MRP-1-5-01-0-18610207-P-0001.xml

|

Nr. 1 Ministerrat, Wien, 7. Februar 1861 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 8. 2.), Rechberg, Mecséry, Schmerling, Degenfeld, Vay, Plener, Wickenburg, Lasser 10. 2., Szécsen 10. 2., Pratobevera 13. 2., Mažuranić 14. 2.; BdR. Erzherzog Rainer 20. 2.

MRZ. – KZ. 503 –

Protokoll I der Ministerkonferenz am 7. Februar 1861 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Ansprache Sr. Majestät an das Gesamtministerium

Se. k. k. apost. Majestät geruhten zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben den Ministerrat nach den in dessen Zusammensetzung eingetretenen Veränderungen heute zum ersten Male unter dem Ah. Vorsitze zu versammeln geruht haben, um den Chefs der Zentralbehörden einige Hauptgrundsätze für ihre Tätigkeit vorzuzeichnen.

Über die Bitte des Grafen Rechberg um Enthebung von der Stelle eines Ministerpräsidenten1 haben Se. k. k. apost. Majestät den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Rainer mit dem Präsidium des Ministerrates Ah. zu betrauen geruht2. Se. Majestät appellieren an das Pflichtgefühl der Minister, damit dieselben den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog bei dem Bestreben, die Einheit im Gang der Regierung zu erzielen, jeder in seinem Bereich kräftigst unterstützen. Es ist Allerhöchstenortes eine Instruktion erlassen worden über die Modalitäten des Geschäftsverkehres, durch welche Se. kaiserliche Hoheit in die Lage gesetzt werden, sowohl von den au. Anträgen der Zentralstellen als von den Ah. Erlässen an dieselben unterrichtet zu bleiben sowie auch über das, was bei einzelnen Zentralstellen vorgeht, nach Höchsteigenem Ermessen sofort Kenntnis zu erhalten3. Diese Instruktion — an die sich genau zu halten ist — kann aber nur die Form regeln, das Wichtigste bleibt der Geist der Einigkeit, der die Minister leiten muß, und ihr ernstes Streben, durch energisches Zusammenwirken der k. k. Regierung Achtung zu verschaffen.

Se. k. k. apost. Majestät geruhten hierauf Ah. auszusprechen, an der Basis des 20. Oktober4 festzuhalten. Es ist der Ah. Wille, die Neugestaltung des Kaiserreiches || S. 4 PDF || in diesem Sinne so schnell als möglich durchzuführen, und zu diesem Ende sei die Beratung über das Reichsratsstatut ohne Verzug vorzunehmen. In dem Ah. zu erlassenden Reichsratsstatute werden die Beschränkungen, welche Se. Majestät den Rechten Ihrer Krone Allerhöchstselbst zu setzen entschlossen sind, ihren bestimmten Ausdruck finden, und Allerhöchstdieselben zählen darauf, in dem Festhalten an diesen unabänderlichen Bestimmungen durch die Chefs der Zentralstellen gegen Versuche was immer für einer Art tatkräftigst unterstützt zu werden. Andererseits wollen Se. Majestät der Kaiser das Recht der ganz freien Wahl der k. k. Minister gewahrt sehen gegen jedes Andrängen in der Presse oder auf anderen Wegen.

II. Belagerungszustand in der Stadt Fiume samt Gebiet

Se. k. k. apost. Majestät geruhten der Konferenz mitzuteilen, daß die politischen Demonstrationen und Exzesse in Fiume ihrer größeren Bedeutung und langen Dauer wegen es dringend nötig machen, daß das bereits bei einer früheren Konferenzberatung eventuell Ah. beschlossene energische Mittel des Belagerungszustandes ohne Verzug in Anwendung trete5. Dieser Ausnahmszustand wäre auf die Stadt mit ihrem Gebiete in Anwendung zu bringen und für den bevorstehenden Akt der Restauration des Fiumaner Komitats ein außerhalb dieses Rayons gelegener Ort zu wählen.

Präsident Mažuranić glaubte, daß sich die kaum eine Stunde von Fiume entfernte Stadt Buccari hierzu um so besser eignen dürfte, als sie dem Zentrum des Komitats näher liegt. Se. Majestät geruhten, diesen Antrag Ag. zu genehmigen und nach längerer Beratung schließlich Ah. zu befehlen, daß der Kriegsminister sofort an den Ban den Befehl wegen Verhängung des Belagerungszustandes über Stadt und Gebiet von Fiume telegraphiere, mit dem Beisatz, daß die Bestimmungen über die Handhabung des Belagerungszustandes ihm sofort durch Kurier zukommen werden. Diese nach dem in Italien erprobten Modus festzustellenden Bestimmungen habe der Kriegsminister mit dem Präsidenten des Hofdikasteriums zu vereinbaren6. Auf den vom Minister Grafen Szécsen geäußerten Wunsch, es möge die Ausnahmsmaßregel bei der Kundmachung durch die der freien Meinungsäußerung und der öffentlichen Ordnung widerstrebenden Exzesse motiviert werden, damit sie nicht als eine ungarnfeindliche Regierungshandlung ausgebeutet werde, geruhten Se . Majestät Ah. zu bemerken, es werde die Sache des Bans sein, diese Verfügung gehörig zu motivieren, und die unparteiische Haltung || S. 5 PDF || der Regierung leuchte überdies am klarsten daraus hervor, daß die Abhaltung der Komitats­restauration an einem dazu geeigneten Orte gleichzeitig eingeleitet wird.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 18. Februar 1861. Empfangen 20. Februar 1861. Erzherzog Rainer.