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Nr. 37 Ministerrat, Wien, 22. Dezember 1865 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Meyer; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Belcredi 22. 12.), Mensdorff, Esterházy, Mailáth, Larisch 26. 12., Wüllerstorf 26. 12., Haller 27. 12.; abw. Franck, Komers.

MRZ. 36 – KZ. 4045 –

Protokoll des zu Wien am 22. Dezember 1865 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Ah. Reskript an den siebenbürgischen Landtag, betreffend den Unionsbeschluß

Der Leiter der siebenbürgischen Hofkanzlei Graf Haller gab Kenntnis von der Repräsentation des Siebenbürger Landtages in betreff des von ihm gefaßten Beschlusses über die Union mit Ungarn, welcher angeschlossen waren die Anträge des Kronstädter Deputierten Bömches, des Koloser Deputierten Josef Hosszu, dann die Sondermeinungen des griechisch-nicht-unierten Erzbischofs Freiherrn v. Schaguna und des Hermannstädter Deputierten Rannicher1. Gleichzeitig wurde von Graf Haller vorgelegt ein an die Hofkanzlei gerichtetes Schreiben des Grafen Crenneville2, welches nähere Aufschlüsse über das Zustandekommen des Landtagsbeschlusses erteilt und namentlich das Entstehen desselben in der vorliegenden Form damit aufklärt, daß man, um einer gereizten Diskussion und der Aufregung der Leidenschaften zu entgehen, eine einläßliche Beratung des Unionsverhältnisses zu vermeiden suchen mußte und sich daher mit einem mehr allgemeinen, daher auch nicht klar den Intentionen der Regierung entsprechenden Beschlusse begnügte.

Es wurde hierauf zur Beratung des von Graf Haller im Entwurfe vorgelegten Ah. Reskriptes auf die Repräsentation des siebenbürgischen Landtages geschritten und demselben mit folgenden Modifikationen von Seite des Ministerrates die Zustimmung erteilta . Auf die Bemerkung Sr. Majestät, daß der Satz in dem Entwurfe: „Es gereicht zu Unserer besonderen Befriedigung, daß die Landtagsverhandlungen ungetrübt von Ausbrüchen der Parteileidenschaften mit Besonnenheit geführt, das Gepräge der Mäßigung beurkunden“ füglich ganz wegbleiben dürfte, indem eigentlich der Landtag nicht getan habe, was man ihm als Aufgabe stellte, und, statt selbst diese zu lösen, deren Lösung dem Pester Landtage zuwies, erklärte sich die ganze Versammlung mit der Streichung dieses Satzes einverstanden. Bei dem Satze: „Die definitive Verwirklichung der Union beider Länder wird von der Gewährleistung der von Euch in Euerer Adresse gewürdigten Rechtsansprüche der verschiedenen Nationalitäten und Konfessionen Siebenbürgens und der zweckmäßigen Regelung der administrativen Fragen dieses Landes abhängig gemacht“ wurde von Sr. Majestät darauf aufmerksam gemacht, daß als eine Bedingung der Verwirklichung der definitiven Union notwendig auch die vorausgehende Lösung der großen staatsrechtlichen Fragen zu || S. 234 PDF || erwähnen sein dürfte. Allgemein das Gewicht dieser Bemerkung fühlend, vereinbarte man sich, statt der erwähnten Stelle folgende in das Reskript aufzunehmen: „Die definitive Union beider Länder, welche Wir nur auf Grundlage der geregelten staatsrechtlichen Verhältnisse der Länder der ungarischen Krone untereinander und zu dem Reiche verwirklichen können, machen Wir überdies von der gehörigen Berücksichtigung der speziellen Landesinteressen Unseres Großfürstentums Siebenbürgen, von der Gewährleistung der auch durch Euch gewürdigten Rechtsansprüche der verschiedenen Nationalitäten und Konfessionen und von der zweckmäßigen Regelung der administrativen Fragen dieses Landes abhängig.“ Mit einigen wenigen Redaktionsveränderungen wurde hierauf das Ah. Reskript in folgender Fassung angenommen: (Reskript beizuschließen)b .

Mit Rücksicht auf den Umstand, daß die Wahlen in Siebenbürgen zu dem Krönungslandtage in Ungarn beförderlich auszuschreiben sind und diese auf Grundlage der Wahlordnung vom Jahr 1848 vor sich zu gehen haben, daß es angezeigt sei, eine mit den Persönlichkeiten und den Verhältnissen des Landes vertraute Person in das Land zu senden, um einen vertraulichen Einfluß auf einen ruhigen, den Intentionen der Regierung entsprechenden Gang der Wahlen zu nehmen, verständigte man sich, diese Mission dem Sektionschef im Staatsministerium von Kriegs-Au zu übertragen.

Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, den 3. Jänner 1866. Franz Joseph.