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Nr. 263 Ministerkonferenz, Wien, 12. Jänner 1861 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 12. 1.), Mecséry 13. 1., Schmerling, Vay 14. 1., Plener 14. 1., Lasser 15. 1., Szécsen 18. 1., FML. Schmerling 14. 1., Mažuranić 18. 1.

MRZ. – KZ. 235 –

Protokoll II der zu Wien am 12. Jänner 1861 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Instruktion für die provisorische Organisierung der kroatisch-slawonischen Komitate etc

Der Präsident des kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums referierte seinen Vortrag vom 8. Jänner 1861, KZ. 119, über die Instruktion für die provisorische Organisierung der Komitate, freien Distrikte, königlichen Freistädte, privilegierten Marktflecken und Landgemeinden1.

Hierüber ergaben sich folgende Bemerkungen: Zum § 43, welcher von der vorschußweisen Anweisung der durch die Komitatskongregationen halbjährig präliminierten Erfordernisse aus der Staatsdotation zu Handen der Obergespäne spricht, setzte der Finanzminister voraus, daß sich von Seite derselben genau an das den Finanzbehörden bekanntzugebende Präliminare gehalten und keine die diesfalls ausgemittelte Monatsrate überschreitende Summe werde in Anspruch genommen werden.

Bei § 51, wornach in Angelegenheiten der direkten Besteuerung die Komitatskongregationen die betreffenden Weisungen im Wege der Statthalterei zu erhalten haben sollen, wurde über Antrag des Finanzministers der Zwischensatz „soweit es sich um Vollziehung finanzieller Maßregeln und Anordnungen der Finanz- oder Steuerbehörden handelt“ als entbehrlich zur Weglassung geeignet erkannt.

In merito besorgte der Finanzminister von der Vermittlung dieser Anordnungen durch die Statthalterei nicht nur eine Verzögerung des Vollzuges, sondern auch eine kritische Prüfung derselben, wenn sie durch die Statthalterei an die Komitate hinausgegeben werden sollen. Wäre der Banus, wie in anderen Provinzen der Statthalter, zugleich Präsident der Finanzlandesdirektion, so würden die Erlässe in Steuersachen ohnehin unter seiner Firma an die Komitate hinausgehen und wäre somit der besorgten Empfindlichkeit der Obergespäne hinlänglich Rechnung getragen. Dies würde auch geschehen, bemerkte der Staatsminister , wenn die Bestimmung des § 51 dahin abgeändert würde, daß die Komitate jene Weisungen durch den Banus zu erhalten haben, welcher Antrag sofort die allseitige Zustimmung der Konferenz erhielt.

Im § 55 beanständete der Ministerpräsident sowie der Stellvertreter des Kriegsministers die Fassung „Die königliche Freistadt Zengg erhält, sobald sie aus dem Militärgrenzverbande || S. 254 PDF || ausgeschieden sein wird“, weil sie in dieser Bestimmtheit der Sr. Majestät vorbehaltenen Entscheidung über das Verbleiben der Stadt im Grenzverbande vorzugreifen scheint. Der Präsident des kroatischen Hofdikasteriums bemerkte zwar, daß dies nicht so gemeint, sondern nur als Bedingung der eventuellen Zugestehung der verfassungsmäßigen Munizipaleinrichtung gemeint sei. Um jedoch jede Zweideutigkeit zu vermeiden, einigte sich die Konferenz in dem Antrage, die betreffende Stelle also abzufassen: „Die königliche Freistadt Zengg erhält, falls sie aus dem Militärgrenzverbande ausgeschieden werden sollte, etc.“2

Belangend endlich die Bemerkung am Schlusse des Vortrags, daß die Murinsel, solange sie faktisch zu Kroatien gehört, als ein integrierender Bestandteil des Warasdiner Komitats anzusehen sei, wurde vom Minister Grafen Szécsen hervorgehoben, daß dies nicht im Einklang mit dem zufolge Konferenzberatung vom 2. und 5. d. M. erlassenen Ah. Kabinettschreiben wäre, welches die Frage offen und der Ah. Entscheidung nach Vernehmung der Banalkonferenz vorbehält3; es wäre daher bei den bezüglichen Paragraphen [der] Instruktion, § 2 sub 3. und § 7, der Murinsel nur in der Art zu erwähnen, daß über deren Zuteilung die Ah. Bestimmung Sr. Majestät nachfolgen werde. Hiermit war die Konferenz einverstanden4.

II. Organisierung des kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums

Gegenstand der Beratung war der Vortrag vom 11. Jänner 1861, KZ. 131, über die Organisierung des provisorischen kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums5.

In demselben werden vier Departements und deren Besetzung mit drei Hofräten und einem Statthaltereirate (Melinčević mit einer Zulage von monatlich 50 fr. und dem systemmäßigen Quartiergelde), drei Hofsekretären, fünf Hofkonzipisten, einem Ingenieur, einem Rechnungsoffizial, einem Hilfsamtsadjunkten, drei Offizialen, vier Kanzlisten, einem Türhüter, zwei Kanzleidienern und zwei Amtsboten beantragt.

Der Staatsminister bemerkte, es scheine ihm ein so großer Status für ein provisorisches Dikasterium nicht notwendig zu sein. Nicht nur würde der Staatsschatz dadurch augenblicklich höher belastet, sondern es würde ihm auch für den Fall, daß es von der definitiven Bestellung des Dikasteriums abkäme, die Versorgung der sodann disponibel werdenden Beamten aufgebürdet werden. Mit Rücksicht auf den provisorischen Charakter dieser Hofstelle sollte sich also vorderhand darauf beschränkt werden, dieselbe mit drei Departements zu bestellen, welche sich aus den vom Staats-, Justiz- und Kultus- und Unterrichtsministerium auszuscheidenden Agenden von selbst ergeben. Ohne der Wahl der dafür zu bestimmenden Personen [bzw.] dem auf persönlichem Vertrauen des Chefs beruhenden Antrage desselben im mindesten entgegenzutreten, dürfte sich doch eben wegen des Provisoriums damit begnügt werden, die zu Berufenden in ihrer dermaligen Diensteigenschaft beizubehalten und nur denjenigen, welche aus anderen Kronländern herbeigezogen werden müssen, als Entschädigung für den kostspieligeren Unterhalt in || S. 255 PDF || Wien angemessene Lokalzulagen zu gewähren. Sonach würde das Dikasterium mit drei Räten: einem Hof-, einem Oberlandesgerichts- und einem Statthaltereirat, drei Sekretären und drei Konzipisten, dann dem erforderliche Manipulations- und Dienerpersonale aus den bei den einschlägigen Ministerien vorhandenen entbehrlichen und den disponiblen Beamten oder Dienern des aufgelösten Handelsministeriums bestellt werden können.

Präsident v. Mažuranić machte zwar dagegen geltend, daß die bevorstehenden vielfachen legislatorischen und organisatorischen Arbeiten eine reichlichere Dotierung der Kanzlei mit tüchtigen Arbeitskräften umso notwendiger machen, als ihrem Personale die vollkommene Kenntnis der kroatischen Sprache unerläßlich ist.

Allein, nachdem der ungrische Hofkanzler bemerkt hatte, daß die legislatorischen und organisatorischen Arbeiten, gleichwie in Ungern so auch in Kroatien nicht wohl vor dem Beginne des Landtags und beziehungsweise vor der Austragung der Frage über das staatsrechtliche Verhältnis der Königreiche gegeneinander werden in Angriff genommen werden können, nachdem ferner Minister v. Lasser hervorgehoben hatte, daß das beim Justizministerium bestehende kroatische Departement, mit welchem auch das siebenbürgische und Woiwodinasche vereinigt war, nicht mehr als circa 500 bis 700 Nummern des Jahres zählt, also die kroatischen Justizagenden allein ein Departement nicht hinlänglich beschäftigen würden, vereinigte sich die Konferenz in thesi umso mehr mit dem Antrage des Staatsministers, als für den Fall der Unzulänglichkeit des Personals viel eher eine Vermehrung als die Verminderung eines überflüssigen Personalstandes ins Werk gesetzt werden kann. Und da, wie Minister Graf Szécsen bemerkte, bei Aufrechthaltung der vom Staatsminister entwickelten Grundsätze es sich zunächst um die finanzielle Frage, nämlich um die Feststellung des Mehrauf­wandes handelt, welchen sonach die Behandlung der kroatisch-slawonischen Angelegenheiten in Wien gegen die dermalige erfordern würde, so wurde Präsident v. Mažuranić eingeladen, sich hierwegen vorläufig mit dem Finanzminister (welcher insbesondere noch auf die Entbehrlichkeit des beantragten Ingenieurs hinwies, da für Baufragen die technischen Beamten des Staatsministeriums in Anspruch genommen werden können) in das Einvernehmen zu setzen und im Falle des Einverständnisses Vortrag an Se. Majestät zu erstatten6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 22. Jänner 1861.