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Nr. 175 Ministerkonferenz, Wien, 12. Juni 1860 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr (I und II), Ransonnet (III, RS. Klaps); VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 12./18. 6.), Thun 20. 6., Nádasdy 13. 6., Gołuchowski 14. 6., Thierry 15. 6., Plener 16. 6., FML. Schmerling 16. 6.

MRZ. – KZ. 2012 –

Protokoll II der zu Wien am 12. Juni 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Hauptbericht der Budgetkommission

Der Leiter des Finanzministeriums brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß der Hauptbericht der Budgetkommission den von Sr. Majestät Ah. genehmigten Anträgen der Konferenzen vom 17., 19., 20. und 22. Mai l. J. (Prot.Z. 470, 473, 479, 481)1 gemäß umständlich und ohne Berufung auf die Protokolle derselben abgefaßt und Sr. Majestät vorgelegt worden ist2. Die Protokolle derselben werden beim Finanzministerium aufbewahrt3.

II. Besetzung der Portierstelle im Polizeiministerium

Zur Aufklärung einer zwischen dem Leiter des Finanzministeriums und dem Polizeiminister obwaltenden Differenz in Betreff der Besetzung des Portierstelle beim Polizeiministerium bemerkte der Leiter des Finanzministeriums, er habe mittelst besonderem Ah. Kabinettschreiben den Auftrag erhalten, den disponiblen Portier des k[aiserlichen] Palastes in Mailand, Tröster, demnächst auf einem geeigneten Posten unterzubringen. Hierzu habe sich ihm in der Erledigung der Portierstelle beim Polizeiministerium Gelegenheit geboten, und er habe sonach Tröster für diese Stelle dem Polizeiminister gegenwärtig gehalten, welcher jedoch einen andern, Stecher, für geeigneter erklärte. Ohne nun der kompetenten Beurteilung des Polizeiministers über die Qualifikation im geringsten nahetreten zu wollen, glaubte der Leiter des Finanzministeriums gleichwohl, von seinem Standpunkte auf dem Antrage für Tröster festhalten zu müssen, weil er sich nicht für ermächtigt hielt, von dem bestimmten Ah. Befehle wegen dessen Unterbringung, noch von der allgemeinen Vorschrift abzugehen, wornach bei Verleihung von Zivilposten bedingt vorgemerkte Militärs wie Stecher erst dann berücksichtigt werden dürfen, wenn kein geeigneter unbedingt Vorgemerkter vorhanden ist. In diesem Sinne hat der Leiter des Finanzministeriums seinen Vortrag an Se. Majestät erstattet4.

Der Polizeiminister entgegnete, daß er jedenfalls Stecher für geeigneter halte und daß er nicht glaube, der Sinn des Ah. Auftages zugunsten Trösters gehe dahin, es müsse derselbe gerade auf diesen Posten untergebracht werden.

|| S. 249 PDF || Die Minister für Kultus und Justiz fänden keinen Anstand gegen die Verleihung der erledigten Stelle an Tröster5.

III. Ständige Zuweisung des Rechnungsoffizials Franz Langhammer für die Geschäfte der Staatsschuldenkommission

Der Ministerpräsident referierte, die Staatsschuldenkommission habe sich mit Note vom 9. d. M. an die Ministerkonferenz gewendet, damit der ihr zeitweilig zugewiesene Rechnungsoffizial der Staatskreditshofbuchhaltung Franz Langhammer unter Ausscheidung aus dem Status der Kontrollbehörde der Kommission ständig zugewiesen werde, nachdem sie denselben zu den ihr obliegenden umfassenden Arbeiten ausschließend zu verwenden wünsche. Er wäre daher nach dem Wunsche der Kommission zu ihrem ständigen Sekretär mit Rang und Bezügen eines Sekretärs der Direktion der Staatsschuld zu ernennen.

Der Leiter des Finanzministeriums , welchem der Ministerpräsident das obbezogene Einschreiten sofort übergab, fand gegen die bleibende Zuweisung dieses Rechnungsbeamten für die Geschäfte der Schuldenkommission nichts zu erinnern, glaubte jedoch, daß dieses auch ohne Systemisierung eines neuen Dienstpostens geschehen und daß die von der Kommission beantragte Aufbesserung der Bezüge des in sehr mißlicher Lage befindlichen Langhammer angemessener durch eine jährliche Remuneration, allenfalls bis 500 fl., aund zwar selbstverständlich für diesmal bloß auf die Dauer eines Jahres, nämlich für die diesjährige Periode sowie Wirksamkeit bei der in Bezug auf die Mitglieder bloß für ein Jahr zusammengesetzten Kommission,a bewirkt werden könnte. Der Minister des Inneren und der Ministerpräsident erklärten sich mit dieser Meinung völlig einverstanden, und von anderer Seite wurde dagegen keine Erinnerung erhoben6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, 24. Juni 1860.