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Nr. 540 Ministerrat, Wien, 15. Februar 1865 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Hueber; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 15. 2.), Mensdorff 16. 2., Mecséry 16. 2., Nádasdy 17. 2., Schmerling, Lasser, Plener, Lichtenfels, Esterházy, Burger, Hein (mit der Bemerkung, daß das Wort „rechtzeitig“ im [vor]letzten Absatze des Entwurfes [der Erklärung im Reichsrat] mit dem Budget 1865 nicht vereinbar erschien und von ihm darauf aufmerksam gemacht wurde, nachdem das Wort „rechtzeitig“ im Absatze zwei so prägnant definiert ist), Franck, Zichy 24. 2.; BdR. Erzherzog Rainer 1. 3.

MRZ. 1344 – KZ. 542 –

Protokoll I des zu Wien am 15. Februar 1865 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Einbringung des Staatsvoranschlags für 1866 im Abgeordnetenhaus

Der erste Gegenstand der Beratung war die Einbringung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1866 an das Abgeordnetenhaus1.

Der Staatsminister rekapitulierte die bekannten Tatsachen nach dem Antrage des Grafen Vrints2 mit dem Beifügen, daß die Vorbedingungen der Regierung, freies Revirement und gleichmäßige sofortige Behandlung des 1866er Budgets wie jenes pro 1865, unter anderem von dem Finanzausschusse aus dem Grunde abgelehnt worden sei, weil das 1866er Budget noch nicht eingebracht worden sei. Dieser Grund könne sogleich entfallen, und er habe, da der Anlaß passend schien, die günstige Stimmung wieder aufzunehmen, im Staatsministerium zwei Besprechungen, die erste mit 20, die zweite mit 100 Mitgliedern des Abgeordnetenhauses gehalten, wobei sich dahin geeiniget worden sei, daß die Regierung mit einer fixierten Erklärung das Budget pro 1866 dem Abgeordnetenhause vorlegen werde und daß dann, wenn bei der geschäftsmäßigen Behandlung dem Finanzausschusse pro 1865 vom Hause eine ganz bestimmte Richtung angedeutet und aufgetragen würde, über die Annahme des von der Regierung aufgestellten Grundsatzes Bericht zu erstatten, es ermöglicht wäre, in eine Behandlung mit der Regierung im Sinne des Vrints’schen Antrages einzugehen. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses, in der die Vorlage gemacht werden könne, werde nächsten Freitag, längstens Samstag, anberaumt werden können, inzwischen werde mit den politischen Freunden der Regierung die Formulierung des Antrages, der vom Hause gestellt und hoffentlich akzeptiert werden wird, besprochen werden. Es sei zu hoffen, daß es gelingen werde, die Partei beisammen zu haben, und wenn dann die Regierung im Finanzausschusse die Majorität nicht für sich haben sollte, werde doch jedenfalls auch ein Minoritätsantrag vor das Plenum des Hauses gebracht werden. Der Marineminister glaubte bei diesem Anlasse die Anfrage zu stellen, ob, nachdem die Hauptverhandlung mit Beziehung auf den Vrints’schen Antrag von der Regierung auf solche Art wieder aufgenommen werde, der weitere Gang der Detailberatung über das Kriegs- und Marinebudget pro 1865 nicht unterbleiben könnte. Der Staatsminister meinte, daß || S. 153 PDF || dies von dem Obmanne des Finanzausschusses3 abhänge, der sich nicht beeinflussen lasse, und daß daher, wenn nicht von Seite des betreffenden Ministers ein momentanes Hindernis seines Erscheinens hervorgerufen werde, das Eingehen in die Detailberatung zunächst nicht zu vermeiden sein werde.

Der Polizeiminister las hierauf die von ihm verfaßte, nach den Besprechungen in dem engeren ministeriellen Finanzkomitee4 redigierte Erklärung, mit welcher der Staatsvoranschlag von dem Finanzminister vorgelegt werden würdea, vor, welche von dem Ministerrat gutgeheißen und in welcher nur die Änderung beschlossen wurde, daß auf der zweiten Seite die Reihung der Landtage statt Kroatien, Ungarn, Siebenbürgen in der Art vorgenommen werde, daß zuerst Siebenbürgen, dann Kroatien, endlich Ungarn genannt werde, weil dies aus dem Grunde richtiger sei, da die Wahlen für den siebenbürgischen Landtag schon geschehen seien, zur Einberufung des kroatischen Landtages aber bereits der erste Schritt durch die Einberufung des Banalkongresses unternommen worden sei5.

II. Beantwortung von drei Interpellationen

Zugleich wurde beschlossen, daß in der Sitzung, bei welcher das 1866er Budget vorgelegt wird, der Minister Ritter v. Lasser die Interpellation über die Fideikommisse, der Minister des Äußern die Interpellation über Schleswig-Holstein und der Leiter des Handelsministeriums die Interpellation bezüglich der Budweiser Bahn zu beantworten haben6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 1. März 1865. Empfangen 1. März 1865. Erzherzog Rainer.