MRP-1-5-08-0-18640728-P-0482.xml

|

Nr. 482 Ministerrat, Wien, 28. Juli 1864 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Hueber; VS. Mecséry; BdE. und anw. (Mecséry 28. 7.), Schmerling, Plener (bei I–III abw.), Esterházy, Burger, Hein, Franck, Zichy (BdE. in Abwesenheit des Grafen Zichy: Privitzer, 2. Hofkanzler), Reichenstein (BdE. fehlt), Geringer; abw. Rechberg, Nádasdy, Lasser, Lichtenfels; MR. Rechberg 12. 8.

MRZ. 1286 – KZ. 2418 –

Protokollg des zu Wien am 28. Juli 1864 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Polizeiministers Freiherrn von Mecséry. Der siebenbürgische Hofvizekanzler Baron Reichenstein referierte über die von der siebenbürgischen Hofkanzlei gestellten Anträge, und zwar

I. Gesetzentwurf betreffend die Sanktionierung und Kundmachung der Landtagsartikel in Siebenbürgen

über den mit dem au. Vortrage vom 26. Juli l. J., Z. 3459, gestellten Antrag in betreff des vom siebenbürgischen Landtage beschlossenen Gesetzartikels wegen Sanktionierung und Kundmachung der Landtagsgesetzartikel1;

II. Gesetzentwurf über die Wahl der Abgeordneten Siebenbürgens zum Reichsrat

über den mit dem au. Vortrage vom 24. Juli l. J., Z. 3430, vorgelegten Gesetzentwurf über die Art und Weise, wie im Großfürstentum Siebenbürgen die Wahl der Abgeordneten zum Reichsrate durch den Landtag zu geschehen habe2;

III. Gesetzentwurf über die Errichtung und Organisation des Obersten Gerichtshofes für Siebenbürgen

über den mit dem au. Vortrage vom 21. Juli l. J., Z. 3325, vorgelegten Gesetzentwurf des siebenbürgischen Landtages wegen Errichtung und Organisation des Obersten Gerichtshofes für Siebenbürgen3; endlich

IV. Gesetzentwurf wegen Abänderung des § 75 der provisorischen Landtagsordnung für Siebenbürgen

a über den au. Vortrag vom 26. Juli l. J. betreffend den von dem siebenbürgischen Landtage beschlossenen Gesetzartikel wegen Abänderung des § 75 der provisorischen Landtagsordnung4, unter Darstellung der Motive, welche die siebenbürgische Hofkanzlei den diesfälligen Anträgen zu Grunde gelegt hatte.

Der Staatsrat Freiherr von Geringer bemerkte, daß der Staatsrat sich mit den in den vorbezogenen au. Vorträgen enthaltenen Anträgen der siebenbürgischen Hofkanzlei einverstanden erklärt habe.

Der Ministerrat stimmte diesen Anträgen einhellig bei5.

V. Über das Gesuch der königlichen Freistadt Klausenburg um Bewilligung eines Unterstützungsbeitrages zur Bestreitung der Justizauslagen

Der siebenbürgische Hofvizekanzler referierte weiters über das ihm mit Ah. Handschreiben6 zugekommene neuerliche Gesuch des Gemeinderates der kgl. Freistadt Klausenburg um Bewilligung des zur Bestreitung der politischen Verwaltungs- und Justizauslagen angesuchten Unterstützungsbeitrages mit dem Bemerken, daß die Hofkanzlei erst vor kurzem in der Lage gewesen sei, aus Anlaß eines von der Kommune Klausenburg überreichten Gesuches um Erfolgung eines vom 1. Juni 1861 angefangen auszuzahlenden jährlichen Zuschusses von 30.000 fr. aus dem Staatsschatze zur Bedeckung der Kosten ihrer politischen Verwaltung und Rechtspflege gegen die Ansicht des Finanzministeriums den au. Antrag auf die Ag. Gewährung eines nach Maßgabe der zu gewärtigenden endgiltigen Entscheidung über die Bestreitung der Kosten für die Justizpflege in den kgl. siebenbürgischen Freistädten und Taxalortschaften rückzuzahlenden Vorschusses von 10.000 fr. zu stellen7. Se. Majestät haben jedoch mit Ah. Entschließung vom 21. Juni l. J. mit Hinblick auf die Ah. genehmigte Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Organisierung der Gerichtsbehörden an den siebenbürgischen Landtag8 Ag. zu befehlen geruht, daß jener Antrag einstweilen auf sich beruhend belassen und den wahrgenommenen Gebrechen in der Rechtspflege der Stadt Klausenburg bis dahin durch die Enthebung des Stadtgerichtes von einem Teile seiner bisherigen Justizgeschäfte abgeholfen werde. Referent glaubte in dem Ah. Handschreiben vom 4. Juli l. J. den Anhalt zur erneuerten Stellung und Begründung des au. Antrages, daß Se. Majestät der Stadt Klausenburg zur momentanen Linderung der || S. 59 PDF || eingetretenen Geschäftskalamität eine vorschußweise Aushilfe von 10.000 fr. aus Staatsmitteln, und zwar aus der unverwendet gebliebenen Dotation9 des Vorjahres gegen seinerzeitigen Rückersatz oder Einrechnung für den Fall [,daß] der Stadt Klausenburg erhöhte Beiträge zu den aus Kommunalmitteln bestrittenen Kosten der öffentlichen Verwaltung und Rechtspflege bewilligt werden sollten, Ag. zu bewilligen geruhen mögen, erblicken zu können10, und habe mit au. Vortrage vom 8. Juli l. J., Z. 783/Präs., diesen au. Antrag erneuert11. Referent rekapitulierte die für diesen Antrag bereits von der siebenbürgischen Hofkanzlei in dem au. Vortrage vom 8. Mai l. J., Z. 5784, geltend gemachten Motive mit dem Beifügen, daß sich seit dem ersten Ansuchen der Stadt Klausenburg im Jahre 186212 die pekuniären Verhältnisse dieser Stadtgemeinde bedeutend verschlimmert haben und daß die Jahreseinnahmen der Stadt durch die in Folge der letzten Überschwemmungen herbeigeführten Beschädigungen an städtischem Gute und durch die momentane Beeinträchtigung des verpachteten Schankgefälles einen beträchtlichen Ausfall erleiden, daß also hiemit neue Motive rücksichtswürdiger Natur für die Beteilung der Stadt Klausenburg mit einer Unterstützung aus Staatsmitteln sprechen, zumal die Gefahr einer Geschäftsstockung bei dieser Kommune unausweichlich bevorstehe.

Der Staatsrat Freiherr v. Geringer bemerkte, daß sich der Staatsrat13 mit überwiegender Majorität gegen diesen Antrag ausgesprochen habe, weil sich seit der vor kurzem stattgefundenen Beratung dieses Gegenstandes14 die Sachlage – insoferne es sich um die Unterstützung der Stadt Klausenburg aus Anlaß der ihr obliegenden judiziellen und politischen Verwaltung handle – eigentlich nicht geändert habe, weil in Beziehung auf die Elementarunfälle jede nähere Nachweisung der Größe des erlittenen Schadens, ferner jede Nachweisung, daß es der Kommune nicht möglich sei, sich des Kredites bei Privaten zu bedienen, fehle, weil endlich die Kommune rücksichtlich der Elementarereignisse nicht allein stehe und sonach von einer Bewilligung des erbetenen Vorschusses auch Folgerungen von noch nicht übersehbarem Gewichte zu besorgen wären. Der Finanzminister erklärte nur bestätigen zu können, was Baron Geringer angeführt habe. In den Verhältnissen, soweit es sich um eine Beihilfe für die Stadt Klausenburg aus Anlaß der ihr obliegenden Besorgung der Justizgeschäfte handle, sei seit der Ah. Entschließung vom 21. Juni l. J. eine Änderung nicht eingetreten, es sei daher ein anderer Antrag derzeit nicht zulässig. Elementarereignisse können aber, abgesehen davon, daß genaue Nachweisungen hierüber gänzlich fehlen, nicht den Bestimmungsgrund abgeben, der genannten Stadt eine Unterstützung aus Staatsmitteln zur besseren Versehung der Justizpflege angedeihen zu lassen. Nachdem Votant noch der Schwierigkeit der Rechtfertigung einer nicht vollkommen begründeten, im Finanzgesetze || S. 60 PDF || nicht vorgesehenen Auslage gedacht hatte, deutete er auf die in ähnlicher Lage befindlichen, aber dessenungeachtet keine derartigen Anforderungen an den Staatsschatz stellenden Städte Pest und Ofen mit dem Bemerken hin, daß es wegen der höchst gefährlichen Konsequenzen nicht zu verantworten wäre, der Stadt Klausenburg den erbetenen Vorschuß zu bewilligen. Der Minister Graf Esterházy und der ungarische Hofkanzler unterstützten den Antrag des siebenbürgischen Hofvizekanzlers, letzterer mit der Bemerkung, daß der Notstand der Stadt Klausenburg dermal bedeutend sei, daß sich die Stadt nicht mehr zu helfen wisse, und zu besorgen sei, daß das Stadtgericht ohne die staatliche Beihilfe in kurzem ganz aufliegen werde.

Alle übrigen Stimmführer sprachen sich für den Antrag des Finanzministers auf Ablehnung des Antrages aus15.

VI. Gesuch der Bukowinaer Landesvertretung um eine Ärarialunterstützung zur Tilgung der Grundentlastungsschuld

Der Staatsminister referierte über seine mit dem au. Vortrage vom 25. Juni l. J., Z. 2901 StM. I, gestellte au. Bitte um die Ah. Ermächtigung, daß vom Finanzministerium der jährliche mittelst des 55%igen direkten Steuerzuschlages nicht bedeckte Abgang des Bukowinaer Grundentlastungsfonds in den der verfassungsmäßigen Behandlung unterliegenden Staatsvoranschlag jährlich als unverzinsliche Vorschußleistung an diesen Fonds aus Reichsmitteln unter Vorbehalt des Rückzahlungsanspruches einbezogen und die Sistierung der Verzinsung und Rückzahlung der diesem Fonds vom Ärar bisher geleisteten Vorschüsse bei der verfassungsmäßigen Behandlung der Voranschläge erwirkt werde.

Der Staatsrat fand, wie Baron Geringer bemerkte, gegen diesen Antrag nichts zu erinnern16. Der Ministerrat stimmte dem Antrage einhellig bei17.

VII. Gesetzentwurf betreffend die Tilgung der Schuld des Bukowinaer Grundentlastungsfonds und den Tilgungsplan

Im Zusammenhange hiemit steht der an dem Bukowinaer Landtage beschlossene Gesetzentwurf betreffend die Tilgung der Schuld des Bukowinaer Grundentlastungsfonds und der Tilgungsplan, für welchen der Staatsminister – wie er in seinem Referate fortfuhr – sich mit dem au. Vortrage vom 25. Juni l. J., Z. 3763 StM. I, die Ah. Genehmigung vorbehaltlich einiger Modifikationen erbeten hatte.

Der Staatsrat war mit diesem Antrage einverstanden18. Der Ministerrat stimmte demselben einhellig bei19.

VIII. Enthebung der Obergespäne mehrerer Komitate in Ungarn

Der ungarische Hofkanzler brachte zur Kenntnis der Konferenz, er habe in Folge der ihm zuteil gewordenen Ah. Ermächtigung an jene Obergespäne in Ungarn, welche ihr Komitat nicht selbst leiten20, eine den gegenwärtigen Umständen angemessene || S. 61 PDF || Aufforderung gerichtet und in Folge der erhaltenen nicht befriedigenden Erklärungen, in Befolgung der Ah. Entschließung vom 27. Juli 1862 21, mit dem au. Vortrage vom 27. Juli l. J. den au. Antrag gestellt, Se. Majestät wolle die Obergespäne der Komitate Abaúj, Bács, Neograd, Sohl, Ung, Veszprim, Wieselburg und Zemplin – Emanuel Grafen Péchy, Joseph Baron Rudics, Franz Grafen Zichy, Anton von Radvánszky, Johann Grafen Waldstein, Franz Baron Fiáth, Heinrich Grafen Zichy und Emanuel Grafen Andrássy – von dieser ihrer Würde in Gnaden zu entheben geruhen. Der Ministerrat fand hiegegen nichts zu erinnern22.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 10. August 1864. Praes[entatum]. 12. August [1864]. Rechberg.