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Nr. 373 Ministerrat, Wien, 13. Juli 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 13. 7.), Rechberg (bei I. nicht anwesend), Mecséry, Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels (keine BdE.), Forgách, Burger, Hein, Mertens; außerdem anw. Reichenstein (nur bei I.-III. anwesend); abw. Degenfeld, Esterházy; BdR. Rechberg 7. 8.a

MRZ. 1179 – KZ. 2565 –

Protokoll des zu Wien am 13. Juli 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Gesetzentwurf über die Durchführung der Gleichberechtigung der rumänischen Nation und ihrer Konfessionen in Siebenbürgen

b Gegenstand der Beratung war der beiliegende Gesetzentwurf über die Durchführung der Gleichberechtigung der rumänischen Nation und ihrer Konfessionen in Siebenbürgenc, welcher gemäß des die Einberufung des siebenbürgischen Landtages anordnenden Ah. Reskriptes vom 21. April d. J. dem siebenbürgischen Landtage vorzulegen ist1. Der siebenbürgische Hofvizekanzler Freiherr v. Reichenstein referierte die in dem bezüglichen au. Vortrage vom 6. d. M. Z. 28722 enthaltenen Motive zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfes und bemerkte, daß die politische Gleichberechtigung der romanischen Nation und die staatsrechtliche Anerkennung ihrer beiden Konfessionen bereits wiederholt Ah. ausgesprochen und auch durch das kaiserliche Diplom vom 20. Oktober 1860 und die Reichsverfassung vom 26. Februar 1861 gewährleistet worden sei3, daher es sich bloß um die verfassungsmäßige Durchführung dieser Gleichberechtigung und Anerkennung, || S. 170 PDF || namentlich um die Übertragung aller jener Berechtigungen an die romanische Nation Siebenbürgens handle, welche gemäß der Landesverfassung den anderen Nationen im Großfürstentume zukommen4. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf würde auchd den beiden Konfessionen der Romanen ihre gesetzliche Stellung derart gewährleistet, daß sie sich nach ihren eigenen Kirchensatzungen frei bewegen und organisieren können, wie es bei den übrigen Glaubensbekenntnissen des Landes der Fall sei. Die gesetzliche Anerkennung der romanischen Nation und ihrer Konfessionen könne aber keiner der übrigen Nationalitäten Siebenbürgens zum Präjudiz gereichen, nachdem die Ausübung politischer Rechte von keinem Religionsbekenntnisse abhängig gemacht werde und weil sämtliche Nationalitäten des Landes als vollkommen gleichberechtigt erklärt werden, so zwar, daß niemand aus dem Titel der Nationalität irgendein Vorrecht aussprechen oder geltend machen dürfe. Auch dürfen die nach der vormärzlichen Natur des Grund und Bodens in Kraft stehenden Benennungen einzelner Landesteile, nachdem die frühere exzeptionelle Stellung des Adels und der drei Nationen5 einem neuen Repräsentativsysteme gewichen sei, für einzelne Nationalitäten keine politischen Rechte begründen. Da das gegenwärtige Wappen Siebenbürgens aus den drei Siegeln der drei Nationen, und zwar Ungarn, Szekler und Sachsen bestehe, so sei die sinnbildliche Aufnahme der romanischen Nation in das Landeswappen jetzt notwendig. Mit Rücksicht auf die bisher übliche, mit mannigfachen Unzukömmlichkeiten verbundene Art und Weise, wie die Gesetze in Vollzug gesetzt wurden, habe es die Hofkanzlei für zweckmäßig erachtet, in dieser Beziehung denselben Modus, wie er in den Ländern diesseits der Leitha gebräuchlich ist, zu akzeptieren und daher bei diesem Gesetze auch die bei den Gesetzen der gedachten Länder üblichen Schlußformel in Antrag zu bringen (§ 8), wobei man auch von der Ansicht ausgegangen sei, daß dadurch alle die Fragen, die in dieser Beziehung bei dem Landtage vorkommen würden, präokkupiert werden.

Hierauf referierte der Staatsratspräsident , daß sich der Staatsrat in formeller Beziehung für die Weglassung des Eingangs „Wir Franz Joseph usw. bis wie folgt“ ausgesprochen habe, weil dies bei den Vorlagen hierlands bisher auch nicht vorkomme6. Er (der Präsident) würde jedoch, insoferne diese Formel in Siebenbürgen einen besonderen Zweck hat, nicht dagegen sein, daß dieser Eingang belassen werde. Die Konferenz war damit einverstanden, nur wurde über Anregung des Staatsministers in dem Titel Sr. Majestät eine Änderung derart vorgenommen, daß statt „Apostolischer König von Ungarn und Böhmen“, gesetzt werde, „Apostolischer König von Ungarn, König von Böhmen“, weil Se. Majestät nur apostolischer || S. 171 PDF || König von Ungarn – vom Hl. Stephan herrührend – sei. Ein wesentliches Bedenken, referierte Freiherr v. Lichtenfels , ergab sich dem Staatsrate bei [den] §§ 1 und 2 bezüglich des Ausdruckes „orthodox-orientalische Religion“, welche Benennung von Seite der Behörde in Siebenbürgen bisher nicht gebraucht wurde und welche sich weder vom staatlichen noch kirchlichen österreichischen Standpunkte vertreten ließe, und es wäre daher hier die für die griechisch nichtunierte Kirche überhaupt gebrauchte Benennung „griechisch-orientalisch“ auch für die siebenbürgische nichtunierte romänische Kirche zu wählen.

Der Minister Graf Nádasdy erklärte sich mit dieser Modifikation einverstanden, und es ergab sich auch der Konferenz keine Erinnerung dagegen. Ebenso wurde der Antrag des Staatsratspräsidenten, im § 2 Alinea 2 statt des Ausdruckes „gesetzliche autonome“ das Wort „selbständige“ zu setzen, allseitig angenommen.

§ 8 wäre nach den Anträgen der staatsrätlichen Stimmenmehrheit gänzlich wegzulassen, der vortragende Päsident stimme jedoch für die Belassung desselben.

Der ungarische Hofkanzler hätte große Bedenken gegen den § 8. Fürs erste halte er diese Form für einen Hofkanzler durchaus nicht passend, zumal derselbe kein verantwortlicher Beamter sei und sich nicht in der Stellung eines konstitutionellen Ministers befindet, sondern stets nur sein Amt nomine majestatis ausübt, und dann sei auch keine Notwendigkeit vorhanden, in den Ländern jenseits der Leitha von der bisherigen Gepflogenheit abzugehen und solche Verantwortlichkeiten hervorzurufen. Auch liege in dieser Sache ein politischer Grundsatz, dessen Anwendung Votant in den ungarischen Ländern unbedingt widerraten müßte. Er stimme daher für die Weglassung dieses Paragraphes. Der Minister Graf Nádasdy hielt seinen Antrag aufrecht. Er setzte des näheren auseinander, wie bisher in Siebenbürgen in Ansehung der Vollziehung der Gesetze vorgegangen wurde, und meinte, daß sich vom praktischen Standpunkt apodiktisch gegen diese der Gegenwart durchaus nicht angemessene Manipulation erklärt werden müsse. Durch die Annahme dieser Form, wie sie in den übrigen Kronländern besteht, hoffe er alle die Fragen, die in dieser Beziehung im Landtage vorkommen würden, von vornehinein abzugewinnen, und es handle sich hauptsächlich darum, daß man etwas einführe, was sich nach den heutigen Zeitverhältnissen und Bedürfnissen als notwendig zeigt. Der Finanzminister äußerte, daß so lange die Hofkanzler nicht die gleiche Stellung wie die Minister einnehmen, es ihm nicht logisch zu sein schiene, daß man bei ihnen diese Schlußformel anwende. Der Staatsminister war für die Belassung des Paragraphes, indem er dem Bedenken des ungarischen Hofkanzler[s] ein kaiserliches Patent vom Jahre 1855 aus dem Reichsgesetzblatte entgegenhielt, in welchem der Schlußparagraph lautet: „Unser Minister N. ist mit der Vollziehung des Gesetzes beauftragt7“, woraus sich ergeben dürfte, daß dies gewiß keine Form seie, die eine Verantwortlichkeit des Ministers in sich schließt, zumal in dem damals noch nicht konstitutionellen Österreich gewiß von einer Verantwortlichkeit der Minister keine Rede war.

|| S. 172 PDF || Ebenso stimmten der Polizeiminister, der Minister Ritter v. Lasser, der Handelsminister, der Justizminister und der Kriegsministerstellvertreter, mithin die Majorität der Konferenz, für die Belassung des § 8, wogegen der Marineminister sich dem Antrage des ungarischen Hofkanzlers anschloß8.

II. Gesetzentwurf über den Gebrauch der drei landesüblichen Sprachen im öffentlich-amtlichen Verkehr in Siebenbürgen

Der Hofvizekanzler Freiherr v. Reichenstein referierte sodann den Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei vom 6. Juli l. J. Z. 2871 mit dem beiliegenden Gesetzentwurfe über den Gebrauch der drei landesüblichen Sprachen – der deutschen, ungarischen und romanischen – im öffentlichen Verkehref, welcher gemäß der Ah. Entschließung vom 21. April l. J. dem siebenbürgischen Landtage vorgelegt werden soll9. In diesem Entwurfe werde der allgemeine Grundsatz an die Spitze gestellt, daß die ungarische, deutsche und romanische Sprache im öffentlichen amtlichen Verkehre gleichberechtigt sind, die anderen Paragraphen enthalten die bezüglich der praktischen Anwendung dieses Grundsatzes notwendigen Bestimmungen10.

Nachdem Referent die einzelnen Paragraphen verlesen und dazu die geeigneten Erläuterungen gab, ergriff der Staatsratspräsident das Wort, um das seitens des Staatsrates über diesen Gegenstand abgegebene Gutachten vorzutragen11. Diesem gemäß ergaben sich dem Staatsrate gegen den Eingang und den Schlußparagraph dieselben Bemerkungen, welche bei [Punkt] I. aufgenommen erscheinen und worüber die Konferenz den gleichen Beschluß wie dort faßte. Zu § 8 wünsche der Staatsrat das Wort „instanzenmäßigen“ wegzulassen, womit sich Graf Nádasdy und die Konferenz einverstanden erklärten. Ebenso wurde die zu § 14 beantragte Umänderung des Wortes „betreffenden“ in „eigenen“ ohne Erinnerung angenommen. § 12 hätte nach dem Antrag der staatsrätlichen Majorität gänzlich zu entfallen, weil der Inhalt dieses Paragraphes die Möglichkeit zulasse, daß in einer oder der anderen Gemeinde oder Munizipium in einem und demselben Jahre zwei verschiedene Sprachen bestimmt werden. Eine Stimme behaupte jedoch das Gegenteil, nämlich daß eben dieser Paragraph die längere Dauer einer und derselben Geschäftssprache in der betreffenden Gemeinde oder Munizipium sichere, weil ohne diesen Paragraph die betreffenden Vertretungen die Sprache wechseln könnten, je nachdem eben in einer oder der anderen Versammlung dieser Vertretungen eine oder die andere Nationalität stärker vertreten sei. Freiherr v. Lichtenfels meine, daß wohl beides etwas für sich habe. Er seinerseits würde für die Beibehaltung dieses Paragraphes stimmen, wofür sich sofort auch der Ministerrat aussprach. Zu § 17 beantrage der Staatsrat, statt der Schlußworte, „wird durch Uns bestimmt“, zu setzen, „und mit den außerhalb des || S. 173 PDF || Großfürstentums Siebenbürgen befindlichen Behörden wird im Verordnungswege bestimmt“, womit Graf Nádasdy im allgemeinen einverstanden war, nur wurde von Seite des Baron Reichenstein angeregt, daß mit Rücksicht darauf, daß der Eingang des Gesetzes aufrecht bleibt, auch hier die Worte, „von Uns bestimmt“, stehen bleiben und der staatsrätliche Zusatz mit Weglassung der letzten Worte, „im Verordnungswege bestimmt“, eingeschaltet werden könne, was sofort von der Konferenz angenommen wurde. Gegen den Antrag des Staatsrates, im § 19 statt des Wortes „autonomen“ zu setzen „einzelnen“, ergab sich keine Erinnerung. Der ungarische Hofkanzler hielt sich schließlich für verpflichtet, seine Bedenken gegen diese Maßregel zu Protokoll zu geben. 90 Jahre habe man in Ungarn Schritt für Schritt gekämpft, um das zu erlangen, was man jetzt den Romanen hier gibt. Das ganze gehe darauf hinaus, den Romanen faktisch das Land in die Hand zu spielen, und es frage sich, ob man nicht gim wohlverstandenen Interesse des Reichesg eher zu der Politik genötigt sei, in Siebenbürgen dasjenige Element, welches Besitz und Intelligenz vorzugsweise in sich vereinigt, zu schützen und zu kräftigen, anstatt es zu verdrängen. Der Minister Graf Nádasdy erwiderte, daß bei diesem Gegenstande niemand eine Unterdrückung des ungarischen Elementes bezwecke, wohl aber eineh Gleichberechtigung sämtlicher Nationalitäten des Landes, wodurch freilich die frühere Bevorzugung der ungarischen Nation fallen muß. Im übrigen sei alles das, was eben hier gegeben wird, bereits wiederholt von Sr. Majestät zugesagt worden12, daher es nicht in der Macht des Hofkanzlers liegt, davon abzugehen13.

III. Erlaubnis zur Verwendung der provisorischen Landesordnung bei den Verhandlungen des siebenbürgischen Landtages

Der Hofvizekanzler Freiherr v. Reichenstein referierte die Motive, aus welchen die siebenbürgische Hofkanzlei mittelst au. Vortrages vom 2. Juli l. J. Z. 3128 den au. Antrag stellt, Ag. zu gestatten, daß der gegenwärtige || S. 174 PDF || Landtag durch den bevollmächtigten königlichen Landtagskommissär14 seinerzeit aufgefordert werde, bei den landtäglichen Verhandlungen über die Zusammensetzung und Ordnung des Landtages die für diesen Landtag Ah. erlassene provisorische Landtagsordnung als Grundlage zu nehmen15. Die Hofkanzlei sei hiebei von der Erwägung ausgegangen, daß, nachdem diese provisorische Landtagsordnung als das der wegen Einsicht Sr. Majestät als das Billigste, Gerechteste, den obwaltenden tatsächlichen Verhältnissen und Bedürfnissen am meisten Entsprechende angesehen werden und gelten müsse, man sich durch jetzt vorzunehmendei Modifikationen in dieser provisorischen Ordnung nur dem Einwurfe aussetzen würde, warum also das hiedurch als besser Erkannte nicht schon bei der provisorischen Ordnung zur Geltung gebracht wurde. Dem Staatsrate ergab sich gegen diesen Vorgang keine Erinnerung16.

Der Präsident hätte nur geglaubt, daß es sich hiebei um einen definitiven Beschluß bezüglich der Zahl der Regalisten17 handeln werde. Wenn aber diese provisorische Ordnung nur als Grundlage dienen soll, mithin der Landtag in der Sache eigentlich die Initiative zu ergreifen hat, so bedürfe diese Frage jetzt noch keiner Entscheide.

Der Ministerrat war mit dem vom Grafen Nádasdy empfohlenen Vorgange ebenfalls einverstandenj, 18.

IV. Stellung der Regierung zu den Ausschußanträgen über den Gesetzentwurf betreffend die Behandlung umfangreicher Gesetze im Reichsrat

Der Staatsminister referierte in Hinsicht der von der Regierung einzunehmenden Position gegenüber den Ausschußanträgen über den Gesetzentwurf betreffend die Behandlung umfangreicher Gesetze im Reichsrate19. Er bezeichnet zuerst die Unterschiede, welche zwischen den Ausschußanträgen und der Regierungsvorlage obwalten, und meinte, daß kgegen die im § 1 beantragte Änderung – Unterlassung der speziellen Bezeichnung der Gesetzentwürfe – sowiek gegen die Wahl ständiger Ausschüsse wohl keine Einwendung zu erheben wäre, dagegen aber den || S. 175 PDF || bezüglich der Aktion dieser Ausschüsse beantragten Modifikationen (§ 5)l nicht zugestimmt werden könnte. Der Ausschußantrag habe es so kuriert, daß jedes Mitglied des Hauses das Recht hat, jederzeit den Ausschußberatungen beizuwohnen, ferner an den Ausschuß schriftlich formulierte Anträge zu leiten und dieselben mündlich oder schriftlich zu begründen, welche Anträge vom Ausschusse in Beratung zu ziehen sind und über jeden derselben abzustimmen ist. Es würde sonach den Mitgliedern des Hauses unbedingt und jederzeit das Recht eingeräumt, Anträge im Ausschusse einzubringen und zu begründen, wodurch man also das ganze Jahr hindurch eine bleibende Aktion des Hauses haben würde, und es stelle sich diese Anordnung um so bedenklicher dar, als man damit eine Art Rumpfparlament schaffen würde. Der Staatsminister erachte daher, daß die Regierung in dieser Beziehung an den in der Regierungsvorlage § 6 bis 9 vorgezeichneten Bestimmungen festhalten müsse, womit sich die Konferenz einverstanden erklärte20.

V. Aufnahme eines Kredits für das Kriegsministerium zur Begleichung der Vergütungsforderungen wegen der Kriegsleistungen und Enteignungen im lombardo-venezianischen Königreich aus dem Jahr 1859

Der Finanzminister referierte, der Kriegsminister habe sich an ihn mit dem Ersuchen um die Eröffnung eines Kredites behufs Begleichung der bereits liquiden und der demnächst zur Liquidität gelangenden Kriegsprästations- und Expropriationvergütungsforderungen im lombardo-venezianischen Königreiche aus dem Jahre 1859 gewendet21. Das diesfällige Erfordernis sei mit 4,225.300 fl. in Silber, 191.900 fl. in Montekartellen und 11.800 fl. Banknoten veranschlagt, und das Kriegsministerium wünsche die Eröffnung eines Kredites bis zum Belaufe mindestens des dritten Teiles dieses Erfordernisses. Auf die von Seite des Finanzminsteriums an das Kriegsministerium gestellte Anfrage, ob nicht die eigenen reservierten Fonds, z. B. Stellvertreterfonds, Gewehrgelderfonds, Pferdeankauffonds zuvörderst in der Lage seien, das Erfordernis vorschußweise gegen Ersatz aus dem zu erwirkenden Nachtragskredite zu bedecken22, antwortete das letztere, daß eine teilweise Entlehnung von Geldern aus diesen Fonden mit Rücksicht auf ihre Bestimmung nicht statthaft sei23. Unter diesen Verhältnissen, fährt der Finanzminister fort, werde wohl nichts anderes erübrigen, als dem Kriegsministerium den gewünschten Kredit bis zum Belaufe des dritte Teil[es] des oben bezifferten Gesamtbetrages zu eröffnen, und er sehe sich mit Rücksicht mauf die Ah. Entschließung vom 13. Juni 1863 m auf die Ah. Entschließung vom 13. Juni 1863, 24 auf || S. 176 PDF || die Notwendigkeitn des für die fraglichen oim Finanzgesetze für 1863 nicht vorgeseheneno Zahlungen, erst noch im verfassungsmäßigen Wege zu erwirkenden Nachtragskredites veranlaßt, diese Angelegenheit der hohen Konferenz zur Kenntnis zu bringen pund zu der sofort zu bewirkenden Flüssigmachung des erwähnten Barbetrages aus den Silberkassabeständen der Kassen des lombardo-venezianischen Königreiches die Zustimmung des hohen Ministerrates einzuholenp .

Hierwegen ergab sich keine Erinnerung25.

VI. Kompetenzbedenken des Abgeordnetenhauses bezüglich der Budgetverhandlung pro 1864

Der Finanzminister referierte, daß der in der Thronrede bezüglich der Finanzvorlagen enthaltene Passus „Seine k. k. apost. Majestät wünschen und erwarten, daß die Finanzvorlagen, sobald sie an das Haus der Abgeordneten gelangen, geprüft und in vorbereitender Weise beraten werden, indem bis zu dem Zeitpunkte, mit welchem die Beschlußfassung eintreten kann, die Teilnahme der Abgeordneten Siebenbürgens an den Beratungen des Reichsrates in dieser Session sich gewärtigen läßt“ von ihm als der Anknüpfungspunkt zur Einbringung des Staatsvoranschlages pro 1864 angesehen wurde, und da über die diesfalls im Ministerrate gestellte Frage auch entschieden worden sei, daß eine bloße Berufung auf diese qin der Thronrede ausgesprocheneq Ah. Willensmeinung bei der Einbringung der erwähnten Finanzvorlage genüge26, habe er dieser gemäß seinen diesbezüglichen Vortrag vorbereitet. Heute sei ihm jedoch von dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses die Mitteilung gemacht worden, daß im Hause einige Kompetenzbedenken aufgetaucht sind, indem man mit Rücksicht auf den Umstand, daß die Thronrede bloß von einer vorbereitenden Beratung spricht und in bezug auf die Beschlußfassung auf das bis dahin anzuhoffende Eintreffen der Siebenbürger hinweiset, den Zweifel hegt, ob, wenn das Haus das Budget jetzt in Verhandlung nimmt, diese Beratung nicht etwa bloß als eine konsultative angesehen oder ob dieselbe doch auch die Wirkung der Beschlüsse eines vollkommen || S. 177 PDF || konstituierten Reichsrates haben werde27. Hierüber wünsche man also eine Aufklärung, und der Präsident v. Hasner sei der Meinung, daß es am geratensten wäre, jetzt gleich bei der Einbringung dieser Finanzvorlage die Erklärung abzugeben, daß im Falle die Abgeordneten Siebenbürgens nicht erscheinen sollten, dennoch die verfassungsmäßige Behandlung und Schlußfassung über die Vorlage die gleiche Kraft wie die eines konstituierten Reichsrates haben werde. Soll nun dieses wirklich geschehen, so entstehe zuvörderst die Frage, ob diese Erklärung nur von Seite des Ministeriums oder von Sr. k. k. apost. Majestät mittelst kaiserlicher Botschaft gegeben werden soll. Der Finanzminister wäre der Ansicht, daß dieses von Ah. Sr. Majestät selbst auszugehen hätte, und es wäre sich daher diese Ag. Ermächtigung gleich zu erbitten.

Bei der Erörterung hierüber sprach sich der Staatsminister entschieden gegen die Abgabe einer derlei Erklärung aus. Er brachte vor allem dem Ministerrate in Erinnerung, daß in dieser Beziehung bereits wiederholt Beratungen gepflogen wurden und die Konferenz sich dahin entschieden habe, daß es bei der Vorlage des Budgets vollkommen genügen werde, wenn der Finanzminister sich hiebei auf die bereits in der Thronrede Ah. ausgesprochenen Worte beruft. Bis heute haben sich die Verhältnisse nicht geändert, und es sei daher auch heute noch dieses der für die Regierung vorgezeichnete Gang. Mit der gedachten Erklärung würde nur der Zweifel ausgesprochen sein, ob die Siebenbürger kommen, was im gegenwärtigen Augenblick wohl nicht passend sein dürfte. Seinerzeit, wenn die Siebenbürger in der Tat an der Beratung nicht teilnehmen sollten, werde dann eine kaiserliche Botschaft in dem obdachten Sinne am Platze sein28. Im übrigen bemerkte Ritter v. Schmerling, daß ihm bisher von diesen angeblichen Kompetenzbedenken nichts bekannt geworden sei und diese Sache vermutlich wieder nur von einigen Mitgliedern des Hauses, welche in allem und jedem Skrupel haben, herrühren dürfte. Seines Dafürhaltens sei es das Beste, auf solche Gespräche gar nicht zu achten, sondern die Sache an sich kommen lassen und dann nach dem einmal angenommenen Grundsatze vorgehen.

Dieser Meinung waren auch alle übrigen Stimmführer, und der Finanzminister wird sich demnach in seinem Vortrage bei Einbringung des Budgets einfach auf die in der Thronrede Ag. ausgedrückte Willensmeinung berufen29. rÜber die Motion des Finanzministers erklärte der Staatsminister, die hier angeregten Kompetenzbedenken durch privative Einwirkung auf die betreffenden Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu behebenr .

VII. Antrag des Handelsministers auf Abhaltung der Industrieausstellung im Jahr 1866

Se. k. k. Hoheit geruhten aus Anlaß des vom Handelsminister Allerhöchstenortes unterbreiteten Antrages auf Abhaltung der Industrieausstellung in || S. 178 PDF || Wien im Jahre 186630 an den genannten Minister die Frage zu stellen, ob denn die Sache in dieser Beziehung auch schon zum Ah. Ausspruche vollkommen reif sei.

Der Handelsminister äußerte, sdaß er sich vor allem auf den Inhalt seines au. Vortrages beziehen müsse, in welchem alle Momente, welche in dieser Angelegenheit ins Auge zu fassen sind, umständlich auseinandergesetzt wurden. Er müsse hiernach nur wiederholen, daß die Frage wegen der Ausstellung keine zweifelhafte mehr sein könne, nachdem Se. Majestät bereits durch die am 8. Februar d. J. erfolgte Ah. Entschließung anzuordnen geruhten, daß dieselbe im Jahre 1865 oder in einem der nächst darauffolgenden Jahre stattzufinden habe. Es sei sonach nur in Betrachtung zu ziehen, ob das Jahr 1865 oder welches andere als das geeignete erscheine. Das Jahr 1865 sei wegen der zu treffenden Vorbereitungen zu früh, das Jahr 1866 aber vollkommen annehmbar, und habe sich in dieser Beziehung die öffentliche Meinung ganz bestimmend ausgesprochen. Auf dieses letztere Jahr zu greifen sei eben dermals um so nötiger, als Frankreich für das Jahr 1867 eine Ausstellung angekündigt habe. Eine weitere Hinausschiebung der Ausstellung in Wien würde also einem gänzlichen Verzichte einer solchen Unternehmung gleichkommen, da schon wenige Jahre nach der französischen Ausstellung abermals eine englische in Aussicht stehe und sich auch schon in Preußen mit einer ähnlichen Idee beschäftigt werde. Die Ehre und Würde Österreichs sowie die immer lauter werdenden Wünsche der Bevölkerung und der Nutzen und Vorteile, welche sich aus der beabsichtigten Ausstellung für die ganze Monarchie ergeben werden, lassen dieses nicht zu. Es wäre in der Tat schmählig und Sr. Majestät Wort kompromittierend, wenn nach dem einmal bekanntgemachten Beschlusse Sr. Majestät deshalb von der Ausstellung Abstand genommen werden wollte, weil es Frankreich beliebe, rücksichtslos vorzugehen. Übrigens sei es möglich, daß Frankreich, wenn es sehe, daß Österreich sich nicht abschrecken lasse und Ernst mache, durch seine eigenen Industriellen bestimmt werde, die für 1867 angekündigte Ausstellung auf das Jahr 1868 zu verschieben. Wo das Ansehen des Reiches und seiner wichtigsten Interessen auf dem Spiele stünden, könne die Geldfrage nur untergeordneter Art sein und müsse dieselbe in einer oder der anderen Art gelöset werden, was auch durchaus nicht so schwierig sei als man sich vorstelle. Nach ganz genauen Überschlägen werde die Auslage keine vollen drei Millionen in Anspruch nehmen, und hoffe der Minister, daß mit weiser Sparsamkeit auch die Summe von zweieinhalb Millionen genügen werde. Ein großer Teil hievon werde wieder durch die zu erzielenden Einnahmen, durch eine beabsichtigte Verlosung, durch Verwertung der Gebäude, durch Beiträge der Stadt Wien und Sonstiges hereingebracht werden. Das Defizit dürfte also aller Wahrscheinlichkeit nach kein namhaftes sein, und übernehme es der Staat für dasselbe eine Garantie zu leisten, so haben der Handelsminister die bestimmtesten Zusicherungen, daß es nicht an Unternehmern oder Darlehern fehle, welche die erforderlichen Geldmittel beischaffen werden. Aber das Erste und Wesentlichste sei, daß Se. Majestät das Jahr 1866 als das Ausstellungsjahr bezeichne, weil man sonst immer dem Zweifel begegnen [werde], ob denn die Regierung ihr Ausstellungsprojekt nicht etwa zurückgezogen habe. Sei dieser Ausspruch als Vorbedingung jedes weiteren Schrittes definitiv erfolgt und jene Gewißheit hervorgerufen, auf welche jedermann mit Spannung hoffet, so finde sich alles übrige leicht und bürge er, Handelsminister, unter dem vollen Gewichte seiner Verantwortlichkeit für die zufriedenstellendste Ausführungs daß er sich vor allem auf den Inhalt seines au. Vortrages beziehen müsse, in welchem alle Momente, welche in dieser Angelegenheit ins Auge zu fassen sind, umständlich auseinandergesetzt wurden. Er müsse hiernach nur wiederholen, daß die Frage wegen der Ausstellung keine zweifelhafte mehr sein könne, nachdem Se. Majestät bereits durch die am 8. Februar d. J. erfolgte Ah. Entschließung anzuordnen geruhten, daß dieselbe im Jahre 1865 oder in einem der nächst darauffolgenden Jahre stattzufinden habe31. Es sei sonach nur in Betrachtung zu ziehen, ob das Jahr 1865 oder welches andere als das geeignete erscheine. Das Jahr 1865 sei wegen der zu treffenden Vorbereitungen zu früh, das Jahr 1866 aber vollkommen annehmbar, und habe sich in dieser Beziehung die öffentliche Meinung ganz bestimmend ausgesprochen32. Auf dieses letztere Jahr zu greifen sei eben dermals um so nötiger, als Frankreich für das Jahr 1867 eine Ausstellung angekündigt habe. Eine weitere Hinausschiebung der Ausstellung in Wien würde also einem gänzlichen Verzichte einer solchen Unternehmung gleichkommen, da schon wenige Jahre nach der französischen Ausstellung abermals eine englische in Aussicht stehe und sich auch schon in Preußen mit einer ähnlichen Idee beschäftigt werde. Die Ehre und Würde Österreichs sowie die immer lauter werdenden Wünsche der Bevölkerung und der Nutzen und Vorteile, welche sich aus der beabsichtigten Ausstellung für die ganze Monarchie ergeben werden, lassen dieses nicht zu. Es wäre in der Tat schmählig und Sr. Majestät Wort kompromittierend, wenn nach dem einmal bekanntgemachten Beschlusse Sr. Majestät deshalb von der Ausstellung Abstand genommen werden wollte, weil es Frankreich beliebe, rücksichtslos vorzugehen. Übrigens sei es möglich, daß Frankreich, wenn es sehe, daß Österreich sich nicht abschrecken lasse und Ernst mache, durch seine eigenen Industriellen bestimmt werde, die für 1867 angekündigte Ausstellung auf das Jahr 1868 zu verschieben. Wo das Ansehen des Reiches und seiner wichtigsten Interessen auf dem Spiele stünden, könne die Geldfrage nur untergeordneter Art sein und müsse dieselbe in einer oder der anderen Art gelöset werden, was auch durchaus nicht so schwierig sei als man sich vorstelle. Nach ganz genauen Überschlägen werde die Auslage keine vollen drei || S. 179 PDF || Millionen in Anspruch nehmen, und hoffe der Minister, daß mit weiser Sparsamkeit auch die Summe von zweieinhalb Millionen genügen werde. Ein großer Teil hievon werde wieder durch die zu erzielenden Einnahmen, durch eine beabsichtigte Verlosung, durch Verwertung der Gebäude, durch Beiträge der Stadt Wien und Sonstiges hereingebracht werden. Das Defizit dürfte also aller Wahrscheinlichkeit nach kein namhaftes sein, und übernehme es der Staat für dasselbe eine Garantie zu leisten, so haben der Handelsminister die bestimmtesten Zusicherungen, daß es nicht an Unternehmern oder Darlehern fehle, welche die erforderlichen Geldmittel beischaffen werden. Aber das Erste und Wesentlichste sei, daß Se. Majestät das Jahr 1866 als das Ausstellungsjahr bezeichne, weil man sonst immer dem Zweifel begegnen [werde], ob denn die Regierung ihr Ausstellungsprojekt nicht etwa zurückgezogen habe. Sei dieser Ausspruch als Vorbedingung jedes weiteren Schrittes definitiv erfolgt und jene Gewißheit hervorgerufen, auf welche jedermann mit Spannung hoffet, so finde sich alles übrige leicht und bürge er, Handelsminister, unter dem vollen Gewichte seiner Verantwortlichkeit für die zufriedenstellendste Ausführung. Der Minister des Äußern würde es für angemessener halten, daß sich der Handelsminister zuerst hinsichtlich der Aufbringung der erforderlichen Geldmittel eine Sicherheit verschaffe und dann erst den Ah. Ausspruch bezüglich des bestimmten Zeitpunktes der Abhaltung der Ausstellung sich au. erbitte. Im übrigen gehöre, da die Staatsfinanzen auch in das Mitleid gezogen werden sollen, vor allem die Zustimmung des Reichsrates dazu. tHiergegen bemerkte der Handelsminister, daß Se. Majestät die Bewilligung zur Abhaltung der Ausstellung im Jahre 1865 oder einem der nächstfolgenden Jahre keineswegs an die Bedingung zur vorläufigen Sicherstellung der erforderlichen Geldmittel geknüpft habet Hiergegen bemerkte der Handelsminister , daß Se. Majestät die Bewilligung zur Abhaltung der Ausstellung im Jahre 1865 oder einem der nächstfolgenden Jahre keineswegs an die Bedingung zur vorläufigen Sicherstellung der erforderlichen Geldmittel geknüpft habe. Der Minister Dr. Hein glaubte den Vorschlag machen zu sollen, daß sich der Handelsminister anstatt seines gegenwärtigen Antrages vorerst von Ah. Sr. k. k. Majestät die Ermächtigung erbitten sollte, von der Reichsvertretung die Garantie der zur Ausführung des Unternehmens erforderlichen – natürlich näher zu beziffernden – Geldmittel verlangen zu können.

Nachdem sich mit diesem Vorschlage auch alle übrigen Stimmführer vereinigten, meinte der Handelsminister , daß die Ah. Resolution in diesem Sinne auch über seinen gegenwärtigen au. Vortrag erfließen könne, uwelche dann nach seinem au. Erachten allenfalls so lauten dürfte: „Ich genehmige, daß unter Vorbehalt der Zustimmung des Reichsrates in Absicht auf die Aufbringung der er­forderlichen Geldmittel oder der etwa nötigen Garantie, die Ausstellung im Jahre 1866 stattfindeu .“33

VIII. Beantwortung der Interpellation des Abgeordneten Mende und Genossen bezüglich der Konzession der Stockerau-Budweis-Bahn

Schließlich teilte der Handelsminister mit Bezug auf die Ministerratssitzung vom 2. Juli l. J. mit34, daß er den Entwurf der Antwort auf die im Abgeordnetenhause an ihn vom Abgeordneten Mende und Genossen hinsichtlich der Stockerau-Budweiser-Eisenbahnkonzession gerichteten Interpellation nunmehr verfaßt habe und dieselbe in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses vorzutragen gedenke. Graf Wickenburg verlas sodann diesen Antwortsentwurf, gegen dessen Inhalt sich dem Ministerrate keine Erinnerung ergab35.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen, Franz Joseph. Schönbrunn, 6. August 1863. Präsentatum 7. August 1863. Rechberg.