MRP-1-4-01-0-18591124-P-0066.xml

|

Nr. 66 Ministerkonferenz, Wien, 24. November 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser, BdE. und anw. Erzherzog Wilhelm, Erzherzog Rainer, (Rechberg 25. 11.), Thun 26. 11., Bruck 26. 11., Nádasdy 26. 11., Gołuchowski 27. 11., Thierry 1. 12.

MRZ. – KZ. 4111 –

Protokoll [der Ministerkonferenz] vom 24. November 1859 unter dem Ah. Vorsitze Sr. k. k. apost. Majestät.

I. Werbungen für Neapel

Der Polizeiminister stellte die au. Anfrage, wie sich in Absicht auf die von der neapolitanischen Regierung in Österreich zu unternehmenden Werbungen zu benehmen sei.

Se. k. k. apost. Majestät geruhten zu befehlen, daß diesfalls ganz dieselbe Haltung zu beobachten sei, wie gegenüber den päpstlichen Werbungen, und daß die k.k. Regierung daher keinen unterstützenden Einfluß darauf zu nehmen habe.

Der Minister des Inneren erwähnte, daß den Behörden die nötigen Weisungen zu ihrer Richtschnur, namentlich über die Frage werden gegeben werden, welche österreichische Untertanen angeworben werden dürfen1.

II. Bezahlung der venezianischen Polizeibeamten mit Vaglien

Über das vom Polizeiminister bevorwortete Gesuch der Beamten seines Ressorts in Venedig, daß ihre Bezüge in barem Geld statt in Vaglien bezahlt werden möchten, äußerte der Finanzminister , daß dieses Gesuch, gleich wie früher die ähnlichen Gesuche von Beamten anderer Branchen, zurückzuweisen wäre. Das Verhältnis der Vaglien, welche Zwangskurs haben, sei in Venedig dasselbe wie jenes der Banknoten hier, mit dem Unterschied zugunsten der ersteren, daß ihr Disagio auf 10% gesunken ist und bald ganz verschwinden wird2.

III. Nichtzulassung der italienischen Trikolorflagge in österreichischen Häfen

Der Finanzminister erhielt die Ah. Genehmigung zu seinem au. Antrage, das Einlaufen toskanischer Schiffe unter trikolorer italienischer Flagge in österreichische Häfen nicht zu gestatten3.

IV. Ersparungskommission und Maßregeln

Se. k. k. Majestät geruhten es der jüngst bestellten Ersparungskommission zur Pflicht zu machen, daß sie bei der Lösung ihrer Aufgabe mit aller Energie zu Werk gehe. Allerhöchstdieselben werden diese Kommission Ah. zu empfangen geruhen4. Se. Majestät geruhten die Ah. Erwartung auszusprechen, daß neben den Ersparungen im Armeebudget auch große Ersparungen in den übrigen Verwaltungszweigen werden realisiert werden, um das Defizit vollkommen zu beseitigen.

Auf die Bemerkung des Finanzministers , die Reduktion des Budgets in den meisten Verwaltungs­zweigen werde erst nach erfolgter Entscheidung über die neue Organisation vorgenommen werden können, bemerkte der durchlauchtigste Herr Erzherzog Chef des Armeeoberkommandos , daß auch die Reduktionen in der Armee großenteils durch die Entscheidung über noch schwebende organisatorische Fragen bedingt seien. Der Minister des Inneren referierte über einige von ihm schon jetzt vorgenommenen Reduktionen in den die Landesfonds beschwerenden Auslagen und sprach die Hoffnung aus, daß die neue ökonomischere politische Organisation schon mit dem Verwaltungsjahre 1860 werde eintreten können. Was die Gendarmerieorganisation betrifft, so fehle es noch an den Äußerungen der meisten Statthaltereien5.

Se. Majestät geruhten darauf aufmerksam zu machen, daß bei den Polizeibehörden in den Provinzen und bei der Polizeiwache noch viele Ersparungen zu erzielen seien, obgleich bereits manches reduziert wurde. Auch habe der Justizminister den Bedarf an Polizeimannschaft für die Gefangenenhäuser möglichst zu beschränken, ohne jedoch diesfalls Militär in Anspruch zu nehmen.

Auch im Fache des öffentlichen Unterrichts müsse man Ersparungen anstreben und dabei die Frage über die Notwendigkeit des Fortbestandes einiger Universitäten ernstlich in Erwägung ziehen6.

Am 25. November 1859. Rechberg. Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 7. Dezember 1859.