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Nr. 20 Ministerrat, Wien, 2. März 1861 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 2. 3.), Rechberg, Mecséry, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Szécsen 6. 3., Plener 6. 3., empfangen und weiterbefördert am 9. 3. Wickenburg, ebenso Pratobevera; abw. Vay; BdR. Erzherzog Rainer 14. 3.

MRZ. – KZ. 738 –

Protokoll I der zu Wien am 2. März 1861 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Organisierung des Ministeriums für Handel und Volkswirtschaft

Der Handelsminister las den Entwurf des Vortrags, den er zufolge Ah. Befehls vom 2. Februar d. J. über die Wirksamkeit und Organisierung des ihm anvertrauten Ministeriums für Handel und Volkswirtschaft zu erstatten beabsichtigt1.

Nach der Darstellung der Hauptumrisse des Wirkungskreises dieses Ministeriums in seinen Beziehungen zum Handel und zur Volkswirtschaft brachte der Finanzminister die allgemeine Frage zur Sprache, ob der Standpunkt des 20. Oktober, wornach die Vertretung der volkswirtschaftlichen und der Handelsangelegenheiten der Monarchie im Ministerrate durch einen Handelsminister ohne eigentlichen administrativen Wirkungskreis stattfinden soll, aufgegeben worden sei2. Nur in der Voraussetzung, daß dieses mit Ah. Genehmigung geschehen sei, in welcher Beziehung der Handelsminister auf den ihm zugekommenen Ah. Befehl hinwies, die Anträge für den Wirkungskreis und die Organisierung des Ministeriums zu erstatten, habe der Finanzminister in der Hauptsache den Anträgen des Handelsministers über Ausscheidung der von diesem angesprochenen Agenden aus dem Wirkungskreis des Finanzministeriums beigestimmt, vermisse jedoch dabei ein festes Prinzip, nach welchem seines Erachtens hätte vorgegangen werden sollen. Se. Majestät hätten ihm mündlich die Ag. Weisung erteilt, sowenig als möglich von aadministrativen Geschäftena an das Handelsministerium abzutreten, bdamit dieses nicht zu einem ähnlichen großen Dienstkörper anwachse, wie es einst bestanden und viel Schreiberei und Auslagen verursacht hatb damit dieses nicht zu einem ähnlichen großen Dienstkörper anwachse, wie es einst bestanden und viel Schreiberei und Auslagen verursacht hat. Hiernach glaube er für || S. 113 PDF || die Teilung der Geschäfte einen Maßstab in dem Grundsatze zu finden, daß alles, was auf die Gesetzgebung für Handel und Volkswirtschaft Bezug hat, an das neue Ministerium abzugeben, was dagegen die Verwaltung des Staatseigentumsc und der Staatsanstalten unmittelbar betrifft, bei dem Finanzministerium zu belassen sei, das sich in dieser Beziehung wie jeder andere Eigentümer zu gerieren dund den höheren Rücksichten und Bedürfnissen der Volkswirtschaft, deren Wahrnehmung und Vertretung dem Handelsminister obliege, wie jeder Private zu fügen hätte, ohne die eigene Verwaltung aufzugeben und abzutretend . Hierfür sprechen auch wichtige praktische Rücksichten. Das bestandene Handelsministerium wurde aufgelöst, um die Geschäftsführung zu vereinfachen. Es mußte bei Vollziehung seiner Wirksamkeit, welche in jene so vieler anderer Ministerien und besonders des Finanzministeriums eingriff, fast jedes Mal mit diesen Ministerien in Verhandlung treten, wodurch endlose Schreibereien veranlaßt wurden, die gegenwärtig infolge der Zuteilung seiner Agenden an die anderen Ministerien zum großen Teile beseitigt sind. Sie würden wieder aufleben, wenn die Herstellung des Handelsministeriums auf dem alten Fuße erfolgen sollte. Sie und die Masse der Detailgeschäfte, welche mit der Verwaltung edes Staatseigentums und der Staatsanstaltene verbunden sind, würden das neue Ministerium von der Erfüllung seiner eigentlichen Aufgabe, den Handel und die Volkswirtschaft durch zweckmäßige legislative Verfügungen zu heben, ablenken. Eine weitere Rücksicht ist auf die gegenwärtigen Verhältnisse Ungerns zu nehmen. Noch gehen die unter die Leitung der Finanzbehörden gestellten Anstalten (Post, Telegraphie) in Ungern ihren regelmäßigen Gang. Träte nun plötzlich noch vor dem Landtage eine Änderung in der Kompetenz des Finanzministeriums darüber ein, so dürften, wie die Sachen itzt stehen, Erörterungen und Anstände erhoben werden, die um der öffentlichen Ruhe willen vermieden werden sollten. In ähnlicher Weise sprach sich Minister Graf Szécsen aus. Auch er wünschte eine vorläufige prinzipielle Lösung der Frage über den Umfang des Wirkungskreises des Handelsministeriums, der dem Ah. Ausspruche vom 20. Oktober zufolge kein eigentlich administrativer sein soll. Und was das Verhältnis zu Ungern anbelangt, so wäre er vor der Lösung dieser Hauptfrage unbedingt gegen jeden Versuch einer Änderung in dieser Beziehung, um so mehr, als es ihm überhaupt nicht zweckmäßig erscheint, mit dem Handelsministerium, mit dem schon einmal eine Probe gemacht worden, nun abermals eine neue Probe zu unternehmen. Der Handelsminister erinnerte dagegen: Er habe das vom Finanzminister angeregte Prinzip bei der Ausscheidung der Agenda dort befolgt, wo es tunlich gewesen, und zwar beim Montanwesen. Wenn er in anderen, namentlich im Post-, Eisenbahn- und Telegraphenwesen nebst der Legislative auch die Administration in Anspruch nehme, so liege dies in der Natur dieser Anstalten, welche als die unmittelbaren und wirksamsten Vehikel des Verkehrs und Handels in so inniger Beziehung zur Wirksamkeit des Handelsministeriums stehen, daß sie seiner unmittelbaren Leitung nicht wohl entzogen werden können. Das Handelsministerium muß in dieser Beziehung eine || S. 114 PDF || administrative Tätigkeit entwickeln, wenn es seiner legislativen Einwirkung Nachdruck verschaffen soll. Die Schreiberei wird sich bei Konzentrierung beider in einer Hand nicht vermehren, dem Finanzministerium aber durch Abnahme jener Geschäfte die bei seinem ungeheuren Geschäftsumfang gewiß sehr erwünschte Erleichterung zuteil werden. Belangend die Rücksicht auf Ungern, so sei der Ausspruch des kaiserlichen Diploms vom 20. Oktober, welcher die Handelsangelegenheiten für Reichsangelegenheiten erklärt3, maßgebend. Sei eine Vermittlung notwendig, so könnte sie durch die ungrische Hofkanzlei geschehen. Wenn endlich geäußert wird, daß es nicht gut sei, eine neue Probe mit dem Handelsministerium zu machen, so lasse sich darauf erwidern, daß eben die damit gemachten Proben das Bedürfnis eines solchen von der öffentlichen Meinung allgemein verlangten Ministeriums dargetan haben. fMan sei immer wieder auf das Erkenntnis zurückgeführt worden, daß ein Zentralorgan zur Vertretung der wichtigsten, das Volksleben und den Nationalreichtum so tief berührenden Angelegenheiten unentbehrlich sei, und habe hierfür die eine oder andere Gestaltung gesucht. Wenn das zuletzt bestandene Ministerium aufgelöst wurde, so sei dies wohl wesentlich aus der Ursache geschehen, weil es einen zu weit ausgebreiteten und daher sehr kostspieligen inneren Organismus enthielt und weil vermutlich auch persönliche Rücksichten zur Geltung kamen, die in dem Umstande lagen, daß Freiherr v. Bruck als Finanzminister stets auf die Geschäfte des Handelsministeriums den größten Einfluß übte, sie zum Teil förmlich in die Hand nahm und dessen selbständige Tätigkeit lähmte. Kaum aber sei jenes Ministerium aufgehoben worden, so wäre eine laute Klage durch alle Blätter gegangen und der Handel- und Gewerbestand hätte sich als verwaiset betrachtet, da ihm die bloße büroweise Zuteilung der seine Interessen berührenden Angelegenheiten an die mit Geschäften schon übermäßig beteiligten anderen Ministerien nicht genügend erschiene. Mit größter Befriedigung sei dann die in dem Ah. Handschreiben vom 20. Oktober 1860 enthaltene Bestimmung der Reaktivierung eines Ministers für Handel, dem zugleich auch die seither mit keiner besonderen Vertretung bedacht gewesene Volkswirtschaft zugewiesen wurde, aufgenommen worden. Nur wären alle Stimmen darüber einig gewesen, daß ein solcher Minister ohne administrativen Wirkungskreis kaum denkbar sei, wenn er anders in den ihm zugewiesenen Richtungen wahrhaft wohltätig und entsprechend vorgehen und sich nicht als einen einfachen Ratgeber oder Kunstverständigen im Schoße der hohen Konferenz darstellen soll. Fast alle Länder Europas und selbst die Türkei besäßen für die befraglichen Geschäftszweige eigene administrative Ministerien, und dieses Beispiel zeige deutlich, welche Wichtigkeit und Bedeutung man allenthalben diesem Gegenstande beigelegt habe und wie es mit der praktischen Ausführung gehalten werde.f Die Minister des Äußern und der Polizei , dann der Kriegsminister glaubten nicht, daß ein Handelsministerium ohne allen administrativen Wirkungskreis bestehen könne. Sie wünschten jedoch, daß dessen Umfang nicht zu ausgebreitet sei, in welcher Beziehung der Polizeiminister || S. 115 PDF || bemerkte, daß zur Beurteilung der diesfälligen Grenzen das Eingehen in das Detail der bisher nur nach allgemeinen Schlagwörtern dargestellten Kompetenz erforderlich sei. Ebenso sprach sich der Staatsminister aus. Er könnte sich zwar allerdings einen Wirkungskreis dieses Ministeriums ohne Administration denken, der sich nach den zwei Hauptrichtungen Handel und Volkswirtschaft auf die Mitwirkung der Handels- und Gewerbe-, dann von Ackerbaukammern stützen würde. Es sind aber für einen administrativen Wirkungskreis des Ministeriums das Materiale und die Arbeitskraft nicht erst zu schaffen, sondern bereits vorhanden. Es handelt sich bloß darum, dieselben bloß von anderen Ministerien auszuscheiden und dem neuen zuzuteilen, was in der Wesenheit keinen Unterschied macht, ja noch den Vorteil der Erleichterung der Geschäftslast jener mit sich bringt. Minister v. Lasser bemerkte: Prinzipiell erscheinen die Agenden, die die Volkswirtschaft betreffen, als zum Ressort des Staatsministeriums gehörig, denn sie beziehen sich auf die Wohlfahrt der Untertanen, also auf einen Gegenstand der Administration des Inneren. Als Gründe gegen die Ausscheidung derselben und Zuweisung zum administrativen Wirkungskreise des Ministeriums für Volkswirtschaft können angeführt werden, daß diesem Ministerium dabei in unterer Linie keine anderen Organe als die politischen Behörden zu Gebote stehen. Die Erfahrung lehrt aber, daß diese Behörden ihre Tätigkeit zunächst und vorzüglich nur jenen Gegenständen widmen, welche zum Ressort desjenigen Ministeriums gehören, das zugleich ihre Personal- und Disziplinaroberbehörde ist, von dem sie daher zunächst Ermunterung, Lohn oder Ausstellungen zu gewärtigen haben. Je mehr Ministerien sich also außerdem der Tätigkeit dieser Behörden zu bedienen angewiesen werden, desto schlechter sind sie bedient. Weiters bedingt die Ausscheidung der volkswirtschaftlichen Sachen aus dem Ministerium des Inneren bezüglich aus dem Staatsministerium eine Geschäftsvermehrung in oberster Linie, indem die meisten Verhandlungen dann doch im Einvernehmen beider Ministerien werden gepflogen werden müssen. Endlich besteht gegenwärtig nach Ausscheidung der ungrischen, siebenbürgischen und kroatischen Verwaltung aus dem Staatsministerium ein Bedürfnis nach Erleichterung in den Geschäften nicht. Für die Zuweisung des administrativen Wirkungskreises an das neue Ministerium aber spricht der an den Minister gelangte Auftrag zur Erstattung der Organisierungsanträge für ein Handelsministerium, welche ohne administrativen Wirkungskreis desselben keinen Bestand haben könnten. Es spricht ferner dafür die Erfahrung, denn sie lehrt, daß eine bloß legislative Tätigkeit, ohne auf das praktische Feld der Verwaltung überzugreifen, bei einem vollziehenden Organ, wie es ein Ministerium sein soll, nicht wirksam genug sei und daß Verwaltungszweige, welche im öffentlichen Interesse einer besonderen Pflege würdig und bedürftig sind, besser unter der Administration desjenigen Ministeriums gedeihen, welchem jene Pflege auf legislativem Wege zugewiesen ist. In der allgemeinen Meinung wenigstens hält man sie für vernachlässigt, wenn sie nur so nebenbei von einem anderen, mit heterogenen größeren Aufgaben beteilten Verwaltungsorgane versehen werden. Aus diesen Utilitätsgründen stimmte Minister v. Lasser für die Zuweisung eines eigenen administrativen Wirkungskreises an das neue Ministerium, vorbehaltlich der Modifikationen und Beschränkungen, || S. 116 PDF || welche sich bei dem vom Polizeiminister beantragten Eingehen in das Detail der diesfälligen Bestimmungen als erforderlich darstellen sollten.

Nachdem auch Minister Freiherr v. Pratobevera sich in demselben Sinne geäußert hatte, wurde zur Prüfung der von dem Handelsminister sofort vorgelesenen Detailanträge geschritten. Hierbei ergaben sich folgende Bemerkungen4: In der Stelle, wo von den Zöllen die Rede ist, wünschte der Finanzminister den Einschub „insoweit der Staatsschatz dabei beteiligt ist“ als selbstverständlich weggelassen zu sehen, was auch der Handelsminister annahm. Im übrigen sollte, wo die Notwendigkeit des Einvernehmens mit anderen Ministerien eintritt, gesagt werden „im Einvernehmen mit den einschlägigen Ministerien“, weil bei den vielfachen Beziehungen der Handels- und Volkswirtschaftsangelegenheiten die namentliche Aufführung der Ministerien, mit denen Rücksprache gepflogen werden soll, nicht erschöpfend sein dürfte. In dieser Beziehung wies Minister v. Lasser auf § 9 des allgemeinen Wirkungskreises hin, welcher die allgemeine Anordnung enthält, daß bei Gegenständen, welche in den Wirkungskreis eines anderen Ministeriums einschlagen, mit diesem Rücksprache zu pflegen und bei Verschiedenheit der Meinungen die Ah. Schlußfassung einzuholen sei. Betreffend die Stelle: das Marktwesen, bemerkte Minister v. Lasser, daß die Grenzlinie einzuhalten sei, welche in Beziehung auf Gewerbesachen über die Initiative des Ministeriums des Inneren und jene des bestandenen Handelsministeriums maßgebend war, nämlich, daß z. B. Marktangelegenheiten (Wochenmärkte, Satzungsfragen u. dgl.), welche lediglich die Approvisionierung betreffen, dem Ministerium des Inneren beziehungsweise dem Staatsministerium vorbehalten sein sollen, während z. B. die Erteilung von Jahrmarktsprivilegien vornehmlich zur Wirksamkeit des Handelsministeriums, im Einvernehmen jedoch mit jenem, gehören würde. gÜberhaupt glaube er, hier ein für allemal den grundsätzlichen Vorbehalt auszusprechen, daß in allen Fällen von Kompetenzzweifeln zwischen dem Handels- und dem Staatsministerium der Usus zu entscheiden hätte, welcher obgewaltet habe zwischen dem Ressort des Ministeriums des Inneren einerseits und dem bestandenen Handels- und respektive Landeskulturministerium andererseits. Ein solcher allgemeiner Vorbehalt werde künftigen Zweifeln begegnen, denen durch keine noch so sehr ins Detail gehende Formulierung der Wirkungskreise vorgebeugt werden könnte.g Der Handelsminister erklärte, sich diese Bemerkung gegenwärtig halten zu wollen. Ebenso stimmte er dem Antrage des Finanzministers bei, die Ernennung der Börsensensale, welche seit dem Erscheinen des neuen Börsegesetzes5 dem Finanzministerium allein vorbehalten ist, aus dem Wirkungskreise seines Ministeriums zu streichen. Bei der Rubrik „Post“ kamen der Finanzminister und Minister Graf Szécsen auf dasjenige zurück, was bereits oben bei der Erörterung der allgemeinen Umrisse des Wirkungskreises geltend gemacht worden ist, nämlich einerseits || S. 117 PDF || daß es sich um eine Staatsanstalt und ein Staatsgefälle handelt, dessen innere Verwaltung am zweckmäßigsten von dem unmittelbaren Interessenten, dem Finanzministerium, geführt wird, und daß andererseits die Verhältnisse in Ungern vorderhand jedes Berühren oder Ändern der bisher noch unangefochten gebliebenen Kompetenz des Finanzministeriums widerraten. Es ist zwar — wie der Staatsminister bemerkte — das Postwesen im kaiserlichen Diplom als eine „Reichsangelegenheit“ erklärt, wornach es keinem Bedenken unterläge, dessen Leitung prinzipiell dem Handelsministerium anzuvertrauen. Nach der Gegenbemerkung des Ministers Grafen Szécsen beruht jedoch jener Ausspruch über die Gemeinsamkeit der Handelsangelegenheiten auf der Voraussetzung, daß ein Handelsminister ohne administrativen Wirkungskreis bestehen werde, daß also die Verwaltung der Posten nach wie vor beim Finanzministerium bleibe. Da nun überdies die Rücksicht auf die Verhältnisse in Ungern eine Änderung in der Leitung der Postverwaltung derzeit bedenklich mache, so erklärten sich nicht nur der Staatsminister, sondern auch alle übrigen Votanten für den Antrag des Finanzministers, wobei Minister v. Lasser noch bemerkte, daß in betreff der Zuweisung der Postverwaltung zwei Grundsätze miteinander streiten: der eine, der die Post als eines der wichtigsten Vehikel des Verkehrs, dem Handels-, der andere, der sie als ein Staatsgefälle und als eine Staatsanstalt dem Finanzministerium vindiziert, daß es daher angezeigt erscheinen dürfte, dem Handelsministerium wenigstens die Mitwirkung bei der obersten Leitung des Postwesens zuzugestehen.

Der Handelsminister konformierte sich schließlich dem Majoritätsantrage gegen dem, daß prinzipiell die Postleitung seinem Ministerium zugewiesen und nur für dermal dessen Wirksamkeit einstweilen sistiert werde.

Dieselben Rücksichten, welche für die Belassung der Postverwaltung beim Finanzministerium geltend gemacht wurden, sprechen auch für die Telegraphenanstalt. Sie umfaßt ein zahlreiches Personale, eine große ökonomische Gebarung und ist in Ungern ebenso wie die Post noch keiner Anfechtung ausgesetzt gewesen. Der Finanzminister beantragte daher deren Belassung in seinem Ressort, wogegen der Handelsminister hervorhob, daß die Telegraphen in engster Verbindung mit den Eisenbahnen stehen und wie diese einer besonders sorgfältigen technischen Leitung und Aufsicht bedürfen, die denn doch zunächst nur dem eigentlichen Fachministerium zustehen kann.

Alle übrigen Votanten, mit Ausnahme des Kriegsministers, der sich zur Entscheidung hierüber nicht für kompetent hielt, erklärten sich aber für die Meinung des Finanzministers.

Mit der „Post“ fällt auch die Rubrik „Messagerien“ als zum Postdienste gehörig aus der Wirksamkeit des Handelsministeriums hinweg.

Ärarialforst- und Montanlehranstalten stehen mit dem Staatseigentume, zu dessen technischem Betriebe ihre Zöglinge gebildet werden, in so inniger Verbindung, daß ihre Leitung nach der Ansicht des Finanzministers nur von demjenigen Ministerium mit Erfolg besorgt werden kann, welchem auch die Verwaltung des bezüglichen Staatseigentums anvertraut ist, d. i. dem Finanzministerium. Nicht nur die beständigen praktischen Übungen der Schüler in und mit den Objekten des Staatseigentums, sondern auch der für die Wissenschaft wie für den || S. 118 PDF || praktischen Betrieb in Forsten und Bergwerken so gedeihliche Wechsel zwischen Lehrern und Beamten sprechen für eine einheitliche Verwaltung. Dagegen machte der Handelsminister geltend: Die gedachten Lehranstalten sind zur Bildung tüchtiger Fachmänner nicht bloß für den Dienst auf Ärarialforsten und -werken, sondern für die ganze Welt bestimmt. Sie sind daher von der größten Wichtigkeit für die gesamte Volkswirtschaft. Durch sie kann das Handelsministerium am kräftigsten auf die Entwicklung des Nationalwohlstandes einwirken, und es ist wohl natürlich, daß dieses Ministerium, nicht das Finanzministerium, welches dabei andere Zwecke verfolgt, die Leitung und Verwaltung dieser Lehranstalten übernehme. Es sind auch nicht lauter Ärarialanstalten. Mehrere, wie z. B. jene in Leoben und das Institut in Altenburg, werden aus Landesmitteln oder Lokalquellen dotiert, und alle umfassen mehr oder weniger Schüler, die gegen Bezahlung ihren Unterricht erhalten, um sodann das Erlernte in eigenen Unternehmungen oder im Privatdienste zu verwerten. Indem daher der Handelsminister die gedachten Anstalten für sein Ressort in Anspruch nimmt, gibt er nur bezüglich der Schemnitzer Bergakademie aus Rücksicht auf das besondere Verhältnis in Ungern eine Ausnahme zu. Minister v. Lasser erklärte sich für die Ansicht des Handelsministers. Wer die Pflege der Volkswirtschaft im ganzen hat, soll auch die speziell dafür bestimmten Schulen leiten und verwalten. Sie gehören prinzipiell unter seine Obhut, und der Umstand, daß die Lehrmittel von anderwärts sub-ministriert werden, ist hierbei nicht entscheidend. Ihm traten der Staats-, Polizei- und Kriegsminister bei. Die Minister Graf Szécsen, Baron Pratobevera und der Minister des Äußern, welcher die Zweckmäßigkeit des Wechsels zwischen Lehrern und praktischen Beamten besonders betonte, stimmten mit dem Finanzminister.

Se. k. k. Hoheit endlich erklärten sich ebenfalls für dessen Ansicht. Hiernach ergab sich für jede der beiden Meinungen eine gleiche Anzahl (fünf) von Stimmen.

Das Statistische Bureau betreffend, bemerkte der Minister des Äußern , daß es unter dem bestandenen Handelsministerium zu einem solchen Umfange angewachsen sei, daß, wenn es von der Obersten Rechnungskontrollsbehörde wieder an das neue Handelsministerium übergehen soll, eine bedeutende Einschränkung in jeder Hinsicht wünschenswert wäre. Der Handelsminister beabsichtigt zwar ohnehin, dessen Wirksamkeit nur bezüglich der auf Handel und Volkswirtschaft sich beziehenden Daten und Materialien in Anspruch zu nehmen. Nachdem jedoch — wie Minister v. Lasser bemerkte — in jedem Ministerium statistische Arbeiten benötigt werden, ohne daß hierzu überall ein eigenes hstatistisches Büro organisiert werden müsse, und nachdem eine einheitliche Leitung der administrativen Statistik sich auch dadurch empfehle, daß hierdurch die Besorgnis entfalle, es würden die unteren politischen Behörden unaufhörlich mit statistischen Daten und Ausweisen geplagt, welche eben deshalb lässig oder schleuderisch geliefert werdenh, so wurde über seinen Antrag beschlossen, von dem eigenen statistischen Büro || S. 119 PDF || auch hier im Wirkungskreise des Handelsministeriums keine Erwähnung zu tun. Im allgemeinen bemerkte noch Minister Graf Szécsen , daß um der mehrerwähnten ungrischen Verhältnisse willen, iebenso aber auch, weil dieses ewige Hineinziehen des Publikums in die Intrinseca der Regierung bei den in so schwieriger Epoche wohl erklärlichen öfteren Organisationsveränderungen von der schlechtesten Wirkung sei, eine Veröffentlichung des Wirkungskreises mit allen Details nicht zu empfehlen seii ebenso aber auch, weil dieses ewige Hineinziehen des Publikums in die Intrinseca der Regierung bei den in so schwieriger Epoche wohl erklärlichen öfteren Organisationsveränderungen von der schlechtesten Wirkung sei, eine Veröffentlichung des Wirkungskreises mit allen Details nicht zu empfehlen sei. Nachdem jedoch — wie der Polizeiminister bemerkte — eine Publikation hierwegen unvermeidlich ist, weil die Parteien wissen müssen, wohin sie sich in den dem neuen Ministerium zugewiesenen Angelegenheiten zu wenden haben, so wurde sich in dem Antrage geeinigt, die fragliche Publikation in derselben Weise wie bei der Zerteilung des bestandenen Handelsministeriums eintreten zu lassen, zu welchem Behufe sich der Handelsminister des Näheren wegen mit dem Finanzminister in das Einvernehmen zu setzen hätte.

Schließlich bemerkte der Handelsminister , daß er mit Rücksicht auf den von ihm entworfenen Wirkungskreis für das Ministerium nebst einem Präsidialbüro noch sieben bis acht Departements mit einem Sektionschef in Antrag zu bringen beabsichtigt, daß sich aber infolge des Konferenzbeschlusses, Post und Telegraphen beim Finanzministerium zu belassen, die Zahl der Departements um zwei vermindern würde. In Ansehung der zu verwendenden Beamten sprach der Finanzminister den Wunsch aus, daß dieselben aus den Beamten des aufgelösten Handelsministeriums genommen werden mögen, und Minister v. Lasser bemerkte, daß bei Besetzung der volkswirtschaftlichen Departements auf die im Staatsministerium bei diesem Zweige angestellten Beamten Rücksicht zu nehmen sei. Der Handelsminister sicherte zu, nach Bedarf und nach Fähigkeit aus den Vorhandenen zu wählen. Alle werde er wohl nicht brauchen können.

Endlich bemerkte der Finanzminister aus Anlaß der vom Handelsminister beabsichtigten Erlassung eines Rundschreibens an die Statthalter und Handelskammern über die Aktivierung dieses Ministeriums, daß ein solches Rundschreiben nicht als Regierungsakt, sondern einfach als eine Amtsantrittsintimation ohne politische Bemerkungen zu erlassen und keineswegs durch die Amtszeitung zu veröffentlichen wäre6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 13. März 1861. Empfangen 14. März 1861. Erzherzog Rainer.