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Nr. 114 Ministerrat, Wien, 26. August 1861 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 26. 8.), Rechberg, Mecséry, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Pratobevera 28. 8., Forgách, Esterházy, FML. Schmerling; BdR. Erzherzog Rainer 9. 9.

MRZ. 908 – KZ. 2811 –

Protokoll des zu Wien am 26. August 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer

I. Medaille für Ladislaus Graf Teleki

Der Finanzminister referierte über eine Anfrage des k. k. Hauptmünzamts, ob es die Ausprägung der bei dem k. k. Graveur Kleeberg bestellten Gedächtnismedaillen auf Graf Teleki (vier Stück in Silber, 100 in Bronze) übernehmen soll. Der Ministerrat entschied sich für die Abweisung, weil es nach dem Erachten der Minister des Äußern und der Polizei sowie des ungrischen Hofkanzlers || S. 327 PDF || wo nicht ganz unzulässig, doch sehr auffallend wäre, eine solche Medaille in einem kaiserlichen Amte ausprägen zu lassen1.

II. Beschlüsse der Judexkurialkonferenz über den Steinkohlenbergbau

In den vom ungrischen Landtage en bloc angenommenen Beschlüssen der Konferenz des Judex Curiae über die ungrischen Justizgesetze2 wurden unter anderen die Bestimmungen der §§ 284 und 285 des Bergrechts von 1854 dahin abgeändert, daß die von Steinkohlenwerken an das Ärar zu zahlende Bergfrone aufgehoben, dieselbe aber an den Grundeigentümer zu zahlen sei, ohne dessen Einwilligung künftig keine Schurfbewilligung gegeben werden dürfe, und daß diese Bestimmung selbst auf die bisher nach jenem Gesetze erteilten Schurflizenzen zurückzuwirken habe. Hierdurch wird nach der einstimmigen Ansicht der Minister der Finanzen und für Handel nicht nur dem Ärar eine bisher gesicherte gesetzmäßige Abgabe von 50.000—60.000 fr. verfassungswidrig entzogen, sondern auch — was in volkswirtschaftlicher Hinsicht von dem größten Gewichte ist — dem Steinkohlenbau in Ungern ein tödlicher Schlag versetzt. Der Finanzminister war daher der Meinung, daß, nachdem weder die Konferenz noch Se. Majestät von dem meritorischen Inhalte der Judexkurialbeschlüsse Kenntnis erhalten haben3, Se. Majestät zu bitten wären, jene Bestimmung derselben bis zur Änderung der §§ 284 und 285 des Bergrechts im verfassungsmäßigen Wege einstweilen außer Wirkung zu setzen4.

Der ungrische Hofkanzler , in dem Augenblicke nicht vorbereitet, über diesen Punkt der Judexkurialbeschlüsse Auskunft zu erteilen, beschränkte sich auf die Bemerkung, daß dieselben, wenn sie so, wie angegeben, abgefaßt sind, nicht nur den ungrischen Rechtsbegriffen über das Grundeigentum, sondern auch den älteren Berggesetzen angemessen seien, nach denen doch auch vor 1854 || S. 328 PDF || der Bergbau in Ungern schwunghaft betrieben worden ist. Fänden sich einzelne dadurch in ihren vermeintlichen Rechten verletzt, so möge man abwarten, bis sie mit ihren Beschwerden auftreten. Die Einbuße, die das Ärar dabei leidet, sei zwar nicht zu leugnen, aber es wäre besser, gegenwärtig darüber hinauszugehen, als jetzt, nachdem die Judexkurialbeschlüsse mit Ah. Genehmigung vor wenigen Wochen hinausgegeben worden5, einzelne Bestimmungen derselben zu revozieren, was nur geeignet wäre, den Glauben des Landes in die königlichen Entschließungen zu erschüttern. Keinesfalls könnte er sich ohne vorläufige schriftliche Verhandlung des Gegenstandes in eine meritorische Entscheidung hierüber einlassen. Der Handelsminister bedauerte, daß der meritorische Inhalt der Judexkurialbeschlüsse nicht zur Kenntnis des Ministerrates gebracht wurde. Allein er mußte anerkennen, daß, nachdem sie die Ah. Genehmigung erhielten, vorderhand nichts anderes zu tun wäre, als bei dem Umstande, daß dieselben eigentlich doch nur als ein Provisorium anzusehen sind, nach einer vorläufigen Verhandlung zwischen den einschlägigen Ministerien und der ungrischen Hofkanzlei Sr. Majestät die Nachteile darzustellen, welche die angefochtenen Bestimmungen in finanzieller, volkswirtschaftlicher und — wegen ihrer Rückwirkung auf bereits konzessionierte Schürfer — auch in privatrechtlicher Beziehung haben, und die geeigneten Abhilfsmittel in Antrag zu bringen. Auch der Minister des Äußern erkannte die Notwendigkeit an, eine Abhilfe nicht bloß in finanzieller Beziehung zu treffen, sondern auch darum, damit nicht der Bergbau in Ungern durch Abstellung der Bergfrone jenem in den anderen Kronländern gegenüber günstiger gestellt und in die Lage gesetzt werde, letzteren von der Konkurrenz mit dem eigenen auszuschließen oder sie doch wesentlich zu erschweren. Der Polizeiminister bemerkte, nach der Zusicherung des früheren ungrischen Hofkanzlers sollten die Judexkurialbeschlüsse ihrem ganzen Inhalte nach übersetzt und unter die Mitglieder des Ministerrates verteilt werden. Es geschah nicht, vielmehr wurden dieselben ohne Prüfung ihres Inhalts bloß auf die Versicherung hin, daß sie wesentliche Änderungen der älteren Gesetze nicht enthalten und einige neuere beibehalten, mit Ah. Genehmigung hinausgegeben. Er glaubte daher, daß obige Zusicherung von dem gegenwärtigen ungrischen Hofkanzler erfüllt und der Ministerrat in die Lage versetzt werden sollte, sich von dem Wesen der Judexkurialbeschlüsse zu informieren. Belangend den hier zur Sprache gebrachten speziellen Punkt, so scheint es zwar offenbar zu sein, daß die fraglichen Bestimmungen weder in die österreichische Gesetzgebung passen noch den finanziellen Interessen entsprechen. Sie berühren aber auch wesentliche Privatrechte und werden daher ohne Zweifel zu Reklamationen der Beteiligten Anlaß geben, die vielleicht eine Revision derselben notwendig machen werden. Es wäre daher abzuwarten, ob gegen diese, vielleicht auch noch andere Bestimmungen der Judexkurialbeschlüsse Beschwerden einlangen, ehe von Seite der Regierung eine Zurücknahme derselben verfügt werden könnte. Jedenfalls aber sollte im Wege der Verhandlung zwischen den beteiligten Zentralstellen der faktische und rechtliche Bestand in vollkommenes Licht gesetzt werden. Im || S. 329 PDF || wesentlichen mit dem Polizeiminister einverstanden, bemerkte der Staatsminister : Geht der Bergbau in Ungern zugrunde, wie so manches andere, so möge sich das Land die Schuld daran selber zuschreiben. Die Erfahrung wird es belehren, was es mit der Rückkehr zu veralteten Einrichtungen gewonnen hat. Bedauerlich aber ist, daß Se. Majestät durch die Ah. genehmigte Hinausgabe der Judexkurialbeschlüsse indirekt zu einer Verfassungsverletzung induziert worden sind, indem mit den hier in Rede stehenden Bestimmungen über eine Abgabe verfügt worden ist, was nach dem kaiserlichen Diplom vom 20. Oktober nur unter verfassungsmäßiger Mitwirkung des Reichsrates — nicht des ungrischen Landtags, der allein dazu nicht kompetent war — geschehen dürfte. Zum Glück ist kein eigentlicher Landtagsbeschluß vorhanden, die Judexkurialanträge sind vielmehr — ohne Eingehen des Landtags in das Meritum — nur durch eine Art moralische Mitwirkung, durch ein Vertrauensvotum desselben, in Wirksamkeit gesetzt worden. Sosehr daher der Staatsminister anerkennt, daß jetzt nach wenigen Wochen derselben eine selbst teilweise Revozierung der Judexkurialbeschlüsse ohne Kompromittierung des Ansehens der Krone nicht tunlich wäre, so glaubte er doch andererseits, zur Anbahnung eines Auswegs den Standpunkt festhalten zu sollen, daß durch die gedachten Beschlüsse eine Abgabe außer dem verfassungsmäßigen Wege, also nur provisorisch, sistiert worden, mithin diese Sistierung seinerzeit wieder zurückgenommen werden könne. Im übrigen erklärte er sich sowohl mit der Verteilung der Judexkurialbeschlüsse an die Mitglieder des Ministerrates als auch mit der Einleitung einer förmlichen Verhandlung über die hier fraglichen Bestimmungen derselben einverstanden. Von den übrigen Stimmführern waren alle bis auf den Staatsratspräsidenten mit dem Antrage des Polizeiministers einverstanden. Freiherr v. Lichtenfels aber bemerkte, er finde nunmehr durch diese Erfahrung bestätigt, was er schon bei einer anderen Gelegenheit von den Folgen der Judexkurialbeschlüsse vorhergesagt. Die hier in Rede stehenden Bestimmungen derselben beeinträchtigen das Ärar, den Bergbau und die Privatrechte. Wenn in letzterer Beziehung gesagt wird, daß sie den ungrischen Rechtsbegriffen mehr entsprechen als die österreichischen Gesetze, so kann die Regierung dieses Argument nicht gelten lassen, denn eine Bedingung der Wiederherstellung der ungrischen Verfassung war, daß diese Gesetze bis zu deren Änderung im verfassungsmäßigen Wege in Wirksamkeit bleiben sollen. Abwarten, bis das Land durch die Erfahrung über deren Vorzüglichkeit belehrt wird, wäre bei der bodenlosen Verwirrung, die in den dortigen Rechtszuständen eingetreten ist, ein zu teures Experiment, indem jeder Tag neue Rechtsgeschäfte mit sich bringt. Da nun auch ein förmlicher Landtagsbeschluß über das Meritum der Judexkurialbeschlüsse nicht vorliegt, so wären dieselben zu sistieren, bis die Regierung überzeugt ist, was davon belassen werden kann, was nicht.

In Gemäßheit des Majoritätsbeschlusses wird der Finanzminister die Verhandlung im Einvernehmen mit dem Handelsminister an den ungrischen Hofkanzler leiten6 || S. 330 PDF || und letzterer die Übersetzung und Verteilung der Judexkurialbeschlüsse einleiten7.

III. Eintreibung von Steuerrückständen bei exekutierten Gütern in Ungarn

Nach dem Gesetze haben die Rückstände der direkten und indirekten Steuern bis zu drei Jahren ein Vorrecht vor anderen Gläubigern, im Konkurswege und bei exekutiven Feilbietungen von Realitäten aber nur dann, wenn sie bei Gericht wie andere Forderungen gehörig angemeldet worden sind8. Die ungrischen Gerichte nehmen jedoch derlei Anmeldungen der Fiskalprokuratur als gesetzwidrig nicht an. Die Finanzlandesdirektion hat daher zur möglichen Sicherstellung des Ärars als einen Notbehelf die Erlassung einer Kundmachung beantragt, worin die Käufer solcher Realitäten aufgefordert werden, sich vor Erlegung des Kaufschillings davon zu vergewissern, ob keine Steuerrückstände darauf haften, indem sonst die Finanzbehörde sich hierwegen an sie halten würde9. Der Finanzminister wäre unter den obwaltenden Verhältnissen geneigt, diese Verfügung gutzuheißen.

Allein sie würde nach dem übereinstimmenden Erkenntnisse der Minister Ritter v. Lasser und Freiherrn v. Pratobevera sowie des ungrischen Hofkanzlers nichts nützen, und es wäre, wie der Staatsratspräsident bemerkte, nur dann eine Abhilfe möglich, wenn die Einzahlung des Kaufschillings sistiert werden könnte. Der ungrische Hofkanzler beantragte daher, daß, nachdem nur dann etwas zu erreichen wäre, wenn die ungrischen Gerichtsbehörden zur Annahme und Berücksichtigung der angemeldeten Steuerforderungen angewiesen und verhalten werden, der Finanzminister sich zu diesem Ende unter Mitteilung der Verhandlungsakten mit ihm in das Einvernehmen setzen möge, was der Finanzminister zu tun sich vorbehielt, obwohl er sich von einer Weisung an die ungrischen Gerichte wenig Erfolg verspricht — in welcher Beziehung der Polizeiminister andeutete, daß gegen Richter, welche aus königlichen Kassen besoldet sind, wenn sie sich weigern, zu gehorchen, mit der Gehaltssperre vorgegangen werden könnte10.

IV. Regierungsvorlage an den Reichsrat über die provisorischen Finanzmaßnahmen

|| S. 331 PDF || Der Finanzminister hat die dringenden Finanzmaßregeln, deren Gründe und Erfolge im Sinne des § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung dem Reichsrate vorzulegen sind, in ein Verzeichnis zusammenstellen lassen, um seinerzeit obiger Vorschrift gerecht zu werden11.

Im Staatsrate wurden darüber sowie über den diesfälligen Einbegleitungsvortrag einige Bemerkungen gemacht12, und zwar:

1. Ob nicht auch die Änderung in den Tabak- und Salzpreisen13, die Bewilligung des Istrianer Zollausschlusses14 und die Änderungen in der Besteuerung des Obstmostes und des Haustrunks15 in den Ausweis aufzunehmen seien, und Se. Majestät geruhten zu befehlen, dies in der Konferenz vorzutragen16. Der Staatsratspräsident glaubte, daß dies der Vollständigkeit wegen hätte geschehen sollen, insbesondere hinsichtlich der Erhöhung der Tabaks-(Zigarren-)Preise, worüber eine besondere Ah. Entschließung vorliegt17. Mit Rücksicht auf diese letztere behielt sich der Finanzminister vor, die Frage wegen Erhöhung der Zigarrenpreise abgesondert zur Beratung zu bringen18. Bezüglich der übrigen Posten war er der Meinung, daß sie nicht zu den Gegenständen gehören, die nach § 13 der nachträglichen Zustimmung des Reichsrates bedürfen, weil bei den Salzpreisen nicht eine Erhöhung der Abgabe — wozu allein die Zustimmung des Reichsrates erforderlich ist —, sondern eine Herabsetzung eingetreten und die Obstmost- und Haustrunksteuermodifikation als eine den Steuerpflichtigen erleichternde administrative Maßregel anzusehen ist. Und was den Istrianer Zollausschluß betrifft, so hatte zwar er die Ansicht vertreten, daß hierzu die Beistimmung des Reichsrates einzuholen sei, es wurde jedoch in den früheren Konferenzen vom 13. November und 14. Dezember 1860 (Z. 663 und 683) mit Stimmenmehrheit beschlossen, diese Maßregel als eine rein administrative nicht von der || S. 332 PDF || reichsrätlichen Zustimmung abhängig machen zu lassen. Sonach würde er diese Posten nicht aufnehmen. Hiergegen wurde nichts erinnert.

2. Gegen die vom Staatsrate beantragte Weglassung der Worte „nach Einvernehmung des Finanzpräsidenten und des Statthalters“ bei der Maßregel der temporären Einführung des Papiergeldes im lombardisch-venezianischen Königreiche fand der Finanzminister nichts einzuwenden19.

3. Der Finanzminister hatte endlich den Antrag gemacht, daß die nachträglich vom Reichsrate gutgeheißenen Verfügungen nicht bloß mit der einfachen Kundmachung, daß diese Zustimmung erfolgt sei — wie der Staatsrat meinte —, sondern mittelst eines förmlichen, von Sr. Majestät gefertigten Gesetzes zur öffentlichen Kenntnis gebracht und in das Reichsgesetzblatt aufgenommen werden sollten, weil eine im Drange der Verhältnisse vom Ministerium mit Ah. Ermächtigung getroffene provisorische Verfügung erst durch die nachträgliche verfassungsmäßige Zustimmung, die, wenn das Recht des Reichsrates nicht illusorisch sein soll, auch verweigert oder mit Modifikationen erteilt werden könnte, zum wirklichen Gesetze wird, andererseits aber es unzukömmlich erscheint, daß hierbei der Reichsrat und nicht Se. Majestät das letzte Wort der Sanktion haben sollten. Dagegen bemerkte der Staatsratspräsident : Verfügungen, welche nach § 13 des Grundgesetzes zu behandeln sind, betreffen entweder solche mit Ah. Genehmigung Sr. Majestät erlassene Gesetze und Vorschriften, deren Wirksamkeit noch fortdauert, oder schon vollendete Tatsachen, wie z. B. Veräußerung oder Belastung des Staatsvermögens. In ersterer Beziehung wäre es unförmlich, daß Se. Majestät, nachdem die bisher noch abgängige Zustimmung des Reichsrates erteilt worden, noch einmal Allerhöchstihre Zustimmung zu dem aussprechen, was Allerhöchstdieselben bereits genehmigt und ausgefertigt haben. In diesem Falle genügt es, wie [es] in Preußen geschieht, die nachträgliche Zustimmung des Reichsrates bekanntzumachen und in das Reichsgesetzblatt aufzunehmen. Gäbe der Reichsrat die Zustimmung nicht oder nur mit Modifikationen, so wäre dies ein neues Gesetz, das dann allerdings auch der Ah. Sanktion und Unterschrift bedürfte. In Fällen der letzteren Art — bei Veräußerung, Belastung des Staatseigentums — wäre aber eine abermalige Sanktion Sr. Majestät für einen bereits Ah. genehmigten Akt, der auch schon vollbracht ist, noch mit dem weiteren Übelstande verbunden, daß die Gültigkeit des Aktes für die Zeit zwischen der ersten und letzten Ah. Sanktion angegriffen werden könnte, was doch, schon der dabei beteiligten Privatrechte wegen, zuzugeben unstatthaft wäre. Vielmehr muß um letzterer willen die erste Verordnung für gültig anerkannt und vom Reichsrate zur Kenntnis genommen werden. Fände er daran etwas zu beanständen, nur dann hätte — setzte der Staatsminister hinzu — das Ministerium die Verantwortlichkeit für die Verfügung zu tragen. Alle Stimmen traten sohin der Ansicht des Staatsratspräsidenten bei. aAuch der Finanzminister || S. 333 PDF || erklärte, dieser Ansicht nicht entgegenzutreten, indem es sich nur um eine Formsache handelt, welche einer verschiedenen Auffassung unterliegta, 20.

V. Regierungsvorlage an den Reichsrat über die verkauften Staatsgüter

Bezüglich des dem Reichsrate vorzulegenden Verzeichnisses der veräußerten oder zur Veräußerung ausgesetzten Staatsgüter21 besteht zwischen dem Finanzminister und dem Staatsrate22 eine Differenz darin, daß ersterer sämtliche nach dem 20. Oktober 1860 zum Verkauf bestimmten Staatsgüter in jenes Verzeichnis zu dem Zwecke der nachträglichen Gutheißung des Reichsrates im Sinne des § 13 des Grundgesetzes aufgenommen hat, während letzterer sich auf diejenigen beschränken will, welche nach dem 28. Februar 1861 als dem Tage der Kundmachung des Grundgesetzes vom 26. nämlichen Monats zur Veräußerung kamen. Wohl behält, bemerkte der Staatsratspräsident , schon das kaiserliche Diplom vom 20. Oktober dem Reichsrate im Prinzipe die Mitwirkung hinsichtlich der Veräußerung oder Belastung des unbeweglichen Staatsvermögens vor, allein die Form, in welcher dies Prinzip zur Anwendung kommen soll, hat erst im Februargesetze ihren bestimmten Ausdruck gefunden, und erst nach dieser kann es zur wirklichen Anwendung kommen. Man beschränke sich also auf das Notwendigste und gehe über die Veräußerungen hinaus, die in der Zwischenzeit zwischen dem Diplom und Grundgesetze verfügt worden sind. Der Finanzminister erklärte dagegen, daß eben, weil das Prinzip im Oktoberdiplom schon ausgesprochen ist und das Grundgesetz vom 26. Februar hierwegen nichts Neues statuiert hat, der bloß formelle Unterschied hier nicht maßgebend sein dürfte. Vielmehr halte er sich für verpflichtet, von dem Zeitpunkte, wo der Grund zum verfassungsmäßigen Leben gelegt worden, auch im Sinne der Verfassung vorzugehen, also hier über die Verfügungen mit dem Staatseigentume dem Reichsrate Rechenschaft zu geben, die von jenem Zeitpunkte an getroffen worden sind.

Die übrigen Stimmen vereinigten sich mit der Ansicht des Finanzministers, der ungrische Hofkanzler und Minister Graf Esterházy mit dem Beisatze, daß bezüglich der ungrischen Staatsgüter die Vorlage an den Reichsrat dann zu geschehen habe, wenn darin auch die Vertreter Ungerns sitzen würden23.

VI. Vermehrung der Hypothekaranweisungen bis 100 Millionen Gulden

Der Finanzminister hat sich, um den dringenden Staatsbedürfnissen bei der Unzulänglichkeit des Steuerertrags in Ungern genügen und die Aufnahme eines Anleihens vermeiden zu können, von Sr. Majestät die Ermächtigung erbeten, die Emission von Hypothekaranweisungen auf die Gmundener Salinen bis zum Belaufe von 100 Millionen zu erhöhen24. Nachdem er sie bis 80 Millionen bereits besitzt, so handelt es sich eigentlich nur um eine Überschreitung per 20 Millionen, welche er durch die Not und Untunlichkeit einer Anleihe im itzigen Augenblicke sowie mit der Beliebtheit dieser Papiere, denen bei dem Salinenertrage von sechs Millionen eine ansehnliche Hypothek gewährt ist, [begründet].

Der Staatsrat war nicht entgegen diesem Antrage25, glaubte aber, wie der Staatsratspräsident ausführte, daß die Sache im Ministerrate zu erwägen sei, indem einerseits die Gefahr naheliege, daß die Finanzen durch plötzliche Kündigung großer Summen in Verlegenheit kommen können, andererseits die Prioritätsrechte der früheren Besitzer solcher Papiere beeinträchtigt werden dürften, wenn eine neue, die Pupillarsicherheit der Hypothek überschreitende Summe ohne Verständigung der Interessenten ausgegeben wird. Der Finanzminister teilte indes jene Besorgnis nicht, weil diese Papiere meist in festen Händen sich befinden, noch hielt er eine Verständigung der Interessenten, etwa mittels öffentlicher Kundmachung, für nötig, weil die vermehrte Emission ohnehin in anderen Wegen zur Kenntnis des Publikums kommt. Ja, es wäre eine derlei Verlautbarung sogar bedenklich, indem sie die festen Inhaber der Papiere ohne Not mit Besorgnissen erfüllen würde.

Der Ministerrat erklärte sich sonach für die Ag. Erteilung der angesuchten Ermächtigung26.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 8. September 1861. Empfangen 9. September 1861. Erzherzog Rainer.