schon vorher eingeleitet wurden, bevor Se. Majestät im Grundsatze die Richtungen, die dabei zu verfolgen wären, zu bezeichnen in der Lage waren, dargestellt und dieses Verbot erwirkt. Die Hinweisung auf fremde Institutionen passe nicht auf unsere staatlichen Verhältnisse, in Österreich bestehe eine Provinzialverwaltung und keine Zentralisierung wie in Frankreich, bei uns werden Angelegenheiten der Landeskultur in den Landtagen verhandelt, in denen schon Fachkundige mitstimmen, dem Ministerium komme es bloß zu, die Grundsätze zu fixieren, von denen bei solchen Fragen auszugehen ist. Es sei jetzt nicht angezeigt, ähnliche periodisch wiederkehrende Massenvertretungen zu sanktionieren. Die Ermächtigung zur Einberufung Sachverständiger von Fall zu Fall zur Beratung landwirtschaftlicher Fragen unterliege keinem Anstande und sei dem Handelsminister auch jetzt nicht gewehrt.

Der Handelsminister erwähnte vor allem, daß ihm bei seiner Anführung, daß er das Votum des Barons Hock in solchen Fragen insbesondere als maßgebend betrachten zu sollen glaubt, nicht im entferntesten in den Sinn gekommen sei, einen persönlichen Ausfall gegen Baron Geringer machen zu wollen. Was die Agenden des Handelsministeriums in Landeskultursachen betrifft, genüge es, die §§ 17, 18 und 19 des Wirkungskreises dieses Ministeriums sich gegenwärtig zu halten27. Er wolle nicht zurückgehen, welche Tätigkeit dieses Departement im Handelsministerium seit Jahren entwickelt habe. Seit einem Jahre habe dieses Departement nichts als Nebensächliches geleistet, insbesondere seit Sektionschef Weis zu anderen Arbeiten verwendet werden mußte und erkrankte. Weis habe das Wasserrechtsgesetz zustande gebracht, alle anderen Gegenstände liegen auf. Hofrat Stahl sei ausschließlich mit Kommassationsangelegenheiten beschäftigt. Die erwähnten Paragraphen des Wirkungskreises des Handelsministeriums || S. 279 PDF || gäben Arbeit genug für ein ganzes Ministerium. Es sei ihm unmöglich, mit den vorhandenen Arbeitskräften aufzukommen, seine in dieser Beziehung ausgesprochene Überzeugung müsse doch volle Geltung haben, er müsse sich von den Landeskulturverhältnissen der einzelnen Länder die genaueste Kenntnis verschaffen, er brauche Menschen, die Tatsachen aus der Bevölkerung in das Ministerium bringen, am grünen Tische lasse sich die Erfahrung über Ackerbauverhältnisse in den einzelnen Ländern nicht gewinnen. Er müsse demnach die Konferenz dringend bitten, seinem Antrage um Vermehrung des Personals um zwei Sektionsräte beizustimmen. Wenn die geologische Reichsanstalt und die Forstlehranstalt in Mariabrunn unter eine Zentralstelle gestellt werden müssen, sei das Handelsministerium als Fachministerium zunächst dazu berufen, weil es auch an dem Emporblühen dieser Institute das meiste Interesse habe. Bei seinem Antrage auf Ermächtigung zur Einberufung von Fachmännern habe er nicht die Herstellung von Fachparlamenten im Sinne gehabt, er brauche aber mitunter den Beirat von Menschen, die im Leben wirken, sonst könnte er staatliche Maßregeln in dieser Richtung nicht in Anregung bringen. Die betreffenden Auslagen, welche diese Anträge erheischen, seien im Budget schon durch die Interkalarien gedeckt, sie fänden aber jedenfalls in dem noch disponiblen Teile der für die Reorganisierung des Handelsministeriums in dem Voranschlage pro 1866 eingestellten Summe von 30.000 fr. ihre volle Bedeckung.

Abstimmung:

1. Bezüglich der Kreierung von zwei neuen Sektionsratsstellen im Handelsministerium einigten sich sämtliche Konferenzmitglieder in der Ansicht, daß es im wohlverstandenen staatlichen Interesse bei den in überzeugender Weise dargestellten Verhältnissen nicht möglich wäre, dem Antrage des Handelsministers entgegenzutreten, daß derselbe vielmehr in jeder Beziehung vollkommen geeignet sei, der Ah. Genehmigung befürwortet zu werden.

2. Bezüglich der Unterstellung a) der geologischen Reichsanstalt und b) der Forstlehranstalt in Mariabrunn unter das Handelsministerium.

Ad a) bemerkte der vorsitzende Staatsminister , daß dieser Gegenstand in einem Ministerrate in Ofen unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät bereits besprochen worden und damals gegen die Zuweisung an das Handelsministerium kein Anstand erhoben worden sei28. Er habe auch jetzt prinzipiell gegen diese Zuweisung um so weniger etwas zu erinnern, als das Staatsministerium nur in Budgetangelegenheiten eine Ingerenz auf die geologische Reichsanstalt ausübe. Aus den vom Staatsrate hervorgehobenen Gründen erscheine es ihm jedoch dermal nicht opportun, diese „Reichsanstalt“ an das Handelsministerium, welches auch kein „Reichsministerium“ sei, zuzuweisen. Baron Wüllerstorf entgegnete, daß derselbe Einwand auch bezüglich des Staatsministeriums erhoben werden könnte, daß eine solche Einsprache von ungarischer Seite auch kaum zu besorgen wäre, da im Handelsministerium auch alle Angelegenheiten im Post-, Eisenbahn- und Telegrafenwesen für das ganze Reich konzentriert sind, ohne daß jemals aus Ungarn dagegen ein Anstand erhoben worden wäre.|| S. 280 PDF || Graf Mensdorff meinte, man solle die geologische Reichsanstalt ganz selbständig stellen, was jedoch Baron Geringer widerriet, da jedes solche Institut ein vermittelndes Organ, ohne welches es degenerieren würde, haben müsse. Graf Belcredi war gleichfalls der Ansicht, daß es politisch klüger wäre, die geologische Reichsanstalt als Zentralinstitut hinzustellen, welches am unbedenklichsten unter das Präsidium des Ministerrates gestellt werden könnte. Mit Ausnahme des Handelsministers , der bei seinem Antrage verharrte, traten sämtliche Stimmführer der Ansicht des Grafen Belcredi bei.

Ad b) glaubte der Leiter des Finanzministeriums zwar nicht aus einem absoluten Grunde, doch aber aus Opportunitätsrücksichten für die Belassung der Forstlehranstalt in Mariabrunn unter dem Finanzministerium sich aussprechen zu sollen, wobei er den Motiven des Barons Geringer noch beifügte, daß das Finanzministerium, dem die Bewirtschaftung der großen Forste in Ungarn obliege, großes Interesse an dieser Lehranstalt nehme, an der seine Forstleute herangebildet werden, daß die Kammer dieses Institut für seinen Zweck großgezogen habe, daß es auch mit dem Wienerwalde im engsten Kontakte stehe, daß endlich dem Handelsministerium kein so technisch gebildeter Referent zu Gebote stünde wie dem Finanzministerium, wo Ministerialrat Feistmantlc in Forstsachen diese Lehranstalt überwache, der, cwenn er auch kein Administrationstalent seid, doch, weil er durch zwölf Jahre Professor gewesen, den didaktischen Standpunkt gewiß nie außer Augen lasse. Graf Belcredi versprach sich bessere Erfolge bei einer Unterstellung dieser Lehranstalt unter das Handelsministerium, weil beim Finanzministerium immer mehr das fiskalische Interesse vorwalte und das Unterrichtsmoment nicht genügend hoch gestellt wird. Ein Beweis hiefür seien die verzogenen, verbildeten jungen Leute, die aus dieser Anstalt voll von Prätentionen austreten und die niemand in seinen Dienst zu nehmen bereit ist. Mit Ausnahme des Barons Becke erklärte sich hierauf die Konferenz mit dem Antrage des Handelsministers einverstanden.

3. Bezüglich der Ermächtigung des Handelsministers, Sachverständige in landwirtschaftlichen Fragen von Fall zu Fall einberufen zu dürfen, meinte Graf Belcredi , daß hiezu eine Ah. Genehmigung gar nicht oder doch höchstens insoweit erforderlich wäre, als es sich um den bezüglichen Aufwand handle. Da jedoch dem Handelsminister um diesen erläuternden Passus gegenüber der Ah. Entschließung vom Jahre 1858 besonders zu tun sei, erklärte Graf Belcredi, auch diesem Antrage des Handelsministers beizustimmen. Auch die übrigen Konferenzmitglieder schlossen sich diesem Antrage an29.

Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.