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Nr. 386 Ministerrat, Wien, 1. September 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 4. 9.), Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Forgách, Burger; Hein 24. 9.; außerdem anw. Geringer, Friedenfels (nur bei I); abw. Rechberg, Esterházy, Wickenburg; BdR. Erzherzog Rainer 28. 9.

MRZ. 1190 – KZ. 3049 –

Protokoll des zu Wien am 1. September 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Ernennung des Präsidenten und der Vizepräsidenten des siebenbürgischen Landtages

Der Hofrat der siebenbürgischen Hofkanzlei Baron Friedenfels referierte über die von der Hofkanzlei am 24. August 1863 gestellten au. Anträge in betreff der Ah. Ernennung des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten des siebenbürgischen Landtages und die dafür in dem diesfälligen au. Vortrage, Z. 4060, geltend gemachten Motive. Hiernach dürfte Ag. ernannt werden: zum Präsidenten der Abgeordneten Gubernialrat Gustav Groisz; zu Vizepräsidenten: die Abgeordneten Gubernialrat Johann Aldulean und Gubernialrat Friedrich Kirchner1.

Minister Graf Nádasdy erklärte, daß er mit diesen au. Anträgen vollkommen übereinstimme. Die Wahl eines Präsidenten ungarischer Nationalität2 habe dem Minister rätlich geschienen, um die in den ungarischen Kreisen vorhandene Verstimmung nicht zu erhöhen. Graf Georg Béldy habe allerdings mehr Stimmen im Landtag erhalten als Groisz (87 : 53), allein die Gesundheitsumstände des genannten Grafen machen ihm die Annahme eines so anstrengenden Postens nicht möglich. Auch müsse erwähnt werden, daß Groisz ohne Zweifel eine größere Anzahl von Stimmen erhalten hätte, wenn die ungarischen Abgeordneten sämtlich im Landtage erschienen wären. Wenn Basil Popp und Conrad Schmidt, ungeachtet der auf sie gefallenen zahlreichen Stimmen, nicht zu Vizepräsidenten au. vorgeschlagen wurden, geschah es deswegen, weil jeder derselben noch mit anderweitigen wichtigen Geschäften betraut ist, so daß er allen diesen Obliegenheiten gleichzeitig nicht genügend zu entsprechen vermöchte.

Gegen diese referierten Anträge wurde im Ministerrate von keiner Seite eine Erinnerung erhobena, 3.

II. Maßregeln für die durch Mißernte am stärksten betroffenen Teile Ungarns

Der ungarische Hofkanzler referierte über die von ihm, einverständlich mit dem Finanzminister au. vorzuschlagenden Maßregeln, um den Wirkungen des Mißwachses in den davon am meisten getroffenen Teilen Unterungarns abzuhelfen (Hofkanzleivortrag Z. 13767). Graf Forgách erwähnte zuerst, daß er infolge Ah. Handschreibens vom 19. Juni d. J. den Umfang der Kalamität habe erheben lassen, daß Se. Majestät am 25. Juni die Flüssigmachung von 500.000 fl. aus dem Staatsschatze für Rechnung der diesjährigen Dotation der Verwaltung Ungarns zu bewilligen geruhten, um den Notleidenden Arbeit zu verschaffen, und daß der Finanzminister unterm 31. Juli Ah. ermächtigt worden sei, dem ungarischen Landesfonds ein Darlehen von zwei Millionen zu gewähren, welche Summe teils zu öffentlichen Arbeiten, teils zur Beteilung des kleinen Grundbesitzes mit Darlehen verwendet werden soll4. Daß diese Maßregeln nicht entfernt zur Abhilfe ausreichen, liege am Tag. Es handelt sich um eine Kalamität, von der 14 Komitate mit 1,697.633 Seelen so schwer heimgesucht wurden, daß der diesjährige Ausfall an der landwirtschaftlichen Produktion dieser Distrikte auf 126,309.000 fl. angeschlagen werden kann. Im au. Vortrage werde ziffernmäßig nachgewiesen, daß die diesjährige Fechsung von 3,550.000 Metzen durch 4,756.000 Metzen ergänzt werden müsse, um das Leben der dortigen Bewohner zu fristen und für das nächste Jahr aussäen zu können. Hierauf referierte der ungarische Hofkanzler über die Anträge des königlichen Kommissärs Abonyi, welche die Statthalterei unterstützend einbegleitet hatb . Diese Anträge sind im wesentlichen gerichtet: a) auf die Beschaffung des erforderlichen Saatbonus; b) auf die Eröffnung von Erwerbsquellen durch Anordnung öffentlicher Bauten; c) auf die Verteilung von Gnadenunterstützungen und d) auf Unterstützung der kleineren Grundbesitzer durch Gewährung von Darlehen. (Gesamterfordernis 29,986.604 fl., jedoch zur ergiebigen Aushilfe in runder Summe 30 Millionen). Diese Vorschläge seien bei der Hofkanzlei unter dem Vorsitz des Kanzlers und mit Beiziehung des Grafen v. Pálffy, dann des Statthaltereirates Abonyi kommissionell geprüft worden. Bei der großen Ausdehnung und furchtbaren Intensität des Übels finde sich Graf Forgách im Einverständnisse mit dem Finanzminister bestimmt, nachfolgende au. Anträge zu stellenc, 5. Da erfahrungsgemäß jede unzureichende Hilfe ihren Zweck verfehlt, ist es geraten, die Staatshilfe in der Ausdehnung eintreten zu lassen, daß selbe sichere Aussicht auf Erfolg gewähre. Allerdings sind in erster Linie die Gemeinden, in zweiter die Landesfonds berufen, den Notleidenden beizustehen. Wo es sich aber um einen Beitrag von 30 Millionen handelt, erscheinen diese Faktoren unzulänglich und die ergiebige Unterstützung notleidender Massen kann nur mit Hilfe des Staatskredits bewirkt werden. Se. Majestät der Kaiser dürften daher au. gebeten werden, die Erfolglassung der zur Behebung des Notstands in Ungarn nötigen Geldmittel aus dem Staatsschatze in der Form eines dem ungarischen Landesfonds zu gewährenden || S. 276 PDF || Darlehens in der Art Ag. zu bewilligen, daß der gedachte Fonds sowohl die Rückzahlung des Kapitals (nach Abschlag allfälliger milder Spenden) wie auch der Zinsen (6%) garantiere, der ungarische Landesfonds aber seine Sicherstellung gegenüber den einzelnen Darlehensempfängern durch Vermittlung der Ungarischen Bodenkreditanstalt erhalte. Nach dem Voranschlage des Statthalters stellen sich die erforderlichen Summen folgendermaßen:

1. für Saatfrucht 6,986.640 fl., 2. für öffentliche Arbeiten, namentlich a) an der Losonczer Eisenbahn, b) an der ungarischen Tieflandsbahn (alföldi vasút), c) an der Bahn von Nyíregyháza in die Marmaros und d) an der Theißregulierung, durch Vorschüsse gegen Ersatz von bereits vorhandenen oder erst zu bildenden Gesellschaften und Konsortien 5,000.000 fl., 3. für gratuite Beteilungen 1,000.000 fl. Denn wenn auch für den Unterhalt der etwa 560.000 Arbeiter in jenem Komitate durch die Summe oben ad 2. gesorgt wird, so gibt es doch noch so viele andere arbeitsunfähige hilflose Menschen, die man nicht dem Hungertod preisgeben kann, und es wäre daher ein Landesunterstützungsfonds zu bilden, wozu der Staatsschatz eine Million beitragen dürfte. dDa jedochd der Finanzminister sich gegen diesen Ansatz verwahrt hat, indem milde Spenden lediglich der Privatwohltätigkeit anheimzustellen seien, glaubt der Hofkanzler wenigstens vorderhand auf dieser Position nicht bestehen zu sollen. 4. Darlehen für kleine und mittlere Grundbesitzer: 11,000.000 fl. Bei der plötzlichen dringenden Nachfrage nach Kapitalien in dem geldarmen Lande würden dieselben zum Teil nur mit den schwersten Opfern, großenteils aber gar nicht für jene Kategorien von Grundbesitzern zu bekommen sein, und selbe wären somit außerstande, ihre Wirtschaften wieder in ordentlichen Betrieb zu setzen, so daß ihre Steuerkraft vernichtet wäre. Hier sei also die Hilfe des Staats, selbst im Interesse des Ärars, geboten. Die Entscheidung der Frage, ob ein Darlehenswerber ein Darlehen und bis zu welcher Höhe zu erhalten beanspruchen könne, sei der Landesstelle, die Entscheidung über das Vorhandensein der erforderlichen Hypothekarsicherheit aber der Direktion der Ungarischen Bodenkreditanstalt zu überlassen. Überhaupt könne Graf Forgách die vom Statthaltereirat Abonyi beantragte Intervention dieser Anstalt bei den gedachten Darlehen nur sehr nützlich finden, denn wie einerseits die strengen Statuten der Bodenkreditanstalt am besten geeignet sind, den Staatsschatz (rücksichtlich den Landesfonds) vor allfälligen Verlusten zu bewahren, so dürfte die Intervention der Kreditanstalt dem Geldbedürftigen auch viel schneller zu den Kapitalien verhelfen als dies auf exklusiv dikasteriertem Weg möglich wäre. Andererseits wäre die Regierung seinerzeit von dem Odium der exekutiven Schritte gegen säumige Schuldner enthoben. 5. Zur Beschaffung von Zugtieren werden beansprucht: 3,000.000 fl. Graf Forgách glaubt, daß diese Summe zwar nicht gerade für den bezeichneten Zweck, aber doch als Reserve zu präliminieren wäre. Dasselbe gilt von Post 6 per 2,000.000 fl. auf Unterstützung von Notleidenden außer dem eigentlichen Notstandsgebiete. Endlich 7. werden 1,000.000 fl. für eventuelle Mehrauslagen durch außerordentliche Steigerung der Preise von Frucht auf Saat und Brot eingestellt. Dies macht zusammen 29,986.640 fl. oder in runder Summe 30,000.000 fl., wovon aber nur mehr 27,500.000 fl. in Anspruch genommen werden würden, nachdem, || S. 277 PDF || wie bereits erwähnt, 2,500.000 fl mit Ah. Ermächtigung schon flüssiggemacht worden sind6. Der Hofkanzler verhehlt jedoch enicht, daß selbst mit dieser bedeutenden Summe das wirkliche Erfordernis nicht erreicht sein und diee Folgen des so bedeutenden Übels noch keineswegs gründlich behoben werden dürften. Der Gesamtbetrag wäre allmählich, nach Maßgabe des Bedarfes von den Finanzen zu erfolgen, jedoch ohne strenge Einhaltung der Rubriken.

Der Finanzminister äußerte, daß er, obgleich die Größe des Verlusts noch nicht genau ermittelt ist, und vielleicht auch da und dort Übertreibung mit unterlaufen sein dürfte, den Anträgen des Hofkanzlers im wesentlichen beitreten zu sollen geglaubt habe, in der Voraussetzung, daß die Geldanweisungen aus den Finanzen nur nach Maß des wirklichen ausgewiesenen Bedarfs stattfinden und die Ingerenz der ungarischen Finanzbehörden gewahrt werde. Gegen die Erteilung von Almosen aber habe der Minister Verwahrung eingelegt sowie dagegen, daß die Tabakspflanzen aus den Finanzen besonders mit Darlehen unterstützt würden. fDiese Darlehen seien auf der Post 4 per elf Millionen zu überweisenf . Die Arbeiten an der Alfölder Bahn könnten sofort beginnen. Die Vorschüsse an Konsortien etc. wären von den Finanzen unmittelbar zu erfolgen. Dagegen hält es der Finanzminister für besser, wenn das Darleihgeschäft mit den Grundbesitzern unter Vermittlung und Garantie der Ungarischen Bodenkreditanstalt und des Landesfonds durchgeführt wird. Bei der hierüber gepflogenen längeren Beratung wurde insbesonders das Verhältnis der Bodenkreditanstalt zu den Finanzen und den Darlehenswerbern in nähere Erörterung gezogen. Der Finanzminister referierte hierüber, daß diese Anstalt sowohl für die sichere Elozierung als für die ordnungsmäßige Einhebung der Annuitäten und deren Abfuhr an den Landesfonds zu haften haben werde. Die von den Grundbesitzern auszustellenden Schuldscheine würden ausdrücklich enthalten, daß ihnen das Darlehen aus dem von Sr. Majestät dafür gewidmeten Fonds gegeben worden sei. Der Bedarf der Darlehen wurde speziell durch hiezu zusammengesetzte Vertrauenskommissionen geprüft und die Bewilligung derselben von der Statthalterei vorbehaltlich der vor der Bodenkreditanstalt nachzuweisenden Sicherheit ausgesprochen. Nach erfolgter Ausstellung gund Einverleibungg der Schuldscheine erhielte der Grundbesitzer den Betrag der Darlehenssumme hvon der Kreditanstalth in Pfandbriefen, welche er in bares Geld umsetzen kann, indem er selbe entweder bei der Staatskasse ober bei der Ungarischen Bodenkreditanstalt einreicht. Der Staatsschatz würde die Pfandbriefe zu ihrem natürlichen Kurse sowohl von Privaten als von der Bodenkreditanstalt übernehmen und dadurch deren zu großer Entwertung vorbeugen. Voraussichtlich würde dieses Kreditinstitut in den Fall kommen, den größten Teil der Pfandbriefe bei den Finanzen realisieren zu müssen, da dasselbe keinen ieigenen disponiblen Barfondsi dazu besitzt und nicht – gleich der Nationalbank – das Recht || S. 278 PDF || hat, Geldnoten zu emittieren. Übrigens werde man natürlich auch suchen, die Pfandbriefe auf dem Geldmarkte – jedoch mit der nötigen Vorsicht – unterzubringen, um die Kurse nicht durch ein übermäßiges Angebot zu deprimieren. Für das Institut ergäbe sich dabei der Vorteil, daß dessen Pfandbriefe überhaupt im großen Publikum bekannt und selbst gesucht würden. Die vom Staat eingelösten Pfandbriefe würden samt Kupons beim Landesfonds bewahrt und die Kreditanstalt würde die zehnjährigenj Annuitäten an den letzteren entrichten, welcher sich andererseits mit den Reichsfinanzen zu vernehmen und auszugleichen hätte. Die Finanzen hätten daher die doppelte Garantie der Landesfonds und der Kreditanstalt, wobei man sich vollkommenk beruhigen kann. Im Laufe der hierüber gepflogenen eindringlichen Beratung warf der Kriegsminister die Frage auf, ob es denn nicht angezeigt wäre, die Zustimmung des Landtages zu den durch diese Darleihen aus dem Staatsschatze dem Landesfonds auferlegten Verbindlichkeiten einzuholen. Es wäre nämlich allerdings möglich, daß seinerzeit der Landtag diese ohne seine Zustimmung – wenn auch zum Besten des Landes – entstandene Schuld des Landesfonds an die Zentralfinanzen repudiere und jede Haftung für die Darlehen ablehne. Jedenfalls würde FZM. Graf Degenfeld glauben, daß der ungarische Hofkanzler die Ansprüche des Landes Ungarn auf Vorschüsse aus den Reichsfinanzen persönlich vor dem Reichsrate geltend zu machen hätte. Auch der Staatsminister erklärte sich keinenswegs über die Art beruhigt, wie ein künftiger ungarischer Landtag die dem Landesfonds zugedachte Beteiligung an dem Darlehensgeschäfte auffassen werde. Es fehlt dazu an jeder Garantie und das Präzedens mit den Kupons ungarischer Grundentlastungsobligationen, von dem die Nationalbank Millionen einlöste, ohne dafür lange Zeit hindurch den Ersatz aus dem Landesfonds erhalten zu können – dieses Präzedens aus neuerer Zeit ist nicht geeignet, besondere Beruhigung für ähnliche künftige Fälle zu gewähren. Es drängt sich aber außerdem die Frage auf, ob es denn zur Durchführung der Darleihen aus dem Staatsschatz an die ungarischen Grundbesitzer nötig ist, die Zwischenglieder des Landesfonds und der Kreditanstalt einzuschieben, wobei das Geschäft nur langsamer und kostspieliger wird. Der Staatsminister glaubt es nicht. Man sagt, die Kreditanstalt könne die Prüfung der Hypotheken durch ihr vorhandenes Personal leichter besorgen lassen. Dies dürfte kaum der Fall sein, sondern sie wird dasselbe vielmehr wegen des plötzlichen Arbeitszuwachses vergrößern müssen. Dies wird aber auch die Staatsverwaltung tun können und es wird bei der direkten Ingerenz der Staatsverwaltung den Geldempfängern auch deutlich werden, wem sie es verdanken. Die Ingerenz der Kreditanstalt wird fernerl nicht hindern, daß bedeutende Beträge an Kapital und Zinsen als uneinbringlich oder aus Gnade werden abgeschrieben werden müssen. Endlich ist nicht recht abzusehen, welchen Nutzen die Garantie der Bodenkreditanstalt gewähren soll, da sie kein erkleckliches eigenes Vermögen besitzt, woran man den Regreß nehmen könnte. Ritter v. Schmerling beantragt daher, daß die den mittleren und kleinen Grundbesitzern zu gewährenden Darleihen unmittelbar aus dem Staatsschatze über die im Wege der || S. 279 PDF || lf. Behörden zu konstatierende Hypothekarsicherheit und gegen Solidarhaftung der Gemeinden im rein dikasteriellen Wege und ohne Intervenierung der Kreditanstalt anzuweisen wären. Gegen die Verwendung von 5,000.000 fl. auf Bauten und die diesfalls aus den Finanzen an Konsortien etc. zu leistenden Vorschüsse findet der Staatsminister ebensowenig etwas zu erinnern als gegen die Verteilung von Samengetreide dort, wo es unerläßlich nötig ist – jedoch unter spezieller Hinweisung auf den zugrunde liegenden Ah. Gnadenakt. In faktischer Beziehung fand sich der Finanzminister zur Erinnerung veranlaßt, daß die mVorschußnahme der dem Land obliegenden Grundentlastungszahlungenm lediglich darin ihren Grund hatte, daß die Zuflüsse dieses Fonds nwegen der Steuerverweigerungn von den Kontribuenten damalso fast ganz aufgehört hatten. pSeit der Wiederherstellung der Steuerzahlung sind diese Vorschüsse bereits rückersetzt und solange die Steuerverwaltung fest von der Hand des Finanzministeriums geführt wird, behält dasselbe die volle Wirksamkeit und Verfügung über die Zuschläge zu den Steuern, um sich für Instanzen der Fonds zahlhaft zu machenp, 7. Der ungarische Hofkanzler äußerte mit Bezug auf das Votum des Staatsministers, es habe ihm einfacher erschienen, wenn der Staatsschatz es nur mit einem Schuldner, dem Landesfonds, zu tun hat, und auch der letztere durch die Kreditanstalt des direkten Verkehrs und der Abrechnung etc., mit so vielen einzelnen Schuldnern enthoben wird. Dieses Kreditinstitut sei auch weit besser als die lf. Behörden in der Lage, das Elozierungsgeschäft schnell und sicher durchzuführen. Es sei eine Spezialität für Hypothekardarlehen. Der ganze Organismus sei darauf berechnet, die Anstalt habe in den Komitaten bereits vertrauenswürdige und gehörig instruierte Agenten bestellt, welche ihre Tätigkeit zu dem angedeuteten Zwecke unverzüglich beginnen können. Die lf. Behörden dagegen müßten erst durch Aufnahme von Hilfsarbeitern verstärkt, wie auch mit detaillierten Instruktionen versehen werden, und die in der ungarischen Beamtenwelt tatsächlich so tätige Kameraderie dürfte hie und da die Maßregel in einer Weise ausbeuten, die den wohlmeinenden Ah. Absichten keineswegs entspricht. Minister Graf Nádasdy fand es sehr schwer, sich mit Gründlichkeit über einen Komplex großartiger Maßregeln auszusprechen, welche zusammen einen Aufwand von 30 Millionen fordern und über deren Details nur wenig vorliegt. Zweifelhaft scheine es auch, ob der reelle Bedarf wirklich so groß ist, als wie man ihn aufgrund genereller Erhebungen heute annimmt. Im verflossenen Jahre habe man sich in Siebenbürgen überzeugt, wie übertrieben derlei Verluste durch Mißwachs angegeben werden, denn die damals von den Finanzen zur Abhilfe angewiesene Summe von 100.000 fl. sei faktisch nicht genommenq worden. Mißwachs und enorme Teuerung seien in Ungarn nichts ganz ungewöhnliches: in den Jahren 1816, 1817 und 1818 sei das Land || S. 280 PDF || von einer solchen rviel größerenr Kalamität heimgesucht worden, allein man nahm snicht zu solch kostspieligen Abhilfsmitteln seines Zuflucht, wie sie jetzt vorgeschlagen werden. Graf Nádasdy trete der Meinung des Staatsministers bei – selbstverständlich gegen Einholung der verfassungsmäßigen Genehmigung. Auch lege der Minister einen Wert auf die Solidarhaftung der Gemeinden für Darlehen, tdenn durch diese Solidarhaft wurden obenerwähnte 100.000 fl. in Siebenbürgen erspartt . Der ungarische Hofkanzler erwiderte, es sei nicht möglich, eine Parallele zwischen den 1815–1818 ergriffenen Maßregeln und jenen zu ziehen, welche man jetzt ergreifen soll. Die Verhältnisse seien jetzt in jeder Beziehung ganz anders: der Mißwachs an Korn und besonders an Futterpflanzen hat 1863 eine furchtbare Höhe erreicht, die ohne Beispiel dasteht. In Mezötúr seien – um nur einen Fall anzuführen – voriges Jahr 30.000 Schafe gehalten worden, jetzt ist dort keines mehr vorhanden! So sei es auch an nur zu vielen anderen Orten. Auch das Hornvieh ist wegen Futtermangels weit und breit verschwunden. Um jene ausgedehnten Distrikte wieder mit Saatkorn und Vieh zu instruieren, sind begreiflich viele Millionen nötig – mit kleinen Mitteln läßt sich nichts Großes erreichen. In früheren Zeiten mußten die Herrschaften dem kleinen Grundbesitzer bei Mißwachs etc. helfen. Diese Aushilfe fehlt jetzt, wo es keine Herrschaften mehr gibt. 1815–1818 waren die Lasten des Landes gering. Mit den Lasten sind aber auch die gerechneten Forderungen auf Beistand von der Regierung gestiegen. Man kann Millionen Menschen nicht ihrem Schicksal überlassen, kann ihnen nicht einfach anheimstellen, sich selbst Geld zu verschaffen, während für sie auf gewöhnlichem Wege durchaus keines zu finden ist. Die Solidarhaftung der sämtlichen Gemeindeglieder für die einzelnen Darlehen zu fordern, hält Graf Forgách für unbillig und bedenklich. Minister Ritter v. Lasser äußerte, er wolle in eine Kritik der Ziffern der stattgefundenen Schadenserhebungen nicht eingehen, doch nach den gemachten vielen Erfahrungen – zuletzt in Istrien – dürften dieselben einige Reduktionen zulassen. Die Geneigtheit des Reichsrates zur Bewilligung der Summen, um die Folgen der Kalamität zu mildern, dürfte nicht zu bezweifeln sein. Was aber die Modalitäten der Gewährung von Darlehen an Grundbesitzer betrifft, so stimme Votant prinzipiell dem Staatsminister bei, da er die Bodenkreditanstalt ebenfalls als ein überflüssiges Zwischenglied bei diesen Transaktionen betrachtet und man sich diese Gelegenheit selbst zunutze machen will, um dem Kredit der ungarischen Pfandbriefe überhaupt durch deren Überlassung an die Finanzen zu Hilfe zu kommen. Daß die Kreditanstalt bereits alle Organe zur Durchführung der Darlehensverhandlungen besitzt, ist nicht anzunehmen. Sie wird daher auch genötigt sein, viele neue Beamte anzustellen; daß dieselben geschickter und vertrauenswürdiger sein werden als die Regierungsbeamten, ist nicht glaublich. uSie wird wohl auch Provisionen sich zahlen lassen und um den Differenzbetrag des Kurses der Pfandbriefe unter pari wird den Notleidenden die kaiserliche Wohlfahrt verkürztu . Der Kriegsminister stimmte dem Staatsminister bei, indem || S. 281 PDF || er abermals die Vertretung des an den Reichsrat zu richtenden Anspruchs durch den ungarischen Hofkanzler in Anregung brachte. Der Polizeiminister fände gegen die Anträge des Hofkanzlers und des Finanzministers vmit der vom Staatsminister beantragten Modifikation bezüglich der Darlehenv im wesentlichen nichts zu erinnern und machte auch auf die Schwierigkeit aufmerksam, den „natürlichen“ Kurs der Pfandbriefe festzusetzen, um welchen sie von den Finanzen angekauft werden sollen. Minister Ritter v. Hein stimmte dem Staatsminister bei und machte aufmerksam, daß in dem Entwurf der Ah. Resolution der Auftrag an den Finanzminister zur Einbringung der bezüglichen Vorlage an den Reichsrat aufzunehmen wäre, wogegen von keiner Seite eine Erinnerung erhoben wurde. Ferner hob dieser Minister heraus, man werde sich bei Erfolgung der Vorschüsse an Aktiengesellschaften etc. Garantien verschaffen müssen, daß mit den vorzunehmenden Arbeiten die Bevölkerung der leidenden Komitate – und nicht Auswärtige – beschäftigt werden.

Der Marineminister vereinigt sich mit den Anträgen der Minister Ritter v. Schmerling und Ritter v. Lasser. Der ungarische Hofkanzler äußerte, er lege den größten Wert darauf, daß überhaupt den Grundeigentümern mit Darlehen in ergiebiger Weise fördersamst zu Hilfe gekommen werde. Die Intervention des Landesfonds und der Kreditanstalt bei diesen Darlehen habe ihm nützlich geschienen, daher Graf Forgách einverständlich mit dem Finanzminister seine diesfälligen Anträge festhalten zu sollen glaube. Sollten aber Se. k. k. apost. Majestät Allerhöchst sich für den Antrag der mehreren Stimmen zu entscheiden geruhen, so würde der von ihm vorgelegte Entwurf eines Ah. Handschreibens einer entsprechenden Modifikation bedürfen8.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Ischl, am 27. September 1863. Empfangen 28. September 1863. Erzherzog Rainer.