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Nr. 92 Ministerrat, Wien, 9. Juli 1861 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 10. 7.), Rechberg, Degenfeld, Plener, Breisach; BdR. Erzherzog Rainer 15. 7.

MRZ. 883 – KZ. 2226 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll I der Ministerkonferenz am 9. Julius 1861 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Reduktion der Militärausgaben

Se. k. k. apost. Majestät geruhten zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben die in der Konferenz am 4. Juni d. J. Ah. beschlossenen Reduktionen in der Armee wegen des bald darauf eingetretenen Todes des Cavour zu suspendieren fanden1. Da mittlerweile die politische Lage sich etwas geklärt haben dürfte und andererseits die ausmarschierten Grenztruppen dem Vernehmen nach sich sehr in die Heimat zurücksehnen, wo man ihrer zu den Erntearbeiten bedarf, wünschen Se. Majestät, daß in Erwägung gezogen werde, ob es jetzt an der Zeit wäre, die suspendierten Reduktionen ganz oder teilweise in Vollzug zu setzen.

Der Minister des Äußern erklärte, er könne auch jetzt nicht für die Erhaltung der äußeren Ruhe einstehen, vielmehr lauten die ihm von vielen Seiten zugehenden Berichte derart, daß, wenn wir jetzt desarmieren, wir vielleicht in kurzem gezwungen sein werden, uns aufs neue zu rüsten. Wenn auch die piemontesische Regierung heuer keinen Angriffskrieg beginnen zu wollen scheint, so ist es doch möglich, daß sie durch die Partei Garibaldis dazu gezwungen wird.

Se. Majestät der Kaiser geruhten darauf, den Oberst Breisach anzuweisen, daß er die in Antrag stehenden Reduktionen bei der Kriegsmarine, namentlich im Stand der Marineinfanterie, näher darstelle2. Oberst Breisach zeigte hierauf, daß, wenn auch infolge der Beurlaubungen bei der Kriegsmarine der Stand derselben an Bord der Schiffe auf ⅙ herabsinken würde, dennoch zwei größere Propellerschiffe schon binnen zwei bis drei Tagen vollständig bemannt sein könnten. Aus dem hierauf im Detail mitgeteilten Stand der Schiffe ergab sich ferner, daß 17 aktive und 10 Stationsschiffe zur Verfügung bleiben würden. Die Gardaseeflottille würde unbedenklich auf drei Kanonenboote reduziert werden können, nachdem die Piemontesen denselben nur ein Kanonenboot und einen Raddampfer entgegenzusetzen vermögen, so daß wir ein sehr großes Übergewicht behalten. Die Gesamtersparnis dürfte sich auf 40[000]—50.000 fl. monatlich || S. 193 PDF || belaufen und das extraordinäre Erfordernis der Marine sich um eine Million vermindern.

Der Kriegsminister äußerte, daß, wenn eine Standesverminderung bei der Marineinfanterie überhaupt jetzt zulässig ist, er von seinem Standpunkt damit nur einverstanden sein könne, indem dadurch dem vorhandenen Mangel an Räumlichkeiten zur Unterbringung der Linientruppen im Küstenlande abgeholfen wird. Die Reduktion der Gardaseeflottille unterliege um so weniger einem Anstand, als Peschiera in neuester Zeit viel stärker geworden ist. Der Finanzminister kann jede Ersparnis nur als sehr wünschenswert begrüßen und muß selbst einen Wert darauf legen, daß die Zahlungen an die Kontrahenten der Marine im Betrag von 300.000 fl. auf zwei Monate verteilt werden, indem der Monat Julius ohnehin den Staatsschatz ganz besonders in Anspruch nimmt. Aus demselben Grund richtete der Finanzminister auch an den Kriegsminister das dringende Ersuchen, die Geldreste der Kriegskassen möglichst herabzusetzen, so wie es auch bei den Zivilkassen beobachtet wird, ohne daß dadurch irgendeine Dienstesstörung eingetreten sei. FZM. Graf Degenfeld habe bereits in diesem Sinn eine Verordnung erlassen, doch dürfte deren Erneuerung nicht überflüssig sein3.

Se. Majestät der Kaiser geruhten schließlich, die Dispositionen zu besprechen, infolge welcher bei Verlegung der Truppen aus Slawonien nach den Küsten zehn Bataillons Grenzer in die Heimat zurückgesendet werden könnten. Dadurch und durch die Auflösung der Depotkompanien würden 300.000 fl. monatlich erspart werden. Allerhöchstdieselben gewärtigen hierüber einen neuen Vortrag des Kriegsminister4.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, den 13. Juli 1861. Empfangen 15. Juli 1861. Erzherzog Rainer.