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Nr. 333a Protokoll einer Besprechung über die ungarische Verfassungsfrage, Wien, 19. März 1863. (Beilage zu: MRP-1-5-05-0-18630323-P-0333.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; Beilage zum MRProt. v. 23. 3. 1863;

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll einer Besprechung vom 19. März 1863 unter dem Ah. Vorsitze Sr. k. k. apost. Majestät.

Gegenwärtige: der königlich ungarische Hofkanzler Graf Forgách, der Minister Sr. Majestät Graf Esterházy, der kroatische Hofkanzler Mažuranić.

Se. k. k. apost. Majestät geruhten die in der unter dem Ah. Vorsitze am 18. März 1863 abgehaltenen Ministerkonferenz abgebrochene Beratung über den Ausgleich der im Schoße der Regierung entstandenen Nuancen in den Ansichten über die Behandlung der ungarischen Verfassungsfrage mit der Ag. Bemerkung wieder aufzunehmen, wie sehr die seit kurzem täglich mehr sich verwickelnden äußeren Verhältnisse des Reiches es wünschenswert erscheinen lassen, daß die Regierung sowohl || S. 323 PDF || nach innen als nach außen in den leitenden Prinzipien mit sich selbst einig sei und von jeder Ministerkrise, wenigstens bis auf einen geeigneteren Zeitpunkt, möglichst verschont bleibe. Es sei daher ein sehr dringender Wunsch Sr. Majestät, einen Modus ausfindig gemacht zu sehen, welcher wenigstens die Eigenschaft hätte, die prinzipielle Entscheidung über jene Meinungsverschieden­heiten bis auf einen möglichst fern gelegenen Zeitpunkt zu verschieben und es den Trägern der sich gegenüberstehenden Ansichten im Schoße der Regierung möglich zu machen, auf ihren gegenwärtigen Posten noch fortan zu bleiben und auf diese Weise die gestörte Harmonie in Allerhöchstihrem Ministerrate, wenigstens dem Wesen nach, wieder herbeizuführen.

Nach einer längeren Besprechung des Gegenstandes von Seite der Grafen Esterházy und Forgách wurden, teilweise auf au. Antrag des kroatischen Hofkanzlers, nachstehende Ideen als solche bezeichnet, welche zu dem von Sr. Majestät bezeichneten Ziele etwa führen dürften, und zwar:

I.   Alle im Schoße der Regierung entstandenen Programme über die Lösung der ungarischen Verfassungsfrage sind einstweilen zurückzuziehen.

II.    Da die Prinzipien des Staatsgrundgesetzes auch in den östlichen Ländern des Reiches zu gelten haben, so müssen

a) dieselben den in diesen Ländern angestellten leitenden Regierungsorganen zur allgemeinen Richtschnur dienen;

b) die offizielle und offiziöse Presse dieser Länder darf gegen diese Grundsätze nicht zu Felde ziehen, sondern im Gegenteil nach Umständen denselben allmählich Geltung zu verschaffen trachten. Der unabhängigen Presse ist bei Ausschreitungen in ersterer Richtung Zaum anzulegen.

III.    Die gegenseitige Polemik der offiziellen und der von der Regierung beeinflußten Preßorgane im In- und Auslande, inwieferne sie von den verschiedenen Zentralstellen oder ihren Organen ausgehet und gegen die leitenden Organe anderer Zentralstellen in bezug auf ihre Stellung zu den pendenten staatsrechtlichen Fragen gerichtet ist, ist vollständig einzustellen. Der unabhängigen Presse des Inlandes ist auch hierin der nach den bestehenden Gesetzen zulässige Zaum anzulegen.

IV.  Die königlichen Reskripte zur Einberufung und die nötigen Vorarbeiten zur Eröffnung eines Landtages in Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen werden mit tunlichster Schonung der historischen Rechtssphäre, ja sogar mit möglichster Berücksichtigung der eigentümlichen Ansichten und Vorurteile des betreffenden Landes und mit allem, mit der Würde der Krone nur irgend vereinbaren Entgegenkommen abzufassen, und werden darin insbesondere solche Stellen zu vermeiden sein, welche geeignet sind, Bedenken zu erregen und hiedurch Widerstand hervorzurufen.

V.    Den Regierungsmännern der östlichen Hälfte des Reiches bleibt es unbenommen, im geeigneten Wege dahin zu wirken, daß ein nach den wesentlichen Prinzipien des Staatsgrundgesetzes annehmbarer Antrag zum Ausgleich der schwebenden Verfassungsfrage von Seite der Landtage erfolge.

VI.    Wenn während oder nach dem Schlusse des nächsten Landtages eines der gedachten Länder ein auf die endliche Lösung der schwebenden inneren Staatsfragen bezüglicher Antrag des Landtages selbst im Schoße der Regierung zur Beratung kommt, dann erst darf an diese oder jene Ansicht und Entscheidung darüber eine Kabinettsfrage geknüpft werden.

VII.   Um den in den vorangehenden Punkten angestrebten Zweck umso sicherer erreichen zu können, soll mittlerweile nicht nur mit allen zu neuer Erbitterung Anlaß gebenden Maßregeln innegehalten, sondern auch durch positive Maßnahmen bei jeder sich darbietenden Gelegenheit sorgfältig dahin gewirkt werden, daß in den gedachten Ländern das Vertrauen zu der Regierung neu belebt und tunlichst gestärkt werde.

Nachdem die zwei anderen anwesenden Mitglieder der Regierung den voranstehenden Punkten ihre Zustimmung erteilt hatten, geruhten Se. k. k. apost. Majestät die Ah. Entscheidung im Gegenstande Sich vorzubehalten.