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Nr. 503 Ministerkonferenz, 19. April 1859 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 20. 4.), gesehen Bach 20. 4., gesehen Thun 20. 4., Toggenburg, Bruck 20. 4., Nádasdy 21. 4., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 21. 4.; abw. Kempen.

MRZ. – KZ. 1437 –

Protokoll I der Beratung am 19. April 1859 unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

[I.] Die Frage über die Auflassung der Degradierungsstrafe bei den Beamten

Infolge einer Aufforderung von Seite des gefertigten Vorsitzenden referierte der Minister des Inneren über die mit dem Ah. Handschreiben vom 25. Juni 1858 gestellte Frage, ob die Strafe der Degradierung eines bemakelten Beamten – als der Ehre des Beamtenstandes entgegen – nicht gänzlich aufzuheben und durch eine passendere Strafe zu ersetzen seia,1.

Die Mehrheit der gemäß dieses Ah. Auftrages vernommenen Zentralbehörden, bestehend aus den Ministern des Äußeren, des Kultus, des Handels, der Finanzen und des Inneren, dann das Armeeoberkommando und die Oberste Rechnungskontrollbehörde haben sich auf schriftlichem Wege im Prinzip für die Beibehaltung der Degradierungsstrafe ausgesprochen. Die minderen Stimmen, nämlich Se. k. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Marineoberkommandant, der Justizminister und der Chef der Obersten Polizeibehörde erklärten sich für die Auflassung dieser Strafe bei den Beamten ihres Ressorts2. Statt derselben hätte nach der Meinung Sr. k. k. Hoheit „die gänzliche Entsetzung bemakelter Beamten im politischen Wege einzutreten“. Nach dem Antrage des Justizministers dürfte die durch Auflassung der Degradation entstehende Lücke durch Gehaltsabzüge oder auch durch strafweise Dienstversetzung ausgefüllt werden, und der Chef der Obersten Polizeibehörde glaubte, es hätte an deren Stelle zu treten: der Verlust des Anspruchs des betreffenden Beamten auf Vorrückung und Beförderung in eine höhere Kategorie bis zur anerkannten Besserung desselben unter gleichzeitiger Androhung der gänzlichen Dienstesentlassung bei nochmaliger Disziplinarbehandlung.

Nachdem der Minister des Inneren eine Übersicht der für die divergierenden Meinungen vorgebrachten Gründe gegeben hatte, erklärte er, daß die von den minderen Stimmen || S. 284 PDF || gegen die Beibehaltung der Degradierungsstrafe geltend gemachten Motive, seine Überzeugung von der Notwendigkeit, dieselbe in den meisten Zweigen des öffentlichen Dienstes beizubehalten, nicht erschüttert hätten. Die Anzahl der Staatsbeamten ist im Laufe des letzten Dezenniums bedeutend angewachsen, und mit Hinblick auf die häufig vorkommenden, dem Grade der Strafbarkeit nach sehr verschiedenartigen Dienstvergehen kann man vielmehr behaupten, daß der Strafabstufungen jetzt noch zu wenig sind und daß es daher umso minder angezeigt erscheine, die Degradierungsstrafe aufzulassen, welche zur Handhabung der Disziplin, namentlich bei großen Körpern von Beamten der untern Kategorien (z. B. Manipulationsämter, Baubehörden, Buchhaltungen, Gefällsämter) sehr wirksam ist, ohne den Beteiligten – wie die Entlassung – ins Unglück zu stürzen, welche ferner nicht selten Besserung herbeiführt und das Ärar vor der Belastung mit Ruhegenüssen für auf geringeren Posten noch ganz dienstfähige Beamte bewahrt. Durch die Vorschläge der minderen Stimmen würde die durch das Auflassen der Degradierung entstehende Lücke keineswegs ausgefüllt, indem diese Vorschläge bloß auf bereits bestehende Disziplinarmaßregeln hinauslaufen. Die Bedenken, welche vom Standpunkt der Ehre des Beamtenstandes gegen die Degradation erhoben werden, beruhen bloß auf der hie und da vorgekommenen unrichtigen Anwendung dieser Strafe, und diesem Übelstande könne von den Chefs der verschiedenen Verwaltungszweige durch Instruktionen an die Unterbehörden oder auch direkt dadurch abgeholfen werden, daß sie ungerechtfertigte Anträge auf Degradation zurückweisen oder nach Umständen zur Ah. Entscheidung bringen. Dem allfälligen schlimmen Eindrucke im Publikum lasse sich durch Versetzung des Degradierten an einen anderen Ort begegnen. So sei ein Bezirksvorsteher in Siebenbürgenb zum Statthaltereikonzipistenc degradiert worden. Der Minister des Inneren glaubt, daß die hier angeführten Umstände den au. Antrag völlig rechtfertigen dürften, daß die Strafe der Degradierung einesd Beamten auf einen niedrigeren Dienstplatz nicht aufzulassen, sondern nur darauf zu sehen sei, daß diese Strafe nicht auf dergestalt bemakelte Individuen ausgedehnt werde, deren fernere Belassung im Dienste der Ehre und dem Ansehen des Beamtenstandes oder dem Dienste selbst abträglich wäre.

Der Minister des Inneren würde ferner glauben, daß auf die von einer Seite angeregte Substituierung des Ausdrucks „Zurücksetzung auf einen geringeren Dienstposten“, statt der bisher üblichen Bezeichnung „Degradierung“, nicht einzugehen und überhaupt an den diesfalls bestehenden Vorschriften nichts zu ändern wäre.

Sämtliche Stimmführer vereinigten sich mit den Anträgen des Ministers des Inneren – den Justizminister ausgenommen, welcher aus den in seiner schriftlichen Äußerung umständlich dargelegten Gründen auf seinem Antrage, die Degradierungsstrafe bei den Beamten der Justizsphäre aufzulassen, beharrte3.

Die Ah. Entschließung fehlt.