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Nr. 435 Ministerrat, Wien, 14. Jänner 1864 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 14. 1.), Mecséry, Schmerling, Lasser, Plener, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, Burger, Hein, Mertens; abw. Nádasdy, Degenfeld; BdR. Erzherzog Rainer 31. 1.

MRZ. 1239 – KZ. 264 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll des zu Wien am 14. Jänner 1864 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herren Minister des Äußern Grafen v. Rechberg.

[I.] Notstand in Ungarn

Der ungarische Hofkanzler referierte den von ihm im Einverständnisse mit dem Finanzminister auf Grund des in der Ministerkonferenz vom 9. d. M. gefaßten Beschlusses ausgearbeiteten, an den Reichsrat einzubringenden Gesetzentwurf, wornach von den unter Art. III, lit. b, des Gesetzes vom 17. November v. J.1 auf verzinsliche Vorschüsse an kleine Grundbesitzer bewilligten 6.500.000 fl. zwei Millionen auf verzinsliche Vorschüsse an die in Folge des Mißwachses am schwersten betroffenen Gemeinden als moralische Körperschaften gegen solidarische Haftung behufs Unterstützung ihrer hilfsbedürftigen Angehörigen verwendet werden können. Diese Modifikation dürfte keinem Anstand begegnen, da diese Maßnahme gegen den Geist des Gesetzes vom 17. November 1863 nicht verstoßt. Referent verlas den Inhalt des Entwurfesa und meinte, daß der Wortlaut desselben dem obbezogenen Konferenzbeschlusse entsprechend sein dürfte.

|| S. 196 PDF || Die Konferenz erklärte sich mit dem Entwurfe im wesentlichen einverstanden, nur wurde über Anregung des Staatsratspräsidenten im Art. I ein Zusatz für notwendig erkannt, der es näher präzisiert, daß der große Grundbesitz von dieser Unterstützung ausgeschlossen ist und an derselben nur der kleine Grundbesitz und die besitzlosen Angehörigen der Gemeinden teilnehmen sollen, und es wurde sich in dieser Beziehung sofort in der im Texte des Entwurfes ersichtlich gemachten Modifikation geeinigt. Der weitere Antrag des Staatsratspräsidenten, auch noch im Gesetze auszudrücken, daß die Gemeinden diese Beträge „unter der erforderlichen Kontrolle über die Art der Verwendung“ erhalten, wurde von Seite des Ministers Ritter v. Lasser damit bekämpft, daß die Überwachung der entsprechenden Verordnung der zu erfolgenden Beträge eine exekutive Maßregel und nur für die Behörden respektive für die ungarische Hofkanzlei bindend, mithin nicht geeignet sei, in das Gesetz aufgenommen zu werden, und es wurde sofort unter allseitiger Zustimmung beschlossen, hierwegen im Resolutionsentwurfe die Verpflichtung auszusprechen, rücksichtlich zu demselben den nachstehenden Zusatz au. zu beantragen: „Übrigens mache Ich Ihnen zu Pflicht, über die Art der Verwendung der den Gemeinden zu erfolgenden Beträge die entsprechende Kontrolle zu veranlassen.“

Nachdem noch die Konferenz die im Art I Z[eile] 11 vorkommenden Worte „als moralische Körperschaften gegen solidarische Haftung“ für selbstverständlich und daher überflüssig ansah und die Wegstreichung derselben beschlossen hatte, brachte schließlich der Staatsminister in Antrag, daß, nachdem das vorliegende Gesetz eigentlich nur eine Novelle des Gesetzes vom 17. November 1863 bildet, der Titel desselben darnach zu modifizieren, d. h. etwa folgend zu textieren wäre: „Gesetz womit einige Bestimmungen des Gesetzes vom 17. November 1863 betreffend den durch den Notstand in Ungarn veranlaßten außerordentlichen Aufwand abgeändert worden“, womit sich die Konferenz einhellig einverstanden erklärte2.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 30. Jänner 1864. Empfangen 31. Jänner 1864. Erzherzog Rainer.