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Nr. 105 Ministerkonferenz, Wien, 2. Februar 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 2. 2.), Thun 3. 2., Bruck 3. 2., Nádasdy 3. 2., Gołuchowski 3. 2., Thierry vidit, Schmerling 4. 2.

MRZ. – KZ. 435 –

Protokoll der zu Wien am 2. Februar 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Beschwerde der Hypothekar-Credit-Abteilung der Nationalbank gegen Justizentscheidungen

Aus Anlaß des Rechenschaftsberichts der Nationalbank über ihre Hypothekar-Credits-Abteilung im Jahre 1859 hat zwischen dem Finanz- und dem Justizminister eine Verhandlung über nachstehende Beschwerdepunkte der ersteren stattgefunden: 1. wegen Nichtzuerkennung des Ersatzes der Liquidierungskosten in Konkursfällen, 2. wegen Verweigerung der Intabulierung der Nebenver­bindlichkeiten ohne Angabe des Betrags, 3. wegen Nichtanerkennung des Rechts der Bank, daß auch in Konkursfällen der von ihr ermittelte Wert des von ihr beliehenen Objekts als Ausrufpreis anzunehmen sei, 4. wegen Beseitigung des Schlußsatzes der Justizministerialverordnung vom 3. Juli 1859, RGBl. [Nr.] 121, wornach eine Abschrift der vorgeschlagenen Lizitationsbedingnisse der Credit-Abteilung der Bank zur Ausübung ihres Rechts zwar mitzuteilen ist, jedoch die Giltigkeit einer ohne diese Mitteilung vorgenommenen Feilbietung aus diesem Grunde allein nicht soll bestritten werden können.

Nachdem der Justizminister die Erteilung einer Erläuterung an die Gerichte über die Punkte 1, 2 und 3 im Sinne der Nationalbank verweigert hat, weil sie durch reformatorische Entscheidungen der Obergerichte zugunsten [der] Bank entbehrlich geworden ist, auch in die Abänderung ad 4. nicht eingehen zu sollen erklärt hat und von seinem Standpunkte auch gegenwärtig von seiner Meinung nicht abgehen könnte, so brachte der Finanzminister , dem es nach seiner Wirksamkeit zunächst um die Vertretung der Privilegien der Bank und insbesondere der Hypothekar-Credit-Abteilung derselben zu tun ist, seine Absicht zur Kenntnis der Konferenz, hierwegen die Ah. Entscheidung Sr. Majestät zugunsten des genannten Instituts zu erbitten, wogegen nichts erinnert wurde1.

II. Maßregeln gegen die hiesigen Korrespondenten der Times und Cölnischen Zeitung

Der Finanzminister machte auf die fortgesetzten Lügenberichte aufmerksam, welche die beiden hiesigen Korrespondenten der Times, . . .,a und der Kölnischen Zeitung, Lackenbacher, über österreichische Zustände ihren Komittenten einsenden und || S. 416 PDF || ersuchte den Polizeiminister um die Verfügung, diesem Treiben ein Ziel zu setzen, insbesondere den ersteren von Wien abzuschaffen.

Der Polizeiminister behielt sich vor, in Ansehung Lackenbachers das Erforderliche zu verfügen; was jedoch die Abschaffung des Times-Korrespondenten betrifft, so hielt er sich nicht für befugt, selbe zu veranlassen, weil bei dessen Verbindungen leicht Verwicklungen in den auswärtigen Beziehungen entstehen könnten, was auch der Minister des Äußern bestätigte. Nichtsdestoweniger wird er, wie schon einmal geschehen, versuchen, ihn durch eindringliche Vorstellungen auf einen besseren Weg zu leiten.

Über die Schlußberatung wegen Verstärkung des Reichsrates ist ein besonderes Protokoll ausgefertigt.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 9. Februar 1860.