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Nr. 348 Ministerrat, Wien, 30. April 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE und anw. (Erzherzog Rainer 30.4.), Rechberg (nur bei IV anw.), Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Wickenburg, Lichtenfels, Esterházy, Burger, Hein 13. 5.; abw. Plener; BdR. Erzherzog Rainer 18.5.

MRZ. 1152 – KZ. 1598 –

Protokoll des zu Wien am 30. April 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Amnestie der an den Ereignissen der Jahre 1848 und 1849, dann 1851 bis 1853 beteiligten abgeurteilten und bestraften Siebenbürger

a Der Staatsratspräsident referierte in betreff des von dem Leiter der siebenbürgischen Hofkanzlei Minister Grafen Nádasdy gestellten au. Antrages, den in die Ereignisse von 1848 und 1849, dann 1851 bis 1853 verflochtenen abgeurteilten || S. 410 PDF || und bestraften Individuen die gesetzlichen Folgen dieser Verurteilung Ag. nachzusehen1.

Der siebenbürgische Gubernialpräsident habe im Hinblicke auf den Paragraph 17 der provisorischen Wahlordnung für die Munizipalvertretungen in den siebenbürgischen Komitaten, Distrikten und Szeklerstühlen2, wornach jene Personen, welche eines Verbrechens schuldig erkannt worden sind, von dem Wahlrechte und [der] Wählbarkeit ausgeschlossen sind, dann auf den Paragraph 44 der provisorischen Vorschrift für die ständigen Komitatsausschüsse3, wornach derlei Personen ohne vorherige Ag. Rehabilitierung zu keinem öffentlichen Amte oder Dienste zugelassen werden, den Antrag gestellt, daß den aus den Jahren 1848 und 1849 politisch Kompromittierten die mit ihrer Verurteilung gesetzlich verbundenen Folgen der Unfähigkeit zur Bekleidung eines öffentlichen Amts usw. Ag. nachgesehen und denselben der ungeschmälerte Vollgenuß ihrer politischen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten wieder gewährt werde. Als Gründe für diese Amnestie werde im wesentlichen angeführt, daß seit Niederwerfung der Revolution beinahe 15 Jahre verflossen sind und die Verwischung jeder Erinnerung an die unheilvolle Zeitperiode zur Versöhnung der Gemüter führen werde, daß ein solcher Gnadenakt die Durchführung der Regierungsmaßregeln sehr erleichtern wird, endlich daß damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Macht und Stärke der Regierung gefestigt wird. Dieser Antrag werde vom Minister Grafen Nádasdy mit dem Beifügen unterstützt, daß dieser Ah. Gnadenakt auch auf alle, in der im Jahre 1851 bis 1853 in Siebenbürgen angezettelten Verschwörung verflochtenen und deshalb bestraften Individuen Ag. auszudehnen wäre, und habe Graf Nádasdy folgenden Entwurf eines Ah. Handschreibens au. vorgelegt: „Lieber etc. Von Meinem landesväterlichen Gefühle geleitet, auch die letzten schmerzlichen Erinnerungen an die ereignisvollen Jahre 1848 und 1849 und 1851 bis 1853 in Meinem Großfürstentum Siebenbürgen der Vergessenheit zu übergeben, finde Ich mich bestimmt, jenen Personen in Siebenbürgen, welche aus Anlaß ihrer Beteiligung an den Ereignissen der Jahre 1848 und 1849, sowie der in den Jahren 1851 bis 1853 angezettelten Verschwörung daselbst wegen politischer Verbrechen und Vergehen zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, diese teils mit, teils ohne gnadenweiser Strafnachsicht überstanden haben, aus Gnade auch die gesetzlichen Folgen dieser strafgerichtlichen Verurteilung nachzusehen.“ Im Staatsrate habe sich eine abweichende Meinung geltend gemacht. Es sei diese Maßregel von einer großen politischen Tragweite, bei deren Beurteilung nicht die Frage der Humanität, sondern jene der politischen Zweckmäßigkeit und Opportunität in den Vordergrund trete. Es sei ferner sehr zu bezweifeln, daß dadurch die Gemüter wirklich versöhnt werden, und es trete hier noch insbesondere das Bedenken entgegen, daß die Auflehnung || S. 411 PDF || gegen die rechtmäßige Regierung in den Jahren 1848 und 1849 zugleich einen Rassenkrieg im Gefolge hatte und daß ein Zusammentreffen von Personen, die sich dazumal bald als Verfolger, bald als Verfolgte gegenüberstanden, auf der politischen Arena der Wahlkämpfe auch heute noch kaum zur gegenseitigen Versöhnung, noch zur dankbaren Anerkennung des Regierungsaktes führen wird. Aus diesen und den im Gutachten noch weitwendiger angeführten Gründen wäre der Staatsrat des Einratens, daß die Regierung in dieser Frage an dem Grundsatze festhalten sollte, den sie bisher bezüglich der aus anderen Kronländern bereits vorgebrachten Anträge auf derlei politische Amnestien sich zur Richtschnur genommen hat, nämlich daß solche Bitten nicht von Amts wegen, sondern von den Beteiligten, und zwar von Fall zu Fall zu stellen und ebenso nach Prüfung der dafür und dagegen sprechenden Gründe der einzelnen zu gewähren und zu versagen sei. In diesem Sinne laute der vom Staatsrate in Vorschlag gebrachte Entwurf der Ah. Entschließung. Der vortragende Präsident erachtet jedoch, sich diesem Einraten in dem vorliegenden Falle nicht anschließen zu sollen, denn obzwar er im allgemeinen die vom Staatsrate aufgestellten Grundsätze teile, so scheinen ihm doch hier sehr wichtige Momente für die vom Grafen Nádasdy beantragte Maßregel zu sprechen. So würde er insbesonders auch die hiedurch erzielte Gleichstellung mit Ungarn für maßgebend halten, denn in Ungarn sind politisch Verurteilte, welche ihre Strafe bereits überstanden haben, schon nach der dortigen Wahlordnung von den politischen Rechten nicht ausgeschlossen4. Und nachdem durch den ungarischen Amnestieakt vom 19. November 1862 5 sogar die zurückgekehrten Emigranten von jeder Strafverfolgung und somit auch von allen politischen Folgen derselben losgezählt wurden, so dürfte es doch schwer sein, den Siebenbürgern etwas zu verweigern, was man den Ungarn, die sich im Landtage schon so renitent gezeigt haben, im ausgedehnteren Maße gewährt hat. Auch würde es Freiherr von Lichtenfels nicht gerne darauf ankommen lassen, sich diese Amnestie vom Landtage abtrotzen zu lassen. Er würde somit für die Anträge des Grafen Nádasdy stimmen, mit welchem sich bei der hierauf vorgenommenen Abstimmung der Ministerrat einhellig einverstanden erklärte6.

II. Vorlage des Straßenkonkurrenzgesetzes für Salzburg zur Ah. Sanktion

Der Staatsratspräsident referierte das vom Salzburger Landtag beschlossene Landesgesetz betreffend die Herstellung und Erhaltung der nicht ärarischen öffentlichen Straßen und Wege7.

Dieses Gesetz enthalte nur eine wesentliche Abweichung von der Regierungsvorlage, nämlich im § 6, welcher die Bestimmung enthält, daß die Gemeinden behufs der Erhaltung der Landesstraßen für die innerhalb der Gemeindegemarkung gelegenen Straßenstrecken den Deckstoff zu liefern, aufzuführen und einzubetten, das Aufstecken der Schneestangen und die Taglöhnerarbeiten zu verrichten haben, während || S. 412 PDF || der Landesfonds alle übrigen Auslagen zu tragen hat. Da jedoch für die Regierung keine Notwendigkeit vorliege, dem diesfälligen Beschlusse des Landtages entgegenzutreten, so werde vom Staatsminister auf die Ah. Genehmigung dieses vorliegenden Landesgesetzes au. angetragen, welchem Antrage der Staatsrat einhellig beigetreten sei.

Hierwegen ergab sich dem Ministerrate keine Erinnerung8.

III. Bitte des Wiener Vorschuß- und Kreditvereins für Gewerbetreibende um Zugestehung einer Ausnahme von der Zivilprozeßordnung

Der Staatsratspräsident referierte den au. Vortrag des Ministers Ritter v. Lasser vom 22. März l. J., Z. 24581/1859, über das Gesuch des Wiener Vorschuß- und Kreditvereines für Gewerbetreibende um die Zugestehung einer Ausnahme von der Zivilprozeßordnung bezüglich der Veräußerung von Pfändern9.

Der Verein selbst sei ein solcher, der nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes zu seiner Errichtung der Ah. Bewilligung nicht benötigt, aber es handle sich um eine im § 32 seiner Statuten ausgedrückte Ausnahme von den bestehenden gerichtlichen Exekutionsvorschriften, wozu eine Ah. Entscheidung notwendig erscheint. Dieser Paragraph bestimmt, daß der Verein bei Nichterfüllung der Zahlungsverbindlichkeiten eines Schuldners sich aus den in seinem Besitze befindlichen Pfändern sogleich zahlhaft machen, daß er börsenmäßige Effekten ohne gerichtliches Einschreiten durch einen besonderen Sensal veräußern, die exekutive Feilbietung anderer Pfänder mit einem einzigen Termine beim zuständigen Gerichte erwirken, und daß der Verein endlich, wenn der Schuldner in Konkurs verfällt, das Pfand nur gegen vollständige Berichtigung der Forderung des Vereines an die Konkursmasse auszufolgen habe. Der Minister stelle in seinem Vortrage die Beschaffenheit dieses Institutes und dessen Nützlichkeit dar und zeige, daß dasselbe ohne diese Begünstigungen, welche bereits im wesentlichen allen größeren Kreditinstituten zuteil geworden sind, nicht bestehen könnte. Dem Staatsrate ergab sich in der Sache selbst keine Einwendung, nur hinsichtlich der Kompetenzfrage sei die Majorität einer von der ministeriellen Anschauung verschiedenen Meinung, indem sie glaube, daß die Erteilung der im § 32 erwähnten Begünstigungen und Vorrechte an die Mitwirkung des Reichsrates gebunden sei, folglich diese Angelegenheit nicht im administrativen, sondern im legislativen Wege durchgeführt werden müsse, mithin der Minister Ah. zu ermächtigen wäre, diesen Antrag im verfassungsmäßigen Wege seiner Erledigung zuzuführen. Freiherr v. Lichtenfels stimme prinzipiell dem Staatsrate bei. Solche Institute, wie das hier in Rede stehende, seien nicht kaufmännischer Art, wie zum Beispiel die Eskompte-Anstalten, für welche sich das Recht, aus Effekten ihres Schuldners sich selbst zahlhaft zu machen, schon aus den allen Handelsleuten zufolge der Wechselordnung vom Jahr 176310 zustehende Kompensations- und Retentionsrecht folgern ließe, und es dürfte daher im vorliegenden Falle bei der Erteilung einer derlei Ausnahme von den Justizgesetzen kaum anders als im Wege der Legislation vorgegangen werden können. Wenn aber auch die Zustimmung des Reichsrates erforderlich || S. 413 PDF || ist, so würde doch der vortragende Präsident glauben, daß die Erteilung der fraglichen Begünstigungen schon jetzt nach § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung beantragt werden könnte, weil sich diese Maßregel als dringend darstellt.

Der Minister Dr. Hein schloß sich dieser Anschauung an und meinte, es werde sich im Reichsrate leicht begründen lassen, daß man bei dieser für die Gewerbetreibenden unerläßlichen, dringenden Maßregel nach § 13 vorgegangen ist. Der Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß man sich im Staatsministerium in solchen Angelegenheiten bisher einer leichten Praxis hingegeben und an dem Grundsatze festgehalten habe, die Gewährung solcher Ausnahmen nicht als einen Gegenstand der Gesetzgebung, sondern nur der Exekutive zu betrachten, weil es überhaupt schwierig sei, hier die richtigen Schranken zu finden und weil durch eine strengere Auslegung leicht etwas aufgegeben werden könnte, was im Grunde doch nicht ganz entschieden ist, [nämlich] daß es nicht in die Kompetenz der Exekutivgewalt gezogen werden darf. Für seinen vorliegenden Antrag habe er hauptsächlich darin einen Grund zu finden geglaubt, daß, wenn man die gedachten Ausnahmen allen größeren Kreditinstituten ohne eine reichsrätliche Intervention anstandslos gewährt hat, es eine offenbare Unbilligkeit wäre, den Hilfsvereinen, wie dem in Rede stehenden, eine ähnliche Begünstigung zu versagen. Wenn aber nach dem Antrage des Staatsratspräsidenten in dieser Sache im legislativen Wege, und zwar unter Anwendung des § 13 des Grundgesetzes vorgegangen werden soll, so ließe sich wohl im Grunde nichts dagegen einwenden, obschon Votant die Vertretung dieser Angelegenheit auf sich zu nehmen kein Bedenken tragen würde und übrigens auch nicht recht einzusehen vermag, welchen praktischen Wert eine solche Mitteilung des Verfügten an den Reichsrat haben soll. Ritter v. Lasser machte ferner bemerklich, daß diese Kompetenzfrage noch mehr in den Vordergrund treten werde, bis die gegenwärtig in mehreren Kronländern angeregten Hypothekaranstalten verhandelt werden, für welche verschiedene Begünstigungen und Ausnahmen von der Gerichtsprozedur in Anspruch genommen werden, und da wäre es wohl notwendig zu wissen, wie man eigentlich daran ist, respektive wie weit dazu die Mitwirkung des Reichsrates erforderlich ist. Votant würde daher meinen, daß man diesbezüglich ein für allemal eine Regierungsvorlage machen sollte, womit sich von der Gesetzgebung die Ermächtigung erbeten würde, in allen derartigen Fällen die in diesem Gesetzentwurfe näher zu bezeichnenden Begünstigungen und Ausnahmen zu gewähren. Sollte sich also diese Idee der Zustimmung der hohen Konferenz erfreuen, so würde Ritter v. Lasser diesen Versuch machen, das heißt einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereiten, durch die Vereinskommission prüfen lassen und endlich dem Ministerrate zur Schlußberatung vorlegen. Der Staatsratspräsident erwiderte hierauf, daß man ja im Staatsrate bei den bisher bezüglich solcher Zugeständnisse für derartige Institute gepflogenen Verhandlungen immer auf das verfassungsmäßige Erfordernis der reichsrätlichen Mitwirkung hingewiesen habe, und meinte, daß es allerdings bedenklich erscheine, von Seite der Regierung hierin noch weiter eigenmächtig vorzugehen, daher er vollkommen damit einverstanden wäre, wenn man, um nicht in jedem einzelnen Falle immer an die Reichsvertretung gehen zu müssen, eine allgemeine Regierungsvorlage in der von der Vorstimme angedeuteten Richtung machen würde. Was jedoch die gegenwärtige Angelegenheit betrifft, so müsse Freiherr v.

|| S. 414 PDF || Lichtenfels auf seiner Meinung umso mehr beharren, als es sich hierb um Zugestehung eines Vorrechtes handelt, wodurch in die Rechte dritter Personen eingegriffen wird, daher er sich eine bloße administrative Erledigung der Sache zu verantworten nicht getrauen würde. Auch könnte er die Bemerkung der Vorstimme, daß die Erteilung der fraglichen Begünstigungen nach § 13 nach der verfassungsmäßigen Seite hin keinen praktischen Wert habe, durchaus nicht teilen, indem der Reichsrat voraussichtlich wohl diese Mitteilung genehmigend zur Kenntnis nehmen wird, aber doch auch zugleich beschließen kann, daß diese nach § 13 getroffene Verfügung für die Zukunft nicht gelte.

Im weiteren Verlaufe der Diskussion sprach sich der ungarische Hofkanzler unter Beitritt der Minister Graf Esterházy und Freiherr v. Burger für eine laxere Behandlung der vorliegenden Angelegenheit, indem es ihm nicht zweckmäßig schien, den § 13 des Grundgesetzes gar so oft in Anwendung zu bringen, insbesondere aber nicht in solchen Fällen, wie der fragliche, wo denn doch von der Regierung im eigenen Wirkungskreise diesen Anstalten die erforderliche Unterstützung gegeben werden muß.

Alle übrigen Stimmführer schlossen sich in dem Anbetrachte, daß es sich um eine Abänderung bestehender Gesetze handelt, wozu nach den Verfassungsbestimmungen eine Mitwirkung des Reichsrates nicht umgangen werden kann, der Ansicht des Staatsratspräsidenten an, und es haben sonach Se. k.k. Hoheit konkludiert, daß sich die Mehrheit des Ministerrates für die Erteilung der fraglichen Begünstigungen nach § 13 des Grundgesetzes gegen nachträgliche Rechtfertigung ausgesprochen hat. In Ansehung der vom Minister Ritter v. Lasser angeregten Regierungsvorlage war im allgemeinen zugegeben worden, daß dieser Versuch gemacht werden könnte11.

IV. Differenz zwischen dem Handels- und dem Kriegsminister über die Erteilung einer Vorkonzession für die Eisenbahntrasse von Zara durch Bosnien nach Semlin

Der Handelsminister referierte über eine zwischen dem Handels- und dem Kriegsministerium obwaltende Differenz bezüglich der Erteilung einer Vorkonzession für die Eisenbahntrasse von Zara durch Bosnien nach Semlin.

Eine solche Vorkonzession sei bereits dem Unternehmer Monti et Konsorten, welche diese Eisenbahn von Spalato nach Semlin führen wollen, erteilt worden, und es habe bei der diesfälligen Kommission der Vertreter des Kriegsministeriums zwar ursprünglich gegen diese Konzessionserteilung Verwahrung eingelegt, später jedoch seine Zustimmung gegeben, nachdem er die Überzeugung gewonnen hatte, daß es zu einer wirklichen Ausführung dieser Bahn nicht kommen werde. Nun sei eine zweite Unternehmung aufgetreten, welche diese Bahn von Zara aus bauen will und um die vorläufige Bewilligung hiezu eingeschritten ist. Bei der diesfälligen Verhandlung || S. 415 PDF || habe jedoch das Kriegsministerium gegen diese Konzession entschieden Verwahrung eingelegt, weil die Ausführung eines solchen Eisenbahnprojektes aus strategischen Rücksichten unbedingt nicht zulässig erscheine. Der Handelsminister, obzwar in thesi einverstanden, daß die wirkliche Ausführung dieses Eisenbahnbaues hintangehalten werde, würde dennoch erachten, daß man diesen Unternehmern die erbetene Bewilligung zu den Vorarbeiten nicht verweigern sollte, nachdem hiedurch nichts präjudiziert wird, nachdem der anderen Unternehmung eine solche Vorkonzession bereits gewährt wurde und nachdem man überhaupt bisher oft in der Lage war, dnach gesetzlicher Gestaltungc zu einem und demselben Eisenbahnbau zugleich mehreren Unternehmern derlei vorläufige Bewilligung ezur Besorgung von Vorarbeitend zu geben, ohne sich rücksichtlich der eigentlichen Konzession für gebunden zu halten.

Der Kriegsminister bedauerte, daß man der einen Partei bereits eine Vorkonzession gegeben hat. Er seinerseits wäre nie damit einverstanden gewesen, und wenn, wie der Handelsminister bemerkt, der Vertreter des Kriegsministeriums hiezu die Zustimmung gab, so habe derselbe gegen den ausdrücklichen Befehl des Kriegsministers gehandelt. Graf v. Degenfeld könnte es nur als ein Unglück ansehen, wenn eine Eisenbahn mitten durch Bosnien nach Dalmatien gebaut würde, und soweit es sich also um die Bewilligung einer solchen Konzession handelt, so müsse er sich entschieden dagegen verwahren und erklären, daß er von seinem Standpunkte aus zu einer Realisierung dieses Projektes nie die Hand bieten werde. Der Marineminister erachtete, daß, nachdem man der einen Partei bereits eine gleiche Vorkonzession gegeben hat, es eine große Verletzung wäre, die andere Partei ungünstiger zu behandeln, zumal doch in dem einen wie in dem anderen Falle die gleichen Verhältnisse bestehen. Im Wesen werde ja durch eine solche Vorkonzession ohnehin nichts verfehlt, da es nach der Versicherung des Handelsministers zur wirklichen Ausführung dieser Bahn nie kommen soll. Auch erscheine die Regierung durch die Erteilung der vorläufigen Bewilligung nach Wortlaut des Vereinsgesetzes durchaus nicht gebunden, indem aus einer derartigen Vorkonzession noch nicht das Recht auf die eigentliche Genehmigung des Unternehmens gefolgert werden kann.

Alle übrigen Stimmführer sprachen sich dagegen für die Zurückweisung der fraglichen Vorkonzession aus, da es nicht billig wäre, diesen Leuten die mit großen Auslagen verbundenen Vorarbeiten zu gewähren, wenn man von vornehinein fest entschlossen ist, das Hauptwerk nicht zu gestatten. Schon mit der Erteilung der Konzession an die erste Unternehmung habe man einen Fehler begangen, und es sei wohl nicht angezeigt, in demselben auch in dem gegenwärtigen Falle fortzufahren, sondern vielmehr aus der Sache in der Art herauszukommen trachten, daß man den gegenwärtigen Bewerbern erklärt, man habe zwar eine solche Vorkonzession der einen Partei gegeben, daß jedoch die Regierung durchaus nicht in der Lage sein werde, dieses Unternehmen zu begünstigen, da sie die Richtung der Bahn durch || S. 416 PDF || Bosnien niemals gestatten kann, mithin die wirkliche Durchführung dieses Eisenbahnprojektes nicht bewilligen werde12.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 16. Mai 1863. Empfangen 18. Mai 1863. Erzherzog Rainer.