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Nr. 509 Ministerkonferenz, Wien, 1. Mai 1859 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 3. 5.), gesehen Bach 2. 5., Thun 2. 5., Toggenburg 3. 5., Bruck 3. 5., Nádasdy 3. 5., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 3. 5.; abw. Kempen.

MRZ. – KZ. 1559 –

Protokoll II der zu Wien am 1. Mai 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Erhöhung der Taxen für dringende telegrafische Privatdepeschen

Der ungewöhnliche Andrang von Staatsdepeschen, welche unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen zur Beförderung an die Telegrafenämter abgegeben werden, macht es unmöglich, die Privatdepeschen mit der gewünschten Schnelligkeit abzufertigen, indem sie erst nach Abfertigung der Staatsdepeschen und in der Ordnung, wie sie einlangten, expediert werden. Um nun einerseits dem Publikum Gelegenheit zu verschaffen, wirklich dringende Nachrichten vor anderen befördern zu können, andererseits eine Abwehr des allzu großen Andrangs zu den Telegrafenämtern zu bewirken, beabsichtigte der Handelsminister , sich von Sr. Majestät die Ah. Genehmigung zur Erhöhung der Taxe für „dringende“ Depeschen zu erbitten. Nach dem vorgelesenen Entwurf der diesfalls hinauszugebenden Kundmachung würden also die für das Innere der Monarchie bestimmten, mit „dringend“ bezeichneten Privatdepeschen gegen Entrichtung der doppelten Taxe unmittelbar nach Abfertigung der Staatsdepeschen und vor den ohne diese Bezeichnung abgegebenen Privatdepeschen expediert werden.

Die Konferenz war mit diesem Antrage einverstanden, wobei übrigens der Kultusminister noch bemerkte, daß es unter diesen Verhältnissen vielleicht angezeigt sein dürfte, die Taxe für alle Privatdepeschen zu erhöhen, indem sonach, wer sich des eigentlichen Zwecks der Anstalt versichern will, jedenfalls genötigt sein wird, die doppelte Taxe zu entrichtena,1.

II. Dividendenzahlung bei der Carl-Ludwig-Bahn

Der Handelsminister referierte über das Gesuch des Verwaltungsrates der galizischen Carl-Ludwigs-Eisenbahngesellschaft, bei der bevorstehenden Generalversammlung die 5%ige Verzinsung der Aktien aus dem Gesellschaftskapitale rücksichtlich der noch nicht ausgebauten Strecken pro 1859 proponieren zu dürfen.

Man beruft sich zur Begründung dieses Gesuchs auf den § 11 der Konzessionsurkunde vom 3. März 1857 2, andererseits steht aber die Bestimmung des § 48 der Gesellschaftsstatuten3 || S. 315 PDF || entgegen, wornach dies nur insoweit gestattet wird, als die 5%igen Zinsen nicht durch den im Laufe desselben Jahres bei anderen Unternehmungen (also bei ausgebauten und in Betrieb gesetzten Strecken) erzielten Überschüsse über die 5%ige Verzinsung des in dieselbe gelegten Kapitals ausgeglichen werden. Hiernach wäre also der Handelsminister nicht in der Lage, diesem begehren Folge zu geben, weil sich bei dem Betriebe der ausgebauten Strecken der Carl-Ludwigs-Bahn wirklich solche Überschüsse ergeben haben. Nachdem jedoch der Theiß- und Franz-Joseph-Orientbahn bewilligt4 und für die Carl-Ludwig-Bahn ebenfalls beantragt war5, den Überschuß des Betriebsertrages einzelner Strecken oder Sektionen nicht zur Verzinsung der für die unausgebauten Strecken eingezahlten Aktienbeträge verwenden zu dürfen, so erbat sich der Handelsminister die Zustimmung der Konferenz, insbesondere der beiden Minister des Inneren und der Finanzen, zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage, daß künftig die Verzinsung der auf unausgebaute Strecken eingezahlten Aktienbeträge auf das Gesellschaftskapital ohne Einrechnung der Überschüsse der ausgebauten Strecken überwiesen werden dürfe.

Die Konferenz fand dagegen nichts einzuwenden6.

Wien, am 1. Mai 1859.

Nachtrag zu I.

In der Konferenz vom 3. Mai 1859 erklärte der Handelsminister , seinen sub I. gestellten Antrag wegen Erhöhung der Taxe für „dringende“ Telegramme nach der Andeutung des Kultusministers auf alle Telegramme ausdehnen zu wollen, um den aus der Verschiedenheit ihrer Behandlung zu besorgenden Verwicklungen zu begegnen. Die Konferenz war hiermit einverstanden7.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 11. Mai 1859.