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Nr. 200 Ministerrat, Wien, 27. Februar 1862 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 27. 2.), Rechberg (bei I bis III abw.), Mecséry (bei I bis III abw.), Nâdasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels; außerdem anw. Geringer; abw. Forgách, Esterházy, Pratobevera; BdR. Erzherzog Rainer 6. 3.

MRZ. 1005 – KZ. 665 –

Protokoll des zu Wien am 27. Februar 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Interpellation wegen des Baues der Flügelbahn Marburg—Pettau

a Der Handelsminister referiert, daß er die in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 25. Februar l. J. von Dr. Waser und Genossen eingebrachte Interpellation1, ob und welche Vorkehrungen von Seite des Handelsministeriums getroffen worden sind, um die Südbahngesellschaft als Rechtsnachfolgerin der Orientbahngesellschaft zur Erfüllung der Vertragspflicht zu verhalten, die Flügelbahn Marburg—Pettau mit der Kärntner Bahnstrecke Marburg—Klagenfurt gleichzeitig zu vollenden, dahin zu beantworten gedenkt, daß die gedachte Eisenbahngesellschaft hierwegen bereits wiederholt betrieben wurde, im Augenblicke aber mit sehr wichtigen und dringlichen Bauten auf der Kärntner Bahn beschäftigt ist, daß aber von Seite des Handelsministeriums ihr der gemessene Auftrag erteilt wurde anzuzeigen, wann sie den Bau der fraglichen Flügelbahn in Angriff nehmen wird. Hierwegen wurde nichts erinnert2.

II. Einbringung des Gesetzentwurfs über die Grundzüge der Gerichtsverfassung noch in der ersten Session des Reichsrates

Se. kaiserliche Hoheit eröffneten, daß die vom Justizministerium vorgelegten Entwürfe einer bürgerlichen Prozeßordnung und einer Strafprozeßordnung dem Staatsrate mitgeteilt wurden, wo sich in bezug auf die letztere einige Bedenken ergeben haben sollen, und stellten die Frage, ob es angezeigt sei, diese Entwürfe noch in der gegenwärtigen Session an den Reichsrat zu bringen3.

|| S. 286 PDF || Der Staatsratspräsident bemerkte, daß von Seite des Staatsrates kein Hindernis obwalte, indem sich derselbe mit den Grundzügen der bürgerlichen Prozeßordnung einverstanden erklärte und nur in bezug auf die Strafprozeßordnung einige Bedenken vorhanden sind, die wohl noch besprochen werden sollten, was aber ohne Verzug, und zwar am besten im Wege eines Komitees geschehen könnte. Der Minister Ritter v. Lasser glaubt, daß auf ein Durchbringen dieser Angelegenheit in der gegenwärtigen Session keine begründete Aussicht vorhanden ist, und würde daher bitten, die Frage wohl in Erwägung ziehen zu wollen, ob dennoch diese Vorlage jetzt einzubringen ist. Er halte es seinerseits nicht mehr für angezeigt, weil längstens in 14 Tagen die Finanzvorlagen an die Tagesordnung kommen4 und es dann, wenn mitten in diese Verhandlungen die Debatte über die Gerichtsorganisation kommen sollte, für beides von keinem Nutzen sein und am Ende in der fraglichen Sache dennoch zu keinem Resultate gelangt werden dürfte, zumal nicht zu erwarten steht, daß die vorgelegten Grundzüge so einfach angenommen werden. Der Staatsminister ist dagegen der Meinung, daß, wenn nicht die absolute Unmöglichkeit da ist, es doch gut wäre, diese Vorlage noch in der gegenwärtigen Session zu versuchen, weil hiedurch ein ganzes Jahr gewonnen wäre, indem die nächste Sitzung[speriode] des Reichsrates, nachdem die gegenwärtige erst im Juni oder Juli geschlossen wird, kaum vor dem Sommer des Jahres 1863 wird beginnen können5. Allerdings sei es wahr, daß es jetzt im Abgeordnetenhause mit der Finanzvorlage viel zu tun geben wird, was aber seines Erachtens vielleicht gerade vorteilhaft für die Regierung sein dürfte, indem man dann bei der Behandlung der fraglichen Entwürfe eben aus Mangel an Zeit weniger kritisch zu Werke gehen wird. Jedenfalls würde man aber den Vorteil erreichen, daß dann der Regierung nicht der Vorwurf gemacht werden kann, mit dieser Angelegenheit gesäumt zu haben, denn die Regierung hat dann ihr möglichstes getan und es wird nur die Schuld des Hauses sein, wenn in dieser Sache zu keinem Ziel gelangt werden sollte. Was die vom Staatsratspräsidenten angeregten Bedenken anbelangt, so wäre diesfalls vorerst eine Verständigung anzustreben, und der Staatsminister ist, wie Baron Lichtenfels, der Meinung, daß hierwegen ein Komitee zu bestimmen wäre.

|| S. 287 PDF || Alle übrigen Stimmführer des Ministerrates schlossen sich der Ansicht des Staatsministers an, und Se. kaiserliche Hoheit fanden sofort zu Mitgliedern des gedachten Komitees den Staatsminister, den Minister Ritter v. Lasser, den Staatsratspräsidenten und den Sektionschef Dr. Rizy zu bestimmen6.

III. Gesetzentwurf wegen Erhöhung des außerordentlichen Zuschlags zur Verbrauchsabgabe von Zucker aus inländischen Stoffen

b Der Finanzminister referierte seinen au. Vortrag vom 10. Februar l. J., Z. 8140, betreffend den an den Reichsrat einzubringenden Gesetzesentwurf wegen Erhöhung des außerordentlichen Zuschlages zur Verbrauchsabgabe von Zucker aus inländischen Stoffen7.

Er führt an, daß die österreichische Rübenzuckerindustrie seit einigen Jahren so kräftig emporgeblüht sei, daß sie den ausländischen Zucker beinahe ganz von dem inländischen Markte verdrängt habe, daß aber eben mit diesem Emporblühen leider eine sehr große Einbuße am Staatseinkommen verknüpft sei, indem die Verbrauchsabgabe vom inländischen Rübenzucker bei weitem nicht den bedeutenden Ausfall am Zuckerzollertrage decke. Zu dem auf Kosten des Staatseinkommens gewährten Zollschutz geselle sich für die inländische Rübenzuckerindustrie noch der weitere Vorteil, daß ihre Produktionskosten bei weitem nicht im gleichen Schritte mit der Entwertung der Bankvaluta gestiegen seien, während der Importeur ausländischen Zuckers das volle Silberagio in den Zuckerpreis aufnehmen müsse. Hiernach scheine es billig, daß diesen Verhältnissen Rechnung getragen werde, und der Finanzminister glaubt daher, ohne den volkswirtschaftlichen Interessen nahezutreten, die Erhöhung des gegenwärtigen Zuschlages von 20% auf 40% beantragen zu können, wodurch dem Staatsschatze eine Mehreinnahme von 1 Million Gulden erwachsen dürfte8.

|| S. 288 PDF || Nachdem der Finanzminister den beiliegenden Gesetzentwurfc dem hohen Ministerrate vorgelesen hatte, brachte der Staatsrat Baron Geringer das diesfällige Gutachten des Staatsrates zum Vortrage9, wonach sich mit dem ministeriellen Vorschlage dem Wesen nach einverstanden erklärt wird. In formeller Beziehung jedoch wird beanständet, daß eine Erhöhung des im Jahre 1859 eingeführten außerordentlichen Kriegszuschlages dermal nicht passend erscheine, vielmehr dürfte es angemessener sein, die ursprüngliche Verbrauchsabgabe (Grundtaxe) von Zucker in der Art zu erhöhen, daß mit Einschluß des verbleibenden 20%igen Zuschlages sich ein dem beantragten Ausmaße möglichst annähernder Gesamtbetrag herausstelle. Ferner wird in bezug auf das Gesetz selbst bemerkt, daß aus der Überschrift die Worte „für die Dauer des hohen Silberagiostandes“, dann auch die Worte „beziehungsweise 30“ wegbleiben müssen. Der Finanzminister äußerte bezüglich der zwei letzteren formellen Anstände, daß diese Worte aus Versehen aus einer früheren Redaktion zurückgeblieben seien und mithin kein Anstand obwalte, die gewünschte Streichung vorzunehmen. Belangend jedoch das gegen die Erhöhung des Kriegszuschlages erhobene Bedenken, so müsse er erinnern, daß in dem Gesetzentwurfe nicht vom Kriegszuschlage gesprochen, sondern bloß Zuschlag gesagt wird; an der Grundgebühr vermöchte der Finanzminister bei den gegenwärtigen Zeitverhältnissen keine Änderung vorzunehmen und glaubt daher, bei seinem Antrage verbleiben zu sollen. Dem Staatsratspräsidenten scheint der von dem Staatsrat v. Holzgethan ausgegangene Anwurf wegen Erhöhung der Grundtaxe nicht unbegründet zu sein, denn die hier in Rede stehende Steuererhöhung habe hauptsächlich darin ihre Motivierung, daß man den inländischen Zucker mit dem ausländischen gleichstellen will, und da dürfte es vollkommen gerechtfertigt erscheinen, daß nicht der außerordentliche Zuschlag zu der Verbrauchsabgabe, sondern die Grundgebühr selbst erhöht werde. Der Staatsminister meinte dagegen, daß sich heutzutage wohl niemand darüber täusche, daß der im Jahre 1859 wohl aus Anlaß des Krieges eingeführte Zuschlag nunmehr ein bleibender Steuerzuschlag sein wird, und nachdem mit dem Vorschlag des Finanzministers der Vorteil verbunden ist, daß zur Realisierung der beantragten Steuererhöhung kein neuer Modus notwendig ist, so erachtet der Staatsminister, dem Finanzminister beistimmen zu sollen. Ebenso sprachen sich alle übrigen Stimmführer für den ministeriellen Vorschlag aus10.

IV. Gesetzentwurf über die künftige Besteuerung des Wein-, Obstmost- und Fleischverbrauches

Gegenstand der Beratung waren die von dem Finanzminister mit au. Vortrage vom 18. Jänner l. J., Z. 240, vorgelegten Gesetzentwürfe über die künftige Besteuerung des Wein-, Obstmost- und Fleischverbrauchesd, 11.

|| S. 289 PDF || Der Finanzminister führt an, daß das mit der kaiserlichen Verordnung vom 12. Mai 1859 12 eingeführte neue System der Besteuerung des Wein-, Obstmost- und Fleischverbrauches, obgleich auf billigen Besteuerungsgrundsätzen beruhend, dennoch zu vielfachen Klagen Veranlassung gegeben und sich namentlich in Steiermark und Niederösterreich ein großes Widerstreben der Bevölkerung gegen diese Besteuerung gezeigt habe. Diese Widersetzlichkeit habe sich insbesondere in Absicht auf Wein und Obstmost wegen der Doppelbesteuerung desselben Gegenstandes durch die Grund- und Verzehrungssteuer und wegen Besteuerung des Haustrunkes kundgegeben, dann überhaupt wegen der den Gemeinden gesetzlich auferlegten Mitwirkung bei der Einhebung der Steuer und namentlich wegen des hiebei gewählten Modus. Sehr agitiert hätten auch die großen Grundbesitzer, Klöster etc., welchen es sehr unangenehm ist, diese Steuer zu zahlen. Nachdem der vortragende Minister des näheren eingeht, um die allgemeinen Beschwerden zu widerlegen und zu zeigen, daß die Klagen nicht so sehr gegen das Maß der Steuer als vielmehr gegen das Prinzip selbst gerichtet seien, erklärt er angesichts dieses allgemeinen Widerstrebens, die Beibehaltung der jetzigen Steuer nicht beantragen zu können, sondern auf das frühere System vom Jahre 1830 für die deutsch-slawischen Länder und vom Jahre 1850 für Ungarn, Kroatien, Slawonien13 und Siebenbürgen, jedoch mit jenen Beschränkungen zurückkehren zu sollen, welche die Sorge der Erhaltung mehrerer Zuflüsse für den Staatsschatz und der Grundsatz der gleichen Steuerpflicht erheischen14. Hiernach werden fortan in den deutsch-slawischen Ländern nicht bloß die Ärmeren, welche ihren Weinbedarf im kleinen aus Wirtshäusern beziehen müssen, sondern auch diejenigen, welche ihren Bedarf in größeren Mengen beziehen und bisher für diese Konsumtion die Steuerfreiheit genossen, und in den ungarischen Ländern nicht bloß die Bevölkerung in den Orten von mehr als 2000 Einwohnern, sondern auch jene in geringer bevölkerten Orten und endlich auch die Bevölkerung Kroatiens und Slawoniens, wo bisher die Besteuerung nicht bestand, zur Steuerentrichtung herangezogen werden. Andererseits || S. 290 PDF || werden die Zugeständnisse gemacht, daß in den deutsch-slawischen Ländern, wo das Ausmaß der Steuer im allgemeinen höher ist als in den ungarischen Ländern allgemein, und in letzteren für die Orte mit nicht mehr als 2000 Einwohnern der Haustrunk15, dann das durch Wasseraufguß auf ausgepreßte Trauben erzeugte Getränk und endlich den Wein zum gottesdienstlichen Gebrauche von der Steuer freigelassen werden. Ferner werden die Gemeinden von jeder zwangsweisen Mitwirkung befreit und die Steuerpflicht von dem Momente der Einfuhr in den Ort auf jenen der Einkellerung umgelegt und endlich nicht gewerbetreibenden Steuerpflichtigen die Möglichkeit gewahrt, durch eine für sich selbst mit der Steuerbehörde vorgenommene Abfindung jede Kontrolle von sich abzuwenden. In Tirol und Vorarlberg werde die von der dortigen Bevölkerung im Jahre 1848 gewünschte und seit 1860 aufrecht erhaltene Art der Steuereinhebung von Wein und Most unverändert belassen16.

Dieses wären die Grundlinien des neuen Gesetzes. Was nun die Form anbelangt, so seien deshalb zweierlei Gesetze, nämlich eines für die deutsch-slawischen und eines für die ungarischen Länder notwendig, weil in den letzteren Ländern der Umstand eintritt, daß dort der Tarifsatz ein bei weitem niedrigerer als in den deutschen Ländern ist, daher dort auch belassen werden müsse. In bezug auf die verfassungsmäßige Behandlung dieser Gesetze meint der Finanzminister, daß auch das Gesetz für die ungarischen Länder dem Reichsrate mitvorgelegt werden dürfte, um daß das Haus es unter einem zur Kenntnis nehme.

Der Finanzminister schritt sodann zur Verlesung des beiliegenden Gesetzes für die deutsch-slawischen Länder, wobei er zu Art. IV/2 bemerkte, daß dieser Passus in der Erwägung, daß so etwas in derlei Gesetzen bisher nicht vorgekommen ist, und mit Rücksicht auf die Heiligkeit der Sache besser ganz wegzulassen wäre, womit die Konferenz einverstanden war17.

Hierauf brachte der Staatsrat Baron Geringer das diesfällige staatsrätliche Gutachten zum Vortrage18, laut welchem der Staatsrat in meritorischer Beziehung den Anträgen des Finanzministers beipflichtet und nur einige formelle Bedenken erhebt, welche jedoch vom Finanzminister, nachdem ihm der bezügliche Akt vorläufig mitgeteilt wurde, bereits gewürdigt und der Gesetzesentwurf hiernach rektifiziert worden ist.

Über die Äußerung des Handelsministers , daß es bei dem Umstande, als man || S. 291 PDF || bei der im Jahre 1859 eingeführten Weinbesteuerung schon in der Ziffer des gehofften Erträgnisses ein so bedeutendes Fiasko gemacht hat19, vielleicht wünschenswerter wäre, von diesem Systeme gänzlich abzugehen und eine neue Steuer einzuführen, oder zu dem alten Prinzipe ohne alle Beschränkung zurückzukehren, erwiderte der Finanzminister , daß einerseits von einer neuen Steuer auf den Wein hier keine Rede ist und auch an der eigentlichen Weinsteuer jetzt keinesfalls gerüttelt werden konnte, andererseits aber gegen die Besteuerung des Weinverschleißes bisher sich keine Stimme erhoben habe und daher ein Aufgeben dieser Verschleißsteuer gar nicht in Frage stehe. Die Idee, zu dem alten Prinzipe gänzlich zurückzukehren, sei allerdings durchführbar und [es sei] auch vielleicht möglich, daß der kleine Rückhalt, den der Finanzminister zur Wahrung des Konsumtionsbesteuerungsprinzipes gewahrt hat, im Abgeordnetenhause fallen gelassen wird, wodann es sich darum handeln wird, die einzelnen darauf bezüglichen Paragraphen wegfallen zu lassen. Jetzt aber in den deutsch-slawischen Ländern gleich zu dem Alten zurückzukommen, hieße dem Staatsschatze einen großen Ausfall bereiten, und v. Plener glaubt daher, bei seinen Anträgen beharren zu sollen. Alle übrigen Stimmführer fanden dagegen nichts zu erinnern.

Bevor zur Erörterung des zweiten Gesetzentwurfes für die ungarischen Länder geschritten wurde, erklärte der Minister Graf Nádasdy , daß in dieser Sache bezüglich Ungarn in merito nicht entschieden werden könne, indem der ungarische Hofkanzler nicht zugegen sei. Auch bezüglich Siebenbürgens müßte er um die Vertagung dieser Verhandlung bitten, da er in der Sache zuwenig informiert ist, um heute in meritorischer Beziehung sich aussprechen zu können, und würde daher vorderhand den Finanzminister ersuchen, dieses Gesetz der siebenbürgischen Hofkanzlei mitzuteilen20. Was jedoch die Absicht des Finanzministers betrifft, das Gesetz für die ungarischen Länder dem Reichsrate mitvorzulegen, so müsse sich Graf Nádasdy schon heute entschieden dagegen aussprechen, indem ihm der Titel nicht bekannt ist, aus welchem dieses geschehen könnte, und seines Erachtens, wenn schon dieses Gesetz für die ungarischen [Länder] hinausgegeben werden sollte, dieses nur aufgrund des § 1321 erlassen werden dürfte.

In aller Würdigung dieser Äußerung wurde sonach beschlossen, daß vorderhand nur das vom Finanzminister entworfene Gesetz für die deutsch-slawischen Länder zur verfassungsmäßigen Behandlung an den Reichsrat zu leiten sei, das Gesetz für die ungarischen Länder aber einstweilen zurückbehalten werde und der Finanzminister hierwegen mit den betreffenden Hofkanzleien in das nötige Einvernehmen zu treten habe22.

V. Pferdeankauf seitens der serbischen Regierung

Der Kriegsminister referiert über die Anzeige des GM. Philippović, daß die serbische Regierung 800 Pferde in der Woiwodina etc. ankaufen wolle, um gegen den Aufstand in Bosnien gerüstet zu sein, und ist der Meinung, daß, nachdem die österreichische Armee mit ihrem Pferdebedarf gedeckt ist, hier ein Ausfuhrverbot nicht erlassen werden sollte, womit der Ministerrat einverstanden war23.

VI. Stand der Verhandlungen der Staatsverwaltung mit der Nationalbank; Kompetenz des Reichsrates

Der Finanzminister brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß die Verhandlungen mit der Nationalbank nun in das Stadium getreten sind, daß sie der verfassungsmäßigen Behandlung zugeführt werden können24.

Die erste Frage hiebei sei nun die Frage der Kompetenz, nämlich ob der Reichsrat in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung berechtigt ist, in diese Angelegenheit einzugehen25. Nachdem zufolge der von der Regierung in den Häusern abgegebenen Erklärung die stattgefundene ausnahmsweise Finanzvorlage an den derzeitigen engeren Reichsrat nicht bloß den Staatsvoranschlag pro 1862, sondern auch die damit im Zusammenhange stehenden Finanzvorlagen umfasse, so dürfte infolgedessen, wenn auch streng genommen die fragliche Sache eigentlich zum Budget nicht gehört, dennoch unternommen werden, sie auf diesem Wege in der Richtung anzubringen, daß hiedurch eine Art Bedeckung des Staatsdefizites bezweckt werde, mithin offenbar im Zusammenhange mit dem Staatsvoranschlage stehe. Einen weiteren Anhaltspunkt biete der Passus der Thronrede Sr. Majestät, „daß der Reichsrat die Vorschläge zur Regelung des Verhältnisses zwischen dem Staate und der Nationalbank, mit denen vor allem die Sicherstellung der Unabhängigkeit der letzteren bezweckt wird, in Erwägung zu ziehen haben wird“ — denn soll jetzt diese Ah. Willensmeinung erfüllt werden, so lasse es sich wohl nicht umgehen, daß diese Sache jetzt vor das Forum des Reichsrates gebracht werde. Indem der vortragende Minister sonach des näheren über die vereinbarten Punktationen für das Übereinkommen, dann über die neuen Bankstatuten eingeht und des weiteren auseinandersetzt, daß bei der ganzen Sache nichts vorgegriffen ist, indem die Nationalbank im Jahre 1863 statutenmäßig die Bitte um Verlängerung ihres Privilegiums einbringen müßte, daher anstatt schon heuer im kommenden Jahre die Verhandlungen wegen Gewährung oder Liquidierung einzutreten hätten, mithin in der Sache umso weniger antizipiert sei als auch schon politische Rücksichten diesen Schritt notwendig machen, und nachdem der Finanzminister auch die Verlegenheiten bespricht, die entstehen würden, wenn es nicht gelingen sollte, diese Vorlage jetzt an den Reichsrat zu bringen, ist er schließlich der Meinung, daß die || S. 293 PDF || Bankfrage, einmal angepackt, auch ohne Unterbrechung durchgeführt werden muß.

Im Laufe der hierüber gepflogenen Erörterung machte der Minister Graf Nádasdy den Einwand, daß in Abwesenheit des ungarischen Hofkanzlers über die Kompetenzfrage wohl heute nicht abgesprochen werden könnte. Der Staatsratspräsident begreift nicht, warum die Kompetenzfrage in dieser Sache auf einmal als eine zweifelhafte betrachtet und hierwegen nicht ohne den ungarischen Hofkanzler ein Beschluß gefaßt werden sollte, zumal diese Angelegenheit schon so oft in Gegenwart des Grafen Forgách besprochen und verhandelt wurde. Votant habe diese Sache immer als zusammenhängend mit dem Budget angesehen und glaubt daher, daß es ganz einfach als Appendix der Budgetverhandlungen an den Reichsrat zu bringen wäre, was gewiß auf keinen Anstand stoßen wird, da man die Sache so im Hause erwartet. Graf Nádasdy erinnerte hierauf, daß es sich hiebei auch um zwei sehr wichtige Fragen handelt, wovon die eine sich auf die Bestimmung bezieht, daß das Geld der Bank als einziges Geldzeichen ein der ganzen Monarchie, Ungarn miteingeschlossene, gelten solle, und die zweite die ungarischen Güter betrifft, also Fragen, über welche der ungarische Hofkanzler jedenfalls vernommen werden müßte. Der Polizeiminister bemerkt unter Hinweisung auf die in dieser Angelegenheit in den früheren Konferenzen stets in Gegenwart des ungarischen Hofkanzlers gepflogenen Verhandlungen und gefaßten Beschlüsse, daß es wohl nicht angehe, jetzt, nachdem der Finanzminister in der Sache mit Zustimmung der Konferenz vorgegangen, dieselbe in irgendeiner Weise in Frage zu stellen, sondern daß es sich gegenwärtig nur darum handeln kann, ob diese Angelegenheit den Beschlüssen der Konferenz gemäß durchgeführt ist und wie sie nun gegenüber dem Reichsrate behandelt werden soll. Und in dieser Richtung wäre Votant allerdings dafür, daß diese Fragen in Gegenwart des ungarischen Hofkanzlers erörtert werden.

Dieser Meinung schlossen sich alle übrigen Stimmführer an, wobei Minister Ritter v. Lasser den Wunsch aussprach, daß der Finanzminister vorläufig die Punktationen des Übereinkommens fund den neuen Statutenentwurff den Mitgliedern des Ministerrates mitteile, und weiter bemerkte, daß für den konkreten Fall vielleicht der Modus zu wählen wäre, daß den Häusern erklärt werde, Se. Majestät wisse von dieser Sache und befehle, daß dieselbe im Zusammenhange mit dem Budget behandelt werde26.

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 6. März 1862. Empfangen 6. März 1862. Erzherzog Rainer.