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Nr. 205 Ministerrat, Wien, 6. März 1862 — Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 6. 3.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy; außerdem anw. Geringer, Müller, Scheibenhof; abw. Pratobevera; BdR. Erzherzog Rainer 3. 4.

MRZ. 1010 – KZ. 916 –

Protokoll II des zu Wien am 6. März 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Ankauf des Sauerhofes in Baden für die dortige Militärheilanstalt

Gegenstand der Beratung war der au. Vortrag des Kriegsministers vom 25. Jänner l. J., Z. 340, wegen Ankauf des Sauerhofes in Baden behufs Vergrößerung der Militärheilanstalt daselbst1.

Die vom Kriegsminister in dieser Beziehung gestellten Anträge sind folgende: 1. den Ankauf des Sauerhofes im Prinzipe Ag. zu genehmigen und zu gestatten, diesfalls mit dem Eigentümer Baron Doblhoff in Unterhandlung zu treten; 2. zu gestatten, daß die Kaufschillingsumme von ca. 294.000 fl. öW. in nachstehender Weise bedeckt werde: a) von den Invalidenhauskapitalien durch Verwendung der 93.960 fl. in 5 % Metalliques, welche zum Kurse von 68 berechnet einen Barbetrag von 63.892 fl. ergeben; b) von den Spitalskapitalien durch jenen Betrag, welcher durch Widmung des dritten Stockes vom Militärbadhause zum Filialspitale dem Spitalsbaufonds zugutekommt und in barem ein Kapital von 64.200 fl. repräsentiert; c) aus den Baukapitalien der Rest mit ca. 183.908 fl., daher zusammen die || S. 311 PDF || obigen 294.000 fl.; 3. zu gestatten, die aus der Parzellierung der überflüssigen ärarischen Gründe in Baden seinerzeit eingehenden Geldbeträge wieder zugunsten des Baufonds mit der Bestimmung für den Ausbau der Kasernen Wiens in Empfang nehmen und fruchtbringend anlegen zu dürfen; 4. daß zur Aufrechthaltung der Baron Yppenschen Stiftung2 eine gewisse erst zu bestimmende Anzahl Plätze für Invalidenoffiziere in der erworbenen Realität kreiert werde, welche den Namen des Stifters auf ewige Zeiten zu tragen hätten.

Im Staatsrate war laut des vom staatsrätlichen Referenten GM. Müller vorgelesenen Gutachtens das Vorberatungskomitee — Graf Mercandin, Ritter v. Holzgethan und GM. Müller — mit den Anträgen des Kriegsministers einverstanden3. Alle übrigen Stimmen des Staatsrates erklärten sich aber gegen diese Anträge, weil hiedurch offenbar künftig jede Mitbenützung des Bades durch das Zivile aufhören müßte; weil durch den beabsichtigten Verkauf oder Verpachtung des mit den Quellen des Sauerhofbades im Zusammenhange stehenden Engelsbades die Frage wegen des Konfliktes der Quellen auftauchen würde; weil sich aber auch vom prinzipiellen Standpunkte dagegen ausgesprochen werden müsse, daß Realitäten durch das Ärar akquiriert werden, da die Finanzen nicht in der Lage seien, die hiefür, dann für die kostspieligen Umstaltungen derselben erforderlichen bedeutenden Auslagen zu tragen; weil die beklagte Überfüllung des Militärbadhauses zunächst wohl daher rühre, daß dasselbe zugleich als ein Filialspital für die nicht badebedürftigen Kranken benützt werde und eine Abhilfe in dieser Beziehung am besten dadurch getroffen werden könnte, wenn die als verfügbar bezeichneten Geldmittel vielmehr zum Ausbaue des unvollendet dastehenden Militärbadhauses verwendet würden, übrigens auch die Überfüllung des eigentlichen Bades abnehmen werde, wenn das Militärbadhaus in Trentschin vollendet sein werde, welches den Badner Quellen analoge und ebenso kräftige, wenn nicht kräftigere Heilquellen besitze, und weil sich endlich der Überfüllung auch dadurch begegnen ließe, daß den vielen Militärpersonen, welche nur als Rekonvaleszenten sich in Baden aufhalten, daher auch Bäder außer dem Hause besuchen könnten, diese selben durch billige Abonnementspreise zugänglich gemacht werden können, welche aus den im Vortrage des Kriegsministers bezeichneten Fonds zu bestreiten wären, und somit es auch nicht unumgänglich notwendig erschiene, daß im Militärbadhause selbst sich eine Heilquelle befinde.

Der Präsident des Staatsrates bemerkte, daß er seinerseits die Frage, ob der Ankauf des Sauerhofes für das Militärärar notwendig und zweckmäßig sei, von der Frage trennen zu sollen geglaubt habe, inwieferne dabei auf die Interessen der Gemeinde Baden die gebührende Rücksicht genommen werde, und daß er bezüglich der ersten Frage der Ansicht des Kriegsministers nicht entgegentreten wolle, rücksichtlich der zweiten Frage ihm aber vor allem die Vernehmung des Staatsministeriums, in dessen Wirkungskreis es falle, angezeigt schien, womit sich auch alle die || S. 312 PDF || Votanten, welche gegen die ministeriellen Anträge stimmten, einverstanden erklärten, und welche Vernehmung, wie er hörte, auch in der Tat von Seite des hohen Ministerratspräsidiums veranlaßt wurde. Der hierauf zur Äußerung aufgeforderte Minister Ritter v. Lasser bemerkte, daß er sich bei der Durchsicht des ihm mitgeteilten bezüglichen Aktes jener Bedenken im Interesse der Stadtgemeinde Baden nicht entschlagen konnte, welche auch die mehreren Stimmen im Staatsrate erhoben haben. Mit dem Ankaufe des Sauerhofes gehe offenbar das Etablissement für die Zivilbevölkerung verloren, so wie es auch naheliege, daß mit der Entziehung der bequemen, von einer gewissen Klasse der Kurgäste mit besonderer Vorliebe gesuchten Wohnungen im Sauerhofe auf die Frequenz des Kurortes nachteilige Rückwirkungen sich äußern werden. Ritter v. Lasser habe im vertraulichen Wege über den Gegenstand der Frage Erhebungen gepflogen und, nachdem durch dieselben die im Staatsrate erhobenen und von ihm geteilten Bedenken gegen den Ankauf des Sauerhofes im vollen Umfange bestätiget erscheinen, so glaube er sich nur gegen den vorliegenden Antrag des Kriegsministers aussprechen zu können.

Se. k. k. Hoheit forderten sodann den Obersten v. Scheibenhof 4 zu etwaigen Bemerkungen bezüglich der gegen das fragliche Projekt erhobenen Bedenken auf, worauf dieser äußerte: Der Hauptgrund, aus welchem sich die Erwerbung des Sauerhofes mit der Widmung zur Vergrößerung des gegenwärtigen Militärbadhauses als dringend wünschenswert darstellt, sei der, daß der Zufluß der Quellen im Militärbadhause in der letzteren Zeit bedeutend abgenommen hat und die Füllung des Bassins so langsam vor sich geht, daß die Offiziere schon um 4 Uhr morgens in das Bad gehen müssen, damit dann später auch die Mannschaft baden könne. Um nun diesem Übelstande abzuhelfen, ist ein zweites Bassin notwendig, wozu eine neue Quelle aufgesucht werden müßte, was jedoch äußerst schwer wäre, und auch auf alle vorhandenen Quellen nachteilig wirken würde. Da man sich also dieses zweite Bassin im Militärbadhause nicht schaffen kann, so mußte sich um eine entsprechende Realität umgesehen werden, welche man natürlich in dem nahe liegenden Sauerhofe am besten zu finden glaubt. Was nun das erhobene Bedenken wegen künftiger Ausschließung des Zivile von der Benützung des Sauerhofbades betrifft, so liege dieses keineswegs in der Absicht, sondern es würde die Einrichtung getroffen werden, daß die vorhandenen Separatbäder sowohl als auch das Engelsbad und die Engelsburg ausschließlich für das Zivile bestimmt, außerdem aber auch das Vollbad im Sauerhof zu gewissen Stunden jedermann gegen die tarifmäßige Bezahlung offen sein würde. In bezug auf den Einwurf, daß die Überfüllung des Militärbadhauses in Baden abnehmen werde, wenn das Trentschiner Militärbadhaus vollendet sein wird, müsse, abgesehen davon, daß von Fachmännern konstatiert ist, daß das Badner Bad für Verwundete von wunderbarer Wirkung sei und mit den Quellen des Trentschiner und Pistyaner Bades nicht zu vergleichen sei, noch bemerkt werden, daß die Vollendung des Badhauses in Trentschin, eigentlich Pistyan, gar keinen Einfluß auf die Verminderung der Badebedürftigen || S. 313 PDF || in Baden nimmt, weil das Badhaus in Pistyan und die in Trentschin vom Militärärar zur Unterbringung der Bademannschaft erbauten Baracken keineswegs einen Abzug von anderen Militärbadeanstalten erzielen können, weil diese Bäder herrschaftlich sind und das Zugeständnis des freien Badegebrauches nur auf eine gewisse Anzahl Mannschaft und Offiziere seitens der Gesellschaft gemacht wurde, dieses Zugeständnis aber durch die unternommenen Bauten nicht erweitert, wohl aber verlängert würde. Indem Oberst v. Scheibenhof auch das Verhältnis des Militärbadhauses als eigentliches Badhaus und zugleich das Spital für die Kranken aus der Umgebung Wien, Wiener Neustadt, Laxenburg etc. näher beleuchtet und dartut, daß hiedurch eigentlich keine Überfüllung des Badhauses herrühre, sondern das Gebrechen nur in dem Mangel an gehörigen Offiziersquartieren und an einem zweiten Badbassin liege, geht er auf die Frage über, ob durch die Erwerbung des Sauerhofes für die Stadtgemeinde Nachteile erwachsen werden, welche Frage er ebenfalls verneinen zu sollen glaubt, indem er darauf aufmerksam machte, daß infolge dieser Akquisition das Bad im Sauerhof dann Sommer und Winter offenstehen werde, was nur vom Vorteile für die Stadt sein kann, und daß diejenigen Badegäste, welche bisher im Sauerhofe gewohnt haben, deshalb allein, weil sie dann dortselbst nicht werden wohnen können, nicht Baden meiden werden, daher nur eine größere Nachfrage nach Wohnungen entstehen dürfte, wodurch auch die Baulust in Baden geweckt würde. Über die Bemerkung des Finanzministers , daß, nachdem bei dem Nachweise der Deckung des Kaufschillings für den Sauerhof auch ein Rest von Baukapitalien angeführt werden, solche Reste aber dem Prinzipe nach an das Ärar zurückzugeben sind, hier also indirekt doch die Finanzen in Anspruch genommen zu werden scheinen, erklärte Oberst v. Scheibenhof , daß diese Kapitalien aus dem Erlöse der im Jahre 1854 verkauften Glacisgründe vor dem Schottentore herrühren und zum Bau von Kasernen Ah. bestimmt worden sind, der fragliche Rest dieser Kapitalien aber bloß als Vorschuß hergegeben werden soll, welcher durch die Effektuierung der vorgeschlagenen Parzellierung und Verkauf der entbehrlichen Gründe in Baden wieder refundiert werden kann. Der Finanzminister erwiderte, daß es sich also doch nur um eine Ersparnis von einem bestimmten Fonds handelt, er somit seinerseits an dem Prinzipe festhalten müsse, daß, wenn weitere Bauten von Kasernen nicht notwendig sind, der ersparte Rest des diesfälligen Kapitals nicht anderweitig verwendet, sondern an die Finanzen abgegeben werde. aWahrscheinlich dürften aber auch die Kasernenbauten früher oder später notwendig werden (denn sonst wären die Fonds dafür nicht bewilligt worden), und dann werden doch wieder die Finanzen herhalten und die Auslage tragen müssena, wogegen jedoch der Kriegsminister Protest erhob, indem er keinesfalls zugeben könne, daß die von Sr. Majestät Ah. zu gewissen Zwecken bestimmten Gelder, wenn sie nicht gänzlich verwendet werden, ohneweiters dem Militärärar entzogen werden und den Finanzen zufallen.

Nachdem im Laufe der weitern Debatte der Staatsrat Baron Geringer , nach vorausgeschickter Erklärung, daß in bezug auf die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit || S. 314 PDF || [des Ankaufs] des Sauerhofes für das Militärärar nur auf die Ansicht des Kriegsministers kompromittiert werden könne, die Bedenken, über welche er und mit ihm die mehreren Stimmen im Staatsrate vom prinzipiellen Standpunkte aus und aus ökonomischen Gründen sowie im Interesse der Stadtgemeinde Baden nicht hinausgehen zu können vermeinten, näher erörterte und hiebei bezüglich der besorgten Nachteile für Baden auf die diesfällige Meinung des dortigen, mit den Lokalverhältnissen auf das genaueste bekannten Bezirksvorstehers hinwies, äußerte der Staatsminister , daß der ganze Zweck, um den es sich hier handelt, seines Erachtens auf eine einfachere Art erreicht werden dürfte, als durch den Ankauf des Sauerhofes. Es werde nämlich geklagt, daß das Badner Militärbadhaus nicht mehr ausreiche. Diesem Übelstande könnte nun dadurch abgeholfen werden, daß die Offiziere, namentlich die Rekonvaleszenten und jene, die eine Nachkur gebrauchen, auch die andern Bäder benützen könnten, und der Staatsminister würde daher proponieren, daß allen diesen Offizieren die übrigen Bäder freigestellt werden und das Ärar nur die Badetaxe für sie zu entrichten hätte. Dem Minister des Äußern schiene dieser Vorschlag zweckmäßig zu sein. Der Polizeiminister meinte, daß es hier vor allem darauf ankomme, was man als Bedürfnis erkennt, ob nämlich die Ausdehnung der Heilanstalt wegen Mangel an Wasser oder an Lokalitäten des gegenwärtigen Badhauses erforderlich ist, in welch letzterem Falle dann wohl durch den Vorschlag des Staatsministers nicht geholfen wäre. Vorausgesetzt nun, daß der Mangel an Wasser und Lokalitäten da ist, könne sich das vorliegende Projekt nur als zweckmäßig empfehlen und Freiherr v. Mecséry glaubt daher eben unter diesen Voraussetzungen dem Antrage des Kriegsministers beistimmen zu sollen. Der gleichen Ansicht waren der Minister Graf Nádasdy , der Handelsminister , bwelcher den Antrag des Herrn Kriegsministers besonders lebhaft unterstützteb, der ungarische Hofkanzler und Minister Graf Esterházy , wobei der erstgenannte nur darauf aufmerksam machen zu sollen erachtete, ob sich gerade der jetzige Zeitpunkt für dieses Geschäft nicht als unpassend erweisen dürfte, wo gerade im Reichsrate die Budgetverhandlungen gepflogen werden, cwelcher Bemerkung sich auch Minister v. Lasser mit dem anschloß, daß dem nicht genau Eingeweihten dieser Ankauf sicherlich den Eindruck eines Luxuserwerbes machen würde, welchen Einwurf zwarc welcher Bemerkung sich auch Minister v. Lasser mit dem anschloß, daß dem nicht genau Eingeweihten dieser Ankauf sicherlich den Eindruck eines Luxuserwerbes machen würde, welchen Einwurf zwar der Kriegsminister als richtig anerkannte, aber auch zu bedenken gab, ob später auch Baron Doblhoff geneigt sein wird, seinen für das Militärärar so vorteilhaften Anbot weiterhinaus offenzuhalten.

Es sprach sich somit die Mehrheit der Konferenz für die ministeriellen Anträge aus, und, nachdem schließlich noch über Aufforderung des Kriegsministers vom Obersten Scheibenhof in bezug auf die vom Polizeiminister gemachten Voraussetzungen sowie über die zur Deckung des Kaufschillings zu verwendenden Stiftungskapitalien nähere und befriedigende Aufklärungen gegeben wurden, behielten || S. 315 PDF || sich Se. k. k. Hoheit vor, den diesfälligen au. Vortrag des Kriegsministers zur Ah. Schlußfassung vorzulegend, 5.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 3. April 1862. Empfangen 3. April 1862. Erzherzog Rainer.