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Nr. 203 Ministerkonferenz, Wien, 21. August 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 21./28. 8.), Thun 23. 8., Nádasdy 23. 8., Gołuchowski 25. 8., Thierry 25. 8., Plener 28. 8., FML. Schmerling 26. 8.

MRZ. – KZ. 2799 –

Protokoll der zu Wien am 21. August 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

[I.] Über einen im Budgetkomitee des verstärkten Reichsrates beabsichtigten Antrag des Grafen Szécsen

Gegenstand der Beratung war der in der heutigen Sitzung des Budgetkomitees des verstärkten Reichsrates vom Grafen Szécsen beabsichtigte Vortrag über Reformen in der Verwaltung, und sohin die Frage, wie sich das Ministerium demselben gegenüber zu verhalten habe. Es wurde ein Aufsatz dieses Vortrags vorgelesen, welcher, nach der Versicherung des Ministerpräsidenten , demjenigen entspricht, was Graf Szécsen ihm selbst in dieser Beziehung eröffnet hat. Der Vortrag ist sehr im allgemeinen gehalten und bezielt unter Aufrechthaltung des Gesamtstaatsverbandes die Gleichstellung der einzelnen Kronländer mit Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung und deren Autonomie in der Legislation und Administration des Landes1.

Nach der Ansicht des Ministerpräsidenten hätte das Ministerium ein Eingehen in das Detail nicht zu provozieren, sondern sich auf die einfache Erklärung zu beschränken, daß es in dem Vorschlage des Grafen Szécsen den Rahmen für die Durchführung der im Ah. Kabinettschreiben vom 19. April d. J.2 ausgesprochenen Grundsätze erkenne, sich aber gegen Konsequenzen, die daraus nach jeder Richtung hin etwa gezogen werden könnten, verwahren müsse und sich die weitere Äußerung vorbehalte, je nachdem die Diskussion sich entwickle. Zwei Punkte jedoch schienen dem Kultusminister eine besondere Bemerkung zu erfordern, nämlich eine anerkennende [Bemerkung über] die Stelle, wo die Aufrechthaltung des Gesamtstaatsverbandes hervorgehoben wird; denn es ist gewiß von großem Gewichte, daß dieser Grundsatz in der Versammlung zum Ausdruck komme; dann eine berichtigende bezüglich der für die Kronländer angesprochenen Autonomie in der Administration, indem unmöglich zugegeben werden könnte, daß die ganze Administration ausschließlich in die Hände der Länder gelegt werde.

|| S. 379 PDF || Dagegen bemerkte der Minister des Inneren , der Ausspruch eines selbstverständlichen Grundsatzes, wie jener des Gesamtstaatsverbandes, bedürfe und verdiene keine weitere Bemerkung, dessen Verleugnung wäre Hochverrat; und was die Autonomie in der Administration und Legislation der Länder betrifft, so sei dieselbe in den Ah. genehmigten Grundsätzen über den Wirkungskreis der Landesvertretung (für Tirol) bereits in so vielen Beziehungen zugestanden, daß das ganz allgemein und unbestimmt gestellte Begehren darnach einer Berichtigung solange nicht bedarf, bis nicht etwa mehr verlangt werden sollte, als dort zugestanden worden. Es wäre sich daher auf die allgemeine Erklärung zu beschränken, daß das Ministerium in dem Antrage des Grafen Szécsen nur die Paraphrase des Ah. Kabinettschreibens vom 19. April zu erkennen vermöge.

Nachdem sich hiermit alle übrigen Votanten mit Einschluß des Ministerpräsidenten vereinigt hatten, wurde der Minister des Inneren eingeladen, obige Erklärung im Namen des Ministeriums abzugeben3.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 31. August 1860.