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Nr. 197 Ministerrat, Wien, 15. Februar 1862 — Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 15. 2), Mecséry, Nádasdy (bei III und IV abw.), Schmerling, Lasser (bei V bis IX abw.), Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, FML. Schmerling; außerdem anw. Müller (nur bei I bis III); abw. Degenfeld, Pratobevera; BdR. Erzherzog Rainer 1. 3.

MRZ. 1001 – KZ. 609 –

Protokoll II des zu Wien am 15. Februar 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg.

I. Interpellation des Abgeordneten Dr. Eugen Mühlfeld wegen Aufhebung des § 469 der politischen Schulverfassung

Der Staatsminister brachte die in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 10. Februar l. J. von Dr. Mühlfeld und Genossen überreichte Interpellation in betreff der Aufhebung des § 469 der politischen Schulverfassung und des Studienhofdekretes vom 30. Jänner 1826, Zahl 326, zur Sprache1. Nachdem sich gegenwärtig über die Frage weder ja noch nein sagen lasse, indem eine stückweise Abänderung der Schulgesetze nicht vorgenommen werden kann, andererseits aber als absolut notwendig erkannt werden müsse, daß der Schulkodex einer allgemeinen Revision unterzogen werde, so gedenkt der Staatsminister die obige Interpellation ganz allgemein dahin zu beantworten, daß die Regierung demnächst eine allgemeine Revision der Schulgesetze vorzunehmen beabsichtige, wobei die von den Interpellanten gestellte Frage ihre Lösung finden werde.

Der Ministerrat war damit einverstanden.

II. Feiern zum Jahrestag der Verfassungsverleihung

Gegenstand der Beratung war die Frage der Feier des Jahrestages der Verfassung vom 26. Februar.

Nachdem sich allenthalben das Verlangen nach einer festlichen Feier des 26. Februar kundgegeben und es auch angemessen erscheint, daß der Gedächtnistag dieses für Österreich so denkwürdigen Ereignisses auch offiziell wenigstens durch eine gottesdienstliche Feier begangen werde, fand sich der Staatsminister veranlaßt, hierwegen die Statthalter der Kronländer einzuvernehmen, und es werden nach den diesfälligen Berichten fast überall aus eigenem Antriebe wegen Veranlassung dieser Feier die entsprechenden Verfügungen bereits getroffen. In Prag werde || S. 269 PDF || von dem dortigen Statthaltereivizepräsidenten Baron Kellersperg, im Falle der Stadtrat in der Sache selbst nichts verfügen sollte, das Entsprechende eingeleitet und im Wege des Konsistoriums ein feierlicher Gottesdienst veranlaßt werden. Es handle sich somit nur um Lemberg und Krakau, in welchen Städten bei der dort herrschenden Stimmung eine Begehung dieser Feier aus eigenem Antriebe kaum zu erwarten steht. Der Staatsminister würde daher proponieren, daß sowohl der Statthalter Graf Mensdorff als auch der Hofrat Merkl anzuweisen wären, die Sache in gleicher Weise wie Baron Kellersperg einzuleiten und durchzuführen. Zugleich glaubte der Staatsminister sämtliche Herrn Minister einzuladen, die Vorkehrung zu treffen, daß sich überall die Beamten an dieser Feier persönlich beteiligen, speziell aber den Herrn Kriegsminister zu bitten, die Anordnung zu treffen, daß das Militär diese Feier nicht ignoriere, rücksichtlich die Offiziere der Garnisonen in den Städten sich von dem feierlichen Gottesdienste nicht ausschließen.

Der Ministerrat war damit einverstanden, wobei nur bemerkt wurde, daß selbstverständlich die Einladung zu dem Gottesdienste, wie bei allen ähnlichen Gelegenheiten, durch die betreffenden Konsistorien zu geschehen haben wirda, 2.

III. Nachsicht für die gegen die Bedingungen des Heeresergänzungsgesetzes in Ungarn Verehelichten von der Anwendung der Strenge des Gesetzes

GM. Müller referierte den au. Vortrag des ungarischen Hofkanzlers vom 24. Jänner l. J., GZ. 1590, womit der au. Antrag gestellt wird, daß gegen diejenigen Militärpflichtigen, welche die zweite Altersklasse noch nicht überschritten und sich ohne Nachweis der im § 8 des Heeresergänzungsgesetzes3 festgesetzten Bedingungen in Ungarn verehelicht haben, von der Anwendung der Strenge des § 44 des Heeresergänzungsgesetzes abgegangen und diese Nachsicht auch auf diejenigen Seelsorger ausgedehnt werden dürfe, welche derlei Trauungen vollzogen haben4.

Der Staatsrat erklärte sich laut des verlesenen Gutachtens einhellig gegen diesen Antrag. Derselbe fand nämlich die vom Kriegsminister dagegen angeregten Bedenken5, daß über eine so rücksichtslose Verletzung eines bestehenden Gesetzes umso weniger hinausgegangen werden könne, als hierin eine Ermunterung zu jeder möglichen Gesetzesübertretung läge, vollkommen gerechtfertigt. Auch müßte die ungleiche Behandlung jener, die sich im Jahre 1861, und jener, die sich in einem anderen Jahre gesetzwidrig verehelicht haben und die im nämlichen zur Stellung kommen können, jedenfalls Unzufriedenheit erregen. Noch weit strafbarer aber als derlei Verehelichte erscheinen die Seelsorger, welche in vollem Bewußtsein des Unrechtes und gegen ihre Pflicht die Trauungen vollzogen haben und ohne deren || S. 270 PDF || willfährige Beihilfe diese Gesetzesübertretungen gar nicht hätten stattfinden können.

Der Staatsratspräsident trat ebenfalls dieser Ansicht bei, erachtete jedoch, daß in einzelnen rücksichtswürdigen Fällen denn doch eine Ausnahme von der strengen Anordnung des Gesetzes gemacht werden sollte und daher nach seiner Meinung dem ablehnenden Resolutionsentwurfe ein Zusatz beizufügen wäre, der dieses frei lassen würde. Der ungarische Hofkanzler äußerte, er müsse an den in seinem Vortrage entwickelten Ansichten festhalten. Er sehe nicht ein, warum hier gerade der Unschuldige für die Schuldigen leiden solle, denn die betreffenden Individuen haben sich früher bei den konstitutionellen Beamten angefragt und den Bescheid erhalten, daß die österreichischen Gesetze in Ungarn keine Giltigkeit mehr haben und sie sich daher nur an den Pfarrer zu wenden haben, der die Trauung ohneweiters vollziehen könne. Graf Forgách habe also nur aus dem Grundsatze, daß nicht der minder schuldige Teil bestraft werde, während die schuldtragenden Beamten, da sie nicht mehr fungieren, straflos ausgehen sollen, sich bewogen gefunden, die in Rede stehende Nachsicht sich au. zu erbitten, wobei er sich ohnehin nur auf die zweite Altersklasse beschränkt habe. Er halte es seinerseits nur für eine Billigkeit, daß diese Leute, welche nur durch die Beamten und durch die damals herrschende Begriffsverwirrung in diese Lage kamen, geschützt werden. Der Minister Graf Esterházy unterstützte diesen Antrag hervorhebend, daß kein Mensch in Ungarn in jüngster Zeit wußte, was Recht und Unrecht ist, und daß namentlich die fraglichen Individuen durch die ihnen gemachte Eröffnung, daß das Heeresergänzungsgesetz nicht zu Recht besteht, sich zur Eingehung der Ehen verleiten ließen. Der Kriegsministerstellvertreter FML. Ritter v. Schmerling glaubte, bdie bisher ausgesprochene Ansicht des Kriegsministeriums umso mehr festhaltenb zu sollen, als er nicht annehmen könne, daß diese Leute aus Unkenntnis gehandelt haben, zumal unter dieser Klasse der Bevölkerung die Heiratsgesetze sehr genau bekannt sind. Übrigens erscheine es schon zur Wahrung des Ansehens des Gesetzes notwendig, daß solchen sich einschleichenden Mißbräuchen entschieden entgegengetreten werde. cDoch sei die Sache mehr vom politischen als militärischen Interessec . Der Staatsminister erachtete sich der Meinung des Staatsrates rücksichtlich des Staatsratspräsidenten anschließen zu sollen. Der Polizeiminister erklärte sich dagegen für die Ag. Gewährung der von der ungarischen Hofkanzlei erbetenen Nachsicht. Es handle sich hier um ein Gesetz, welches von den konstitutionellen Behörden entschieden als nicht zu Recht bestehend ausgesagt wurde; die Regierung hatte von diesem Vorgehen Kenntnis, indem mehrfache Anfragen hierwegen eingelangt sind, ohne daß man die Kraft hatte, diesem Übel zu steuern. Nun soll die Strafe eintreten, und zwar soll dieselbe nicht die Schuldigen, sondern die Unschuldigen treffen. Dieses scheine dem Votanten gegen alle Billigkeit zu verstoßen. Andererseits müsse allerdings das Ansehen des Gesetzes gewahrt werden, und Votant würde daher vorschlagen, Allerhöchstenortes || S. 271 PDF || darauf einzuraten, daß diese Nachsicht in Form eines Ah. Gnadenaktes ausgesprochen werde.

Dieser Antrag wurde von den Ministern Ritter v. Lasser, v. Plener und Grafen Wikkenburg unterstützt und es schlossen sich demselben bei der von dem Vorsitzenden Minister des Äußern hierüber vorgenommenen Umfrage auch der Staatsminister und der Staatsratspräsident an, mithin derselbe durch eminente Majorität zum Beschlusse erhoben wurded, 6.

IV. Ah. Befehl wegen vollzähligen Erscheinens der Minister bei den Sitzungen des Abgeordnetenhauses

Der Staatsminister brachte infolge Ah. Befehles zur Kenntnis der hohen Konferenz, daß es der Ah. Wille Sr. Majestät sei, daß die Minister bei den Sitzungen des Abgeordnetenhauses sich, soweit es tunlich ist, vollzählig einfinden mögen, weil dieses mehrfache Rücksichten gebieten und es auch nicht angemessen erscheint, daß, wie es in jüngster Zeit häufig geschah, die Verfechtung der Regierungsinteressen dem Staatsminister allein zufalle, zumal auch Fragen vorkommen, die sein Ressort durchaus nicht berühren und er nicht in allem für seine Herrn Kollegen einstehen könnee .

V. Verantwortlichkeit der Gemeinden für die Steuern der einzelnen Steuerpflichtigen

Der ungarische Hofkanzler referierte, es habe das Finanzministerium mittelst eines der ungarischen Hofkanzlei zur Einsicht mitgeteilten Erlasses angeordnet, daß im Hinblicke auf die neben dem ausnahmsweisen Steuereintreibungsverfahren noch fortan in Ungarn giltigen Steuervorschriften und die hierin den Gemeinden bzw. ihren Organen auferlegten Verpflichtungen zur Mitwirkung bei der Vorschreibung und Einhebung der Steuern grundsätzlich diejenigen Abgabsrückstände, die aus Verschulden der Gemeinden oder ihrer Repräsentanten uneinbringlich geworden sind, von der Gemeinde als moralische Person und zwar nötigenfalls mit Anwendung der Zwangsmittel gegen dieselbe und aus ihrem Vermögen einzubringen sind, wobei der Gemeinde der Regreß an die schuldtragenden Gemeindevertreter offensteht7.

Graf Forgách habe Bedenken gehabt, diesem Erlasse beizutreten, weil die Anwendung dieses vom Finanzminister ausgesprochenen Grundsatzes eine Belastung der Gemeinde, sogar eine Veräußerung des Gemeindevermögens in sich schließt, und ersuchte demnach um Sistierung oder Abänderung dieser Verfügung8. Hierüber sei nun eine Note des Finanzministeriums eingelangt, worin weitläufig auseinandergesetzt sei, daß es einer teilweisen Verzichtleistung der Finanzen auf in Ungarn ejektierten Abgaben gleichkäme, wenn man sich bei der Einbringung der durch die || S. 272 PDF || Renitenz oder aus sonstigen Verschulden der Gemeinderepräsentanten uneinbringlich gewordenen Einnahmen nicht an die Gemeinde halten könnte, daß übrigens die fragliche Verfügung auf den bisherigen Steuervorschriften beruhe, daß nämlich die Finanzverwaltung bei der Steuereinhebung in Ungarn immer nur mit der Gemeinde als solche zu tun habe, indem jeder Gemeinde die auf sie im ganzen entfallende Steuerschuldigkeit mittelst des gemeindeweisen Steuerzahlungsbogens summarisch bekanntgegeben werde, auf dessen Grundlage sohin die Gemeinden die individuelle Abstattung durch ihre Organe vollziehen, mithin dem Ärar gegenüber bei der Abfuhr der Steuer immer die zu ihrer Einhebung berufene Gemeinde im Wirksamkeit trete und in dieser Beziehung dem Staate verantwortlich bleibe, wobei ihr der Regreß an ihre Organe offensteht9. Nachdem sonach das Finanzministerium auf der gedachten Verfügung zu beharren gedenkt, so glaubte der ungarische Hofkanzler, diese Differenz im hohen Ministerrate zur Sprache bringen zu sollen, und [er] müsse in dieser Beziehung nur noch bemerken, daß er alle bestehenden Steuervorschriften genau durchgesehen und nirgends ein Gesetz gefunden habe, welches die Gemeindeverantwortlichkeit für die Steuer der einzelnen Steuerpflichtigen bis zur Exekution diktieren würde. Auch der Grundsatz, daß der Gemeinde der Regreß an ihre Organe offenstehe, sei nicht durchführbar.

Der Finanzminister äußerte, daß in der Zeit, wo sich die Steuerrenitenz so stark manifestierte, wohl nichts anderes zu tun war, als, da man die einzelnen Renitenten nicht eruieren konnte, an die Gemeinde zu gehen und selbst das Gemeindevermögen in Exekution zu ziehen. Seines Wissens habe aber das Finanzministerium im allgemeinen diesen strengen Vorgang nicht gebilligt, und man sollte nun über diese einzelnen Fälle als geschehen hinweggehen. Der Finanzminister erklärte sich übrigens bereit, die fragliche Angelegenheit mit der ungarischen Hofkanzlei im ämtlichen Korrespondenzwege auszugleichen10.

VI. Pferdeausfuhr aus Galizien

FML. Ritter v. Schmerling brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß aus Anlaß einer dem Kriegsministerium zugekommenen Mitteilung des Polizeiministeriums über eine in jüngster Zeit stattgefundene nahmhafte Pferdeausfuhr aus Galizien Erkundigung eingezogen und die Auskunft erhalten wurde, daß diesfalls nirgends eine außergewöhnliche, Besorgnis erregende oder gar politisch bedenkliche Ausfuhr wahrgenommen wird.

VII. Besetzung des Postens des Generaldirektors der Südbahn-Gesellschaft

Nach dem Tode des Generaldirektors der Südbahn Lapeyrière wurde von Seite der Staatsverwaltung die Gesellschaft darauf aufmerksam gemacht, daß es wünschenswert wäre, wenn dieser erledigte Posten nicht wieder durch einen Franzosen, sondern einen mit den hierländigen Verhältnissen vertrauten Inländer besetzt werde. || S. 273 PDF || Nichtsdestoweniger habe der Handelsminister vor kurzem seitens dieser Eisenbahngesellschaft die Anzeige erhalten, daß ein sichererf Monsieur Michel, ein geborener Franzose, der hier gänzlich unbekannt ist, zum Generaldirektor erwählt worden ist11. Es handle sich nun um die Frage, wie sich von Seite der Staatsverwaltung in dieser Sache zu benehmen wäre. Über die Bemerkung des Polizeiministers , daß, nachdem es hier zuerst auf die Frage ankomme, ob die Regierung das Recht der Bestätigung der Wahl hat oder nicht, man vor allem den darauf bezüglichen Artikel der Konzessionsurkunde einsehen müßte, wurde er Handelsminister eingeladen, diesen Gegenstand unter Mitbringung des fraglichen Gesetzes in der nächsten Konferenz nochmals zur Sprache zu bringen12.

VIII. Verhalten der Minister bei den Verhandlungen im Finanzausschuß und im Abgeordnetenhaus

Der Finanzminister besprach die Notwendigkeit, daß von Seite der Minister bei allen Besprechungen mit den Abgeordneten, sei es in den einzelnen Kommissionen, sei es in den Klubs oder im Hause selbst, stets mit aller Vorsicht vorgegangen und ja alle Divergenzen vermieden werden, insbesondere aber daß, wenn die Organisationsfragen zutage komen, das gesamte Ministerium bei den Diskussionen in bezug auf die Aufrechterhaltung des Bestehenden einstimmig sei und überhaupt bei jeder Gelegenheit selbst auch den Schein einer Uneinigkeit vermeide.

Anknüpfend an dieses, erinnerte der Vorsitzende Minister des Äußern , daß im Abgeordnetenhause wiederholt versucht werde, gewissen Funktionären die Bezüge zu schmälern, und darin die Tendenz zu liegen scheint, diese Persönlichkeiten durch dieses Manöver fallen zu lassen13. Da nun die Wahl und Ernennung der || S. 274 PDF || Funktionäre einzig und allein Sache der Krone ist, so müsse man allen solchen Versuchen entschieden entgegentreten, so wie es auch dringend geboten sein dürfte, daß in der Verteidigung der einzelnen Posten des Budgets ein Minister den andern unterstütze. Der Staatsminister glaubt nicht, daß die Abgeordneten im Sinne haben, durch Herabminderung einzelner Positionen innerhalb des Etats einer Institution die Existenz der letzteren in Frage zu stellen, sondern bei derlei Anträgen lediglich von der Absicht geleitet sein dürften, eine sich ihnen als tunlich darstellende Ersparnis zu bewirken. Übrigens sei den etwaigen Bestrebungen, durch Streichung eines ganzen Postens im Budget die Lebensader einer Institution abzuschneiden, von vornehinein dadurch eine Schranke gesetzt worden, daß in der Ausschußsitzung der Grundsatz geltend gemacht und auch von der Majorität anerkannt wurde, daß eine solche Streichung nicht einseitig durch das Abgeordnetenhaus, sondern nur durch ein Gesetz zustande gebracht werden kann14.

IX. Ansuchen des Finanzausschusses um Mitteilung eines Vortrags vom Jahre 1858 betreffend die Verminderung des Militäraufwandes

Der Finanzminister referierte, daß, nachdem dem Finanzausschusse des Abgeordnetenhauses gemäß Ministerratsbeschlusses bloß der Auszug aus den Beratungen der Budgetkommission vom Jahre 1859/60 mitgeteilt wurde15, nun abermals der Vortrag vom Jahre 1858 in betreff der Herabminderung des Militäraufwandes verlangt wird, und sich diesfalls von dem Ausschusse wiederholt sowohl an das Kriegsministerium als auch an den Finanzminister gewendet wurde16. Das Kriegsministerium habe bereits dieses Ansinnen unter Hinweisung, daß sich dieser Akt in Ah. Händen befindet, zurückgewiesen17. Vom Finanzminister verlange man aber das Konzept dieses Vortrages, und es soll dem Vernehmen nach für den Fall, als die Herausgabe dieses Konzeptes verweigert werde, eine Interpellation diesfalls beabsichtigt sein. Der Finanzminister ist prinzipiell gegen jede Mitteilung dieses Aktes und glaubt daher, die diesfällige Zuschrift wie der Kriegsminister ablehnend zu beantworten. Um jedoch diesen Herren zu zeigen, daß man ihnen bei der Mitteilung des Extraktes nichts vorenthalten habe, dürfte es nicht schaden, wenn gden Abgeordneten Baron Tinti und Dr. Giskra vertraulich gestattet würdeg, in das Ministerium zu kommen, um dort den gewünschten Akt einzusehen und sich die Überzeugung zu verschaffen, daß in dem Extrakte alle Punkte des Vortrages enthalten sind.

Der Staatsminister erklärte, sich mit dieser Ansicht nicht vereinigen zu können. Wenn einmal die Minister erklärt haben, daß die Mitteilung des Vortrages nicht tunlich ist, so müssen sich die Abgeordneten damit zufrieden stellen. Abgesehen davon, daß es an jedem Titel mangelt, aus welchem diese Herren zu einem || S. 275 PDF || solchen Verlangen berechtigt wären, erscheine dieses Benehmen überhaupt als sehr verletzend gegen das Ministerium, weil sie dadurch förmlich erklären, daß man sie mit dem Extrakte betrogen hat und sie sich von der wahren Sache überzeugen wollen. Überhaupt seien solche Prätentionen ganz absonderlich, das Ministerium habe in dieser Sache ohnehin schon das äußerste getan und es müsse endlich damit ein Ende gemacht werden. Der Staatsminister ist sonach der Meinung, daß das wiederholte Ansinnen des Finanzausschusses von Seite des Finanzministers ganz entschieden abzulehen und in dieser Sache keine weitere wie immer beschaffene Konzession zu machen sei.

Dieser Meinung schlossen sich alle übrigen Stimmführer des Ministerrates an18.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 28. Februar 1862. Empfangen 1. März 1862. Erzherzog Rainer.