MRP-1-3-07-0-18580816-P-0467.xml

|

Nr. 467 Ministerkonferenz, Wien, 16. August 1858 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 16. 8.), gesehen Bach 18. 8., Thun, Toggenburg 20. 8., Bruck 30. 8., gesehen Kempen 30. 8., Nádasdy 31. 8., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 1. 9.

MRZ. – KZ. 3272 –

Protokoll der zu Wien am 16. August 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Umsetzung der Zölle in österreichische Währung

Der Finanzminister referierte über die Umsetzung der Zölle und ihrer Nebengebühren von Konventionsmünze auf österreichische Währung1. Hiebei wurde sich im allgemeinen auf die einfache Umsetzung der Konverntionsmünze in österreichische Währung mit der etwa zulässigen Abrundung nach oben und unten beschränkt, und nur bei einigen Zwischenzollsätzen gegenüber den Zollvereinsstaaten adie Umrechnung der Sätze des Zollvereinesa vorgenommen, um diese Sätze mit denjenigen gleichzustellen, welche im Zollvereine angenommen sind.

Im Separatartikel 2 des deutsch-österreichischen Handels- und Zollvertrags2 kommt die Bestimmung vor, daß Österreich, falls es einen neuen Münzfuß einführte, der geringer als der bisherige 20 fr. Fuß, aber nicht geringer als der 21 fr. Fuß wäre, zur Umrechnung beziehungsweise Erhöhung des Nennbetrags der Zollsätze nicht berechtigt sein soll3. Durch die Annahme des 45 fr. Fußes4 ist Österreich wirklich unter den 21 fr. Fuß herabgegangen, es wäre also berechtigt, alle Zollsätze in diesem neuen Münzfuße so umzurechnen, daß deren Betrag in österreichischer Währung jenem in Konventionsmünze gleichkäme. Indem nun Österreich bim diplomatischen Wege zu erkennen gegeben hat, sich dieses Rechtes unter der Bedingung der Gleichstellung nicht bedienen zu wollen, glaubt es wenigstensb die Gelegenheit benützen zu können, bei denjenigen Artikeln, welche cfrüher nicht gleichgestellt werden konnten, das jetzt zu tun und zwar nach den Sätzen des Zollvereines, da die neue Münzordnung die ganze Umstellung ermöglicht hat.c früher || S. 109 PDF || nicht gleichgestellt werden konnten, das jetzt zu tun und zwar nach den Sätzen des Zollvereines, da die neue Münzordnung die ganze Umstellung ermöglicht hat. Ein diesfalls den Abgeordneten der Zollvereinsstaaten gemachter Antrag ward jedoch von denselben mit dem Bemerken abgelehnt, daß man die einfache Umsetzung der Zölle von Konventionsmünze auf österreichische Währung als eine vertragsmäßige Verpflichtung Österreichs annehme, weil dder 45 fr. respektive 30 Taler Fuß in mancher Beziehung dem 21 Taler Fuße gleich gehalten werde und daher die beabsichtigte Gleichstellungd einiger Zwischenzollsätze den Gegenstand einer eigenen Verhandlung zu bilden habe5. Diese Verhandlung kann nun, da die Zollkonferenz erst im Oktober d. J. zusammentritt6, mit 1. November 1858 aber schon der neue beziehungsweise in österreichische Währung umgesetzte Zolltarif in Wirksamkeit tritt, nicht mehr aufgenommen werden; es erübrigt also nach dem Erachten des Finanzministers nichts andres, als die Umrechnung der gedachten Zollsätze edes Zollvereins in die österreichische Währunge mit Ah. Genehmigung einstweilen in den Tarif aufzunehmen und die Vereinsstaaten hievon unter Berufung auf das nach Art. 2 unzweifelhafte Recht Österreichs in die Kenntnis zu setzen. Eine Ausnahme wäre nur in Ansehung der Webe- und Wirkwaren zu machen, bei denen fder österreichische Zoll von 45 fr. bis 200 fr. steigt,f der Vereinszoll dagegen nur 30 Taler beträgt; dieser große Unterschied, welcher für die österreichische Industrie einen außerordentlichen Schutz gewährt, scheint es nicht rätlich zu machen, hier die Umrechnung gvon 100 zu 105g eintreten zu lassen; daher der Finanzminister die einfache Umsetzung des diesfälligen Zolls in 200 fr. österreichischer Währung beantragte, indem er im übrigen zuversichtlich erwartet, die Vereinsstaaten werden über die Motive des Vorgangs bei den Zwischenzöllen, gehörig aufgeklärt, gegen denselben nichts mehr einwenden.

Der Minister des Inneren bemerkte: Ist Österreich berechtigt, die Zölle mit dem 5%igen Zuschlage in österreichische Währung umzusetzen, so müßten seines Erachtens auch jene auf die zuletzt genannten Artikel mit 210 fr. österreichische Währung angesetzt werden; denn die inländische Industrie bedarf eben in diesen Artikeln nach wie vor der gleichen Schutzes, und dieser würde durch die einfache Umsetzung auf österreichische Währung offenbar um 5 % verringert. Es wird jedoch die vertragsmäßige Berechtigung Österreichs zur Umrechnung mit dem Zuschlage von den Vereinsregierungen überhaupt bestritten; solang daher dieser Zwiespalt nicht im Wege der Unterhandlung ausgetragen ist, würde ein einseitiger Vorgang Österreichs nur zu der Alternative führen, den neuen Tarif hin der Folge wieder abändern zu müssenh oder als bestritten fortbestehen zu lassen.

|| S. 110 PDF || Dem Minister des Inneren würde es daher angemessen erscheinen, bis zur Austragung der prinzipiellen Frage, ob eine Umrechnung zulässig sei, die Zölle einfach auf österreichische Währung umzusetzen.

Der Handelsminister hielt diese Prinzipienfrage bereits für gelöst, und zwar zum Nachteile Österreichs. Beim Abschluß des Zollvertrags war die allgemeine Auffassung, daß Österreich entweder den 21 fr. oder den 24 fr. Fuß wählen werde. Für den ersteren Fall sollte die Umrechnung der Zölle entfallen, im letzteren dagegen zulässig sein. Österreich hat nun zwar durch Annahme des 45 fr. Fußes (22 ½ fr.) einen geringern als den 21 fr. Fuß gewählt, es ist aber nicht, wie man annahm, bis zum 24 fr. Fuß herabgegangen, und es hat durch die Bestimmung des Patents vom 27. April 1858 7 (wornach die Differenz zwischen der Konventionsmünze und österreichischer Währung nur mit 5 % angenommen ist) sich öffentlich und faktisch für den 21 fr. Fuß bekannt8. Wenn daher die Vereinsregierungen die einfache Umsetzung der Zölle auf österreichische Währung als eine vertragsmäßige ansehen und die verlangte Ausgleichung der Zwischenzölle auf eine besondere Verhandlung verweisen, so scheinen sie im Rechte zu sein – und nur im Wege der Unterhandlung oder durch ein Schiedsgericht könnte über das zwischen den Paziszenten streitige Recht entschieden werden. Der Handelsminister war daher für die einfache Umsetzung aller Zwischenzöllei in österreichische Währung.

Der Justizminister glaubte zwar, daß Österreich nach dem Wortlaute des Separatartikels 2 zur Umrechnung berechtigt wäre, weil es unter den 21 fr. Fuß herabgegangen und die nur mit 5 % angenommene Differenzausgleichung als eine (aus Bequemlichkeitsrücksichten zur Vermeidung des Bruchteils von 23 Hundertstel) für das Inland berechnete Anordnung hier nicht entscheidend ist. Allein, nachdem es gegenüber den Zollvereinsstaaten selbst erklärt hat, nicht umrechen zu wollen, wenn die Zwischenzoll ausgleichung zugestanden wird, diese Erklärung aber von den Vereinsstaaten rücksichtlich der Nichtumrechnung als vertragsmäßige Schuldigkeit angenommen, rücksichtlich der Zwischenzollausgleichung aber auf eine besondere Verhandlung verwiesen worden ist, so erübrigt nach der Ansicht des Justizministers nichts andres, als über diese Zwischenzollausgleichung abgesondert zu verhandeln, vorderhand aber sich auf die einfache Umsetzung der Zölle in österreichische Währung zu beschränken.

Der gleichen Meinung war auch der Chef der Obersten Polizeibehörde. Es war somit die Mehrheit der Konferenz gegen den Antrag des Finanzministers.

Der Kultusminister und der Generaladjutant Sr. Majestät FML. Freiherr v. Kellner waren dagegen mit dem Finanzminister einverstanden, weil ihres Erachtens das Recht der kaiserlichen Regierung bei dem klaren Wortlaute des Art. 2 nicht zweifelhaft ist und, auf dieses gestützt, als Gegenleistung für dessen Nichtausübung mit Grund die Zugestehung der beantragten Erhöhung einiger Zwischenzollsätze, die ohnehin nur eine Gleichstellung mit den Zöllen des Vereins anstrebt, erwartet werden kann.

|| S. 111 PDF || Der tg. gefertigte vorsitzende Minister des Äußern endlich würde mit dem Finanzminister stimmen, wenn man der Einwilligung der Vereinsregierungen zu der beantragten Zwischenzollausgleichung im vorhinein sicher wäre. Nachdem jedoch dies nicht ist, glaubte er, den Finanzminister vor allem zur vorläufigen Einholung der Äußerung der eben in Hannover tagenden Abgeordneten der Zollkonferenz einladen zu sollen, welcher Einladung zu entsprechen der Finanzminister sich vorbehielt9.

II. Kaiserliche Verordnung betreffend die Ansiedlungen in Ungarn und den ehemaligen Nebenländern

Gegenstand der Beratung war der vom Minister des Inneren vorgetragene beiliegende Entwurf einer kaiserlichen Verordnungj über die, neuen Ansiedlungen in Ungern und dessen ehemaligen Nebenländern zu gewährenden Begünstigungen10 Hierüber haben sich folgende Bemerkungen und Anträge ergeben:

In das Rubrum wurde auf Antrag des Justizministers konform mit der im Kontext vorkommenden Benennung zwischen den Worten „entstehenden Ansiedlungen“ das Wort „landwirtschaftlichen“ eingeschaltet, nachdem Arbeiter- oder Handwerkerkolonien hier nicht beabsichtigt werden.

Zum § 2 war der Generaladjutant FML. Freiherr v. Kellner der Ansicht, daß ad a) neben dem Worte „Nationalität“ auch noch „und Sprache“ einzuschalten wäre, wogegen jedoch der Minister des Inneren erklärte, daß dieses mit Hinsicht auf die vornehmlich von Deutschland her erwarteten Ansiedlungen als selbstverstanden überflüssig, mit Rücksicht auf jene aus dem Inlande aber bei dem gesetzlichen Bestande so vieler Landessprachen nebeneinander unzulässig wäre.

Zum § 3 wünschte der Finanzminister die Aufnahme einer Definition des Begriffs „Ansiedler“, und zwar mit möglichster Beschränkung etwa auf bloß gekaufte Grundstücke; damit nicht Gemeinden im Lande selbst veranlaßt werden, einzelne Glieder auf öde Gründe zu exmittieren, um ihnen dadurch den Vorteil der Steuerbefreiung zuzusichern und sich der bisherigen Steuerpflicht zu entziehen. Es könnten wohl gar – bemerkte der tg. gefertigte Vorsitzende – ganze Gemeinden in Ungern ihre Wohnsitze gegeneinander vertauschen und sich auf diese Art als neue Ansiedlungen die Vorteile der || S. 112 PDF || letzteren zusichern. Insofern wäre vielleicht die Beschränkung der Begünstigungen auf jene, die nicht schon in Ungarn ansässig sind, nicht unangemessen.

Allein, der Minister des Inneren glaubte eine Definition des Ansiedlers vermeiden zu müssen, teils weil sie überhaupt schwer zu geben, teils weil sie in diesem Gesetze von keinem praktischen Nutzen ist, nachdem die endliche Entscheidung über die Zuerkennung der den Ansiedlern zugesicherten Begünstigungen in die Hände einer Kommission gelegt ist, von der vorausgesetzt oder die belehrt werden kann, nur im Geiste des Gesetzes vorzugehen. Für ganz außerordentliche Fälle, wie z. B. der obenerwähnte wäre, ist kein Gesetz berechnet. Übrigens würde nach dem Erachten der Minister des Inneren, des Kultus und der Justiz eine Ansiedlung, die aus der Mitte einer Gemeinde, in ihrem Hotter oder auswärts, gewissermaßen als Ableger derselben gemacht werden sollte, mit Grund Anspruch auf die gesetzlichen Begünstigungen machen können, weil sie wirklich neue Kulturen begründet und mit der Zeit steuerbar macht, und nicht anzunehmen ist, daß darum der Hauptstock, aus dem sie ausgegangen, werde verlassen werden.

Wenigstens also, meinte der Finanzminister , sollte bestimmt werden, daß die Begünstigungen des § 3, namentlich die 15jährigen, vom Tage der Gründung zu beginnen haben und ihre Dauer daher von diesem Zeitpunkte zu rechnen sei. Der Minister des Inneren , hiermit im wesentlichen einverstanden, behielt sich vor, diesfalls die geeignete Bestimmung in einen eigenen Paragraphen aufzunehmen, insofern sich nicht mit der Anordnung des § 19 begnügt werden könnte, wornach die Bestätigungsklausel „jede Begünstigung, deren Anfang und Dauer genau zu enthalten“ hat, kwas der Minister des Inneren für genügend erachtet.k

Zu § 6 beanständete der Kultusminister die allzulange Befreiung der Ansiedler von Leistung der öffentlichen Arbeiten, worunter insbesondere die Herstellung der Straßen gehört, welche, wenn sie mit der Ansiedlung in Verbindung steht, doch ihnen selbst zum Vorteile gereicht und billigerweise nicht bloß den Nachbargemeinden auferlegt werden kann, denen, gegenüber der außerdem noch den Ansiedlern gewährten Begünstigungen, der Druck doppelt fühlbar sein würde. Er würde daher die Begünstigung dieses Paragraphes auf ein oder zwei Jahre einschränken.

Der Minister des Inneren bemerkte dagegen: die Ansiedler sind in der ersteren Jahren so sehr bei ihren Bauten, Urbarmachungen, Einrichtung der Wirtschaften beschäftigt, daß sie Menschen und Vieh nur schwer für andere Arbeiten entbehren können. Sie bedürfen größerer Schonung besonders in Ungern, weil sie sich erst akklimatisieren müssen. Straßen, die ihnen unmittelbar Nutzen bringen oder notwendig sind, werden sie selbst freiwillig in Angriff nehmen. Der Minister des Inneren und mit ihm die Majorität war daher für die unveränderte Beibehaltung des Paragraphes.

Zu § 7 beantragte der Chef der Obersten Polizeibehörde die Erhöhung des für die einzelnen Ansiedlungen vorgeschriebenen Minimalmaßes auf eine halbe Session, weil es nicht wünschenswert erscheint, die Vereinzelung der Ansiedler zu begünstigen. Solche vereinzelte Ansiedler sind, wie die Erfahrung in der Militärgrenze gelehrt hat, wo sie zuletzt zwangsweise vereinigt werden mußten, der Gefahr der gänzlichen Verwilderung ausgesetzt und können selbst in nationalökonomischer Beziehung nur dann Wirksames || S. 113 PDF || leisten, wenn sie einen ausgedehnteren Wirtschaftsbetrieb haben, als er bei ein Viertel Session möglich ist.

Der Minister des Inneren erklärte dagegen, von dem Ausmaße der Viertelsession nicht abgehen zu können, weil dasselbe in den allgemeinen Grundzerteilungsvorschriften Ungerns begründet und als Basis in dem vorliegenden Entwurf angenommen worden ist. Ansiedlungen kommen gewöhnlich in zweierlei Richtungen vor: auf ganz öden Gründen als neue Kolonien oder als Zusiedlungen zu schon bestehenden. Im ersteren Falle ist es schwer, immer gleich 50 Familien zu finden, die eine Kolonie bilden; man wird sich lzum Anfangel mit einer geringeren Anzahl begnügen können, weil diese den Kern einer größeren Kolonie bilden; die Forderung von einer halben Session, um der gesetzlichen Begünstigung teilhaftig zu werden, würde daher die Kolonisation wesentlich erschweren. Was aber die Zusiedlungen betrifft, so treten bei diesen nicht jene Besorgnisse der Vereinzelung ein und es besteht bei denselben kein Grund, sie von der Teilnahme an den ohnehin beschränkteren Vorteilen des § 8 auszuschließen, wenn ihr Areal nicht mehr als ein Viertel Session beträgt; es ist vielmehr wünschenswert, auch solche Zusiedlungen zu begünstigen, indem sie schon bestehenden Gemeinden Gelegenheit bieten, ihre öden Gründe zu verwerten und neue Steuerobjekte zu bilden. Der Minister des Inneren würde daher bei der unveränderten Beibehaltung des § 7 beharren und nur in dem Falle, daß eine Beschränkung der einzelnen Ansiedlungen schlechterdings für nötig erkannt werden sollte, dieselbe in der Art zugeben, daß, ohne Veränderung des hier ausgesprochenen Ausmaßes, die Begünstigungen des § 8 nur dann erteilt werden, wenn mindestens zehn Familien sich ansiedeln.

Mit diesem letzteren Antrage, der in der Hauptsache der Absicht des Chefs der Obersten Polizeibehörde entspricht, die Vereinzelung der Ansiedler wenigstens nicht zu begünstigen, hat sich sowohl dieser Stimmführer als auch die Mehrheit der Konferenz einverstanden erklärt.

Das im § 9 enthaltene Zugeständnis wurde vom Finanzminister nicht zugegeben, weil es durch keine besondere Rücksicht geboten ist; der Chef der Obersten Polizeibehörde machte den vermittelnden Antrag, den Verträgen, wodurch der gemeinschaftlich erkaufte Grund verteilt wird, die Stempel- und Gebührenfreiheit nicht mehr zuzugestehen. Allein, die Majorität der Konferenz vereinigte sich mit dem Minister des Inneren für die vollständige Beibehaltung des Paragraphes, weil die darin beantragte Begünstigung für den ersten Vertrag unbedingt nötig ist, der – wie der Handelsminister bemerkte – als ein neues Geschäft zu betrachten ist, das sonst nicht wäre abgeschlossen worden, und weil der Teilungsvertrag – wie der Minister des Inneren hinzusetzte – nur eine Vervollständigung des ersten, gewöhnlich von dem Bevollmächtigten der Interessenten abgeschlossenen ist, also mit Grund die gleiche Begünstigung ansprechen kann.

Im§ 11 wurden über Antrag des Finanzministers die Worte „gegen Übervorteilungen“ gestrichen, indem sie seiner Ansicht nach als gegen die Finanzbehörden gerichtet gedeutet werden könnten.

§ 12 bedarf einer stilistischen Klärung, welche der Minister des Inneren sich vorbehielt.

Gegen die im § 14 den Ansiedlern aus dem Auslande zugesicherte Militärbefreiung für || S. 114 PDF || sich und ihre Söhne, mwie solche schon in den älteren Kolonisationsgesetzen, namentlich auch in den letzten unter der Kaiserin Maria Theresia zugestanden war,m fand der Generaladjutant Sr. Majestät FML. Freiherr v. Kellner zwar nichts einzuwenden, erklärte aber ausdrücklich, daß er der Ausdehnung der Militärbefreiung unter keiner Bedingung auch auf die Enkel der Ansiedler das Wort sprechen könnte.

Zum § 15 bedauerten die Minister der Finanzen und der Justiz die vollständige Ausschließung der Juden und Judengemeinden von den Begünstigungen der Ansiedlung11, da es doch wünschenswert erscheint, sie durch die Aussicht auf einige Vorteile für den Ackerbau, nwelchen sie mit Knechten und Mägden israelitischen Glaubens betreiben müßten,n zu gewinnen und nach und nach daran zu gewöhnen – sowohl in ihrem als im Interesse des Landes. Diese Minister beantragten daher die Weglassung des Paragraphes oder doch die Weglassung der Forderung der christlichen Konfession. Auch der Handelsminister würde für die Weglassung des Paragraphes stimmen, da er sich nach den bestehenden Gesetzen von selbst versteht.

Allein, der Minister des Inneren hielt die Beibehaltung des Paragraphes für notwendig, um den aus dem Auslande hereinziehenden Kolonisten im vorhinein die Beruhigung zu gewähren, daß man in ihrem Religionsbekenntnisse kein Hindernis der Ansiedlung erkenne und nicht bloß katholische Einwanderer der Begünstigungen teilhaftig machen wolle. Die christliche Konfession aber muß bleiben, weil wir der Juden eher zu viel als zu wenig haben; weil ferner mit der kaiserlichen Verordnung vom 2. Oktober 1853, RGBl. 190, die vor dem Jahr 1848 bestandenen Beschränkungen ihrer Besitzfähigkeit wieder in Wirksamkeit gesetzt worden12 und weil die Juden bekanntermaßen zum landwirtschaftlichen Betrieb nicht geeignet und geneigt sind, indem, wie FML. Freiherr v. Kellner bemerkte, sie selbst in den Ländern, wo sie zum Besitz von Landwirtschaften befähigt sind, dieselben nie selbst betreiben.

Sonach erklärte sich die Majorität der Konferenz für die unveränderte Beibehaltung des Paragraphes, der tg. gefertigte Vorsitzende übrigens mit der Bemerkung, daß er, so wenig er neue Zurücksetzungen der Juden wünsche, doch die Hereinziehung fremder Juden nach Österreich mittelst der hier beantragten Begünstigungen nicht zu befürworten vermöchte. Bei § 17 verlangte der Kultusminister die Zuziehung eines Rates seines Ministeriums zu dem ständigen Komitee, oweil es für ihn von großem Interesse sei, wahrzunehmen, welche Entwicklung das Kolonisationswesen nehme, undo damit die Interessen der Religion und des Unterrichts rechtzeitig wahrgenommen werden können. Auchp würde er die Einschaltung eines eigenen Paragraphes in den Entwurf beantragen, daß gemeindeweisen || S. 115 PDF || Ansiedlungen die Sicherstellung der Kultus- und Unterrichtsbedürfnisse derselben als Bedingung zur Erlangung der im Entwurfe zugesicherten Begünstigungen vorgeschrieben werde, wenigstens in denjenigen Fällen, wo die Einteilung zu einer bestehenden Kultus- oder Schulgemeinde nicht tunlich ist. Er hält eine solche Bestimmung für umso nötiger als Ansiedlungen zu 50 Familien (§ 1 b) an sich schon zahlreich genug sind, in kurzer Zeit aber sich so vermehren, daß sie nicht leicht in anderen Kultus- und Schulgemeinden eingeteilt werden können.

Der Minister des Inneren erklärte sich aber sowohl gegen den ersteren als auch gegen den letzteren Antrag; gegen den letzteren, weil Ansiedlungen nach den allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen wie andere Gemeinden behandelt werden müssen, von denen man erst dann eigene Kirche und Schule fordert, wann das Bedürfnis danach erwiesen und eine andere Vorsorge nicht tunlich ist, neue Ansiedlungen aber immer mit pekuniären Bedrängnissen zu kämpfen haben, so daß es unbillig wäre, von ihnen schon im vorhinein den Ausweis so beträchtlicher Mittel zu verlangen, die zu jenen Zwecken erfordert werden. Sind die Ansiedler vermöglich genug, so werden sie gewiß selbst darauf bedacht sein und dazu die [in] § 4 bestimmte Unterstützung in Anspruch nehmen können.

Gegen die Einbeziehung eines Abgeordneten des Kultus- und Unterrichtsministeriums in das ständige Komitee aber machte der Minister des Inneren geltend, daß, wenn eine solche Bestimmung im Gesetz erschiene, sie im Auslande zu der irrigen Auffassung Anlaß geben würde, daß man Ansiedlungen vornehmlich vom konfessionellen Standpunkte einer besonderen Kontrolle unterwerfen wolle, und daß eine Notwendigkeit der ständigen Vertretung des Kultus- und Unterrichtsministeriums im Komitee nicht vorhanden ist, indem jedesmal, so oft es sich um die Vorsorge für konfessionelle und Schulbedürfnisse der Ansiedlung handeln wird, die Verhandlung ohnehin mit dem Kultus- und Unterrichtsministerium gepflogen werden muß.

Die übrigen Stimmen der Konferenz vereinigten sich mit der Ansicht des Ministers des Inneren.

Im § 18 wird es, wie der Kultusminister bemerkte, statt „zur Kenntnis des ständigen Komitees bringen“ heißen müssen: „zur Kenntnis des Ministeriums des Inneren etc.“, weil nur dieses, nicht aber das Komitee nach außen hin seine Wirksamkeit zeigen kann.

Im § 20 endlich wurde über Antrag des Kultusministers sub lit. b das Wort „bleibenden und“ beseitigt, nachdem durch „unablösbaren“ bereits hinlänglich bezeichnet ist, welche Leistungen hier gemeint sein können13.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 23. Dezember 1858.