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Nr. 378 Ministerrat, Wien, 27. Juli 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 27. 7.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Forgách, Burger, Hein; abw. Lichtenfels, Esterházy; BdR. Erzherzog Rainer 28. 8.

MRZ. 1183 – KZ. 2723 –

Protokoll des zu Wien am 27. Juli 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzoges Rainer.

I. Differenz zwischen dem Finanzminister und dem ungarischen Hofkanzler wegen Ausstellung eines Schuldscheines über das Darlehen an den ungarischen Landesfonds

Der Finanzminister referierte, zur Linderung des in einem großen Teile von Ungarn durch anhaltende Dürre hervorgerufenen Notstandes seien von dem ungarischen || S. 209 PDF || Hofkanzler die geeigneten Maßregeln teils schon verfügt, teils eingeleitet und die hiebei notwendige Mitwirkung des Staatsäras vom Finanzminister zugesagt worden1. Zu diesen Maßregeln gehöre auch die Anschaffung von Saatkorn, Vieh und Viehfutter, und es handle sich behufs Bedeckung dieses Erfordernisses um ein dem Landesfonds aus dem Staatsärare zu bewilligendes Darlehen. Der Finanzminister, bereit auf ein solches Darlehen, und zwar in der Maximalsumme von 2,000.000 fl., einzugehen, glaubte, daß darüber eine legale Schuldurkunde zur Dekkung der Finanzen ausgefertigt und diese womöglich auf aden Landesfonds und Landeseigentum versicherta werde2. Der ungarische Hofkanzler sei jedoch der Meinung, daß die Ausstellung eines Schuldscheines hier nicht am Platze wäre, weil die Refundierung dieser Summe außer allem Zweifel sei. Er (der Finanzminister) sei nun auch von der Notwendigkeit eines solchen Schuldscheines abgegangen und meine, daß sich damit begnügt werden könnte, daß anstatt eines förmlichen Schuldscheines von der den Landesfonds besorgenden Kasse über die einzelnen Darlehensbeträge, welche vom Ärar an den Landesfonds auf Rechnung der zwei Millionen erfolgt werden, Quittungen ausgefertigt werden, welche von dem königlichen Statthalter von Ungarn zu vidieren sein werden. Ein zweiter Differenzpunkt betreffe die vom Finanzministerb vorgeschlagene Modalität, wonach die rückzuzahlende Jahresrate von 200.000 fl. jedesmal in das Präliminare des Landesfonds aufgenommen werde, wogegen nach der Meinung des Hofkanzlers diese Rate nur insoweit einzustellen sein wird, als dieser Betrag durch die von Seite der mit Darlehen Beteilten zu leistenden ratenweisen Rückzahlungen nicht vollständig bedeckt würde. Diese Bemerkung scheine jedoch dem Finanzminister nur auf einer unrichtigen Auffassung des Verhältnisses zu beruhen. Das Staatsärar trete nur mit dem Landesfonds, nicht mit den einzelnen Vorschußnehmern in ein Rechtsverhältnis, und es werde daher die Beteiligung der letzteren und die Einbringung der Rückzahlungsraten von diesen den Landesfonds, nicht das Staatsärar berühren. Diesem Verhältnisse entsprechend und um || S. 210 PDF || die Reinheit der Ziffer herauszustellen, müßte in dem Voranschlag für den Landesfonds die ganze an das Staatsärar rückzuzahlende Jahresrate von 200.000 fl. in Vorschreibung gebracht werden.

Der ungarische Hofkanzler äußerte, daß er bezüglich dieses zweiten Punktes weiter keine Bedenken nehme, zumal seine diesfällige Bemerkung nur darauf basiert war, daß man glaubte, es werden ohnehin die ganzen zwei Millionen in Vorschreibung kommen. Belangend den ersten Punkt, so könne er der heute vom Finanzminister vorgeschlagenen Abänderung ebenfalls nur vollkommen beistimmen. Der Konferenz ergab sich hierwegen keine Erinnerung3.

II. Beschluß des Kärntner Landtages über die Landesumlagen für die Verwaltungsperiode 1863/64

Hierauf referierte der Finanzminister , er habe aus dem vom Staatsrate begutachteten au. Vortrage des Staatsministers vom 26. Juni l. J., Z. 5045, betreffend die von dem Landtage in Kärnten beschlossenen Landesumlagen für die Verwaltungsperiode 1863 und 18644 ersehen, daß der Landesausschuß nicht sicher ist, mit den beschlossenen Landesumlagen von je 48% von jedem Gulden der direkten Steuern sein Erfordernis zu decken, vielmehr einen glücklichen Ausgang der mit dem Finanzministerium im Zuge befindlichen Verhandlungen wegen eines Zuschusses von 14.736 fl. 2½ Kreuzer zur Bedeckung des Abganges beim Domestikalfonds pro 1863 und einer Subvention von 82.128 fl. 88 Kreuzer für die Verwaltungsperiode 1863/64 voraussetzt, cbei deren Scheitern zur anderweitigen Hilfe Zuflucht genommen werden müßtec . Da nun die Erfahrung lehre, daß, wenn die Zuschläge unzulänglich sind, rücksichtlich keine Bedeckung des Erfordernisses da ist, zuletzt immer nur die Finanzen herhalten müssen, indem dieselben um Vorschüsse angegangen werden, so wäre das Augenmerk dahin zu richten, daß das Land seine Auslagen vollständig mit den angesprochenen Zuschlägen dund sonstigen zu präliminierenden Einnahmend bedecke oder überhaupte bestimmt bezeichnete Hilfsquellen dafür nahmhaft mache. Die bloße Hinweisung – wie es im vorliegenden Falle geschieht – auf eine anderweitige Sorgetragung genüge nicht, indem dabei wahrscheinlich nurf die Vorschußhilfe bei dem Staatsschatze gemeint sei. Edler v. Plener würde daher beantragen, daß, bevor diese Angelegenheit zur Ah. Sanktion empfohlen werde, sich zuerst Sicherheit über den Bedeckungsplan des Landesausschusses zu verschaffen wäre.

|| S. 211 PDF || Der Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß es gegenwärtig kein Mittel gibt, in der Sache etwas zu tun, denn solange der Landtag nicht zusammentritt, können keine höheren Landesumlagen ausgeschrieben werden. Vor der Eventualität einer Inanspruchnahme der Finanzen hätte Votant auch keine Angst, denn wenn auch ein Vakuum eintreten sollte, so wird man sich wahrscheinlich durch Verschiebung von Zahlungen auf die nächste Periode u. dgl. einstweilen zu helfen wissen. Hierauf erwiderte der Finanzminister , daß er unter diesen Umständen weiter den in Rede stehenden Landtagsbeschluß nicht anfechten wolle, jedoch sich vorbehalte, gdahin zu wirken, daß die Finanzverwaltungg von nun an bei derlei Angelegenheiten rechtzeitig ein Lebenszeichen von sich gebe, rücksichtlich dem Landesausschusseh begreiflich zu machen, daß das Land seine Auslagen vollständig mit den Zuschlägen iund anderen eigenen Einnahmeni bedecke, jkeineswegs aber künftighin mehr auf Vorschüsse und Unterstützungen von Seite des Staatsärars, welche gewöhnlich höchst dringlich in der letzten Stunde angesprochen werden, zu rechnen vermögej . Minister Ritter v. Lasser meinte, daß der Finanzminister auch den gegenwärtigen Fall zum Anlasse einer derartigen Mitteilung an das Staatsministerium nehmen könnte, worauf Edler v. Plener sofort eingehen zu wollen erklärte, und wornach somit diese beiden Minister in dieser Sache das weitere Einvernehmen pflegen werden5.

III. Bankakte

Der Finanzminister erinnerte, daß die Bankakte unterm 27. Dezember 1862 Ah. sanktioniert6 und er die Ah. Ermächtigung erhalten hatte, diesen Akt definitiv durchzuführen, und daß, nachdem der Bank, um sie zur unbedingten Annahme des Übereinkommens zu stimmen, die Zusage wegen Erwirkung einer Modifikation des § 4, nämlich Umwandlung der bedingten Verzinsung in eine unbedingte, gemacht wurde, nunmehr eigentlich in dieser Reichsratssession die diesbezügliche Aktion eintreten solltek . Nachdem aber die gegenwärtigen Verhältnisse es wünschenswert machen, daß diese Frage nicht heuer sondern etwal erst in meiner späterenm Session in den Reichsrat gebracht werde, so sehe sich die Bank selbstn zu der Bitte veranlaßt, || S. 212 PDF || odie Angelegenheit zu vertagen, jedoch wolleo die Regierungp die Erklärung abgeben, daß es dem ungeachtetq bei der obigen Zusage rfür eine nächste Sessionr verbleibe7. Der Finanzminister hätte keinen Anstand, der Bank zu erwidern, daß sdie von der Regierung gegebene Zusage der Befürwortung einer unbedingten statt der bedingten Verzinsung bei dem Reichsrates dadurch, daß die Sache erst in der nächsten Reichsratssession vorgenommen werde, keineswegs alteriert toder behobent werde.

Dem Ministerrate ergab sich keine Erinnerung dagegen, nur würde Minister Ritter v. Lasser den Beisatz machen „falls die Bank darum einschreitet“.

IV. Ratifizierung des Vertrages über die Ablösung des Scheldezolles

Ein weiterer Gegenstand der Beratung war die Frage, ob bei der Ratifizierung des Vertrages über die Ablösung des Scheldezolles8 die Klausel „vorbehaltlich der Zustimmung des Reichsrates“ aufgenommen werden soll oder nicht. Der Minister des Äußern hält diesen Vorbehalt für notwendig, weil die Reichsvertretung die Mittel zur Erfüllung dieses Vertrages bewilligen muß und weil ohne dieser Vorsorge die Regierung künftig nur in Verlegenheiten kommen dürfte. Da der Handelsminister der entgegengesetzten Ansicht sei, so sehe sich Graf Rechberg veranlaßt, hierwegen die Meinung der hohen Konferenz einzuholen.

Bei der Beratung bemerkte der Handelsminister , daß für seine Meinung ein Präzedenz da sei, nämlich die Ratifizierung des Vertrages bezüglich des Elbezolles. Diese ähnliche Angelegenheit sei auch in der Konferenz beraten und sich dahin entschieden worden, daß ein solcher Vorbehalt nicht gemacht werde, sondern die Ah. Ratifikation ganz einfach erfolgen solle9. Im übrigen komme auch zu besorgen, daß durch diese Klausel die Unannehmlichkeit hervorgerufen werden könnte, daß sich das Abgeordnetenhaus dann nicht bloß auf die Zustimmung bezüglich der Geldmittel beschränken, sondern den ganzen Vertrag, d. h. die einzelnen Stipulationen desselben, in Verhandlung nehmen werde. Graf Wickenburg würde daher darauf einraten, daß die Ratifikation jetzt ohne diesen Vorbehalte vorgenommen und die Sache erst nachträglich dem Reichsrate bezüglich der Ablösungssumme in die verfassungsmäßige Behandlung gegeben werde. Der Staatsminister war der Meinung, daß, nachdem eine eigentliche Zustimmung des Reichsrates zu dem in Rede stehenden Vertrage gar nicht platzzugreifen hat und es sich nur seinerzeit um die bezüglich der zu leistenden Ablösungssumme erforderliche verfassungsmäßige Mitwirkung des || S. 213 PDF || Reichsrates handelt, jetzt bei der Ah. Ratifizierung der fragliche Vorbehalt keineswegs notwendig erscheine, und weil er auch besorge, daß durch eine solche Klausel der ganze Vertrag in eine Verhandlung des Reichsrates gezogen werden könnte, erachte er dem Antrage des Handelsministers beistimmen zu sollen. Der Minister Ritter v. Lasser sprach sich für die Meinung des Ministers des Äußern aus, denn da ihm klar vorliegt, daß in dieser Sache eine Mitwirkung des Reichsrates erforderlich ist, so scheine es ihm auch ganz angemessen zu sein, daß der diesbezügliche Vorbehalt bei der Ah. Genehmigung des Vertrages gemacht werde und, um auch der Besorgnis, daß dann der Reichsrat in alle Stipulationen des Vertrages eingehen werde, zu begegnen, könnte vielleicht dieser Vorbehalt in folgender Form gegeben werden: „vorbehaltlich der bezüglich der Ablösungssumme erforderlichen verfassungsmäßigenu Mitwirkung Unseres Reichsrates“.

Dieser Meinung schloß sich der Kriegsminister an. Alle übrigen Stimmführer traten der Ansicht des Handelsministers und Staatsministers bei, und es sprach sich somit die Majorität der Konferenz für die Weglassung des Vorbehaltes aus10.

V. Einvernahme des Insurgentengenerals Józef Wysocki durch das Lemberger Strafgericht

Der Staatsminister gedenkt auf eine von dem Lemberger Statthaltereipräsidium gestellte Anfrage, was mit dem dort in Polizeihaft befindlichen Insurgentengeneral Wysocki weiter zu geschehen hat11 und ob derselbe von Seite des Strafgerichtes in der Sapiehaschen Untersuchung12 einvernommen werden soll, die Erwiderung zu geben, daß Wysocki in fernerer Haft zu behalten sei und daß es keinem Anstande unterliegt, ihn strafgerichtlich einvernehmen zu lassen.

Die Konferenz fand dagegen nichts zu erinnern13.

VI. Hirtenbrief des Trientiner Fürstbischofs

Der Minister Dr. Hein referierte, er habe gemäß des Ministerratsbeschlusses vom 2. Juli l. J. dem Oberstaatsanwalte Haßlwanter den Auftrag gegeben, die Gründe seines Verhaltens gegenüber dem Hirtenbriefe des Fürstbischofes von || S. 214 PDF || Trient anzugeben und sich in bezug auf die Einleitung eines Strafverfahrens gutächtlich zu äußern14. In der nunmehr eingelangten Antwort spreche sich Haßlwanter unter Entwicklung seiner subjektiven Ansichten in dieser Sache dahin aus, daß das gedachte Schriftstück keinen Anhaltspunkt zur Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens darbiete15. Sowenig er (Minister Dr. Hein) mit der ganzen Anschauung des Staatsanwaltes einverstanden sei, ebensowenig sei es auch der Staatsminister, welchem er diesen Bericht mitgeteilt habe16, und es entstand daher die Frage, ob und was von Seite der Justizgewalt zu tun wäre. Da habe sich aberv bei näherer Erwägung gezeigt, daß nach Artikel 14 des Konkordates in Verbindung mit der Verordnung des Konziliums von Trient in der 24. Sitzung – wwelche Bestimmungenw sofort vorgelesen wurden – in dem vorliegenden Falle die weltliche Gerichtsbarkeit nicht eingreifen könne17. Da also hier die Aktion der weltlichen Jurisdiktion aufhört, so müsse er es nur dem Ermessen der hohen Konferenz anheimstellen, was in dieser Angelegenheit allenfalls auf administrativem xoder diplomatischemx Wege vorzukehren wäre.

Der Staatsminister äußerste, daß der Fall wohl nicht von solcher Wichtigkeit sei, um hierwegen bis an den Heiligen Stuhl zu gehen. Allein jedenfalls scheine es angemessen, daß an den Fürstbischof ein Schreiben, welches sofort vorgelesen wurde, gerichtet werde, in welchem das Bedauern der Regierung gegen den Bischof über sein Vorgehen ausgesprochen und gesagt werde, daß es der Regierung nicht gleichgültig sein könne, wenn von Seite eines katholischen Oberhirten dem Protestantismus solche Kränkungen zugefügt werden18. Der Minister Dr. Hein erklärte sich mit diesem Schreiben um so mehr einverstanden, als dessen Inhalt mit || S. 215 PDF || seiner auf den Bericht des Haßlwanter gegebenen Antwort übereinstimmt. Der Polizeiminister würde diesen Schritt billigen, wenn er nur einige Hoffnung hätte, daß derselbe von einem Erfolg begleitet sein wird. Seines Erachtens werde diese Angelegenheit mit diesem Schreiben kaum abgeschlossen sein, vielmehr stehe zu erwarten, daß der Bischof eine Antwort darauf geben wird und zwar eine vom Standpunkte des reinen Papsttumes, wo dann wieder die Frage entstehen wird, was weiter. Noch einmal Antwort geben und sich in eine Polemik einlassen, scheine wohl nicht angezeigt zu sein. Votant würde daher raten, den Gegenstand lieber auf sich beruhen zu lassen. Der Minister des Äußern pflichtete dieser Meinung um so mehr bei, als man bedenken müsse, welchen Eindruck ein solches Schreiben an den Fürstbischof auf das ganze Land machen würde und als dieses bei der in religiösen Sachen so leicht erregbaren Bevölkerung zu Agitationen benützt werden könnte. Aus diesen Opportunitätsrücksichten und weil überhaupt ein günstiger Erfolg dieses Schreibens nicht abzusehen ist, sprachen sich auch der ungarische Hofkanzler und der Finanzminister gegen diese Maßregel aus. Der Minister Ritter v. Lasser erachtete, dem Vorschlag des Staatsministers unbedingt beitreten zu sollen, indem er es geradezu für unmöglich hält, daß die Regierung jetzt auf einmal die Hände in den Schoß legen solle, wo die ganze Sache in die Öffentlichkeit gedrungen und gewiß das weitere Verhalten der Regierung genau observiert wird. Die Besorgnis, daß diesem Schreiben eine Antwort folgen wird, welche für die Regierung nur eine weitere Verlegenheit bilden möchte, könnte Votant nicht teilen, indem ihm Bischof v. Riccabona19 ein loyaler Mann und keineswegs von dem Schlage des Erzbischofes Landgraf Fürstenberg20 zu sein scheint und daher von ihm immerhin zu erhoffen sei, daß er an den Staatsminister einen passenden und artigen Brief richten wird. Was aber die Bedenken wegen der nachteiligen Folgen einer dem Bischofe von der Regierung erteilten Rüge in bezug auf die dortige Bevölkerung betrifft, so scheine ihm dasselbe auch zu weitgehend zu sein, zumal sich glücklicherweise die Südtiroler nicht in jener Strömung der religiösen Erregtheit befinden wie die Nordtiroler. Wenn es auch, fügte Minister Graf Nádasdy bei, bei den Katholischen einige Sensation machen wird, so sei doch auch nicht zu übersehen, daß es auch wieder auf der anderen Seite mit großer Befriedigung aufgenommen werden wird. Übrigens könne die Regierung, nachdem die Sache nun einmal in die Öffentlichkeit gedrungen und bereits Gegenstand einer Interpellation im Hause geworden ist21, nicht untätig bleiben, und da sich ein gerichtliches Einschreiten als untunlich erweiset, so müsse die Regierung wenigstens zeigen, daß sie ein solches Vorgehen des Bischofes entschieden mißbilligt. Dieser Stimmführer, sowie auch der Kriegsminister und der Handelsminister erklärten sich mit dem Antrage des Staatsministers einverstanden. || S. 216 PDF || Der Marineminister glaubte dagegen, sich jenen Stimmen anschließen zu sollen, die es vorziehen, den Gegenstand lieber auf sich beruhen zu lassen. Nachdem von Seite des Justizministers das betreffende Organ zur gutächtlichen Äußerung über die Frage, ob bezüglich des gedachten Schriftstückes ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden könne, aufgefordert wurde und von diesem eine verneinende Antwort vorliegt, so erscheine die Regierung, soweit sie in der Sache engagiert war, durch diese kompetente Äußerung vollkommen gedeckt. Freiherr v. Burger würde übrigens die Voraussetzung des Ministers Ritter v. Lasser hinsichtlich der Antwort des Bischofes aus seiner persönlichen Kenntnis des Riccabona nicht teilen, so wie er auch nicht annehmen möchte, daß der letztere bei der Erlassung des Hirtenbriefes allein gehandelt habe, sondern vielmehr hiebei eine wohlberechnete Kombination im Spiele war. Der Staatsminister ergriff zur Begründung seines Vorschlages noch einmal das Wort, um vor allem darauf hinzuweisen, daß er es im hohen Grade für angezeigt und politisch klug halte, es nicht dahin kommen zu lassen, daß die Konkordatsfrage aufgerührt werde, mit welcher, wenn sie einmal zur Sprache kommt, ein gewaltiger Sturm hervorbrechen wird22. In dieser Richtung habe sich der Staatsminister auch bestimmt gefunden, alle wichtigen konfessionellen Fragen selbst in die Hand zu nehmen, und aus gleichem Grunde könne er es nur empfehlen, daß, wenn ein Bischof sich solche Ausschreitungen wie der Trienter erlaubt, dieses von der Regierung nicht geduldet, sondern gerügt werde. Soweit es sich um den Erfolg des beabsichtigten Schreibens frägt, so dürfte sich wohl annehmen lassen, daß die Antwort eine bescheidene und artige sein wird. Sollte es jedoch wider Erwarten nicht der Fall sein, dann werde es wohl nicht notwendig sein, sich in eine nutzlose Polemik einzulassen, vielmehr werde man das Augenmerk dahin richten, daß dem Bischofe bei passender Gelegenheit sein Verschulden empfunden lassen werde, worauf nicht lange gewartet werden dürfte23, zumal diese Herren mit manigfaltigen Ansinnen an die Regierung, namentlich aber in Geldsachen, nicht spärlich sind. Was übrigens den Ton yund Inhalty etc. des vorgelesenen Schreibens betrifft, so glaube ihn der Staatsminister eher als zu mild bezeichnen zu sollen, wenn er auf jene Erlässe hinsieht, die der ehemalige, gewiß sehr katholische Kultusminister Graf Thun bei mehreren Anlässen an Bischöfe erlassen hat. Ritter v. Schmerling müsse also seinen Vorschlag um so mehr empfehlen, als es sich dabei hauptsächlich darum handelt, daß man nicht alles mit Geduld trägt, was diesen Herren beliebt.

Der vorstehenden Abstimmung gemäß ergaben sich sechs Stimmen gegen fünf für || S. 217 PDF || die Erlassung des Schreibens an den Fürstbischof, dessen Entwurf übrigens über Aufforderung Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer der Staatsminister noch Sr. k. k. apost. Majestät zur Ah. Einsicht au. unterbreiten wird24.

VII. Besetzung der Oberlandesgerichtspräsidentenstelle in Zara

Der Minister Dr. Hein eröffnete, daß er zur Besetzung der seit vier Monaten erledigten Oberlandesgerichtspräsidentenstelle in Zara nunmehr den au. Vorschlag zu erstatten beabsichtige25. Gegenwärtig versehe diesen Posten der dortige Landesgerichtspräsident Lallich. Der Oberste Gerichtshof habe für diese Stelle primo loco den Landesgerichtspräsidenten in Verona, Hr. Fontana, secundo loco den Landesgerichtspräsidenten in Triest, Zima, und tertio loco den Hofrat des Obersten Gerichtshofes, Schwab, in Vorschlag gebracht. Lallich wurde aus dem Grunde unberücksichtigt gelassen, weil er infolge eines körperlichen Leidens bereits zweimal Geistesstörungen erlitten hatte26. Freiherr v. Mamula wünsche es jedoch sehr lebhaft, daß diese Präsidentenstelle dem Lallich verliehen werde, da er jetzt vollkommen gesund sei, diesen Posten seit vier Monaten gut versehe und im Lande allgemeine Achtung genieße. Der vortragende Minister erachte sich für den Hofrat Schwab entscheiden zu sollen, denn was den Fontana betrifft, so haben sich gegen ihn Notizen ergeben, die einen großen Makel auf ihn werfen und die um so weniger zu übersehen sind, als sie auch in der Bevölkerung kursieren, und er daher für diesen Posten unmöglich geworden ist. Belangend den Zima, so sei derselbe erst vor kurzem zum Landesgerichtspräsidenten ernannt worden27, und es stelle sich daher Schwab als der geeignetste dar, zumal demz Lallich, obgleich er durch die vier Monate das Oberlandesgericht ganz entsprechend leitet und sich gegenwärtig einer vollkommenen Gesundheit erfreuen soll, dieser wichtige Posten eben im Hinblick auf die Möglichkeit eine Rückfalles nicht mit voller Beruhigung anvertraut werden könnte.

Bei der Erörterung hierüber äußerte der zuerst um seine Meinung befragte Minister Ritter v. Lasser , daß Fontana unstreitig der befähigteste von allen den genannten Bewerbern sei, gleichwohl aber bei diesem Leumunde unmöglich empfohlen || S. 218 PDF || werden könne, und da er den Lallich aus persönlicher Kenntnis für diesen Posten für durchaus nicht geeignet ansehe, so glaube er sich in Übereinstimmung mit dem Justizminister für den Hofrat Schwab aain Ermangelung eines geeigneten Kandidatenaa aussprechen zu sollen. Der Minister Nádasdy erklärte, aus seiner früheren Stellung als Justizminister sowohl dem Zima als auch dem Schwab in jeder Beziehung das beste Zeugnis geben zu können, nur würde er für den von diesen beiden stimmen, welcher im höheren Range steht, was bei Zima der Fall zu sein scheint, da ihn der Gerichtshof, der in dieser Hinsicht sehr genau zu sein pflegt, vor den Schwab setzt. Der Staatsminister würde unbedingt dem Zima den Vorzug geben, weil man in Dalmatien besonders eines ruhigen und taktvollen Mannes als obersten Landrichter bedarf, welche Eigenschaften dem Schwab gerade nicht nachgerühmt werden. Ebenso erachtete der Marineminister für Zima stimmen zu sollen, weil Fontana, obschon ein sehr geschickter und gewandter Präsident, doch keinen guten Klang im Lande habe und Lallich in der Tat schonab vermöge seiner Persönlichkeit nicht berücksichtigt werden kann. Der Kriegsminister hält den Fontana für einen sehr geschickten, eifrigen und loyalen Mann und würde, ungeachtet der gegen ihn vorliegenden Notizen, deren Wahrheit übrigens wahrscheinlich nicht erhärtet sein dürfte, kein Bedenken nehmen, ihn für den fraglichen Posten zu empfehlen. Der Polizeiminister, der Minister des Äußern, der Finanzminister und der Handelsminister sprachen sich in der Erwägung, daß der Statthalter, dem die dortigen Verhältnisse am besten bekannt sein müssen, einen Wert darauf legt, den Lallich als Oberlandesgerichtspräsidenten dort zu behalten, für den letzteren aus.

Nachdem der Minister Dr. Hein erklärte, sich mit den Stimmen für Zima zu konformieren, und Graf Nádasdy später auch unbedingt für diesen Kompetenten stimmte, so ergab sich nach dieser Abstimmung eine Stimme für Schwab, eine Stimme für Fontana, fünf Stimmen für Lallich und vier Stimmen für Zima, mithin die relative Stimmenmehrheit für den Landesgerichtspräsidenten Lallich. Schließlich fanden sich Se. k. k. Hoheit zu der Bemerkung veranlaßt, daß es mit Rücksicht auf die ungünstige Schilderung der Persönlichkeit des Lallich vielleicht angezeigt wäre, denselben aus passendem Anlasse hierher zu berufen, damit sich der Justizminister sein persönliches Urteil über ihn bilden könne, wozu sich Minister Dr. Hein sofort bereit erklärte28.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Frankfurt a. M., 26. August 1863. Empfangen 28. August 1863. Erzherzog Rainer.