MRP-1-4-01-0-18590616-P-0014.xml

|

Nr. 14 Ministerkonferenz, Wien, 16. Juni 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 16./29. 6.), Bach 18. 6., Thun 18. 6., Toggenburg 18. 6., Bruck 18. 6., Nádasdy 19. 6., Eynatten, Hartmann.

MRZ. – KZ. 2320 –

Protokoll der zu Wien am 16. Junius 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg.

I. Über eine Eröffnung des königlich preußischen Gesandten

Der tg. gefertigte Minister des Äußern brachte zur Kenntnis der Konferenz, der königlich preußische Gesandte Freiherr v. Werther habe ihm eine Note seiner Regierung vorgelesen, welche den Vorschlag einer bewaffneten Mediation in der italienischen Angelegenheit entwickelt. Nachdem eine schriftliche Mitteilung hierüber verweigert worden, habe der Minister, außerstand, in einer so wichtigen Sache Sr. Majestät ein umfassendes Gutachten zu erstatten, den Gesandten eingeladen, sich mit ihm ins Hauptquartier nach Verona zu begeben, um dort die erwähnte Depesche Sr. Majestät selbst vorzulesen und die Ah. Entscheidung hierüber zu erbitten. Zu diesem Ende habe der Minister im telegrafischen Wege die Ah. Ermächtigung zur Reise dahin nachgesucht und werde sie unverzüglich nach deren Einlangen antreten1.

II. Anstößiger Artikel der „Presse“ über Fürst Metternich

Der Minister des Inneren machte auf einen Artikel der „Presse“ (Blatt Nr. 142, „Wiener Chronik 14. Juni“) über den verewigten Fürsten Metternich aufmerksam, welcher Artikel einen neuen Beweis von der bedenklichen Richtung liefert, die dieses Journal seit längerer Zeit verfolgt2.

In der Erwartung, daß von Seite der mit der Überwachung der periodischen Presse betrauten Autorität die entsprechende Amtshandlung gegen den Redakteur werde eingeleitet worden sein, sieht die Konferenz einstweilen vor der weiteren Beratung dieses Gegenstandes der Mitteilung durch den Chef der Obersten Polizeibehörde oder dessen Stellvertreter entgegen, ob und was hierwegen verfügt worden und wie es gekommen sei, daß jener sehr auffallende Artikel der Aufmerksamkeit der mit der Revision der Zeitungen vor deren Ausgabe beauftragten Beamten entgehen und zur Ausgabe zugelassen werden konnte3.

III. Voranschlag für 1860

Der Finanzminister hat die Vorarbeiten zur Feststellung des Staatsvoranschlags für das Verwaltungsjahr 1860 vornehmen lassen. Sie ergeben, unter Annahme des Friedensstandes, || S. 51 PDF || bei einem ordentlichen Erfordernisse von 100 Millionen Gulden für die Landmacht und sechs Millionen für die Marine im ganzen ein ordentliches Erfordernis von 338 Millionen Gulden. Die ordentlichen Einnahmen sind – nach Abschlag von 10 Millionen als infolge der Kriegsereignisse angenommenen Minderertrags – veranschlagt mit 333 Millionen Gulden; es ergäbe sich also ein Abgang im Ordinario von fünf Millionen Gulden. An außerordentlichen Ausgaben exclusive Militär wurden ca. 40 Millionen Gulden präliminiert, sodaß der Gesamtabgang sich auf 45 Millionen entziffern und wohl ohne große Schwierigkeit durch außerordentliche Mittel zu bedecken sein würde. Um aber den Staatsvoranschlag pro 1860 in der vorgeschriebenen Zeit Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung vorlegen zu können, ist erforderlich, wenigstens annäherungsweise die Ziffer zu kennen, welche für das außerordentliche Bedürfnis der Armee, über das oben mit 106 Millionen Gulden angenommene Ordinarium, in Anspruch genommen werden wird. Der Finanzminister ersuchte daher den Vertreter des Armeeoberkommando um baldige Mitteilung der erforderlichen Daten.

FML. Freiherr v. Eynatten erklärte, hierwegen unverzüglich die Anfrage bei dem Ah. Armeeober­kommando in Verona stellen zu wollen, nachdem die Entwerfung des Militärpräliminars dem hierortigen Wirkungskreis entrückt worden [ist]. Die erhaltene Antwort wird er dem Finanzminister zur weiteren Verfügung mitteilen4.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Verona, am 9. Juli 1859.