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Nr. 27a Vortrag Keménys über die Karlsburger Beratungen betreffend die Organisierung des siebenbürgischen Landtages, Wien, 4. März 1861 (Beilage zu: MRP-1-5-01-0-18610314-P-0027.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • Lithographierte Abschrift als Beilage zum MRProt. II v. 14. 3. 1861; Teildruck: Redlich , Staats- und Reichsproblem 2, 241ff. ; Extrakt des Vortrages HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 882/1861 .

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

Au. Vortrag des tg. provisorischen Präsidenten der königlich-siebenbürgischen Hofkanzlei, Franz Freiherrn v. Kemény, über das Resultat der in Karlsburg abgehaltenen Beratung bezüglich der Organisierung des nächst einzuberufenden siebenbürgischen Landtages.

Ew. Majestät!

Mit Ah. Handschreiben vom 21. Dezember v. J. geruhten mir Ew. Majestät unter anderem auch Ag. zu befehlen, sofort die nötigen Einleitungen zu treffen, um auf Grundlage des unterm 20. Oktober v. J. an den damaligen Ministerpräsidenten Grafen Rechberg erlassenen Handschreibens1 eine Beratung mit Männern der verschiedenen Nationalitäten, Konfessionen und Stände, welche durch ämtliche oder bürgerliche Stellung, Talente, geleistete öffentliche Dienste und öffentliches Vertrauen hervorragen, in Karlsburg zu veranlassen, und Ew. Majestät meine Anträge über die Fragen der Feststellung und Organisierung des Landtages baldigst vorzulegen, wobei Ew. Majestät Ag. zu bestimmen geruhten, daß die Kompetenz des Landtages innerhalb der Grenzen des obbelobten Ah. Diploms vom 20. Oktober v. J. durch die Grundsätze des früheren siebenbürgischen Staatsrechtes bestimmt werde, welches mit diesen Ah. Entschließungen in Einklang zu bringen sei. In seiner Zusammensetzung aber seien die Ansprüche der früher berechtigten Nationen, Konfessionen und Stände ebenso wie die Wünsche und Bedürfnisse der früher an den politischen Berechtigungen nicht teilhabenden Nationalitäten, Stände und Konfessionen gleichmäßig zu beachten.

In pflichtschuldigster Befolgung dieses Ah. Auftrages habe ich nicht ermangelt, am 11. v. M. in Karlsburg zu erscheinen, wie ich dies Ew. Majestät mit meinem au., mit Ah. Entschließung vom 22. v. M. zur einstweiligen Ah. Kenntnis genommenen Vortrag vom 17. v. M. anzuzeigen nicht unterließ2.

Im Nachhange dieses meines au. Vortrages nehme ich mir nunmehr die ehrfurchtsvollste Freiheit, Ew. Majestät weiters au. zu berichten: Von den durch Ew. k. k. apost. Majestät aus allen Nationen und Kategorien ernannten Komiteemitgliedern waren ohne Unterschied alle erschienen, und nur der einzige Karlsburger griechisch-unierte Dechant August Popp von Seite der romänischen Nation konnte, obgleich auch anwesend, wegen Unwohlsein, wie mir gemeldet wurde, an den Beratungen nicht teilnehmen. Im Laufe der Beratungen, wobei die Komiteemitglieder der verschiedenen Nationen sich meistens ihrer Muttersprache bedienten, haben sich drei verschiedene Meinungen entwickelt.

|| S. 158 PDF || Die Mitglieder der ungarischen und der Székler Nationen sowie jene der sogenannten Taxalorte, nämlich der königlichen Freistädte und Marktflecken, haben im allgemeinen die auf dem 1848er Landtage vereinbarte Zusammensetzung, Feststellung und Organisierung des Landtages angenommen und davon nicht abzuweichen gewünscht3, und diesbezüglich hat sich ihre Meinung zu folgender Ansicht vereinigt: „Die Gesetze vom Jahre 1848 sagen ausdrücklich, daß Siebenbürgen keinen besonderen Landtag haben könne, sowie auch das, wo der Platz der Repräsentanten Siebenbürgens sei. Sie bestimmen es deutlich, wie bei Zusammensetzung des Landtages neben den früher berechtigten Nationen und Konfessionen die Angehörigen jener Nationen und Konfessionen, welche früher der politischen Gleichberechtigung nicht teilhaftig waren, ihren Platz einzunehmen haben, und setzen endlich auch unbezweifelt fest, welches die Eigenschaften und Erfordernisse der zur Wahl der Repräsentanten oder Abgeordneten Berechtigten seien. Dies alles bestimmen die Gesetze vom Jahre 1848, dem Grundsatze der Gleichberechtigung huldigend, besser und zufriedenstellender, als es, von klaren Gesetzen abweichend, auf welche immer für eine Art und Weise zu tun möglich wäre, und, wenn sich vielleicht die Modifizierung dieser Gesetze in einem oder dem anderen Teile derselben als zweckentsprechend darstellen sollte, so könnte dies gesetzlich mit Beruhigung und dem Zwecke vollkommen entsprechend nur im Wege der gemeinschaftlichen Gesetzgebung geschehen.“ Dieser Meinung haben sich außer den Obgenannten von Seite der sächsischen Nation der k. k. Statthaltereirat Wilhelm Freiherr v. Konradsheim, der Mediascher Bürgermeister Friedrich v. Biedersfeld und der Bistritzer Bürgermeister Daniel Stebriger angeschlossen. Die obangeführte Meinung weicht von den auf dem Landtage von 1791 festgesetzten, im XI. Artikel aufgenommenen4, die Zusammensetzung des Landtages betreffenden Bestimmungen insoweit ab, als das auf dem Landtage von 1848 vereinbarte Gesetz das königliche Gubernium und die königliche Gerichtstafel von den landtäglichen Beratungen ausschließt und, die übrigen Kategorien der konstituierenden Teile des Landtages anerkennend, bezüglich des mit 8 fr. festgesetzten Zensus von den Ansichten der zwei anderen Nationen wieder insoweit abweicht, daß es bezüglich der Befähigung der Wähler die Steuerziffer höher zu greifen wünscht.

Die zweite Meinung, welche, von fünf Mitgliedern der sächsischen Nation unterstützt, zu Protokoll gegeben wurde, lautet folgendermaßen: „Einstweilige Verfügungen, welche die auf Grundlage des XI. Gesetzesartikels vom Jahre 1791 sowie der Ah. Handschreiben vom 20. Oktober v. J. an den Grafen Rechberg und vom 21. Dezember v. J. an Freiherrn v. Kemény zu basierende Zusammenstellung und Organisierung des Landtages betreffen: § 1. Konstituierende Glieder des Landtages: a) das königliche Gubernium; b) die heimischen katholischen, griechisch-unierten und griechisch-orientalischen Bischöfe und die Superintendenten der evangelisch-reformierten und der Augsburger Konfession sowie jener || S. 159 PDF || der Unitarier oder deren Stellvertreter; c) die gewählten Abgeordneten des größeren Grundbesitzes; d) die gewählten Deputierten der vier, nämlich der ungarischen, der széklerischen, der sächsischen und der romänischen, zu den Ständen gehörigen Nationen; e) die Ablegaten der königlichen Freistädte, der sogenannten Taxalorte, und mit diesen die Ablegaten jener Städte und Marktflecken, welche im Hinblicke auf den Betrieb des Handels, der Industrie und der Gewerbe mit ihnen auf gleicher Stufe der Ausbildung stehen. § 2. Die Teilnahme des königlichen Guberniums an den landtäglichen Beratungen wird durch den XI. Landtagsartikel von 1791 geregelt. § 3. Der größere Grundbesitz wird unter sich als besonderer (eigener) Wahlkörper betrachtet. Zu diesem Wahlkörper gehören nebst dem königlichen Fiskus und anderen berechtigten Personen und Körperschaften alle Grundbesitzer ohne Unterschied der Nationalität und Kategorie, welche von ihrem heimischen Grundbesitze eine Grundsteuer von 100 fr. öW. entrichten. Dieser Wahlkörper schickt 40 durch individuelle Abstimmung zu wählende Deputierte zum Landtage. Der königliche Fiskus sowie andere zu diesem Wahlkörper gehörige berechtigte Personen und Körperschaften üben dieses ihr Wahlrecht durch eigens zu diesem Zwecke zu bestellende Bevollmächtigte aus. § 4. Die ungarische Nation sendet aus jedem Komitate und Distrikte nach der früheren Aufteilung des Landes — die auf den ungarischen Landtag berufenen und dort vertretenen siebenbürgischen Jurisdiktionen ausgenommen — je zwei, also aus acht Komitaten und einem Distrikte 18 Ablegate. Die Székler Nation sendet aus den fünf Hauptstühlen, in welchen auch die Filialstühle einbegriffen sind, je zwei, folglich zusammen zehn Deputierte.

Die sächsische Nation wählt in neun Stühlen und zwei Distrikten je zwei, zusammen 22 Abgeordnete. Die romänische Nation wird auf dem Landtage durch 28 Deputierte vertreten. § 5. Jede einzelne Nation wählt durch ihre eigenen Nationsverwandten mit Ausschluß der anderen Nationen ihre Abgeordneten. § 6. Für die Wahl der Deputierten der ungarischen und der Székler, dann der sächsischen Nation bilden die früheren Komitate, Stühle und Distrikte den Wahlbezirk mit dem Bemerken, daß die auf dem Sachsenboden befindlichen ungarischen Einwohner behufs der Ausübung ihres Wahlrechtes zu den zunächst gelegenen ungarischen Komitaten und Distrikten oder Székler Stühlen, dagegen die in den ungarischen Komitaten und Distrikten oder Székler Stühlen befindlichen sächsischen Einwohner zu den näher gelegenen sächsischen Stühlen und Distrikten geschlagen werden sollen. § 7. Zur Wahl der 28 Abgeordneten der romänischen Nation werden ohne Berücksichtigung der territorialen oder politischen Landeseinteilung bloß mit Beachtung der Seelenzahl der romänischen Nation im ganzen Land eigene Wahlbezirke zu bilden sein. § 8. An der Ausübung des Wahlrechtes in seinem eigenen nationalen Wahlbezirke nimmt jeder eingeborene oder eingebürgerte Nationsverwandte teil, wenn er an direkter Steuer jährlich 8 fr. öW. zahlt. § 9. Von den königlichen Freistädten schicken Hermannstadt, Klausenburg, Kronstadt und Maros-Vásárhely je vier und die sogenannten Taxalorte und die mit denselben bezüglich der Ausbildung und des Betriebes des Handels, der Industrie und der Gewerbe auf gleicher Stufe stehenden Städte und Marktflecken je zwei Deputierte || S. 160 PDF || zum Landtage. Zu dieser letzteren Kategorie gehören folgende Städte, Taxalorte und Marktflecken: 1. Karlsburg, 2. Szamos-Újvár, 3. Elisabethstadt, 4. Abrudbánya, 5. Vizakna, 6. Vajda-Hunyad, 7. Kezdi-Vásárhely, 8. Hátszeg, 9. Sepsi-Szentgyörgy, 10. Székely-Udvarhely, 11. Illyefalva, 12. Csík Szereda, 13. Bereck, 14. Szék, 15. Oláhfalu, 16. Kolozs, 17. Thorda, 18. Nagy-Enyed, 19. Deés, 20. Fogaras, 21. Gyergyö Szent Miklos, 22. Schäßburg, 23. Bistritz, 24. Mediasch, 25. Mühlbach, 26. Szász Város (Broos), 27. Szász Régen, 28. Reps, 29. Großschenk, 30. Agnetheln, 31. Blasendorf. § 10. In den obbenannten Städten, Taxalorten und Marktflecken sind des Wahlrechtes alle jene Individuen teilhaftig, welche a) innerhalb des Hotters5 ein Haus oder einen Grund im Werte von 300 fr. ausschließend eigentümlich oder mit ihren Gattinen und minderjährigen Kindern gemeinschaftlich besitzen; b) welche als Handwerker, Kaufleute und Industrielle seßhaft sind, wenn sie eine eigene Werkstätte, ein Handels- oder Fabriksetablissement besitzen und die Handwerker fortwährend wenigstens mit einem Gesellen arbeiten; c) alle jene, welche, wenn sie gleich nicht in obige Kategorien fielen, so doch von ihrem eigenen Grundbesitze oder ihren Kapitalien ein reines, bestimmtes und gesichertes Einkommen jährlicher 100 fr. öW. auszuweisen imstande sind; d) ohne Rücksicht auf ihr Einkommen die Seelsorger und ihre Kooperatoren, die Pfarrer (Geistlichen), Kapläne, Doktoren, Professoren und Lehrer ohne Unterschied der Konfession sowie auch die Ratsmitglieder, die Mitglieder der heimischen gelehrten Gesellschaften, die Advokaten, Ingenieure, die akademischen Künstler, die Apotheker und Wundärzte in jenen Wahlorten, wo sie ihren bleibenden Wohnsitz haben; e) jene, welche bisher städtische Bürger waren, wenn sie auch die in obigen Punkten festgesetzten Eigenschaften und Erfordernisse nicht hätten. § 11. Wählbar ist jeder, welcher Wähler ist, das 24. Lebensjahr vollstreckt hat und jene Intelligenz und Eigenschaften besitzt, welche erforderlich sind, um an den landtäglichen Beratungen teilnehmen zu können. § 12. Von dem Wahlrechte sind ausgeschlossen: a) Frauenzimmer; b) Fremde, welche nicht eingebürgert sind; c) in dienstlichem Verbande, unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft und Kuratel stehende Individuen; d) solche, welche dem Strafverfahren unterliegen oder infolge richterlichen Spruches in Haft sind, insolange als das Strafverfahren oder die Haft dauert. § 13. Mit der Durchführung dieser einstweiligen Bestimmungen ist das königliche Gubernium zu betrauen, welchem es auch obliegen wird, die Bildung der Wahlbezirke, die Verzeichnung der des Stimmrechtes sich erfreuenden Individuen zu veranlassen und alle diesbezüglich erforderlichen Verfügungen, deren etwaige Notwendigkeit sich herausstellen sollte, zu treffen.“ Nach dieser Meinung wurde mit Beseitigung der im XI. Artikel von 1791 festgesetzten Organisierung des Landtages ein ganz neues Gesetz zur Annahme vorgeschlagen, durch welches die Zahl der Landtagsabgeordneten der sächsischen Nation bedeutend vermehrt, Ew. Majestät gesetzlich gewährleistetes Recht, zum Landtage Regalisten zu berufen, nicht nur geschmälert, sondern ganz aufzuheben getrachtet würde, für die Wahl der verschiedenen in den Komitaten, Székler und sächsischen Stühlen zusammenwohnenden, unter dem || S. 161 PDF || nämlichen Gesetze stehenden Nationalitäten im 6. und im 7. Paragraphe, für jene der romänischen Deputierten ein unausführbarer Wahlmodus und als Grundlage des Wahlrechtes in den Städten und Marktflecken im 10. Paragraphe ein unverhältnismäßig kleiner Zensus beantragt wird.

Die dritte Meinung wurde von Seite der Romänen zu Protokoll gegeben und enthält folgende Punkte: „1. Das Wahlrecht begründet der Grundbesitz, Einkommen aus Handel, industriellen Gewerben und Kapital, Militärdienstleistung und Intelligenz, aber keinerlei Zensus. 2. Wähler sind alle jene Landeskinder, welche großjährig sind, unter keinerlei Vormundschaft und in keinem Dienste stehen, auch nicht wegen Eidbruches, Betrug, Diebstahl, Raub, Mord, Brandlegung oder eines welch immer anderen Verbrechens wegen verurteilt sind. Frauenzimmer und Fremde haben kein Wahlrecht und sind auch nicht wählbar. Es ist auch noch erforderlich, daß der Wähler wenigstens eine der folgenden Eigenschaften besitze: a) Besitztum an Grund oder Haus und ohne alle Rücksicht auf den Wert desselben; b) Handwerk, Handelsoder eigenes Fabriksetablissement; c) 50 fr. öW. jährliches Einkommen aus welch immer für einem eigenen Kapital; d) ohne Rücksicht auf Einkommen die Geistlichen oder alle Mitglieder des Klerus ohne Unterschied der Konfessionen, die Doktoren aller Fakultäten, Staats- und Kommunalbeamte, Advokaten, Institutsdirektoren, Professoren, Mitglieder irgendeines akademischen Vereins, Apotheker, Ingenieure, Geometer, öffentliche und Ortsnotäre, Ortslehrer und Kantoren oder Lektoren. 3. Jeder Wähler kann, wenn er das 24. Jahr vollstreckt hat, gewählt werden, ohne Rücksicht darauf, ob er seinen festen Wohnsitz in dem betreffenden Wahlbezirk hat oder nicht. 4. Die Wahlen sind unmittelbar (direkt), die Stimmen zählen. Die Wahlen durch Akklamation sind streng verboten, folglich ganz ungiltig. 5. Wenn durch Verifizierung der Wahl erwiesen würde, daß die Wahl durch welch immer für eine Art von Bestechung erzielt wurde, so soll dieselbe für ungiltig erklärt und die Schuldigen nach der Strenge der Gesetze bestraft werden. 6. Die Abgeordneten werden mit Instruktionen versehen und können zurückberufen werden, sobald sich die betreffende Jurisdiktion davon überzeugt haben wird, daß sie das allgemeine Vertrauen nicht mehr besitzen und auch nicht verdienen.“ Diese dritte Meinung verwirft die im XI. Artikel von 1791 bestimmte Landtagsorganisierung und Kategorie zwar nicht, es wird dagegen darin von Seite der Romänen das Wahlrecht auf keinem Zensus basiert, wodurch im Hinblicke auf die große Mehrzahl dieser Nation die anderen Nationen von der Vertretung als Deputierte beim Landtage ganz sicher ausgeschlossen blieben.

Ich kann mich mit keiner dieser drei Meinungen für vollkommen einverstanden erklären. Nicht mit der ersteren, weil diese, wenngleich dadurch die alte gesetzliche Organisierung des Landtages, deren Aufrechterhaltung auch Ew. Majestät in dem obberufenen Ah. Handschreiben Ag. zu befehlen geruht haben, noch am meisten beibehalten wird, von dieser jedoch insoweit abweicht, als sie, sich auf die Gesetze vom Jahre 1848, auf den Unionsartikel, dessen Revision Ew. Majestät auf fernere landtägliche Beratungen zu verweisen geruht haben, stützend, das königliche Gubernium und die königliche Gerichtstafel von den landtäglichen Beratungen auszuschließen wünscht. Gegen diese Meinung habe ich auch keine andere Einwendung. Die zweite Meinung, welche von Seite der sächsischen Nation || S. 162 PDF || durch fünf Mitglieder derselben eingegeben wurde, kann ich auch nicht unterstützen, nicht darum, weil selbe vom 1791er Gesetze Umgang nimmt und diesem nach sowohl gesetzwidrig ist als auch Ew. Majestät Ah. im obbelobten Ah. Handschreiben ausgesprochenen Willensmeinung, welche die alte gesetzliche Organisierung des Landtages aufrechtzuerhalten befiehlt, ganz zuwiderläuft, und nicht darum, weil selbe im Hinblick auf den vorgeschlagenen kleinen Zensus und die beantragte Bestimmung, daß alle Kategorien durch die Wahl vertreten werden sollen, auf rein demokratischen Grundsätzen fußt, weil selbe im 3. Paragraphe Ew. Majestät gesetzliches Recht, zum Landtage Regalisten zu berufen, aufzuheben wünscht, weil selbe im 4. Paragraphe mit Nichtberücksichtigung des Umstandes, daß die verschiedenen Nationalitäten in verschiedenen Jurisdiktionen vermischt untereinander wohnen und sich daher von diesen Jurisdiktionen durch die Wahl der Deputierten am leichtesten und ohne Verletzung der Gesetze vertreten lassen können, einen Wahlmodus beantragt, welcher Willkürlichkeit mit Unausführbarkeit vereint, [und] weil diese Meinung im 6. Paragraphe eine zu großen Wirren Anlaß gebende und an Unausführbarkeit grenzende Ausscheidung der verschiedenen Nationsverwandten aus den betreffenden Jurisdiktionen anrät und im allgemeinen ein solch egoistisches Prinzip entwickelt, daß infolge desselben die bezüglich des Besitzes und der Seelenzahl im Lande schwächste sächsische Nation auf dem Landtage am stärksten vertreten wäre, indem die den Landtag bisher gesetzlich mit 22 Ablegaten beschickende sächsische Nation laut des 4. und 9. Paragraphes fürohin durch 48 Deputierte repräsentiert würde, die im 10. Paragraphe erwähnten Kategorien nicht mit einbegriffen. Ich kann mich dieser Meinung endlich auch darum nicht anschließen, weil schon beim Vortrage derselben in der Konferenz sich eine solche feindliche Stimmung dagegen bei den übrigen Nationen kundgab, daß meiner Meinung nach bei Verbreitung und Zunahme der Aufregung im ganzen Lande die Durchführung derselben und Organisierung des Landtages im Sinne derselben an die Unmöglichkeit grenzen würde, wozu noch der sehr wesentliche Umstand kömmt, daß, wenn der darin entwickelte Plan ins Leben treten sollte, jeder Einfluß der Regierung auf die Landtäge und deren Verhandlungen aufhören würde. In der oben wörtlich angeführten dritten Meinung erheben die Romänen gegen die im XI. Gesetzesartikel von 1791 enthaltene Organisierung des Landtages nicht die geringste Einwendung und beschränken sich in ihren Bemerkungen und Wünschen bloß auf den Wahlmodus und die Steuerziffer (Zensus). Sie wünschen, daß keinerlei Art Zensus bestimmt werde, und sprechen im ersten Punkte den Grundsatz aus, daß jeder, der einen wenn auch noch so kleinen Grundbesitz hat, der Handel oder ein Handwerk treibt, der ein industrielles Etablissement oder ein Kapital besitzt, mit der im zweiten Punkte enthaltenen Aufklärung, daß das Einkommen davon 50 fr. betragen müsse, der Militärdienste leistet, der sich den Wissenschaften widmet und auf diesem Felde tätig ist, ohne allen Zensus Wähler und wählbar sei, was nichts anderes bedeutet, als daß jeder Einwohner von Siebenbürgen, der das 24. Jahr überschritten hat, das aktive und passive Wahlrecht besitzen solle oder Wähler sei und gewählt werden könne. Ein solches Wahlgesetz und Wahlrecht würde nicht nur auf den demokratischesten Grundsätzen fußen, welche mit den monarchischen Prinzipien nicht || S. 163 PDF || vereinbar sind, sondern wäre auch jeder vernünftigen Auffassung zuwider und müßte ganz gewiß den Zusammensturz eines jeden monarchisch regierten Reiches nach sich ziehen. Daß ich einem solchen Wahlmodus nicht beistimmen und ihn nicht empfehlen kann, ist wohl natürlich, und ich halte es auch nicht für nötig, diesfalls meine Gründe Ew. Majestät weiter anzuführen.

Nachdem nun die nach Karlsburg berufenen Vertrauensmänner ihre in diesen drei verschiedenen Meinungen enthaltenen Ansichten ausgesprochen haben, nehme ich mir die ehrfurchtsvollste Freiheit, hierüber folgendes au. Gutachten abzugeben: Meine au. Meinung geht dahin, daß der neu einzuberufende Landtag nach den im XI. Artikel vom Jahre 1791 enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen organisiert und abgehalten werde, jener Bestimmung nämlich, welche Ew. Majestät in dem unterm 21. Dezember v. J. an mich Ag. erlassenen Ah. Handschreiben aufrechtzuerhalten befohlen haben, und daß im Sinne dieses Ah. Handschreibens die zur Gleichberechtigung bezüglich der politischen Rechte zugelassene, früher davon ausgeschlossene Volksklasse in die verschiedenen Kategorien des Landtages eingefügt werde, damit nunmehr auch dieselbe in diesen verschiedenen Kategorien vertreten erscheine. Solche Kategorien sind:

1. Das königliche Gubernium, denn daß ohne dieses der Landtag nicht als ergänzt betrachtet werden könne, haben mehrere in den Jahren 1834 und 1837 erflossene Ah. Reskripte anerkannt. Wenn daher Ew. Majestät in Gemäßheit meines au. Vortrages vom 11. Jänner 1. J., Z. 32, zu Mitgliedern des königlichen Guberniums auch einige Romänen zu ernennen geruhen würden6, so fänden auf diese Weise die romänische Nation und überhaupt die früher nicht Berechtigten in dieser Kategorie ihre Vertretung. 2. Die königliche Gerichtstafel, welche einen integrierenden Teil des Landtages, welchen selbe konstituiert, ausmacht. Auch in dieser Körperschaft könnte die romänische Nation durch einige von Ew. Majestät aus derselben Ag. zu ernennende Mitglieder repräsentiert werden, worüber ich meinen au. Vortrag zu erstatten nicht ermangeln würde, sobald ich die Ah. Weisung darüber erhalten sollte. 3. Die Obergespäne und der Oberkapitän des Fogaraser Distriktes.

Wenn unter diesen von Ew. Majestät Ag. im Sinnen [sic!] meines au. Vortrages vom 10. Jänner 1. J., Z. 34, zu ernennenden Oberbeamten auch romänische Nationsverwandte sich befänden, so würden sie sich nicht beklagen können, auch bezüglich dieser Kategorie von der Vertretung ausgeschlossen worden zu sein7. 4. Die Regalisten. Nachdem die Ernennung der Regalisten Ew. Majestät Ah. Ermessen anheimgestellt ist, so fließt hieraus von selbst, daß, wenn Ew. Majestät Allerhöchstsich bewogen finden sollten, unter die Zahl der einzuberufenden Regalisten || S. 164 PDF || auch einige Romänen und früher zur Landesvertretung nicht Berechtigte aufzunehmen, ihre Wünsche auch bezüglich der Vertretung in diesem Körper als erfüllt betrachtet werden müßten. [5.] Die fünfte Kategorie bilden die Deputierten. Da nun der neuemanzipierten Volksklasse das Recht zu wählen und gewählt zu werden gesetzlich eingeräumt ist, so könnte man wohl im Hinblicke auf die so große numerische Zahl der romänischen Bevölkerung der Besorgnis nicht Raum geben, daß nicht auch Romänen als Abgeordnete der betreffenden Jurisdiktionen an der landtäglichen Vertretung teilnehmen würden, vielmehr stünde eher zu befürchten, daß in den ungarischen Kreisen die früher privilegierte Klasse, in den sächsischen aber die sächsischen Nationsverwandten aus der Reihe der Deputierten ausbleiben würden. Damit dieses aber nicht geschehe und damit auch von Seite der emanzipierten Volksklasse mehr die Intelligenz und der Besitz als die rohe Volksmasse repräsentiert werden, wäre für Siebenbürgen die Bestimmung einer mäßigen Steuerziffer (Zensus) unumgänglich notwendig. Nach meiner au. Ansicht ist von den in den drei verschiedenen Meinungen beantragten Steuerziffern der Zensus von 8 fr. der höchste und der gesetzlichste, weil in jenen Gesetzen von 1848 begründet, deren gesetzliche Giltigkeit in jener Beziehung, daß die früher nicht Berechtigten an den landtäglichen Beratungen Anteil nehmen sollten, auch Ew. k. k. apost. Majestät in dem Ah. Handschreiben vom 20. Oktober v. J. Ag. anzuerkennen geruht haben. Ich weiß wohl, daß es schwer und kaum möglich ist, dem Volke eine demselben einmal gemachte Konzession zu entziehen, und nachdem daher der Zensus von 8 fr. sich auf ein solches Gesetz gründet, dessen Giltigkeit, wie ich mir oben zu bemerken erlaubte, auch Ew. Majestät, insoweit als es auch der emanzipierten Volksklasse die bisher nicht besessenen politischen Rechte gewährt, Ag. anzuerkennen geruhten, so wäre es wohl schwierig, den Zensus von 8 fr. in Frage zu ziehen oder einer Kritik zu unterwerfen, und ich würde mich daher nur mit Beziehung der seither eingetretenen Änderung der gesetzlichen Geldvaluta unterfangen, einen Zuschlag von 40 Kreuzern au. zu beantragen, so daß der zur Wahlberechtigung zu bestimmende Zensus sich auf 8 fr. 40 Kreuzer öW. direkter Steuer ohne Zuschlag herausstellen würde. Ich glaube auch nicht, daß bei Feststellung dieser Steuerziffer von 8 fr. 40 Kreuzern öW. entweder eine zu große Volksmasse oder gar ein Proletariat an dem Wahlrechte teilnehmen könnte, was ich aus dem Grunde mit Bestimmtheit zu behaupten wage, weil ich aus den noch vorfindigen Steuertabellen des Jahres 1848 jene Individuen, welche an direkter Steuer 8 fr. entrichteten, herausschreiben ließ und dabei fand, daß von den Bewohnern von 156.726 früher untertänigen, nunmehr entlasteten Ansässigkeiten bei einem Zensus von 8 fr. im Sinne des berufenen Gesetzes, auch die von den Dörfern zur Wahl abgesendeten Ablegaten mit einverstanden, sich nur die Zahl von 5070 Wählern ergeben habe, eine Zahl, welche ich im Hinblick auf die numerische Bedeutendheit der emanzipierten Volksklasse nicht für übertrieben halten zu sollen glaube, wenn ich dabei das Besitzverhältnis als maßgebend annehme, da von dem in 1075 Quadratmeilen bestehenden Areale Siebenbürgens die früher privilegierte Klasse 580 Quadratmeilen, die sächsiche Bevölkerung 135 Quadratmeilen und dagegen die emanzipierte Volksklasse 360 Quadratmeilen als Eigentum besitzt.

|| S. 165 PDF || Ew. Majestät! In ganz Europa gibt es kein konstitutionelles Land, dessen landtägliche Organisierung und Verfassung der Aufrechterhaltung der Rechte der Krone günstiger wären als die siebenbürgische, denn von den fünf Kategorien sind es vier, deren Mitglieder Ew. Majestät ernennen, und nur die fünfte enthält die Deputierten, welche ohne Ew. Majestät Ah. Bestätigung aus der freien Wahl des Volkes hervorgehen. Durch die Aufrechterhaltung dieser verfassungsmäßigen Organisierung würde nach meiner oben entwickelten au. Meinung die emanzipierte Volksklasse überall in diese fünf Kategorien solchergestalt eingefügt werden können, daß hierdurch Ew. Majestät gesetzlich geheiligte Rechte keine Verkürzung erlitten und auch Ew. Majestät Ah. dahin gerichteter Befehl vom 20. Oktober v. J., womit die emanzipierte Volksklasse ihren Anteil an der Gesetzgebung erhielte, in Vollzug käme. Ich kann daher die ungeschmälerte Aufrechthaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen im Interesse der geheiligten Rechte Ew. Majestät sowohl als in jenem des Landes nicht warm genug befürworten und glaube meiner pflichtschuldigsten Treue Ausdruck zu geben, indem ich Ew. Majestät darum inständigst und au. bitte, indem ich zugleich das Protokoll der Karlsburger Konferenz samt Beilagen und den Entwurf der Ah. Entschließung in tiefster Demut beizuschließen mich unterfange8.

Baron Franz Kemény m. p.