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Nr. 477 Ministerkonferenz, Wien, 11. Dezember 1858 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 11. 12.), gesehen Bach 13. 12., gesehen Thun 14. 12., Toggenburg, Bruck, gesehen Kempen 14. 12., Nádasdy 15. 12., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 15. 12.

MRZ. – KZ. 5082 –

Protokoll der zu Wien am 11. Dezember 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Verbrüderungsreverse-Abforderung von der Amtsdienerschaft und provisorischen Grundbuchsbeamten

Der Justizminister brachte mit Beziehung auf seinen Vortrag in der Konferenz vom 4. d. M. sub I. zur Kenntnis der Konferenz, daß er die Anfrage des Oberlandesgerichtspräsidiums in Triest, ob die Ausstellung der Reverse wegen Nichtbeteiligung an geheimen Gesellschaften von der Amtsdienerschaft und die Aufnahme der diesfälligen Klausel in deren Diensteide zu fordern sei, dann die Anzeige des Großwardeiner Oberlandesgerichtspräsidiums über die geschehene Abforderung jener Reverse von Seite derjenigen provisorischen Grundbuchsbeamten, welche derzeit in Ungern gleich den Diurnisten ad nutum amovibiles sind, dahin zu erledigen gedenke, daß nach dem Wortlaute der Ah. Entschließung vom 10. September 1858 1, welche bloß von wirklichen Staatsbeamten spricht, der diesfällige Vorgang unstatthaft sei. Gleichzeitig bringt der Justizminister diese seine Erledigung zur Ah. Kenntnis Sr. Majestät.

Die Konferenz fand hierüber nichts zu erinnern2.

II. Anwendung des Gebührengesetzes auf Tausch- und Teilungsgeschäfte der Militärgrenzkommunionen

Kam zufolge Ah. Befehls vom 25. Jänner 1858 die zwischen dem Finanzminister und dem Armeeoberkommando obwaltende Meinungsdifferenz über die Anwendung des Gebührengesetzes vom 2. August 1850 in der Militärgrenze zum Vortrage3.

Der Finanzminister hat in seinem Vortrage vom 16. November 1858 sich für die Gebührenpflicht der Grenzfamilien ausgesprochen, a) bei Grundtauschen, welche nach Bestätigung der Grenzbehörden nicht die bessere Arrondierung des Kommunionsgrundbesitzes || S. 158 PDF || oder die Erleichterung der Kultur zum Zwecke haben, b) bei Familienteilungen, wenn ein Teil einen größeren Grundbesitz erhält, für diesen Mehrbesitz.

Ad a) bemerkte der Generaladjutant Sr. Majestät FML. Freiherr v. Kellner: Wenn Grundtausche nur zu obigen Zwecken größtenteils stattfinden, so kann die Zahl der sonst noch vorkommenden Grundtausche, die dann allein noch gebührenpflichtig wären, nur sehr unbedeutend sein. Ja, es ist sogar gewiß, daß den Grundvertauschungen zwischen eigentlichen Grenzkommunionen niemals eine andere Absicht als der Vorteil der besseren Arrondierung und Kultur zum Grunde liegt, denn es wäre nicht abzusehen, welche sonstige Ursache eine Kommunion, deren Subsistenz auf dem Feldbau beruht, veranlassen könnte, ein zur Bewirtschaftung gut gelegenes und kultiviertes Grundstück gegen ein anderes, minder entsprechendes zu vertauschen. Die betreffende Militärbehörde würde einen solchen Tausch nie bewilligen. Gesetzt aber, es käme dies in einzelnen seltenen Fällen vor, so könnte die dem Ärar dafür zugehende Gebühr nur sehr unbedeutend sein, und es würden die jedesmaligen Erhebungen und Bestätigungen, ob der Grundtausch zur Arrondierung des Kommunions­grundbesitzes und zur Erleichterung der Kultur stattgefunden hat oder nicht, abgesehen von dem damit verbundenen Mehraufwande an Schreibspesen, welcher die wenigen gebührenpflichtigen Fälle weit übersteigen müßte, die Behörden mit einer Arbeitsvermehrung beschweren, die nebstbei zum Vorteil des Ärars erspart werden kann.

Zudem wird endlich von den Grenzhauskommunionen doch auch in einem solchen Falle nichts erworben, sondern bloß ein bereits eigentümlich besessenes Grundstück gegen ein anderes umgetauscht, mithin der Grundbesitz nicht vermehrt, während die Gebührenentrichtung eigentlich nur bei neuen Erwerbungen stattfinden soll.

Ad b) würde der Ah. ausgesprochene Grundsatz der Gebührenfreiheit aller Kommunionsteilungen aufgehoben werden.

Eine mathematisch richtige Teilung der Grundstücke einer Grenzhauskommunion ist im Teilungsgesetze nicht zur Bedingung gemacht4, auch nicht immer tunlich. Bei einer Familiarteilung muß stets für den austretenden Teil das Wohnhaus samt allen Wirtschaftsgebäuden neu aufgebaut werden. Hat z. B. eine solche Familie 48 Joch Grundstücke und der im Stammhause zurückbleibende Teil erhält 22 Joch, der austretende aber mit der Verbindlichkeit, sich das Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude allein aufzubauen, 26 Joche, so hat nichtsdestoweniger, wenn auch keine ganz gleiche Verteilung der Grundstücke, doch des Gesamteigentums stattgefunden, und der austretende Teil muß ohne Zweifel mehr als den Wert der mehr erhaltenen 2 Joch ausgeben, bis er die erforderlichen Gebäude errichtet. Er hat also nichts Neues erworben, denn die mehr überkommenen 2 Joch waren auch vordem schon sein Eigentum, und es wäre unbillig, einem solchen Familienteile auch noch die Gebührenentrichtung für den zur Ausgleichung seiner Mehrauslagen übernommenen Mehrbesitz an Grundstücken aufzuerlegen.

Daß bei der Aufrechthaltung der unbeschränkten Gebührenfreiheit für Teilungen der Grenzkommunionen die gesetzlich festgesetzte Gebührenpflicht überhaupt, also auch außerhalb der Militärgrenze und in derselben bezüglich der nicht im Kommunionsverbande lebenden Grenzbewohner aufgehoben werden müßte, ist durchaus nicht die notwendige || S. 159 PDF || Folge des ersteren Zugeständnisses, denn alle im Gebührengesetze vorgesehenen Gütergemeinschafsteilungen sind ganz anderer Natur als Teilungen der Grenzhauskommunionen. Wo das Kommunionsgesetz nicht besteht, gibt es zwar Gütergemeinschaft insofern, als das Familienhaupt für den Unterhalt seiner Angehörigen zu sorgen verbunden ist. Eigentümer des Guts ist aber stets nur das Familienhaupt, und wird dann von diesem eine Teilung des Besitztums vorgenommen, so erhält allerdings jeder, welcher davon partizipiert, ein neues, vollständig in seinen Besitz übergehendes Eigentum. Er erwirbt daher neu einen Grundbesitz oder liegende Güter, während er von dem früheren Besitzer, ohne ein Eigentum bereits besessen zu haben, nur erhalten werden mußte, und es dem Familienhaupte freigestanden war, die vorgenommene Güterteilung ganz zu unterlassen.

Die sich teilende Grenzkommunion bleibt zudem immer wieder nur durch die Bestimmungen des Grenzgrundgesetzes beschränkter Eigentümer und kann unter keinerlei Umständen mit dem Kommunionsvermögen so verfügen, wie jeder andere Staatsbürger, dem es freisteht, das durch die Teilungen einer früheren Gütergemeinschaft neu erworbene Eigentum nach Belieben sogleich wieder zu verkaufen oder unter Angehörige weiter zu teilen.

Unter diesen Umständen war FML. Freiherr v. Kellner mit dem Armeeoberkommando der Meinung, daß an der unbedingten Gebührenfreiheit der Grundtausche zwischen Grenzhauskommunionen und an dem Ah. ausgesprochenen Grundsatze, daß Familienteilungen der Grenzhauskommunionen gebührenfrei zu behandeln sind, festzuhalten wäre. Der Finanzminister machte dagegen geltend: Es hänge von der Bestimmung der Grenzbehörde selbst ab, ob in einem gegebenen Falle a) der Grundtausch aus keiner anderen als aus der dort angegebenen Ursache stattgefunden habe, und b) ob bei einer Familienteilung kein Teil wirklich einen größeren Besitz erlangt habe. Entscheidet die Grenzbehörde, daß dieses geschehen sei, so findet, nach den Bestimmungen des vorgelegten Gesetzentwurfes weder in dem einen noch in dem anderen Falle eine Gebührenentrichtung statt. Sonach kann es auch keinem Anstande unterliegen, die diesfalls im Entwurfe vorkommenden Bestimmungen beizubehalten, weil sie den Verhältnissen entsprechen, unter denen die Gebührenfreiheit gesetzlich zulässig ist, und weil bei ihrem Hinwegfallen Tausch- und Teilungsgeschäfte auch dann gebührenfrei behandelt werden müßten, wann sie, wie die Vorstimme, wenngleich nur in seltenen Fällen, doch zugegeben hat, mit gesetzlichem Grunde der Gebührenentrichtung zu unterziehen gewesen wären – eine Ausnahme, die bei einem allgemeinen Gesetze wie das Gebührengesetz sich nicht rechtfertigen ließe.

Die Mehrheit der Konferenz trat der Ansicht des Finanzministers bei5.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 25. Februar 1859.