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Nr. 122 Ministerkonferenz, Wien, 8. März 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser, BdE. und anw. Erzherzog Wilhelm, Erzherzog Rainer, (Rechberg 9. 3.), Thun 12. 3., Bruck 12. 3., Nádasdy 13. 3., Gołuchowski 13. 3., Thierry 14. 3., FML. Schmerling 14. 3.

MRZ. – KZ. 891 –

Protokoll der Ministerkonferenz am 8. März 1860 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

[I.] Ah. Anordnung bezüglich der Beratungen über die Landesvertretungen, die Gemeindeordnungen und die Organisierungen in den Kronländern, dann über die Reorganisierung der Gendarmerie

Se. k. k. apost. Majestät geruhten die Ah. Willensmeinung auszusprechen, daß die noch unent­schiedenen Fragen über die Gestaltung der Landesvertretungen, über die Gemeindeordnungen und die damit im Zusammenhang stehenden Organisierungen, namentlich in Böhmen, nunmehr mit tunlichster Beschleunigung zur Entscheidung gebracht werden, damit das Ministerium über den einzuschlagenden Weg bei diesen wichtigen Angelegenheiten völlig im Klaren sei und es bei seinen Verfügungen sowie bei den Verhandlungen im verstärkten Reichsrate die nötige Einigkeit an den Tag lege1.

Der Minister des Inneren brachte zur Ah. Kenntnis, daß er binnen der nächsten Tage schon imstande sein werde, sein Operat über das tirolische Landesstatut vorzulegen. Die anderen Operate würden sich daran reihen, sowie auch sein Gutachten über die Hauptgrundsätze in bezug auf die Landesvertretung in Ungarn2. Was die Gemeindeordnungen betrifft, so könne mit der Erlassung des Gemeindegesetzes für ein einzelnes Kronland nicht leicht vorgegangen werden, bevor man nicht die aus allen Kronländern eingelaufenen Vorschläge im Zusammenhang zu überblicken in der Lage war. Diese Zusammenstellung wurde eben vollendet3.

Se. Majestät der Kaiser geruhten zu befehlen, daß der Entwurf der Gendarmerieorganisation vor der Beratung in der Ministerkonferenz zwischen dem Ministerium des Inneren und dem Armeeober­kommando mit Zuziehung des Gendarmerieinspektors zu beraten sei4.

|| S. 15 PDF || Der Minister des Inneren referierte, die Verhandlung über die Reorganisierung dieses Wachkörpers befinde sich noch in dem Stadium der Vorfrage, in welchen Kronländern das Institut der Gendarmerie noch beizubehalten wäre. Es liegen hierüber die erschöpfenden Äußerungen der Landeschefs vor, und Graf Gołuchowski glaubt, daß eine Rücksprache hierüber mit dem Armeeoberkommando nicht notwendig sein dürfte, weil diese Vorfrage polizeilicher und politischer, nicht aber militärischer Natur ist. Das Referat über diesen Gegenstand sei bereits fertig.

Der Justizminister deutete an, daß es zur besseren Information dienlich sein würde, auch über diese Vorfrage das Gutachten der obersten Militärbehörde einzuholen, und Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Reichsratspräsident traten dieser Meinung mit dem Bemerken bei, daß sich überhaupt die Frage über die Notwendigkeit des Instituts in einem Kronlande von der Frage über die künftige organische Gestaltung desselben nicht wohl trennen lasse.

Se. Majestät geruhten hierauf zu bestimmen, daß das Ministerium des Inneren sich auch über die Vorfrage auf kurzem Weg mit dem Armeeoberkommando ins Vernehmen setze5.

Am 9. März 1860. Rechberg. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 19. März 1860.