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Nr. 273 Ministerkonferenz, Wien, 23. Jänner 1861 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet (RS. Klaps); VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 24. 1.), Mecséry 27. 1., Schmerling, Vay 29. 1., Plener 30. 1., Lasser 1. 2., Szécsen 3. 2., FML. Schmerling 29. 1., Kemény 24. 1.

MRZ. – KZ. 427 –

Protokoll I vom 23. Jänner 1861 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten und Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg.

I. Instruktion für die siebenbürgischen Komitatsobergespäne etc

Der Präsident der siebenbürgischen Hofkanzlei las den Entwurf der Instruktion für die Obergespäne etc. in Siebenbürgen1, nachdem er vorausgeschickt hatte, daß dieser Entwurf im wesentlichen der für die ungarischen Obergespäne erlassenen Instruktion2 nachgebildet und nur an einigen Stellen nach Maßgabe der Umstände präziser gefasst worden sei. Dieselbe würde übrigens nicht für den Sachsendistrikt zu gelten haben, wofür der Comes seine Anträge zu erstatten hätte3.

Die Konferenz fand im allgemeinen bei den vom Präsidenten Baron Kemény gegebenen näheren Aufklärungen gegen die Bestimmungen dieses Entwurfes nichts zu erinnern, und es wurden nur die nachfolgenden Modifikationen daran vorzunehmen beschlossen.

Zum Art. 9. Nachdem die Mitwirkung der Stuhlrichter für den Zweck des Finanzdienstes eine sehr wichtige und unentbehrliche ist, wird hier (wie der Finanzminister beantragt) auch ausdrücklich zu erwähnen sein, daß diese Beamten zu den Finanzbehörden in dasselbe Verhältnis wie jetzt die Bezirksvorsteher zu treten haben.

Damit nicht durch die Wiederherstellung der Komitatsperzeptoren, wie die Minister v. Plener und v. Lasser besorgen, ein Konflikt mit den Steuerämtern entstehe, wird der nunmehr weit beschränktere Wirkungskreis der Perzeptoren nach dem Antrage des Ministers Grafen Szécsen in einer Parenthese genau zu definieren sein.

Im Art. 13 über die fortdauernde Gültigkeit der bestehenden Gesetze erscheint die taxative Anführung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzes und der Preßordnung nicht vollständig genug; es wird daher nach dem Antrage des Ministers v. Lasser der allgemeine Ausdruck einzuschalten sein: „der bestehenden Justizgesetzea “, insbesondere des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches etc.

|| S. 298 PDF || bV. Lasser bemerkte übrigens, daß im allgemeinen die Beratung der Instruktion nur als eine eventuelle und vorläufige gelten könne, einer definitiven, nach der Karlsburger Konferenz stattfindenden Beratung aber eine vorläufige Mitteilung des Entwurfes der Instruktion zur Einsicht der Konferenzmitglieder vorauszugehen hätte, da das bloße Anhören eines längeren Aktenstückes kein Urteil im Detail zulasse.b V. Lasser bemerkte übrigens, daß im allgemeinen die Beratung der Instruktion nur als eine eventuelle und vorläufige gelten könne, einer definitiven, nach der Karlsburger Konferenz stattfindenden Beratung aber eine vorläufige Mitteilung des Entwurfes der Instruktion zur Einsicht der Konferenzmitglieder vorauszugehen hätte, da das bloße Anhören eines längeren Aktenstückes kein Urteil im Detail zulasse.

Der Präsident der siebenbürgischen Hofkanzlei übernahm es, seinen Entwurf im Sinne der vorstehenden Beschlüsse zu modifizieren4.

II. Bedenken gegen die sofortige vollständige Wiedereinführung der Komitatsorgansiation in Siebenbürgen

Der Finanzminister äußerte die Besorgnis, daß diese Instruktion in Siebenbürgen nicht minder als in Ungarn großenteils ein toter Buchstabe bleiben werde. Wenn man die nachteiligen und selbst höchst gefährlichen Folgen erwägt, welche die Ausdehnung der Anarchie auf Siebenbürgen nach sich ziehen würde, drängt sich der Gedanke auf, daß es das klügste wäre, den dermaligen politischen Organismus bis zur Vereinbarung des neuen Zustandes mit dem siebenbürgischen Landtage fortdauern zu lassen und die Komitatsorganisierung bloß als politischen Körper zum Behufe der Wahlen für den Landtag ins Leben treten zu lassen, ohne jedoch den Komitatsorganen die Administrationsgeschäfte schon dermal zu übergeben; cein Vorgang, welcher, wenn er auch in Ungarn eingeschlagen worden wäre, weit besser gewirkt hätte, indem die unglücklichen Ergebnisse des Ah. Diploms v. 20. Oktober v. J. in Ungarn hauptsächlich auf die sogleiche Administrativfunktion der eingesetzten Komitatsorgane beruhen, welche lediglich die Gesetze des Jahres 1848 anerkennend alle seitherigen Gesetze und Einrichtungen entweder bekämpfen oder unmöglich machen, wogegen vorerst die Komitatsorgane lediglich als politische Körper behufs der Wahlermöglichung für den ungarischen Landtag hätten errichtet, dann zwischen diesem und dem König die legale Vereinbarung des gesetzlichen Zustandes hätte erfolgen und dann erst die dienstliche administrative Wirksamkeit der neuen ungarischen Komitatsorgane an die Stelle der bis dahin verbliebenen k. k. Behörden und Gerichte hätte beginnen sollen. Der in Ungarn begangene Fehler sollte doch nicht in Siebenbürgen wiederholt werden.c Der ungarische Hofkanzler fand diesen Vorschlag sehr zweckmäßig und der ernstesten Beachtung würdig, mit dem Bemerken, daß ein ähnlicher Vorgang allerdings auch in Ungarn angezeigt gewesen sein würde.

Die Konferenz einigte sich hierauf zu dem au. Antrage, Se. Majestät wollen geruhen, die vom Finanzminister angeregte wichtige Vorfrage erst nach der Karlsburger Konferenz mit Rücksicht auf die damalige5 Situation in reife Erwägung ziehen zu lassen.

Baron Kemény erwähnte, daß er in seinem gegenwärtigen au. Vortrage an Se. Majestät den Zeitpunkt der Organisation nicht bezeichnet, aber in seinem unerledigten gleichzeitigen au. Vortrage wegen Reorganisation der politischen Verwaltung (KZ. 152) beantragt hatte, || S. 299 PDF || daß diese Reorganisation zur Vermeidung von Überstürzungen erst mit 15. April ins Leben trete6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 9. Februar 1861. Empfangen 25. März 1861. Erzherzog Rainer.