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Nr. 484 Ministerrat, Wien, 4. August 1864 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Hueber; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 4. 8.), Mecséry, Schmerling, Plener, Esterházy (BdE. fehlt; bei I abw.), Burger, Hein, Franck, Zichy, Kalchberg 11. 8. (bei V abw.), Geringer; außerdem anw. Kudernatsch (bei II anw.); abw. Nádasdy, Lasser, Lichtenfels; BdR. Rechberg 24. 8.

MRZ. 1288 – KZ. 2527 –

Protokoll des zu Wien am 4. August 1864 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Minister des Äußern Grafen Rechberg.

I. Änderung der Aufkündigungs- und Räumungstermine für gemietete Wohnungen in Wien

Der Minister Ritter v. Hein referierte, es sei in der Ministerkonferenz vom 2. Mai l. J.1 beschlossen worden, die Mietzinstermine in Triest seien aufgrund des § 25 der kaiserlichen Verordnung vom 26. November 1858, RGBl. Nr. 213, in administrativem Wege zu regeln. Dies sei nach dem Wortlaute des bezogenen Paragraphes zulässig gewesen, weil es in Triest an einer entsprechenden diesfälligen Regulierung gemangelt hatte. Es liege nunmehr ein Einschreiten der Kommune Wien vor, gemäß welchem sie die Ausziehtermine hier anders eingerichtet und vierteljährige Kündigungs- und Räumungstermine eingeführt zu haben wünscht. Es frage sich daher, ob auch in diesem Falle nach § 25 der obigen kaiserlichen Verordnung vorgegangen werden könne. Dies sei jedoch zweifelhaft, weil die Kündigungstermine für Wien mit Ah. Entschließung vom 29. August 1859 bereits geregelt wurden2. Da jedoch es sich hiebei nicht um eine prinzipielle Frage handle und die Notwendigkeit abermaliger derlei Regulierungen durch die Zeitverhältnisse sich ergeben könne und dieselbe für Wien wirklich eingetreten und nachgewiesen sei, da auch das Justiz- und das Staatsministerium darüber einig seien, daß die Vornahme solcher Regulierungen in der Natur der Exekutive gelegen sei, glaube Referent, daß auch im vorliegenden Falle nach § 25 der obigen kaiserlichen Verordnung vorgegangen werden könnte, daß jedoch, weil die Ah. Entschließung vom 29. August 1859 inmitten liege, Se. Majestät in einem au. Vortrage gebeten werden müßte, das Justiz- und das Staatsministeriums Ag. zu ermächtigen, diesfalls im Sinne des mehrerwähnten § 25 vorzugehen.

Diesem Vorhaben stimmte die Konferenz einhellig bei, und es erwähnte der Staatsminister , daß in der Abänderung des Verwaltungsjahres und der Steuerzahlungstermine solche Momente gegeben seien, welche ein Abgehen von der Ah. Entschließung vom 29. August 1859 vollkommen rechtfertigen dürften, zumal sich auch für die Staatsfinanzen der wesentliche Vorteil ergeben würde, daß den Beamten in Wien sodann, statt wie bisher halbjährig, nur vierteljährig im vorhinein die Quartiergeldraten zu erfolgen sein werden3.

|| S. 69 PDF || Der Marineminister fügte in Ergänzung des letztangeführten Argumentes noch bei, daß ein weiterer Vorteil für die Finanzen hieraus auch dadurch erwachsen werde, weil bei Ableben eines Beamten in Wien dem Erben desselben statt einer halbjährigen nur eine vierteljährige Quartiergeldrate zu erfolgen sein werde4.

II. Verkauf des ärarischen Kupferwerkes in Agordo

a Der Finanzminister referierte über seinen mit dem au. Vortrage vom 2. April l. J., Z. 56785/1545, gestellten Antrag, das ärarische Kupferwerk zu Agordo im Venezianischen im Vereine mit dem Eisenwerke zu Primör in Südtirol gegen seinerzeitige Erfolgsanzeige an den Reichsrat unter Anwendung des § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung im öffentlichen Konkurrenzwege, und zwar das erste Werk aufgrund des Schätzungswertes von 400.000 fr. ÖW. in Silber und letzteres von 16.000 fr. veräußern zu dürfen5.

Nachdem Referent in einem längeren Exposé die obwaltenden Verhältnisse, welche den Verkauf dieser Werke als wünschenswert erscheinen lassen, dargestellt hatte, bemerkte er, daß der Staatsrat6 vor allem der Ansicht gewesen sei, die Veräußerung dieser Werke könne in dem bezogenen § 13 eine Stütze nicht finden, da eine dringende Notwendigkeit zur Veräußerung augenscheinlich nicht bestehe. Überhaupt habe sich der Staatsrat gegen die Veräußerung dieser Werke ausgesprochen, weil diese Veräußerung in den seither vom Reichsrat in Absicht auf die ärarischen Montanentitäten geäußerten Anschauungen und Wünschen eine Begründung nicht erlange7. Denn diese Wünsche seien nur dahin ergangen, daß die Staatsverwaltung sich jener Objekte entledige, die entweder passiv oder von geringem Belange seien, welche Voraussetzungen hier aber nicht eintreffen. Einen weiteren Bestimmungsgrund zu dem Einraten auf Ablehnung des Antrages habe der Staatsrat in dem nach seiner Meinung nicht vollkommen genauen Vorgange bei der Werterhebung dieser Werke finden zu sollen erachtet. Referent machte dagegen geltend, daß die Erhebungen bei der Schätzung sehr genau von dem in diesen Angelegenheiten sehr bewanderten Fachreferenten des Finanzministeriums selbst gepflogen8 und daß die obwaltenden Rücksichten finanzieller Natur von dem || S. 70 PDF || Staatsrate nicht widerlegt worden seien. Der Ansicht des Staatsrates, daß ein dringendes Bedürfnis zur Anwendung des § 13 nicht vorliege, konformierte sich Referent mit dem Beifügen, daß die Zustimmung des Ministerrates zu dieser Veräußerung einzuholen wäre. Diese müßte natürlich in Form eines Gesetzes geschehen, wodurch der Finanzminister ermächtigt würde, diese Werke zu veräußern. Referent erklärte sohin seinen in dem bezogenen au. Vortrage enthaltenen Antrag dahin modifizieren zu wollen, daß er Se. Majestät au. bitten werde, die Vorlage eines solchen Gesetzes an den Reichsrat zur verfassungsmäßigen Behandlung Ag. genehmigen zu wollenb . Der Ministerialrat Kudernatsch stellte hierauf den näheren Sachverhalt sowie den Vorgang bei der Schätzung dieser Werke dar, erörterte, warum insbesondere bei der Bestimmung des Werkes von dem Eisenwerke Primör so weit hinter dem Ankaufswerte zurückgeblieben werden mußte, und führte schließlich an, daß in der nächsten Zeit ein außerordentlicher Aufwand von 80 bis 100.000 fr. für Betriebsverbesserung und für den Bau des schadhaft gewordenen Hauptschachtes unausweichlich bevorstehe.

Der Staatsrat Freiherr v. Geringer bemerkte, daß das formelle Bedenken des Staatsrates durch die nunmehrige Erklärung des Finanzministers als behoben angesehen werden könne. Der Polizeiminister glaubte, daß man bei dem Verkaufe solcher ärarischer Unternehmungen im allgemeinen in erster Linie nicht darauf zu sehen habe, ob die Unternehmung sehr oder weniger lukrativ betrieben werde, sondern vielmehr darauf, ob sie im Besitze von Privaten denselben oder noch einen größeren Ertrag liefern werde, weil der Nationalreichtum hiemit befördert werde. Im vorliegenden Falle sei Aussicht vorhanden, daß Private dasselbe Werk und dieselbe Produktion fortsetzen werden und daß durch den Verkauf ein Aufschwung der Produktion sich ergeben werde. Votant stimme daher für die Veräußerung, jedoch auch für die Einholung der Zustimmung des Reichsrates. Der Finanzminister fügte der Bemerkung der Vorstimme bei, daß Anbote von belgischen und englischen Gesellschaften für dieses Werk bereits vorliegen. Der Staatsminister erklärte, eine andere Anschauung in dieser Sache zu haben. Mit den im Staatseigentum befindlichen Montanwerken habe es, abgesehen von den Ertragsverhältnissen, noch andere Bewandtnisse, die nicht unterschätzt oder gar aus dem Auge gelassen werden dürfen, vor allem jenes polizeilicher Natur. Ganze Gegenden leben oft von einem solchen Unternehmen, und es könne doch unmöglich für den Staat gleichgültig sein, wenn die ganze angrenzende Bevölkerung eine erlaubte und gewohnte Beschäftigung verliere und somit das Proletariat vermehre. Der Gefahr lasse sich dabei nicht entgehen, daß dann auf Umwegen an den Staat die Forderung wieder heranrückt, die Leute leben zu lassen. Ein weiteres Moment hiefür dürfte auch darin erkannt werden, daß der Staat als Unternehmer solcher Werke einen mächtigen Einfluß auf die Bevölkerung ganzer Distrikte sich zu wahren in der Lage ist, die von ihm als dem Brotherrn abhängen. Hierauf müßte aber insbesondere im lombardisch-venetianischen Königreiche großer Wert gelegt werden. Zudem sei in der Sache selbst mit dem Verkaufe kein preiswürdiges Geschäft für den Staat vorauszusehen, jeder der das Werk kaufen wolle, werde wissen, daß dem Ärar soeben ein außerordentlicher Aufwand von 80.000 fr., der nicht aus dem laufenden Baukonto || S. 71 PDF || bestritten werden kann, bevorstehe, und werde natürlich diesen Aufwand von der Kaufsumme abrechnen, und es wird daher bei der Veräußerung lange nicht der gewünschte Kaufpreis erreicht werden. Dieses alles zusammengehalten mit der Tatsache, daß das Werk erst in den letzten drei Jahren passiv geworden, sowie mit der Erwägung, daß es im allgemeinen nicht zweckmäßig sein dürfte, wenn der Staat all sein unbewegliches Eigentum veräußert und ein reiner Kapitalist wird, ließen den Votanten die beantragte Veräußerung nicht als wünschenswert erkennen, und er sprach sich daher gegen den Antrag des Finanzministers aus. Der Minister Graf Esterházy stimmte aus den vom Staatsminister geltend gemachten Gründen und namentlich bei den bestehenden Verhältnissen im lombardisch-venetianischen Königreiche, die es als sehr wünschenswert erscheinen lassen, den Einfluß der Regierung auf die Bevölkerung zu wahren, gegen den Antrag des Finanzministers. Der Finanzminister hielt den Bemerkungen des Staatsministers entgegen, daß das Werk in Agordo in Privathänden viel mehr Arbeiter beschäftigen werde, als in jenen des Ärars, und daß der Wert des Gutes im Besitze von Privaten sich erhöhen werde. Solche Werke solle man aber veräußern, überhaupt grundsätzlich nur jene behalten, bei denen besondere Rücksichten dies notwendig erscheinen lassen, wie z. B. bei Eisenerz. Es sei eine anerkannte Tatsache, daß der Private besser wirtschaftet als das Ärar, der Private könne durch eine freiere Bewegung, durch ein Tantiemensystem weit mehr erreichen als das Ärar, welches diese Hilfe nicht adoptieren könne. Die Bedeutung der Motive in polizeilicher Hinsicht lasse sich nicht absprechen, ebensowenig könne aber in Abrede gestellt werden, daß es für die Finanzen mißlich sei, solche Unternehmungen, die in Privathänden rentabel wären, lediglich als Wohltätigkeitsanstalten beizubehalten. Wenn der bestimmte Ausrufspreis für dieses Werk nicht erzielt werde, sei damit nichts verloren, das Werk bleibe dann weiters in ärarischem Besitze. Der Marineminister stimmte für den modifizierten Antrag des Finanzministers, durch welchen nichts präzipitiert und nichts präjudiziert werde. In keinem Falle könne es schaden, wenn im Reichsrate noch eine neue Ventilation dieser Frage vorgenommen und demselben Gelegenheit geboten werde, darauf hinzudeuten, daß es wirtschaftlich sei, dieses Werk zu veräußern. Der Minister Ritter v. Hein schloß sich dem Antrage des Staatsministers mit dem Bemerken an, daß er nicht begreifen könne, wie die Passivität dieses Werkes behauptet werden könne, bei dem in 32 Jahren nur drei Fehljahre sich ergeben haben. Die Hauptgründe des mißlichen Ertragserfolges in den letztverwichenen Jahren seien weniger im Herabgehen der Kupferpreise, als in der schlechten Wirtschaft zu suchen, auf welche auch das durch einen Fehler des früheren Werksverwalters erfolgte Eingehen des Hauptschachtes und das Eintreten der Wässer, die das Werk fast ganz lahm legten, deutlich hinweisen. Unter solchen Umständen würde aber der Verkauf dieses Werkes an eine Gesellschaft, die schon darauf passe, damit einen großen Gewinn zu machen, im Reichsrate gewiß den Anlaß zu den mißliebigsten Bemerkungen geben. Der Finanzminister bemerkte, daß, wenn das Werk nicht verkauft werde, im nächsten Voranschlage eine außerordentliche Auslage von 80.000 fr. für Hauptreparaturen und Betriebsverbesserung werde eingestellt werden müssen und daß dann bei Prüfung dieser Post dem Reichsrate dieselbe Gelegenheit geboten sein werde, über schlechte Bewirtschaftung Bemerkungen vorzubringen. Der Kriegsminister stimmte dem Antrage des Finanzministers bei, indem er keine Gefahr darin erkannte, daß das Werk zum || S. 72 PDF || Verkaufe ausgeboten werde. Wenn kein Anbot erfolge, verbleibe das Werk einfach dem Ärar, im Gegenteile erreiche aber das Ärar einen entschiedenen Vorteil. Das vorgebrachte Motiv, daß der Staat als Unternehmer solcher Werke großen Einfluß auf die dadurch von ihr abhängige Bevölkerung ausübe, zähle nach des Votanten Ansicht wenig, der daran erinnerte, daß er im Jahre 1848 von dem FZM. Baron Welden mit einer ganzen Kriegsexpedition in jene Gegend kommandiert worden sei, um die Domänenbeamten gegen die aufständische Bevölkerung zu schützen9. Der ungarische Hofkanzler stimmte dem Antrage des Staatsministers bei. Wegen eines Ausfalles in drei Jahren könne ein sonst gut rentabel gewesenes Werk nicht verkauft werden, die gänzliche Unmöglichkeit einer besseren Bewirtschaftung könne nicht behauptet werden, es sei somit Aufgabe der Staatsverwaltung, eine bessere Wirtschaft in Agordo einzuführen. Votant sprach sich prinzipiell gegen die Veräußerung dieses Werkes mit Rücksicht auf mögliche Konsequenzen für Ungarn aus, wo, wenn z. B. Nagybánya zum Verkaufe käme, eine Bevölkerung von 5 bis 6000 Seelen brotlos werden könnte.

Der vorsitzende Minister des Äußern konstatierte, daß sich sonach vier Stimmen für und vier Stimmen gegen die Veräußerung des Kupferwerkes Agordo ausgesprochen haben, und bemerkte, daß sich die Entscheidung, wie in der Sache vorzugehen sei, von Sr. Majestät werde erbeten werden müssen10.

III. Statuten der Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft

Der Finanzminister referierte über den au. Vortrag des Ministers Ritter v. Lasser vom 7. Juli 1864, Z. 9414/756, betreffend das Gesuch des Verwaltungsrates der Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft um Nachsicht oder um authentische Auslegung einiger zu den neuen Statuten der Anstalt angeordneten Änderungen11.

Referent erwähnte, daß sich die zwischen ihm und dem Minister Ritter v. Lasser diesfalls noch bestehende Meinungsverschiedenheit auf die Frage der staatlichen Genehmigung der Geschäftsordnung ad § 15 lit. b und § 16 lit. e in Absicht auf das Vorschuß- und Kontokorrentgeschäft, welche mit Ah. Entschließung vom 13. März 1864 12 vorbehalten wurde, beschränke. Minister Ritter v. Lasser beantrage, die Gesellschaft von dem Vorbehalte der staatlichen Genehmigung einer Geschäftsordnung auch für das Kontokorrentgeschäft mit der Erklärung zu entheben, daß jedoch zu jeder Veränderung in der gegenwärtigen Art der Ausstellung der Kassascheine die Genehmigung der Staatsverwaltung einzuholen sein wird. Er, Referent, sei der Ansicht gewesen, daß auf der || S. 73 PDF || Forderung der staatlichen Genehmigung der auf die obigen zwei Geschäfte sich beziehenden Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beharren sei. Der Staatsrat habe der Anschauung des Ministers Ritter v. Lasser beigestimmt13. Um nun diese Angelegenheit rascher zum Schlusse zu führen, erbat sich Referent die Zustimmung der Konferenz, in diesem Differenzpunkte mit dem Minister Ritter v. Lasser, nach dessen Rückkehr vom Urlaube, eine Vereinbarung treffen und die sohin vereinbarte diesfällige Bestimmung nebst den übrigen Anträgen, worüber ein allseitiges Einverständnis erzielt sei, Sr. Majestät zur Ah. Schlußfassung sofort unterbreiten zu dürfen.

Der Ministerrat war mit diesem Vorgange einverstanden14.

IV. Staatliche Zinsengarantie der Eisenbahnen

Der Finanzminister referierte den Inhalt seines au. Vortrages vom 9. Mai l. J., Z. 3100, betreffend das Ah. bezeichnete Gesuch der Verwaltungsräte der Kaiserin-Elisabeth- und der Theißbahn, dann der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn und der Böhmischen Westbahn in Absicht auf die staatliche Zinsengarantie15.

Nachdem Referent in längerer Rede ein Exposé des historischen Vorganges gegeben, die Beschwerden und Wünsche der genannten Bahnen in dieser Beziehung angeführt, den Inhalt des Rechtsgutachtens der hierüber vernommenen österreichischen Finanzprokuratur dargestellt und demselben über die einzelnen Punkte des Bittgesuches vom administrativ-finanziellen Standpunkte die sachdinglichen Bemerkungen beigefügt, endlich die Konferenz von den eingreifenden Verfügungen in Kenntnis gesetzt hatte, welche er durch Einsetzung lf. Kommissäre bei den einzelnen Bahnen zum Ausgleiche streitiger Punkte in betreff der ökonomischen Gebarung und Rechnungslegung im Laufe des Betriebsjahres, dann durch Bestellung von Kommissionen zur Prüfung der Baurechnungen, dann der Betriebsrechnungen der früheren Jahre behufs der alsbaldigen Feststellung des Anlagekapitales aller vier in Rede stehenden Bahnen im beiderseitigen Interesse sowohl der Bahnen als der Staatsverwaltung getroffen hat16, reassumierte er die in dem au. Vortrage aufgeführten Motive, aus welchen er auf die abweisliche Erledigung der vorliegenden Vorstellung der vier Bahnen den Antrag gestellt hatte, und zwar mit dem Beifügen, daß der Staatsrat sich mit seinem Antrage einverstanden erklärt habe17. Der Staatsratspräsident habe zu dem Punkte IV des Majestätsgesuches, „daß die Staatsverwaltung verpflichtet sei, die zu dem jedesmaligen Verfallstermin der Zinsen und Annuitäten erfordlichen Summen zu diesem Termine flüssig zu machen, unter der Voraussetzung jedoch, daß das Erfordernis spätestens sechs Wochen vor dem gedachten Zeitpunkte durch Vorlage approximativer Ertragspräliminarien nachgewiesen werde“, || S. 74 PDF || die Meinung ausgesprochen, daß vom Rechtsstandpunkte wohl nicht die Verpflichtung der Staatsverwaltung bei den drei Bahngesellschaften Kaiserin-Elisabeth-, Süd-Norddeutsche Verbindungsbahn und Theißbahn abgeleitet werden könne, die Ergänzungsbeiträge aus dem Titel der Staatsgarantie zu den Verfallsterminen der Zinsenkupons zu zahlen. Wenn nun aber auch der Staatsratspräsident, soweit es die Frage des strengen Rechts betrifft, sich für die Ablehnung auch des Punktes IV des Gesuches aussprach, insbesondere weil es in einem Gegenstande von solcher Wichtigkeit sicher nicht ratsam wäre, ohne strenge Notwendigkeit eine im Rechte nicht gegründete Verbindlichkeit auf sich zu nehmen, glaubte er doch, daß andererseits in Erwägung zu ziehen sei, daß die Bittsteller, wenn bei der Erledigung der Rechnungen mit zu großer Umständlichkeit zu Werke gegangen werde, allerdings vielen Vexationen ausgesetzt sein würden. Nach seinem Dafürhalten dürfte daher, da für die Bittsteller die Möglichkeit, die Zinsenkupons jederzeit pünktlich einlösen zu können, als ein höchst wichtiger Gegenstand erscheint, da ferner der Staatsverwaltung um des Staatskredits willen selbst daran gelegen sein muß, daß hierin keine Stockung entstehe, demselben durch einen Zusatz zu dem Resolutionsentwurfe die Beruhigung zu gewähren sei, daß die Staatsverwaltung ohne Übernahme einer Rechtsverpflichtung doch bei rechtzeitiger Überreichung der Rechnungen, nach erfolgter Feststellung des Anlagekapitals jeder der bezüglichen Bahnen, auch in Rücksicht jener Bahngesellschaften, in deren Konzessionsurkunde die für die Böhmische Westbahn in § 13 ihrer Konzession getroffene Bestimmung über die Verfallszeit der Ergänzungen zu den Zinsen des Anlagekapitals nicht getroffen ist, nach Möglichkeit dafür sorgen werde, daß die Zahlung der garantierten Beträge zur Verfallszeit der Zinsen oder Dividendenkupons erfolgen könne. Der referierende Finanzminister bemerkte sohin bezüglich des Votums des Staatsratspräsidenten, daß die Schlußworte „nach Möglichkeit“ einen Widerspruch enthalten würden, weil die bezüglichen Rechnungen Jahresrechnungen seien, dieser Beisatz daher nicht für die Semestraldividende, sondern nur auf den letzten Kupon Bezug haben könnte. Was den Beisatz „ohne Übernahme einer Rechtsverpflichtung“ betreffe, beabsichtige Referent, noch weiter zu gehen als der Staatsratspräsident angedeutet habe, nämlich dahin, daß diese Bahnen in Folge einer Vereinbarung, die er mit denselben vorhabe, unter gewissen Kautelen das Recht erlangen sollen, schon im Juli den erforderlichen Garantiebeitrag zu bekommen. Es sei jedoch zweckmäßig, diese Regelung mit anderen obschwebenden Verhältnissen, insbesondere mit der Frage der Stempelgebühren- und Einkommensteuer, worüber es an festen Bestimmungen mangle, in Ordnung zu bringen, weil dann leichter ein gegenseitiger Ausgleich zustande kommen werde. Referent erklärte sohin sich gleichfalls mit der Aufnahme eines Zusatzes zu dem Resolutionsentwurfe einverstanden, daß er im wesentlichen dabei von der Ansicht des Staatsratspräsidenten nicht abweiche, jedoch die Fassung bindend haben wolle, in der Art, daß die Verpflichtung der Staatsverwaltung hieraus hervorgehe. Hienach könnte den genannten Bahngesellschaften bedeutet werden, daß die Staatsverwaltung beabsichtige, nach erfolgter Feststellung des Anlagekapitals und der bisherigen Betriebsrechnungen sofort mit den Vertretern der Gesellschaft in Verhandlung zu dem Zwecke zu treten, um über sämtliche zwischen der Staatsverwaltung und der Gesellschaft bestehenden Differenzen, und zwar insbesondere über die Tragung der bisher aufgelaufenen Kosten der Geldbeischaffung, über die künftigen Modalitäten und die Zeitpunkte der Auszahlung der Garantiebeträge, || S. 75 PDF || dann über die Frage der Stempelgebühren und Einkommensteuer festbestimmte Vertragsstipulationen zu vereinbaren, wobei sich nach Maßgabe der Beschaffenheit der Vereinbarung eventuell die verfassungsmäßige Behandlung vorbehalten werde. Referent fügte sohin noch aufklärend hinzu, daß der Beisatz wegen Vorbehalt der verfassungsmäßigen Behandlung deshalb notwendig sei, weil bei den Stempelgebühren und bei der Einkommenssteuer Begünstigungen de retro vereinbart werden müssen und weil sich selbst im Punkte der Garantiefrage vielleicht die Notwendigkeit der verfassungsmäßigen Behandlung herausstellen könnte.

Der Leiter des Handelsministeriums erklärte sich mit dem modifizierten Antrage des Finanzministers einverstanden, weil ihm der Weg, den der Finanzminister nun einzuschlagen beabsichtige, der beste schien, um aus den dermaligen verwickelten Verhältnissen herauszukommen. Der Staatsrat Freiherr v. Geringer glaubte, daß der Staatsratspräsident dem nunmehrigen Antrage des Finanzministers anstandlos beitreten würde, und betonte, daß somit alle Differenzpunkte ausgeglichen seien. In merito erklärten sich auch alle übrigen Stimmführer mit dem Antrage des Finanzministers einverstanden. Der Staatsminister erachtete jedoch für eine veränderte Fassung des Resolutionsentwurfes stimmen zu sollen, in der Art, daß der Beisatz mit den Worten beginne: „Unter einem finde Ich zu verfügen, daß etc.“ Votant glaubte Gewicht darauf legen zu sollen, daß der kaiserliche Wille in dieser Beziehung einen bestimmten Ausdruck finde. Der Finanzminister trat diesem Antrage mit der Bemerkung entgegen, daß es einerseits für den Finanzminister sehr unangenehm sein müßte, erst von Sr. Majestät auf den korrekten Vorgang aufmerksam gemacht worden zu sein, daß eine solche Fassung aber auch andererseits der Sachlage nicht entsprechen würde, weil er zu dem in Rede stehenden Zweck bereits vor längerer Zeit die oben erwähnten Verhandlungen eingeleitet habe. Über Andeutung von Seite des Marineministers wurde in dieser formellen Beziehung das Auskunftsmittel allseitig darin erkannt, daß der Schlußsatz zu lauten hätte: „Ich gewärtige übrigens die möglichste Beschleunigung dieser Verhandlung und die baldige Anzeige ihres Resultates“.

Der Finanzminister formulierte sohin den Resolutionsentwurf, welcher seinem modifizierten Antrage und den Beschlüssen des Ministerrates entsprechen würde, in nachstehender Weise: „Ich nehme den Inhalt dieses Vortrages zur Kenntnis und ermächtige Sie, die Vorstellung der vier Gesellschaften: Theißeisenbahn, Kaiserin-Elisabethbahn, Süd- und Norddeutsche Verbindungsbahn und Böhmische Westbahn abweislich zu erledigen. Sie haben jedoch den Bittstellern zu eröffnen, die Staatsverwaltung werde nach erfolgter Feststellung des Anlagekapitals und der bisherigen Betriebsrechnungen sofort mit den Vertretern der Gesellschaft in Verhandlung zu dem Zwecke treten, um über sämtliche zwischen der Staatsverwaltung und der Gesellschaft bestehenden Differenzen und zwar insbesondere über die Zeitpunkte und Modalitäten der Zahlung der garantierten Beträge, bei jenen Bahngesellschaften aber, in deren Konzessionsurkunden die für die Böhmische Westbahn im § 13 ihrer Konzession getroffene Bestimmung über die Verfallszeit der Ergänzungen zu den Zinsen des Anlagekapitals nicht getroffen ist, über die Zahlung der garantierten Beiträge zur jedesmaligen Verfallszeit der Zinsen oder Dividendenkupons feste und allgemein sichernde Bestimmungen zu erzielen, wobei sich nach Maßgabe der Beschaffenheit der Vereinbarung eventuell die verfassungsmäßige Behandlung vorbehalten wird. Ich gewärtige || S. 76 PDF || übrigens die möglichste Beschleunigung dieser Verhandlung und die baldige Anzeige ihres Resultats.“18, c

V. Urlaub für Offiziere, die in den Zivilstaatsdienst überzutreten wünschen

Der Staatsrat Freiherr v. Geringer referierte über den vom Kriegsminister mit dem au. Vortrage vom 15. Juli l. J., Z. 4357, gestellten Antrag, daß Urlaube an Offiziere zum Antritte der Dienstespraxis bei Zivilämtern nicht nur nach Ablauf von acht Wochen ebenfalls mit dem normalen Taxabzuge zu belegen, sondern grundsätzlich nur dann zu bewilligen seien, wenn die Urlaubswerber wegen besonderen Verhältnissen persönlich berücksichtigungswürdig seien oder wenn deren Beibehalt im Armeedienste aus verschiedenen Gründen nicht wünschenswert sei19. Der Staatsrat habe sich gegen diesen Antrag ausgesprochen, insbesondere deshalb, weil es nach seinem Dafürhalten eine irrige Ansicht wäre, annehmen zu wollen, daß solche Offiziere, die Urlaub zum Antritte der Dienstpraxis bei Zivilämtern ansuchen, immer bloß dienstscheue, selbstsüchtigen Beweggründen folgende Individuen seien, die keine Rücksicht verdienen, indem im Gegenteile außergewöhnliche persönliche Verhältnisse oft die bravsten Offiziere in die Lage bringen, den Militärdienst verlassen und in den Zivilstaatsdienst übertreten zu müssen. Ohnedies bleibe es immerhin dem Kriegsminister anheim gegeben, besonders dann, wenn keine oder nur eine geringe Anzahl supernumerärer Offiziere mehr in der Armee vorhanden sei, bei Erteilung solcher Urlaube mit größerer Strenge und Auswahl persönlich berücksichtigungswerter Offiziere vorzugehen, wenn aber der Urlaub ad hoc erteilt werde, wären nach Ansicht des Staatsrates die im Punkte 4 des Urlaubsnormales20 und in den §§ 44 und 45 des Gebührenreglements21 enthaltenen Begünstigungen aufrecht zu erhalten.

Der Kriegsminister hielt seinen Antrag aus dem im au. Vortrage angeführten Motiven aufrecht, indem er beifügte, daß diese Begünstigung eigentlich nur damals einen praktischen Sinn hatte, als 800 supernumeräre Offiziere in der Armee waren, die praktische Erfahrung habe jedoch gezeigt, daß diese Sache sehr mißbraucht worden sei.

Sämtliche Stimmführer schlossen sich dem Antrage des Kriegsministers an, wobei der Staatsminister noch beifügte, daß die Begünstigung des Übertrittes von Offizieren in den Zivilstaatsdienst schon aus dem Grunde nicht zweckmäßig erscheine, weil ein solcher Übertritt erfahrungsmäßig meist von vermögenslosen Offizieren aus dem Grunde || S. 77 PDF || geschehe, um heiraten zu können, solche Akquisitionen aber, die nur das Proletariat vermehren, nicht wünschenswert seien22.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 21. August 1864. Praes[entatum]. 24. August [1864]. Rechberg.