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Nr. 401 Ministerrat, Wien, 5. Oktober 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Hueber; VS. Erzherzog Rainer (BdE. fehlt); BdE. und anw. (Mecséry 5.10), Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Burger, Hein, Mertens; außerdem anw. Halbhuber, Holzgethan; abw. Rechberg, Degenfeld, Esterházy; BdR. fehlt.

MRZ. 1205 – KZ. 3363 –

Protokoll des zu Wien am 5. Oktober 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Vertagung des siebenbürgischen Landtages

Der Minister Graf Nádasdy brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß ihm im telegraphischen Wege angezeigt worden sei, daß der betreffende Ausschuß im siebenbürgischen Landtage sich einstimmig [für] die Beschickung des Reichsrates ausgesprochen habe und daß gegründete Hoffnung vorhanden sei, daß die Wahlen schon am 8. l. M stattfinden werden1. Nachdem nun schon grundsätzlich ein Landtag nicht gleichzeitig mit dem Reichsrate tagen soll und nachdem die tüchtigsten Landtagsmitglieder zu Reichsratsabgeordneten werden gewählt werden und dieselben im Landtage schwer vermißt werden müßten, habe er in einem au. Vortrage Se. Majestät gebeten, nach vorgenommener Wahl der Reichsratsabgeordneten den siebenbürgischen Landtag bis zum Ende der diesjährigen Reichsratssession zu vertagen. Die bestellten Ausschüsse für die Regierungsvorlagen könnten inzwischen ihre Arbeiten vorbereiten, und den Mitgliedern des siebenbürgischen Landtages würde bedeutet werden, daß der nächste Sitzungstag des Landtages von dem Präsidium desselben bestimmt werden werde und daß sie der Einberufung von Seite des letzteren entgegenzusehen haben werden2.

Der Ministerrat nahm diese Mitteilung zur Kenntnis.

II. Haltung der Regierung zur Außerkraftsetzung des § 7 der Notariatsordnung, wodurch Juden vom Notariat ausgeschlossen werden

Der Minister Ritter v. Hein erwähnte, daß der judizielle Ausschuß des Herrenhauses am 6. l. M. den vom Abgeordnetenhaus votierten, den § 7 der Notariatsordnung – Ausschließung der Juden vom Notariate – außer Kraft setzenden Gesetzentwurf in Beratung ziehen werde3. Das Abgeordnetenhaus habe sich gegenüber || S. 368 PDF || dem diesfälligen Antrage des Abgeordneten Dr. Mühlfeld schweigend verhalten, demselben jedoch zugestimmt4. Er müsse sich nun den Beschluß des Ministerrates darüber erbitten, wie er sich gegenüber diesem Antrage im Ausschusse des Herrenhauses zu benehmen habe5.

Der Staatsratspräsident glaubte versichern zu können, daß das Herrenhaus dagegen keine Einsprache erheben werde. Auch vom Regierungsstandpunkte dürfte dem Antrage nicht entgegenzutreten sein, weil eine Besorgnis, daß der jüdische Notar bei konfessionellen Akten mit Christen in eine schiefrige Lage geraten könnte, ungegründet sei, indem der einzige mögliche Fall sich diesfalls nur bei gerichtlichen Schätzungen ergeben könnte. Allein auch diese bilde kein Hindernis, weil meistens schon beeidete gerichtliche Schätzmeister allerorts bestehen, und wenn dies in einzelnen Fällen nicht zutreffen sollte, nichts im Wege stünde, daß die Beeidigung des Sachverständigen vom Gerichte selbst vorgenommen würde. Auch könnte ein solcher Notar jüdische Kunstverständige beiziehen, die er selbst beeidigen könnte. Bei einer Opposition von Seite der Regierung würde aber gewiß die Frage hervorgerufen werden, wie es denn komme, daß Juden von Christen beeidet werden können, ja es könnte noch weiter gegangen und für die Zulassung der Juden zum Richteramte plädiert werden.

Der Ministerrat einigte sich sohin dafür, daß dem Antrage im Herrenhause von Seite des Ministeriums nicht entgegenzutreten wäre6.

III. Verhandlung des politischen Ausschusses im Herrenhaus wegen Aufhebung des politischen Ehekonsenses

Der Staatsratspräsident brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß der politische Ausschuß des Herrenhauses in der heutigen Sitzung es zwar für wünschenswert erkannt habe, daß der politische Ehekonsens aufgehoben werde, jedoch aussprechen || S. 369 PDF || werde, daß es nicht angemessen wäre, hiemit vorzugehen, ohne die Landtage gehört zu haben. Der Ausschuß werde daher beantragen, daß der Gesetzentwurf nicht anzunehmen wäre, daß dagegen die betreffenden Landtage wegen Abgabe von Gutachten anzugehen wären, welche sich darauf zu beziehen hätten, darzustellen, welche Hindernisse der beantragten Maßregel in den einzelnen Ländern im Wege stehen oder welche besonderen Vorsichtsmaßregeln eventuell dabei Platz zu greifen hätten, namentlich insoweit hiemit die Frage wegen der Armenversorgung zusammenfalle. Die Stimmen im Ausschusse seien hierüber einhellig gewesen, auch Kardinal Rauscher habe sich mit Rücksicht auf die Streitigkeiten wegen der Römerehre dafür ausgesprochen7.

Die Konferenz nahm diese Mitteilung zur Kenntnis, und es bemerkte nur Minister Ritter v. Lasser , daßa er die politischen Konsense, weil sie meistens einer positiven gesetzlichen Grundlage entbehren und praktisch auch nichts nützena, als eine verlorene Sache betrachte undb den Wunsch (nach Einvernehmen der Landtageb ) überhaupt nur deshalb ausgesprochen habe, um das Odium von sich abzulenken; und daß er ferners in Erfahrung gebracht habe, daß Petitionen von Landgemeinden an das Herrenhaus im Werke seien, durch welche bewirkt werden wolle, daß das Herrenhaus das Gesetz ablehne8.

IV. Regierungshaltung zum Antrag des Finanzausschusses des Abgeordnetenhauses wegen Gehaltsaufbesserung für Justizbeamte

Der Minister Ritter v. Hein brachte den Antrag des Finanzausschusses im Abgeordnetenhaus, wonach den Justizbeamten Prozentualzulagen zu ihren Gehalten, und zwar jenen bis zu 1050 fr. eine 25%ige und jenen bis zu 2100 fr. eine 15%ige, bewilligt werden soll mit dem Beifügen wiederholt zur Sprache, daß im Ministerrate vom 1. Oktober l. J. der Beschluß gefaßt worden sei, daß von Seite der Regierung diesem Antrage entgegenzutreten wäre, und zwar aus dem Grunde, weil dem Abgeordnetenhause in solchen Angelegenheiten eine Initiative nicht zustehe und weil dadurch der Auffassung Raum gegeben würde, daß die Beamten den Reichsrat als jenen Körper ansehen, von welchem alle Gnade ausgehe, was für die Disziplin nur abträglich sein müßte9. Referent glaube nun, aus diesen Gründen den Ausschußantrag nicht bekämpfen zu können, indem die Nichtkompetenz des Abgeordnetenhauses wohl darum nicht eingewendet werden könnte, weil ja auch im vorigen Jahre die Initiative zur Gehaltsaufbesserung der Gerichtsadjunkten vom Abgeordnetenhause ausgegangen war und die Zulagen von 100 fr. für die Gerichtsadjunkten || S. 370 PDF || von Sr. Majestät sanktioniert wurden10. Wenn es auch nach seinem Dafürhalten schwer wäre, diese Frage ganz von der Hand zu weisen, weil die Regierung dabei jedenfalls in eine schiefe Stellung gebracht, möglicherweise sogar majorisiert werden könnte, so ließen sich jedoch andere Gründe geltend machen, aus denen dem Vorhaben des Abgeordnetenhauses indirekt entgegengetreten werden könnte. Man könnte anführen: 1. Daß nicht alle Kategorien des Richterstandes in dem Antrage des Ausschusses begriffen wären, indem dabei für den Richterstand bei den gemischten Bezirksämtern, welcher die gleiche Rücksicht erheische, nicht vorgedacht wäre; 2. daß das Gehaltsausmaß der Beamten der übrigen Verwaltungszweige mit jenem der Gerichtsbeamten im ganzen übereinstimme, so daß, wenn für letztere eine Gehaltsaufbesserung zugegeben werden wolle, dieselbe auch den ersteren nicht versagt werden könnte; daß endlich 3. die Perzentualaufbesserung der Gehalte der Gerichtsbeamten, die Bestimmung des Gehaltsausmaßes bei der künftigen Origanisierung nur beirren und es vielleicht notwendig machen müßte, daß die Gehalte teilweise wieder zurückgesetzt werden, was von den dadurch Betroffenen nur unliebsam aufgenommen werden würde. Im Abgeordnetenhause sei neuerlich wieder eine Menge von Petitionen der verschiedensten Beamten eingelaufen11. Die Regierung müsse allerdings eine Position fassen, um dieselben nicht überhandnehmen zu lassen. Die gänzliche direktec Ablehnung des Ausschußantrages zugunsten der Gerichtsbeamten sei jedoch kaum möglich, und Referent glaube ein Auskunftsmittel darin erkennen zu sollen, wenn bei Sr. Majestät der Antrag gestellt würde, eine außerordentliche Dotation für diese Kategorien der Gerichtsbeamten Ag. zu bewilligen, sodaß denselben im Falle des wirklichen Bedarfes von Seite des Justizministeriums Aushilfen im reichlicheren Maße bewilligt werden könnten, wobei auch für die Gerichtsbeamten bei den gemischten Bezirksämtern Rücksicht genommen werden könnte.

Der Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß, wenn der Ausschußantrag nicht bekämpft werde, ein gleiches Ansinnen auch für die Beamten der gemischten Bezirksämter gestellt werden müßte. Wenn das Bedürfnis nach Gehaltserhöhung für die Kollegialgerichte anerkannt werde, damit dort nur Unbefangene Recht sprechen, so trete dasselbe in noch höherem Maße bei den Einzelgerichten ein, die noch dazu geringer dotiert seien. Im Abgeordnetenhause werden nur wenige Widersacher gegen den Ausschußantrag sein, die Majorität dürfted sich zugunsten desselben aussprechen. Es werde aber schwer sein, dem Herrenhaus zuzumuten, die diesfalls vom Abgeordnetenhause in das Finanzgesetz eingestellte Post abzuschneiden und demselben gewissermaßen die Schelle anzuhängen. Damit aber, daß man, trotzdem die Post im Finanzgesetze eingestellt sei, dieselbe nicht zur Auszahlung bringe, würde man den || S. 371 PDF || betreffenden Beamten, welche darauf ein Anrecht gewonnen zu haben glauben würden, weh tun. Irgendeinen Ausweg, eine andere Form, allenfalls durch Remunerationen und Aushilfen würde Votant als zweckmäßig befinden, vor allem müßte jedoch Se. Majestät hierum gebeten werden. Der Minister Ritter v. Hein führte an, daß durch den Ausschußantrag eine Mehrausgabe von 360.900 fr. hervorgerufen werden würde, daß der Aushilfsfonds dagegen mit 200.000 fr., oder doch 180.000 fr., bestimmt werden könnte, an welchem auch die gemischten Bezirksämter partizipieren würden und daß letztere Summe hinter dem Erfordernisse nach dem Ausschußantrage um die Hälfte zurückbleiben würde. Dadurch würde dem Ausschußantrage die Spitze abgebrochen werden, es würde die Regierung die Aushilfen bewilligen, und es dürfte anzunehmen sein, daß die Majorität im Abgeordnetenhause sich diesem Antrage anschließen werde. Der Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß 820 gemischte Bezirksämter bestehen und daß man eben nicht sagen könne, die Beamten desselben teilen sich in politische und in Justizbeamte. Die Vorsteher habene in der Regele die doppelte Befähigung. Die Zahl der zu Beteilenden bei den gemischten Bezirksämtern wäre daher jedenfalls eine große, und wenn Se. Majestät geneigt sein sollte, eine außerordentliche Aushilfsdotation zu bewilligen, müßte eine runde Summe für die gemischten Bezirksämter überwiesen werden. Der Finanzminister brachte in Erinnerung, daß in der Konferenz am 1. Oktober l. J. beschlossen worden sei, keine solche besondere Gnade für die Justizbeamten zuzulassen, damit nicht auch von den Beamten der übrigen Verwaltungszweige gleiche Ansprüche erhoben werden. Der Standpunkt der Finanzen sei bisher noch gar nicht ins Auge gefaßt worden. Nach der Lage der Finanzen müsse er auf Sparen in allen Richtungen bedacht sein, eine Mehrauslage von 300.000 fr. sei aber eine fühlbare Last für die Finanzen. Das Odium, welches die Regierung allenfalls auf sich laden könnte, dürfe dieselbe umsoweniger beirren, dem Ausschußantrage entgegenzutreten, weil sonst alle übrigen Beamten mit gleichem Grunde Gehaltsaufbesserungen ansprechen würden und Millionen hiezu erforderlich wären. Ob übrigens im Sinne des Ausschußantrages oder nach Antrag des Ministers Ritter v. Hein den Justizbeamten ein Benefizium zugewendet werden würde, werde die Sache doch jedenfalls von den Beamten so angesehen werden, daß sie dasselbe nicht der Regierung, sondern der Gnade des Abgeordnetenhauses verdanken. Votant glaube daher, bei seinem in der letzten Konferenz abgegebenen Votum beharren zu sollen, daß der Status quo beizubehalten und dem Ausschußantrage auch vom finanziellen Standpunkte entgegenzutreten sei. Der gleichen Ansicht war auch der Polizeiminister , welcher in dem vermittelnden Antrage des Ministers Ritter v. Hein kein angemessenes Auskunftsmittel erkennen zu sollen erachtete. Die Frage müsse nach Dafürhalten des Votanten von prinzipieller Seite aufgefaßt und dem Abgeordnetenhause für alle Zukunft die Lust genommen werden, in derlei, der Regierung zustehenden Angelegenheiten in solcher Weise die Initiative zu ergreifen. Es könne dem Abgeordnetenhause allerdings nicht verwehrt werden, durch ein eigenes Gesetz hierin die Initiative zu ergreifen, das Finanzgesetz sei aber hiezu durchaus nicht der geeignete Platz, denn dann gäbe es gar nichts mehr, wozu sich die Regierung wegen || S. 372 PDF || des Endziels nicht verpflichten müßte. Um daher in keinen Konflikt mit dem Prinzipe zu geraten, müsse dem Ausschußantrage und zwar in pleno des Abgeordnetenhauses, mit Gründen entgegengetreten werden, durch welche dargestellt würde, daß das Abgeordnetenhaus zur Initiative in der beabsichtigten Weise nicht kompetent und daß der Ausschußantrag überhaupt unzweckmäßig und vom finanziellen Standpunkte unzulässig wäre. Wenn dann das Abgeordnetenhaus den Ausschußantrag dennoch annehmen sollte, müßten diese Gründe im Herrenhause vorgebracht werden, sollte aber auch dieser die Aufnahme dieser Post in das Finanzgesetz beschließen, dann hätte die Regierung dieselbe nicht zur Auszahlung zu bringen. Der Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß es sich nicht verkennen lasse, daß der Minister Ritter v. Hein im Abgeordnetenhause einen schweren Stand haben werde, den Ausschußantrag zu bekämpfen, zumal er dabei gegen seine eigenen Beamten aufzutreten haben werde. Eine Art der Verteilung der Rechtfertigung des Regierungsstandpunktes dürfte dabei zweckmäßig sein. Er wolle [als] der erste ins Feuer gehen und die Gegengründe der Regierung geltend machen, weil aber vorzugsweise die finanzielle Frage ins Gewicht falle, dürfte dann der Finanzminister seinen Standpunkt zu vertreten und dem Minister Ritter v. Hein seine gewiß schwierige Aufgabe zu erleichtern haben. Der Marineminister stimmte dem Finanzminister bei, daß die Misere in demselben Maße bei den Beamten aller anderen Verwaltungszweige anzutreffen sei wie bei jenen der Justizbranche. Der Ausschußantrag erfreue sich im Abgeordnetenhause aus dem Grunde einer besonderen Unterstützung, weil zufällig dort 80 Juristen sitzen. Hätte man dort ebenso viele politische Beamte sitzen, so würde wahrscheinlich ein den politischen Beamten günstiger Antrag gestellt worden sein. Auf solche Anomalien könne sich aber die Regierung nicht einlassen. Der Handelsminister fand die vom Minister Ritter v. Hein gegen den Ausschußantrag vorgebrachten Gründe, insbesondere jenen, daß der eben im Zuge befindlichen Organisation nicht vorgegriffen werden könnte, für vollkommen zureichend, um den Regierungsstandpunkte dem Ausschußantrag entgegenzutreten. Der Staatsminister verblieb bei seinem in der früheren Konferenz abgegebenen Votum, daß im Abgeordnetenhause erklärt werde, es liege in der Absicht der Regierung, eine teilweise Aufbesserung der Gehalte der Justizbeamten, deren Bezüge im Jahre 1855 herabgesetzt worden seien, eintreten zu lassen, die Regierung werde dies jedoch gelegentlich der eben im Zuge befindlichen Justizorganisierung bewirken12. Von Seite des Finanzministers müßte vorzugsweise die Unzuläßlichkeit der vom Finanzausschusse beantragten Maßregel vom finanziellen Standpunkte mit Rücksicht auf die gleichen Ansprüche anderer Departements nach allen Richtungen beleuchtet werden, damit es nicht den Anschein gewinne, als wenn nur auf Seite der Minister steinerne Herzen anzutreffen seien. Der ungarische Hofkanzler stimmte der Ansicht des Finanzministers bei, er negierte dem Abgeordnetenhause das Recht, solche Angelegenheiten in das Finanzgesetz hineinzumischen, er fand die beantragte Maßregel vom finanziellen Standpunkte für unzulässig und meinte, daß dieselbe eine Ungerechtigkeit für die in gleicher Lage befindlichen Beamten aller || S. 373 PDF || übrigen Branchen wäre. Der Kriegsministerstellvertreter stimmte dem Staatsminister, der Minister Graf Nádasdy dem Polizeiminister bei.

Nachdem sich sohin der Ministerratsbeschluß dahin ergeben hatte, daß unter Anführung der in der Debatte hervorgehobenen Gründe dem Antrage des Finanzausschusses in pleno des Abgeordnetenhauses entgegenzutreten sei, gingen Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer die dabei beteiligten Minister an, hiewegen im Abgeordnetenhause gemeinschaftlich vorzugehen13.

V. Organisatorische Veränderungen bei den Finanzbehörden in Österreich ob der Enns, Salzburg, Kärnten, Krain, im Küstenland, in Schlesien und in der Bukowina

Der Finanzminister referierte den Inhalt seines au. Vortrages vom 16. Februar l. J., Z. 693 FM., über Veränderungen in der Einrichtung der Finanzverwaltung in Österreich ob der Enns, Salzburg, Kärnten, Krain, im Küstenlande, in Schlesien und in der Bukowina unter Darstellung der diese Maßregel bedingenden Verhältnisse und des dabei leitend gewesenen Gedankens mit dem Beifügen, daß die bei der staatsrätlichen Beratung vom 14. März l. J. vom staatsrätlichen Referenten über sein Projekt gemachten Andeutungen und erhobenen Bedenken ihm zur Vereinfachung der Verhandlung von dem Staatsratspräsidenten im kurzen Wege mitgeteilt worden seien, daß bei der am 25. Juli l. J. bei dem Staatsratspräsidium vor sich gegangenen Besprechung von ihm einige Bemerkungen des staatsrätlichen Referenten als gegründet anerkannt worden seien und andere zum Anlasse weiterer von ihm bewirkter Änderungen seiner ursprünglichen Vorschläge gedient haben, daß er aber in der Hauptsache seine Anträge unverändert aufrechtgehalten habe14. In seiner an das Präsidium des Staatsrates gerichteten, dem Akte beiliegenden Note vom 10. August l. J., Z. 1979 FM.15, seien die von ihm vorgenommenen Änderungen der ursprünglichen Vorschläge ersichtlich gemacht, und seine Ansicht über die zwei Hauptdifferenzpunkte, nämlich bezüglich der Frage, ob in den genannten sieben Ländern für die Verwaltung der direkten und indirekten Abgaben je eine Finanzbehörde, und zwar in der beantragten Einrichtung, zu bestellen sei und ob den politischen Landeschefs bei den neu zu bestellenden Finanzlandesbehörden eine Verwaltungsingerenz einzuräumen sei, in ausführlicher Weise dargestellt, und er habe geglaubt, daß durch den Inhalt dieses Schreibens die vom Staatsrate vorgebrachten Bedenken als beseitigt angesehen werden dürften.

Hierauf entwickelte der Staatsrat Ritter v. Holzgethan detailliert alle jene Bedenken, welche er als Referent bei der staatsrätlichen Beratung gegen das || S. 374 PDF || vorliegende Projekt vorbringen zu sollen erachtet habe und welche in den beiden Staatsratsgutachten, Z. 179 und 728, vollinhaltlich aufgenommen erscheinen16. Der Staatsrat Freiherr v. Halbhuber bemerkte, daß die staatsrätliche Majorität sich für die Annahme des vom Finanzminister modifizierten Antrages ausgesprochen habe, daß er jedoch den gegenwärtigen Zeitpunkt, wo eine gänzliche Reform der direkten Steuern bevorstehe17, wo der politische Organismus noch nicht geordnet sei und die wesentliche Frage über den Einfluß der Landesausschüsse noch in der Schwebe stehe, nicht zu Reformen in der Steuerverwaltung für geeignet halte, weil man sich nur der Gefahr aussetzen würde, in kurzem abermals reorganisieren zu müssen. Auch glaubte derselbe, sich der Meinung des Finanzministers, daß diese Reform im Verordnungswege durchzuführen sei, nicht anschließen zu sollen, weil der gleiche Grund, warum man die Hauptgrundsätze der politischen Organisierung vor den Reichsrat bringen wolle18, auch bezüglich der Organisierung der Finanzlandesbehörden bestehe, zumal dabei an dem Instanzenzuge gerüttelt werde. Der Finanzminister entgegnete, daß die Veränderung nur darin bestehen werde, daß die Parteien künftig nur in ein Amtsgebäude zu gehen brauchen, daß keine neuen Personalstände organisiert werden und die beantragte Zusammenlegung von zwei Behörden mit der politischen Organisierung nicht verglichen werden kann. Der Staatsratspräsident bemerkte, daß ihm die Herstellung von Finanzlandesdirektionen in allen kleinen Ländern als ein zu kostspieliger Apparat erscheine und daß er auf die Ansicht des staatsrätlichen Referenten teile, daß die Finanzinspektoren sich bald zu Finanzinspektoraten ausbreiten werden. Der Einfluß der Statthalter auf die Leitung der Finanzverwaltung sei auch nach seiner Meinung nur scheinbar. In Italien, Ungarn und Siebenbürgen üben sie eine Ingerenz tatsächlich nicht aus, und wenn man denselben auch früher eine solche Ingerenznahme zugestanden habe, so haben doch die dermaligen konstitutionellen Verhältnisse eine Änderung notwendig gemacht. Nach dem Dafürhalten des Votanten sollte dieses Abhängigkeitsverhältnis auch bei allen Finanzlandesbehörden, wo es noch bestehe, aufgehoben werden. Übrigens trat Votant den Anträgen des Finanzministers bei, da nach seinem Dafürhalten die Erfahrung bald zeigen werde, was daran zweckmäßig und zur Ausführung in den übrigen Ländern allenfalls brauchbar sei oder nicht. Doch glaubte Votant, wenn zur Ausführung geschritten werde, wenigstens gegen die in dem Statut angetragene Abrundung der Besoldungen zum Nachteile der Beamten und noch mehr gegen die Einreihung verschiedenartig besoldeter Beamten in den nämlichen Konkretualstatus sich aussprechen zu müssen. Gegen das erstere, weil eine Verschlimmerung der Lage der ohnehin schon gedrückten Beamten ihm unbillig zu sein scheine, und wenn sie hier einmal durchgeführt sei, auch bei allen übrigen Verwaltungszweigen würde durchgeführt werden wollen. Gegen das zweite, weil eine solche Einreihung eine Unrichtigkeit enthalte und nur in der Voraussetzung vorgeschlagen wurde, daß eine Herabsetzung der Besoldungen für diese Gattung der || S. 375 PDF || Beamten auch in den übrigen Ländern erfolgen werde, worüber insolange die Organisierung dieser Länder nicht vor sich gehe, im vorhinein nicht abgesprochen werden könne. Der Finanzminister entgegnete, daß der geringfügige Nachteil durch Abrundung der Besoldungen auf österreichische Währung im reichlichen Maße teils durch die beantragten Aufbesserungen in den Besoldungsabstufungen, teils aber durch Vermehrung von Dienstplätzen in den höheren Kategorien aufgewogen sein werde. So werden, um nur ein Beispiel anzuführen, die Finanzräte anstatt drei Gehaltsabstufungen von 1600, 1800 und 2000 fr. Konventionsmünze nur zwei Abstufungen von 1800 und 2000 fr. öW. haben, sodaß schon der erste Eintritt in die genannte Kategorie eine Besserstellung gegenüber der gegenwärtigen Einreihung in sich begreife, während des Befindens in derselben aber ein günstigeres Verhältnis in der Aufbesserung der Besoldung durch Gradualvorrückung in Aussicht gestellt erscheine. fDie Festsetzung des Konkret[u]alstatus modifizierte der Finanzminister dahin, daß die betreffende Beamtenkategorie in den sämtlichen kleineren Landesgebieten, für welche die neue Einrichtung projektiert [ist], einen gemeinschaftlichen Konkretualstatus bilden werde, welcher an sich hinreichend groß und unabhängig von den Statuten der im bisherigen Gehaltsausmaße verbleibenden Behörden der größeren Kronländer bestehen wirdf .

Mit Ausnahme des Handelsministersg und des Stellvertreters des Kriegsministersg, welche beide mit Rücksicht auf das Votum des Staatsrates Freiherrn v. Halbhuber den dermaligen Zeitpunkt zur Änderung der Organisierung der Finanzbehörden nicht für opportun hielten und auch der Meinung waren, daß der Zweck der Maßregel eine Vereinfachung des Geschäftes nach den Anträgen nicht werde erreichen werde, sprachen sich alle Stimmführer für die Genehmigung der Anträge des Finanzministers aus, welche der Marineminister überhaupt als kein tiefgreifendes reformatorisches Werk, sondern lediglich als Übergangsanträge erkennen zu sollen glaubte. FML. Freiherr v. Mertens bemerkte schließlich noch, aus eigener Erfahrung die Ingerenz der Statthalter auf die Verwaltung der direkten Steuern nicht ganz für überflüssig bezeichnen zu sollen, wie denn auch das günstige Ergebnis der Steuerexekutionen hauptsächlich dadurch erhöhth werde, daß die Verfügungen von einer Hand ausgehen19.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, am 26. Oktober 1863.