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Nr. 74 Ministerrat, Wien, 14. Mai 1866 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Meyer; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Belcredi 14. 5.), Mensdorff, Wüllerstorf (der laut Anwesenheitsliste bei dieser Sitzung nicht anwesend war), Larisch; außerdem anw. Franck und Frantzl.

MRZ. 74 – KZ. 1496 –

Protokoll des zu Wien am 14. Mai 1866 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Unterstützung des Königs von Neapel mit Geld zur Organisierung eines Aufstandes

Unterstützung des Königs von Neapel mit Geld behufs Organisierung eines Aufstandes.

Se. Majestät geruhten die Eröffnung zu machen, daß der König von Neapel in der Person seines Adjutanten, des Majors Frantzl, einen Abgeordneten hieher geschickt habe, um dessen Absicht kundzugeben, für den Fall eines Kriegsausbruches zwischen Österreich und Italien einen Aufstand sowohl in Sizilien als im Neapolitanischen hervorzurufen. Um einem solchen einen festen Halt zu geben, wäre die Organisierung einer regulären Truppe von 4000 bis 5000 Mann notwendig, deren Rekrutierung teils auf österreichischem Gebiete, teils im Lande und teils in Albanien vorgenommen werden könnte. Hiezu aber bedürfe der König Geld, das er nicht besitze und daher durch seinen Abgesandten mit der Anfrage sich hieher wende, ob ihm nicht eine angemessene Summe zur Verfügung gestellt werden wollte.

Major Frantzl , welcher in das Sitzungszimmer hereinberufen wurde, gab über von Sr. Majestät an ihn gestellte Fragen, in welcher Weise man mit der Organisierung eines Aufstandes vorzugehen gedenke, im wesentlichen folgende Aufschlüsse: Um dem Aufstande einen festen Halt zu geben, wäre das Auftreten eines militärisch organisierten Korps unumgänglich notwendig. Für ein solches seien von den Offizieren der ehemaligen Schweizerregimenter, von den Offizieren der früheren inländischen Armee, von denen nur ungefähr 2/16 in der piemontesischen Armee dienen, dann von albanischen Bischöfen Anerbietungen gemacht worden, und es lasse sich das rasche Zustandekommen desselben nicht bezweifeln, wenn dem Könige die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Trotz der Flotte werde es nicht schwer sein, die betreffenden Leute von der albanischen Küste nach dem italienischen Meeresufer zu bringen; andere Mannschaft könnte über Rom über die neapolitanische Grenze gebracht werden. Der Plan gehe dahin, den Aufstand zuerst in Sizilien losbrechen zu lassen, ihn von dort nach Kalabrien fortzupflanzen, während er sodann gleichzeitig in den Abruzzen loszubrechen hätte. Auf die Anfrage Sr. Majestät, auf welche Art das verlangte Geld in die Hände des Königs befördert werden könnte, ohne daß von einer solchen Geldsendung etwas verlautbare, wurde von Major Frantzl der Banquier Torlonia in Rom bezeichnet, dessen Vertrauenswürdigkeit außer Zweifel stehe. Die anwesenden Herren Minister Graf Mensdorff , || S. 97 PDF || Graf Belcredi , Graf Larisch und Ritter v. Franck fanden sich nicht veranlaßt, sich gegen die Bewilligung einer Summe Geldes zu dem angegebenen Zwecke auszusprechen, wiesen aber übereinstimmend darauf hin, daß die Organisierung eines solchen Korps auf österreichischem Gebiete leicht zu Verwicklungen mit Frankreich führen könnte und daher nicht zu gestatten wäre. Ebenso waren alle Anwesenden darüber einig, daß die Sache mit der größten Vorsicht angegriffen werden müsse, daß ein vorzeitiges Losbrechen um jeden Preis verhindert werden müsse und daß das Signal zum Aufstande erst dann gegeben werde, wenn der Krieg zwischen Österreich und Fremditalien ausgebrochen sei. Für diesen Zeitpunkt wäre auch die Verwendung des Geldes aufzusparen. Major Frantzl versicherte, daß der König nur so handeln werde, wie man es hier für gut finde, und namentlich erst dann das Zeichen zum Losbruche geben werde, wenn es von hier aus angeordnet wird.

Se. Majestät geruhten sich hierauf dahin auszusprechen, daß 1 Million Francs dem Könige von Neapel zu dem besprochenen Zwecke zur Verfügung gestellt, hiefür ein unaufsichtiger Weg gewählt werde, daß ferner das Zeichen zum Losbruche nicht eher gegeben werde, als bis man von hier aus dazu aufgefordert worden sei. Eine Verantwortlichkeit könne man in keiner Beziehung übernehmen und müsse diese gänzlich dem Könige überlassen1.

Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.