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Nr. 460 Ministerkonferenz, Wien, 12. Juli 1858 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Buol 14. 7.), gesehen Bach, gesehen Thun, Toggenburg, Bruck, Grünne, gesehen Kempen 17. 7., Nádasdy 15. 7.; außerdem anw. Ferdinand Max1 .

MRZ. – KZ. 3274 –

Protokoll der am 12. Julius 1858 unter dem Ah. Vorsitze Sr. k. k. apost. Majestät abgehaltenen Ministerkonferenz.

[I.] Angelegenheiten des lombardisch-venezianischen Königreichs

Se. Majestät der Kaiser geruhten zu eröffnen, es sei die Ah. Absicht, in der heutigen Konferenz mehrere, auf das lombardisch-venezianische Königreich sich beziehende Anträge des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Generalgouverneurs einer reiflichen Erörterung unterziehen zu lassen.

Se. k. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand Max begannen hierauf über Ah. Aufforderung die Lesung des anverwahrten Entwurfs eines Ah. Handschreibensa, worin die den Anträgen Sr. k. k. Hoheit entsprechenden Ah. Beschlüsse formuliert erscheinen2.

Die im Absatze 1 enthaltenen Bestimmungen boten den Konferenzmitgliedern zu einer Erinnerung keinen Anlaß, zumal es als selbstverständlich anerkannt wurde, daß bei der vergleichenden Prüfung der beiderseitigen Steuerkataster die Gebäudesteuer sowohl als der Casatico3 nicht unberücksichtigt bleiben werden.

Se. k. k. apost. Majestät geruhten nur bezüglich der Detailbestimmungen Ah. auszusprechen: 1. daß die Wahl der Abgeordneten den Zentralkongregationen ganz frei, ohne Vorbehalt einer höheren Bestätigung, zu überlassen sei, und 2. daß, nachdem die || S. 69 PDF || Zahl von sechs Abgeordneten der Finanzverwaltung zu hoch gegriffen ist, zu setzen sei: „und aus mehreren, von Meinem Finanzminister zu bezeichnenden Mitgliedern“4.

Der mit 2 bezeichnete Absatz des Entwurfes, welcher sich auf die Beschränkung des Fiskalprivilegiums5 bezieht, gab zu einer längeren Erörterung Anlaß, im Laufe welcher vom Finanzminister und mehreren anderen Stimmführern die Bedenken gegen eine dem erst zu erlassenden Gesetze so weit vorgreifende Normierung hervorgehoben wurden.

Schließlich erklärten Se. k. k. Hoheit Höchstsich damit einverstanden, daß das Ah. Handschreiben über diesen Gegenstand vorläufig nur ungefähr folgendes enthalte: „bEs ist Mein Wille, daß das seit den Gesetzen vom 17. Juli 1805 und 17. April 1806 bei allen Arten von Forderungen des Staatsschatzes angewendete Fiskalprivilegium bezüglich der privatrechtlichen Forderungen des Staates im allgemeinen abgestellt werdeb Es ist Mein Wille, daß das seit den Gesetzen vom 17. Juli 1805 und 17. April 1806 6 bei allen Arten von Forderungen des Staatsschatzes angewendete Fiskalprivilegium bezüglich der privatrechtlichen Forderungen des Staates im allgemeinen abgestellt werde. Ein besonderes, demnächst zu erlassendes Gesetz wird die Durchführung dieses Meines Willens regeln.“

Der Minister des Inneren bemerkte hierüber nur noch – unter höchster Zustimmung des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs –, daß zum Behufe des leichteren Verständnisses für das größere Publikum hier noch ausdrücklich zu sagen wäre: das Fiskalprivilegium werde sich fortan bloß auf die im öffentlichen Rechte begründeten Forderungen des Staates beschränken7.

Der Absatz 3 betrifft die Umstaltung der Kunstakademien zu Mailand und Venedig.

Der Unterrichtsminister äußerte hierüber, er müsse offen bekennen, daß er von den zu einer neuen Sektion der Istituti di scienze ed arti umgestalteten Kunstakademien sich keinen erheblichen Nutzen verspreche. Die damit verbundene Aufhebung der eigentlichen Kunstschulen aber werde eine sehr fühlbare Lücke im Kunstunterrichte zurücklassen, indem es dabei an einem unentbehrlichen Mittelgliede zwischen dem Unterricht in den Realschulen und den Meisterschulen fehlen wird.

Se. k. k. Hoheit weisen auf die Erfahrungen aus der Blütezeit der italienischen Kunst hin, welche damals zur höchsten Ausbildung gelangte, ohne daß für den Unterricht der Kunstjünger von Seite der Regierungen etwas geschah. Die Souveräne, die Republiken beschränkten sich darauf, den großen Meistern jener Zeit eine würdige Beschäftigung || S. 70 PDF || zu geben. An Bestellungen monumentaler Art fehlt es aber jetzt noch sehr, und durch die angeregte Umstaltung sollen die Mittel zu solchen Bestellungen beigeschafft werden, ohne den Finanzen lästig zu fallen.

Daß Akademien zur eigentlichen künstlerischen Ausbildung nichts leisten, wird von den größten jetzt lebenden Malern und Bildhauern in Italien, Deutschland und Belgien (darunter Kaulbach, Gallait und Ferrari)8 einstimmig und mit Berufung auf ihre eigene Erfahrung anerkannt; und viele derselben erklären die Sperrung der Kunstschulen als einen wahren Gewinn! Daß diese praktische Durchführung einer allgemein anerkannten Wahrheit gleichwohl viel Aufsehen erregen, Widerspruch und Tadel erfahren werde, sehen Se. k. k. Hoheit voraus, finden darin aber keinen Grund, die Maßregel aufzugeben, zumal durch die Eröffnung eines Modellsaales sich für den Unbemittelten die Gelegenheit zu Studien nach der Antike und nach der Natur ergibt.

Der Unterrichtsminister bemerkte hierauf, er könne den alten Streit über den Nutzen der Kunstakademien noch nicht als definitiv zum Nachteil der letzteren entschieden betrachten. Habe doch der kunstsinnige König Ludwig selbst in München eine Kunstakademie gegründet und ausgezeichnete Meister an dieselbe berufen. Die geringen Leistungen der italienischen Akademien rühren hauptsächlich cdavon her, daß keine bedeutenden Persönlichkeiten an denselben wirken; oder die gerügten Übelstände liegen zum Teil in Mängeln der Einrichtung, denen abgeholfen werden könntec . Die Anerkennung der Notwendigkeit des bereits früher erwähnten Zwischengliedes im Unterrichte für Maler und Plastiker liege wohl auch indirekt in der beabsichtigten Eröffnung des Modellsaales. Am wenigsten aber würden die Architekten einer akademischen Kunstbildung für ihr so mancherlei spezielle Vorstudien erforderndes Fach entbehren können. Die gehofften Ersparungen dürften daher nicht bedeutend sein.

Se. k. k. Hoheit erwiderten hierauf, Höchstdieselben verkennen nicht die Notwendigkeit der Fortdauer des akademischen Unterrichts in der Architektur, und könnte diesem Bedürfnisse durch eine Einschaltung im Ah. Handschreiben Rechnung getragen werden. Im übrigen aber müsse Se. kaiserliche Hoheit die italienischen Akademien als kostspielige Anstalten zur fabrikmäßigen Erzeugung sogenannter Kunstgegenstände bezeichnen, worin wahre Talente verdorben werden, dagegen aber ein politisch gefährliches Proletariat von sich als Künstler gerierenden Individuen geschaffen wird. Die hieran zu erzielenden Ersparnisse würden zur Verherrlichung von zweckmäßiger als bis jetzt zu wählenden historischen Momenten und Personen verwendet werden können.

Der Unterrichtsminister könnte diese, der monumentalen Kunst eröffneten günstigen Aussichten nur mit Freuden sich verwirklichen sehen dund erkennt gerne an, daß hierin das wichtigste Mittel liege, die Kunst wahrhaft zu fördern. Auch verkennt er keineswegs, daß die eigentlich künstlerische Ausbildung nur in dem Atelier eines bedeutenden Künstlers gefunden werden könne und dem Schüler die Wahl freistehen müsse, sich dem Meister anzuschließen, der seiner Meinung zusagt, sowie daß es unmöglich sei, die beiden italienischen Akademien so auszustatten, um diesem Grundsatze Rechnung zu tragen. Nur scheine es ihm weder notwendig noch zweckmäßig, auch jede Fürsorge für einen vorbereitenden Kunstunterricht aufzugeben. Sollte das gleichwohl für Italien beschlossen werden, so müsse er angelegentlich wünschen, daß es in einer Weise geschehe, welche nichtd und erkennt gerne an, daß hierin das wichtigste Mittel liege, die Kunst wahrhaft zu fördern. Auch verkennt er keineswegs, || S. 71 PDF || daß die eigentlich künstlerische Ausbildung nur in dem Atelier eines bedeutenden Künstlers gefunden werden könne und dem Schüler die Wahl freistehen müsse, sich dem Meister anzuschließen, der seiner Meinung zusagt, sowie daß es unmöglich sei, die beiden italienischen Akademien so auszustatten, um diesem Grundsatze Rechnung zu tragen. Nur scheine es ihm weder notwendig noch zweckmäßig, auch jede Fürsorge für einen vorbereitenden Kunstunterricht aufzugeben. Sollte das gleichwohl für Italien beschlossen werden, so müsse er angelegentlich wünschen, daß es in einer Weise geschehe, welche nicht in der öffentlichen Meinung einen gewaltigen Rückschlag auf die ohnehin mit vielen Gegnern kämpfende und unter den hierortigen Verhältnissen durchaus nicht zu entbehrende Wiener Akademie führen würde, eund daß die Durchführung der in Mailand und Venedig zu treffenden Einrichtungen völlig in den Wirkungskreis Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Generalgouverneurs gelegt werde, zumal ohnehin sodann die Förderung der Kunst daselbst lediglich von Höchstdessen persönlicher Einsicht und persönlichem Interesse, welches für die Bestellungen und Aufträge entscheidend sein müsse, abhängen werde.e

Se . k. k. Hoheit glaubten, daß die Verschiedenheit der in Wien obwaltenden Verhältnisse den besorgten Rückschlag abwenden dürfte; im übrigen müßten Höchstdieselben bemerken, daß diese Sr. k. k. apost. Majestät unterbreiteten Anträge ohne Rücksicht auf die Person des Generalgouverneurs gestellt worden seien, und daß Se. k. k. Hoheit von deren Ag. Genehmigung an und für sich einen epochemachenden Einfluß auf die italienische Kunst erwarten.

Schließlich geruhten Se. Majestät der Kaiser zu bemerken, daß die Eingangsworte „Zur wahren Förderung der Kunst“ als einen indirekten Tadel enthaltend weggelassen werden könnten9.

Der Absatz 4 bezüglich der Verbesserung in der Lage der medici condotti10 gab zu einer Erörterung keinen Anlaß; die diesfälligen Anträge des Ministers des Inneren befinden sich bereits in Ah. Händen11.

Zur Motivierung der beantragten Nachsicht des gegenwärtig bestehenden Rekrutenkontingents und Abstellung der angeordneten Stellungsrevision (Absatz 5) || S. 72 PDF || bemerkten Se. k. k. Hoheit , daß der [!] hohe Ziffer der jetzigen Aushebungen – welcher selbst jene der napoleonischen Zeit übertrifft – im lombardisch-venezianischen Königreich sehr schmerzlich empfunden wird. Mag immerhin dieses Land früher zu sehr begünstigt gewesen und jetzt erst das gerechte Ebenmaß mit den übrigen Kronländern hergestellt worden sein, Tatsache bleibt, daß es eine neue schwere Last ist – umso schwerer bei der notorischen Abneigung des Italieners gegen den Kriegsdienst. Jede Revision, wenn auch an sich zur Abstellung der Mißbräuche gerechtfertigt, ist eine sehr odiose Maßregel; im verflossenen Jahre hat sie durch ihre Anordnung zu Mailand unmittelbar nach der Ah. Reise einen höchst peinlichen Eindruck in allen Klassen, auch in den besser gesinnten untern Schichten, hervorgerufen12. Die Bevölkerung wird dadurch jederzeit in dieselbe ängstliche Aufregung versetzt wie durch die Rekrutierung selbst. Dermal würde die Revision für 1858 der Rekrutierung für 1859 nahe vorausgehen und dadurch die Aufregung viele Monate lang permanent bleiben.

Der Minister des Inneren äußerte, daß der Rekrutenrückstand des Jahres 1858, welcher für die Lombardei fcirca 1500, für Venedig nur etwas mehr als 200 Köpfe ausmacht, sich in der ganzen Monarchie auf 5500 und mit Zurechnung der alten Rückstände auf 8000 Mannf belauft. Er sehe nicht wohl ab, wie man diese Rückstände nebst dem Kontingent des Jahres 1859, gfalls dies wie heuer bestimmt würde, mit circag per 109.000 Mann aufbringen könne. Die Revision sei ein Korrektiv für Mißbräuche und habe 1857 in Mailand allein 100 Nachstellungen von Männern bewirkt, die sich der ersten Stellung zu entziehen gewußt hatten. Übrigens sei diese Maßregel nur eine administrative, hwenngleich lästige Verfügung und beruhe auf dem klarenh Gesetz. Auf jeden Fall glaube Baron Bach, daß die Nachsicht der Revision von der des Rückstands nicht zu trennen wäre, weil sonst dem einen auf Unkosten des andern eine Gnade zuteil würde, iund daß beide Verfügungen, falls sie von Sr. Majestät angeordnet würden, auf das ganze Reich ausgedehnt werden müßten.i

Der Erste Generaladjutant Sr. Majestät des Kaisers jhält den Erlaß in dieser Art für unmöglichj . Je empfindlicher die Militärstellung der Bevölkerung sei, umso mehr werde es Pflicht der Gerechtigkeit, diese Last unter die Kronländer gleichförmig zu verteilen und auch zu verhindern, daß nicht einzelne sich durch Unterschleife der Stellung entziehen. kIm verflossenen Jahre hätten die Rückstände in der Lombardei beiläufig 1100 Mann betragen, demzufolge Se. Majestät eine Revision anzuordnen geruhten, diese brachte eine Menge von Unterschleifen und ungesetzmäßigen Entziehungen zutage; für die Stadt Venedig allein über hundert – dieses Jahr betragen die Rückstände noch um vierhundert mehr und nämlich circa 1500, und trotzdem wolle man die Revision aufgeben. Dies sei nach seiner Ansicht gegen die Konsequenz und den Ernst der Gesetzgebung.k Im verflossenen Jahre hätten die Rückstände in der Lombardei beiläufig 1100 Mann betragen, demzufolge Se. Majestät eine Revision anzuordnen geruhten, diese brachte eine Menge von Unterschleifen und ungesetzmäßigen Entziehungen zutage; für die Stadt Venedig allein über hundert – dieses Jahr betragen die Rückstände noch um vierhundert || S. 73 PDF || mehr und nämlich circa 1500, und trotzdem wolle man die Revision aufgeben. Dies sei nach seiner Ansicht gegen die Konsequenz und den Ernst der Gesetzgebung. Eine bloß teilweise Nachsicht der Rekrutierungsrückstände eines Kronlandes ist eine Ungerechtigkeit gegen die übrigen, und Graf Grünne könne daher nicht dafür stimmen, daß hier in einem bloß für Lombardo-Venetien zu erlassenden Ah. Handschreiben eine solche einseitige Nachsicht bewilligt werde. Wenn schon eine solche für die Armee empfindliche Nachsicht Ah. gewährt werden will, so dürfte sie zugleich allen Kronländern zuerkannt werden.

Die Revisionen seien dort eine Notwendigkeit, wo – wie in der Lombardei – die Unterschleife eine bedenkliche Höhe erreicht haben und sie auch im Steigen sind. Für jeden indebite13 Freizulassenden muß ein anderer, oft aus höherer Altersklasse, abgestellt werden.

Se. Majestät der Kaiser geruhten zu bemerken, daß durch das Vorhandensein der Depotbataillons und durch die Locostandsreduktion bei der Kavallerie sich ein geringer Bedarf an Rekruten ergeben dürfte, welcher die Nachsicht aller Rückstände für 1858 zulässig macht14.

Bezüglich der Bestimmungen des Absatzes 6 führten Se. k. k. Hoheit an, daß diese Militärentlassungen im Lande bei dem Mangel an Arbeitern für den Feldbau einen sehr wohltätigen Eindruck machen und für den Truppenstand kaum fühlbar sein würden, nachdem ohnehin die Verheirateten von den Regimentern in der Regel auf Urlaub gesendet werden.

Der Erste Generaladjutant Sr. Majestät bemerkte, daß es vorläufig nötig wäre zu wissen, wieviele Soldaten durch diesen Gnadenakt entlassen würden, um die Tragweite desselben zu ermessen. In der Abstellung von Verheirateten liege keine besondere Härte gegen die Italiener; selbe finde auch in andern Kronländern lund zwar ganz auf dieselbe Weisel statt und sei natürliche Folge zu früher Heiraten15.

Se. k. k. Hoheit glaubten im Interesse des Höchstihrer Leitung anvertrauten Kronlandes diese und die übrigen, auf die Militärstellung sich beziehenden gnadenweisen Ausnahmen vertreten zu sollen, zumal auch Tirol in Absicht auf die Kriegsdienstpflicht exzeptionell behandelt wird.

Was die Militärbefreiung ausgezeichneter Studenten betrifft (Absatz 7) bemerkten Se. Kaiserliche Hoheit, daß das Gesetz in den italienischen Provinzen diesfalls viel strenger ist als in den übrigen Ländern. Höchstdieselben wünschen, hierbei nur einigermaßen die Gleichheit hergestellt zu sehen. Wieviele auf diese Weise befreit werden würden, sei dermal nicht möglich zu bestimmen; doch werde diese Gnade jedenfalls auf die ausgezeichnetsten beschränkt bleiben.

|| S. 74 PDF || Der Erste Generaladjutant Sr. Majestät bemerkte hiebei, daß mTirol in einem andern Verhältnisse sei, indem es die Landesverteidigung aufstelle, dann daßm diese Befugnis des Durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs bei dem Erscheinen des neuen Heeresergänzungsgesetzes16 erlöschen würde, und der Minister des Inneren schlug vor, ndie Worte „nach Ermessen“ wegzulassen undn die letzten Worte dieses Absatzes 7 folgendermaßen zu textieren: „und welche Ew. Liebden als dieser Gnade würdig erscheinen.“

Beide Anträge erhielten die Ah. Genehmigung.

Der Absatz 8 enthält den Ah. Ausspruch, daß die Anträge Sr. k. k. Hoheit auf eine zeitgemäße Reform in der Repräsentanz der Bevölkerung des lombardisch-venezianischen Königreichs und im Wirkungskreise der österreichischen Verwaltungsbehörden im Prinzipe als den Interessen des Thrones und Landes angemessen erachtet werden und hierüber die Ah. Entschließung nach reiflicher Erwägung kundgegeben werden wird.

Der durchlauchtigste Herr Erzherzog Generalgouverneur erklärte, er habe die volle Überzeugung von der Notwendigkeit, in der Landesvertretung sowohl als im Wirkungskreis der Behörden des Königreiches bald eingreifende Veränderungen vorzunehmen17. Der gegenwärtige Zustand, wobei die Ruhe und Ordnung von einem Tage zum andern nur gewissermaßen durch Kunststücke aufrechterhalten wird, sei nicht haltbar. Es bedarf festerer Grundlagen; eine österreichische Partei muß geschaffen werden, sonst bleibt keine andere Stütze als die bewaffnete Macht; da möge man aber lieber die Zentralkongregationen, welche weder Macht, noch Ansehen, noch Vertrauen, weder bei der Bevölkerung noch bei den Behörden selbst genießen, entlassen. Das Land wartet auf die Erfüllung gegebener Versprechen; es ist nötig, etwas darüber zu sagen und dann bald auch zu Handlungen überzugehen.

Der Minister des Inneren erklärt, er hege sehr ernste Bedenken gegen die Ah. Erteilung solcher Zusicherungen. Man habe allerdings im Jahre 1850 – unter dem Bestand der Verfassung vom 4. März18 – mit Vertrauensmännern über die künftige Verfassung des lombardisch-venezianischen Königreichs verhandelt19. Seitdem seien die Zentral- und Provinzialkongregationen mit einem gegen früher erweiterten Wirkungskreise ins Leben getreten20. Könne man omit Rücksicht auf die Ah. Erlässe vom Jahre 1851 und die für den Wirkungskreis der Landesvertretungen in den übrigen Kronländern von Sr. Majestät erlassenen Normalbestimmungen im lombardisch-venezianischen Königreiche für diese Institutioneno mit Rücksicht auf die Ah. Erlässe vom Jahre 185121 und || S. 75 PDF || die für den Wirkungskreis der Landesvertretungen in den übrigen Kronländern von Sr. Majestät erlassenen Normalbestimmungen im lombardisch-venezianischen Königreiche für diese Institutionen mehr zugestehen? Baron Bach glaube es nicht. Die Sr. Majestät vorliegenden Anträge seien ihm nicht bekannt. Von vielen in jenem Lande werde statt der Kongregationen eine parlamentarische Verfassung gewünscht. Sehr gefährlich wäre es, darauf eine Aussicht zu eröffnen, zumal die Landesvertretungen der übrigen Länder noch nicht normiert22, geschweige organisiert sind. pSollten Reformen der fraglichen Institutionen geboten sein, so dürfte deren Erwägung mit der Beratung der Entwürfe über die Landesvertretungen in den übrigen Kronländern in Verbindung zu bringen sein.p Sollten Reformen der fraglichen Institutionen geboten sein, so dürfte deren Erwägung mit der Beratung der Entwürfe über die Landesvertretungen in den übrigen Kronländern in Verbindung zu bringen sein. Der Minister Graf Buol findet vage Verheißungen dieser Art sehr gefährlich, und die Ansprüche jenes Königreiches auf eine Reform jetzt schon umso weniger gerechtfertigt, als die übrigen Kronländer noch gar keine Landesvertretung besitzen. qBesonders bedenklich erschiene ihm, jetzt schon den Schein eines Tadels auf die gegenwärtigen Institutionen zu werfen, solange man nicht über die Grundbestimmungen des neu zu Schaffenden einig wäre. Diese neuen Bestimmungen könnten dann jedenfalls nur unter sorgfältiger Berücksichtigung des Eindruckes, den sie auf die andern Kronländer hervorbringen würden, und des festzuhaltenden Grundgedankens der Einheit der Monarchie gefaßt werden.q Besonders bedenklich erschiene ihm, jetzt schon den Schein eines Tadels auf die gegenwärtigen Institutionen zu werfen, solange man nicht über die Grundbestimmungen des neu zu Schaffenden einig wäre. Diese neuen Bestimmungen könnten dann jedenfalls nur unter sorgfältiger Berücksichtigung des Eindruckes, den sie auf die andern Kronländer hervorbringen würden, und des festzuhaltenden Grundgedankens der Einheit der Monarchie gefaßt werden.

Der Handelsminister besorgt, daß in den allgemeinen Zusicherungen des Absatzes 8 die verwegensten Hoffnungen Nahrung und Stützpunkte zu Agitationen finden werden, welche nicht ohne Rückwirkung auf andere Kronländer bleiben können. Was speziell die Provinzialkongregationen betrifft, so könne man ihnen eine nützliche Wirksamkeit durchaus nicht absprechen. Daß die Zentralkongregationen, ungeachtet ihres auf den Landesfonds ausgedehnten Einflußes, kein großes Ansehen genießen, liegt teils in ihrer Zusammensetzung, teils darin, daß, wie der Minister Baron Bach bemerkte, bloß beratende Körper ohne politische rAttribute, überhaupt bei den mehreres anstrebenden Parteien keinr Attribute, überhaupt bei den mehreres anstrebenden Parteien kein großes Ansehen genießen.

Der Erste Generaladjutant Sr. Majestät sbemerkt, daß die Verheißungen große Aufregung in einem bedeutenden Teile der Monarchie hervorrufen würden, namentlich in jenem, welcher den Verlust der früheren Verfassung nicht verschmerzen könne, mit dem jetzigen Zustande großenteils deshalb unzufrieden sei, eine Änderung herbeiwünsche und in dieser Absicht Hoffnungen hege, ernähre und errege, welche den angenommenen Fundamentalprinzipien zuwiderlaufen, und hielt sich in Hinblicks bemerkt, daß die Verheißungen große Aufregung in einem bedeutenden Teile der Monarchie hervorrufen würden, namentlich in jenem, welcher den Verlust der früheren Verfassung nicht verschmerzen könne, mit dem jetzigen Zustande großenteils deshalb unzufrieden sei, eine Änderung herbeiwünsche und in dieser Absicht Hoffnungen hege, ernähre und errege, welche den angenommenen Fundamentalprinzipien zuwiderlaufen, und hielt sich in Hinblick auf die vorhandenen Gefahren verpflichtet, an die Petitionen des ungarischen Adels zu erinnern23.

|| S. 76 PDF || Se. k. k. Hoheit erklärten, als Generalgouverneur die bedenklichen Zustände des Höchstdemselben anvertrauten Kronlandes nicht verschweigen zu dürfen. Die Mängel des gegenwärtigen Systems seien unleugbar; es sei wohl nicht gefährlich zu erklären, daß man es durch etwas Besseres ersetzen wolle24.

Der Kultusminister äußerte, daß er – von dem Inhalte der in Ah. Händen befindlichen Vorlagen nicht unterrichtet – sich bloß auf die Besprechung der Form des Abschnittes 8 beschränken müsse. In dieser Beziehung aber finde er es bedenklich, Versprechungen zu geben, worin gar kein Prinzip ausgesprochen ist. Es scheine überhaupt rätlich, den günstigen Eindruck beschlossener Verbesserungen nicht zu antizipieren.

Im gleichen Sinne sprach sich der Justizminister aus, welcher glaubte, daß, wenn Allerhöchstenorts ein Tadel der vorhandenen Verwaltung ausgesprochen wird, zugleich schon auch die Abhilfe getroffen werden sollte. Was aber die Repräsentation betrifft, so könne man ihr im lombardisch-venezianischen Königreiche keine weiter gehenden Rechte einräumen, als in den übrigen Kronländern zugestanden werden wird; und diese Grenze dürfte dort wohl schon erreicht sein25.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 2. Oktober 1858.