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Nr. 437 Ministerkonferenz, Wien, 23., 26. und 28. Jänner, 4., 11., 16., 20. und 27. Februar 1858 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sammelprotokoll; RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. (Buol 27. 2./7. 4.), gesehen Bach, Thun 25. 3., Toggenburg, Bruck, gesehen Kempen 28.–31. 3., Nádasdy 1. 4., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 3.–5. 4.

MRZ. – KZ. 1121 –

Protokoll der zu Wien am 23., 26., 28. Jänner, 4., 11., 16., 20. und 27. Februar 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein. [Sitzung vom 23. Jänner 1858] [anw. Bach, Thun, Toggenburg, Bruck, Kempen, Nádasdy, Kellner]

[I.] Gesetz über die Ergänzung des Heeres mit Ausnahme der auf die Ergänzung der Kriegsmarine sich beziehenden Bestimmungen, welche in den Konferenzen am 16., 20., 23. und 30. März, dann 6. April beraten wurden. Darüber wurde das besondere Protokoll 2 aufgenommen[1]. Mit den Beilagen I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX[2]

Gegenstand der Beratung war das Gesetz zur Ergänzung des Heeres. In einem einleitenden Vortrage wies der Minister des Inneren darauf hin, wie die Verschiedenheit der Vorschriften über die Ergänzung der k. k. Armee in den verschiedenen Gruppen der österreichischen Kronländer mit der Herstellung der Reichseinheit zu der Notwendigkeit eines allgemeinen, für alle gleichförmigen Rekrutierungsgesetzes geführt habe. Es sei demnach über Einvernehmung aller Landesbehörden und der betreffenden Zentralstellen ein hierauf berechneter Entwurf (Beilage I)a ausgearbeitet, dieser aber sodann auf Ah. Befehl Sr. Majestät des Kaisers wegen der abweichenden Anträge der Militärautoritäten im Einvernehmen mit der Militärzentralkanzlei Sr. Majestät umgearbeitet und in der veränderten Form (Beilage II)b zur vorläufigen Einsicht der Minister in Umlauf gesetzt worden1.

|| S. 307 PDF || Die wesentlichsten Modifikationen dieses umgearbeiteten Entwurfs beziehen sich auf die Vermehrung der militärpflichtigen Altersklassen, auf die Einschränkung der Befreiungen, auf die Kompetenz zum Ausspruch über die Befreiungstitel, auf die Beschränkung der frühzeitigen Ehen und auf die Marineinskription.

Die Beratung über die Detailbestimmungen des Entwurfs, welche den nächsten Konferenzen vorbehalten wurde, wird die Gelegenheit bieten, sich über jene Modifikationen näher auszusprechen.

Fortsetzung am 26. Jänner 1858.

Vorsitz und Gegenwärtige wie am 23. Jänner.

Zur Grundlage der Konferenzberatung über das Detail des Gesetzes wurde der Entwurf (Beilage II) genommen.

Bei der Einleitung machte der Chef der Obersten Polizeibehörde darauf aufmerksam, daß die Stelle „und verordnen mit Aufhebung aller hierüber bisher erlassenen Gesetze und Vorschriften“ einer Modifizierung bedürfe, nachdem in dem vorliegenden Gesetze selbst §§ 6, 28, 45 und 55 solche Gesetze und Vorschriften als noch bestehend und gültig berufen werden, welche teils unmittelbar, wie jene der §§ 28 und 55, teils mittelbar auf die Ergänzung des Heeres Bezug haben.

In Anerkennung der Richtigkeit dieser Bemerkung wurde beschlossen, die beanständete Stelle durch einen entsprechenden Beisatz „insofern dieselben (Gesetze und Vorschriften) nicht ausdrücklich in diesem Gesetz aufrechterhalten werden“ zu berichtigen.

§ 1, lit. d, macht von den besonderen Vorschriften, nach welchen eine ausnahmsweise Stellung bisher stattfinden konnte und auf welche auch im ersten Entwurfe (Beilage I) hingewiesen wird, keine Erwähnung mehr, weil man der Meinung war, daß die ausnahmsweise Einreihung als polizeilich-disziplinäre Maßregel für gewöhnliche Zustände entfallen könne.

Gleichwohl wünschte der Handelsminister die Wiederaufnahme der besonderen Vorschriften in das Gesetz beziehungsweise die Wiederherstellung der zwangsweisen Abstellung aus polizeilichen Rücksichten, weil sie, Zeuge der Erfahrung, eines der wirksamsten Mittel ist, exzessive Individuen, deren Benehmen zwar nicht so weit geht, um sie den Strafgerichten zu überliefern, aber doch durch häusliche Zucht nicht in Zaum gehalten werden kann, auf den rechten Weg zurückzuführen. Sie gereicht nicht nur dem betreffenden Individuum selbst zum besten, sondern ist auch Eltern und Gemeinden willkommen, letzteren doppelt, weil der ex officio gestellte ihrem Kontingent zugute gerechnet wird. || S. 308 PDF || Das Aufgeben dieser Maßregel würde die Vermehrung der Korrektionshäuser in den Provinzen bedingen; Mißbräuche bei der Anwendung derselben aber wären nicht zu besorgen, indem ihre Verhängung den höheren Instanzen, Kreisbehörden im Einvernehmen mit den Militärbehörden, vorbehalten ist. Mit diesem Antrage erklärten sich der Kultus-, der Finanz- und der Justizminister einverstanden. cDer Kultusminister glaubte insbesondere hervorheben zu sollen, wie es mißlich sei, aus allgemeinen theoretischen Gründen Maßregeln aufzugeben, deren praktischer Nutzen durch die Erfahrung erwiesen sei.c Der Kultusminister glaubte insbesondere hervorheben zu sollen, wie es mißlich sei, aus allgemeinen theoretischen Gründen Maßregeln aufzugeben, deren praktischer Nutzen durch die Erfahrung erwiesen sei.

Der Minister des Inneren, der Chef der Obersten Polizeibehörde, der Generaladjutant Sr. Majestät und der tg. gefertigte Vorsitzende der Konferenz aber erklärten sich gegen die Wiederaufnahme dieser Bestimmung in dieses Gesetz, weil, nach der Bemerkung des Ministers des Inneren , die zwangsweise Stellung dieser Art als eine regelmäßige Ergänzungsmodalität nicht angesehen werden kann, auch nie als solche, sondern immer nur als eine polizeiliche Maßregel angesehen worden ist, weil sie in keiner Armee mehr als in der russischen besteht, in ihren Resultaten, nach der Erfahrung der letzteren Jahre (1854, I. und II. Rekrutierung, und 1856) ganz unerheblich ist und bei eintretenden besonderen Umständen auf Antrag der beteiligten Behörden von Sr. Majestät speziell angeordnet werden kann. dNach den dem Motivenberichte I sub 3, 4 und 5 zuliegenden amtlichen statistischen Zusammenstellungen über die I. und II. Rekrutierung [vom] Jahre 1854 (1855 war keine) und vom Jahre 1856 (von der 1857er liegen diese Daten noch nicht vor) wurden als arbeitsscheue Exzedenten [bei der] I. Rekrutierung 1854 in der ersten Altersklasse 86, in allen Klassen 137, [bei der] II. Rekrutierung 1854 in der ersten Altersklasse 65, in allen Altersklassen 151, [bei der] Rekrutierung 1856 in der ersten Altersklasse 120, zusammen in allen Klassen 201 ex offo abgestellt. Die übrigen ex offo Abgestellten, nämlich Stellungsflüchtige, unbefugt Abwesende und Selbstverstümmler, kommen nicht in Betracht, weil sie auch nach dem neuen Gesetze verbleiben.d Nach den dem Motivenberichte I sub 3, 4 und 5 zuliegenden amtlichen statistischen Zusammenstellungen2 über die I. und II. Rekrutierung [vom] Jahre 1854 (1855 war keine) und vom Jahre 1856 (von der 1857er liegen diese Daten noch nicht vor) wurden als arbeitsscheue Exzedenten [bei der] I. Rekrutierung 1854 in der ersten Altersklasse 86, in allen Klassen 137, [bei der] II. Rekrutierung 1854 in der ersten Altersklasse 65, in allen Altersklassen 151, [bei der] Rekrutierung 1856 in der ersten Altersklasse 120, zusammen in allen Klassen 201 ex offo abgestellt. Die übrigen ex offo Abgestellten, nämlich Stellungsflüchtige, unbefugt Abwesende und Selbstverstümmler, kommen nicht in Betracht, weil sie auch nach dem neuen Gesetze verbleiben. Weil endlich, wie FML. Freiherr v. Kellner hinzusetzte, die k. k. Armee keine Korrektionsanstalt ist und die Anordnung einer solchen Zwangsstellung in diesem Gesetze mit dem darin festgehaltenen Grundsatze der gleichen und gerechten Berufung der Bevölkerung zur Wehrpflicht nach dem Lose im offenbaren Widerspruche stünde, zu geschweigen der Willkürlichkeiten, welche bei solchen Maßregeln trotz aller Vorsicht der Vorschriften immer unterlaufen können. § 2, lit. b. Belangend die Differenz über das Körpermaß erklärte der Generaladjutant Sr. Majestät sich entschieden für die Beibehaltung des von der Militärzentralkanzlei Sr. Majestät beantragten Minimalmaßes von 60 und bezüglich 61 Zoll Wiener Maß hauptsächlich aus dem Grunde, weil ein kleinerer Mann nicht imstande ist, mit Sack und Pack und in der sonstigen vollen Ausrüstung, deren Gewicht für jeden Soldaten ohne Unterschied der Größe gleich bemessen sein muß, auf gewöhnlichen, umso weniger auf den im Kriege häufig vorkommenden forcierten Märschen zugleich mit seinem größeren Kameraden fortzukommen. Aus diesem wichtigen Grunde hat man sich in England selbst in der dermaligen || S. 309 PDF || Bedrängnis nicht entschließen können, das Körpermaß der Rekruten unter 66 Zoll herabzusetzen. Übrigens beträgt nach den beim hiesigen Arsenalkommando eingeholten Daten die Länge des dermaligen nicht bloß zur Schuß-, sondern auch zur Stoßwaffe dienenden Infanteriegewehres ohne Bajonett 4 Schuh 3 Zoll = 51 Zoll. Ein kleiner Mann von 59 ½ Zoll kann daher in Reih und Glied beim vorschriftmäßigen Laden kaum auf die Mündung eines solchen Gewehres sehen, um die Ladung sicher einzuführen und den Ladstock gehörig zu handhaben; abgesehen davon, daß ein so kleiner Soldat mit der langen Muskete eine das Ansehen des Militärstandes beeinträchtigende drollige Erscheinung ist. Vor dem Jahre 1827, in welchem das bis in die neuere Zeit bestandene Rekrutierungsgesetz erlassen wurde3, und wo noch keine allgemeine Militärpflicht bestand, war das gesetzlich vorgeschriebene Minimalmaß für Rekruten 5 Schuh 2 Zoll oder im ganzen 62 Zoll und war nur bei Individuen von besonderer Kapazität gestattet, auf 61 Zoll herabzugehen. Da seither die Militärpflicht auf alle Staatsbürger ohne Unterschied erstreckt ist4, die Auswahl der Rekruten sich also auf eine bedeutend größere Volksmenge ausdehnt, so erscheint eine Herabsetzung des Körpermaßes unter 60 und 61 Zoll ganz und gar nicht folgerecht, eher eine Erhöhung desselben gerechtfertigt.

Der Ansicht des FML. Freiherrn v. Kellner trat der Chef der Obersten Polizeibehörde unbedingt bei. Alle übrigen Stimmen der Konferenz waren jedoch für das Minimalmaß von 59 ½ und 60 Zoll, weil, wie der Minister des Inneren bemerkte, bei keiner Armee, mit Ausnahme der englischen, wo aber die Nation überhaupt sich durch einen größeren Menschenschlag auszeichnet, ein Minimalmaß von 60 Zoll besteht (bei einigen sogar unter 59 Zoll), weil ferner bei dem bedeutenden Stande der k. k. Armee jährlich eine so hohe Ergänzungsziffer (103.000 Mann) entfällt, daß das Bestehen auf 60 Zoll nach der Erfahrung der letzten Jahre einen immerhin bedeutenden Ausfall am Kontingent besorgen läßt, die fortwährende Konsumierung des größeren Menschenschlags aber für die Zukunft den Nachwuchs gefährden und das Herabgehen auf ein noch geringeres Maß zur Folge haben dürfte; weil überdies, wie der Kultus - und [der] Handelsminister hinzusetzten, für den Militärdienst im allgemeinen nicht sowohl die Größe als die sonstige Körperbeschaffenheit entscheidend sein dürfte, indem zum Exempel die Kaiserjäger mit 59 Zoll gewiß so brav wie andere sind, und weil bei dem Festhalten an 60 und 61 Zoll nicht nur die Auswahl unter den sonst zum Dienste Tauglichen verhältnismäßig sehr beschränkt, sondern auch ein neuer Befreiungstitel für eine Menge Leute geschaffen würde, die sich vermöge ihrer sonstigen körperlichen Tüchtigkeit vollkommen zur Erfüllung der Wehrpflicht eignen. Man muß die Rasse nehmen, wie sie ist, nicht bloß den Abhub.

Am besten wäre es freilich, schloß der tg. gefertigte Vorsitzende , wenn bei der großen Verschiedenartigkeit der österreichischen Volksstämme für jedes Kronland ein der Rasse || S. 310 PDF || angemessenes Minimalmaß angenommen werden könnte. Nachdem dieses jedoch aus anderen Rücksichten unstatthaft ist, so muß wohl zur möglichsten Erweiterung der Wahl unter den sonst zum Kriegsdienst Tauglichen, in Ansehung der Körpergröße auch die größtmögliche Latitüde gelassen werden, die, je weiter sie ist, desto mehr die Bedenken beseitigt, welche gegen die Militärbefreiung gewisser Kategorien sich ergeben sollten.

§ 5, 3. Absatz. Die Bestimmung, daß, „falls ein Stellungsbezirk die auf ihn entfallende Ergänzungsmannschaft aus den ersten fünf Altersklassen aufzubringen nicht vermöchte, der Rest auf die übrigen Stellungsbezirke desselben Heeresergänzungsbezirks zu verteilen sei“, erscheint dem Finanzminister sehr drückend für diejenigen Bezirke, welche einen kräftigeren Menschenschlag besitzen, gegenüber den anderen, welche nicht so glücklich sind. Jene müssen die ganze Last für diese übernehmen; man wählt aus jenen fort und fort die besten Leute aus und verzehrt den Stamm. Auch mit dem im § 3 aufgestellten Grundsatze der allgemeinen Wehrpflicht ist jene Bestimmung nicht im Einklange.

Hierüber wurde jedoch evom Minister des Inneren und vom FML. Baron Kellnere vom Minister des Inneren und vom FML. Baron Kellner bemerkt, daß, nachdem das Kontingent bisher nach der Seelenzahl repartiert wird, der Ausfall nur durch Aufteilung auf die Bevölkerung der gesamten Monarchie gedeckt werden könnte. Dies ist aber nicht tunlich, weil die Stellungsbezirke nach den Regimentern verteilt sind und es nicht wohl angeht, ein aus einem Kronlande gezogenes Regiment durch Mannschaften aus anderen Kronländern ohne alle Rücksicht auf Nationalität und Sprache zu ergänzen.

Erst wenn es gelungen sein wird, die Kontingente nach der erprobten Leistungsfähigkeit der Bevölkerung der einzelnen Kronländer zu verteilen und darnach die Regimentsbeziehungsweise Stellungsbezirke zu regulieren, wird sich der vom Finanzminister bemerkte Übelstand beheben lassen.

Fortsetzung am 28. Jänner 1858.

Vorsitz und Gegenwärtige wie am 26. Jänner 1858.

Zum § 8. Mit der im Schlußsatze dieses Paragraphes der politischen Landesstelle zuerkannten Ermächtigung wird, nach dem Dafürhalten des Generaladjutanten FML. Freiherrn v. Kellner , hoffentlich nicht eine Verringerung der Militärdienstverpflichtung des Ehekandidaten (z. B. das Ausscheiden aus den beiden ersten Altersklassen oder gar die zeitliche Befreiung) gemeint sein. Dieselbe hätte vielmehr ungeschmälert fortzubestehen, und wäre dies zur Vermeidung aller Zweifel ausdrücklich im Gesetze zu bemerken. FML. Freiherr v. Kellner hält diesen Paragraphen überhaupt für einen der wichtigsten des ganzen Gesetzes. Derselbe wurde über die militärischerseits abgegebene Erklärung, daß die verfrühten Eheschließungen das Heer auf das fühlbarste zu beeinträchtigen beginnen, und in der Rücksicht in das Gesetz aufgenommen, weil der größte Teil der politischen Landesstellen sich in Berücksichtigung der schweren Benachteiligung der Familienverhältnisse für die Erlassung eines solchen Eheverbotes ausgesprochen hatten. FML. Freiherr v. Kellner vermag es aus eigener, auf seinen häufigen Bereisungen aller Kronländer gewonnenen Überzeugung zu bestätigen, daß es die Geistlichkeit sich zur besonderen Aufgabe macht, die Heiraten in ihren Pfarrgemeinden auf jede nur mögliche Art zu fördern, || S. 311 PDF || ohne sich um die Einsprache der politischen Behörden zu kümmern. Angeblich, um den Satzungen des Tridentinischen Konziliums zu entsprechen, in der Wirklichkeit lediglich, um ihre Stolaeinkünfte zu vermehren und zugleich mit der Absicht, um dem Ehewerber die Militärbefreiung zu erwirken, kopulieren die Pfarrer 15jährige Knaben mit oft noch jüngeren Mädchen und führen durch solche naturwidrigen Heiraten nach und nach eine Degeneration des Menschengeschlechts herbei, wovon der Trentschiner Komitat und andere Distrikte Oberungerns und Galiziens lebende Belege abgeben. Die Stellung eines Verheirateten hat zudem den Nachteil, daß ein solcher Soldat Weib und Kind für längere Zeit verlassen und sie oft den Nahrungssorgen preisgeben muß, wodurch nicht selten der Verarmung oder der Immoralität Vorschub geleitet wird.

Aus allen diesen Rücksichten legt FML. Freiherr v. Kellner einen besonderen Wert auf die Beibehaltung dieses Paragraphes und auf den von ihm zur Vermeidung jeden Zweifels über die Bedeutung des Ausdrucks „Eine Ausnahme“ im zweiten Satze des Paragraphes beantragten Zusatz, „daß hierdurch die Stellungspflicht des Begünstigten nicht aufgehoben wird“. Seiner Ansicht trat der Chef der Obersten Polizeibehörde bei.

Was den gewünschten Zusatz zum § 8, 2. Absatz, betrifft, so hielte ihn der Minister des Inneren für entbehrlich, weil im § 14 ausdrücklich nur derjenige für befreit erklärt wird, der nach seinem Austritte aus der zweiten Altersklasse geheiratet hat etc. Es ist daher nicht anzunehmen, daß die Behörden dem 2. Absatze des § 8 eine andere als die vom FML. Freiherrn v. Kellner beabsichtigte und im Sinne des Gesetzes liegende Deutung geben werden. Sollten sie es dennoch, so würden sie von den berufenen Zentralstellen zurechtgewiesen werden. Insofern jedoch der ganz allgemeine Ausdruck „eine Ausnahme“ möglicherweise auch auf die Militärpflicht bezogen werden könnte, würde nach dem Erachten des tg. gefertigten Vorsitzenden jedem Zweifel über den Sinn dieser Bestimmung begegnet werden, wenn gesagt würde: „Eine ausnahmsweise Ehebewilligung im Falle etc. zu erteilen, ist die etc. Landesstelle ermächtigt“.

Allein, es wurden gegen die Beibehaltung des ganzen § 8 überhaupt Bedenken erhoben. Der Kultusminister bemerkte: In dem bürgerlichen Ehegesetze ist das unbedingte Eheverbot nur bis zum Eintritte der Mündigkeit, bis zum 15. Jahre erstreckt. Hier soll es bis zum 22. Jahre ausgedehnt werden, und zwar bloß darum, weil in einzelnen Landesteilen Mißbräuche in dieser Beziehung stattgefunden haben. Eine so wichtige prinzipielle Änderung der Ehegesetzgebung anläßlich eines Rekrutierungsgesetzes und in demselben für den Umfang des ganzen Reiches auszusprechen, erschiene an und für sich schon sonderbar. Sie würde nicht nur in der katholischen Geistlichkeit, sondern allgemeinf einen sehr ungünstigen Eindruck machen; sie erscheint aber auch zum angestrebten Ziele nicht notwendig, wenigstens nicht im ganzen Umfange des Reiches, weil mit der Verehelichung vor dem 22. Jahre eine Militärbefreiung nicht verbunden ist und gdas frühzeitige Heiraten keineswegs überall um sich greife. Zeigt sich in einzelnen Landesteilen ein solches Verbot als notwendig, um der Entwürdigung der Ehe und der physischen Depravation der Bevölkerung Schranken zu setzen, so möge es dort als spezielle und zeitweilige Anordnung publiziert werden; es allgemein, folglich auch für Länder zu erlassen, in welchen es nicht durch notorische Tatsachen begründet erscheine, dürfte sich nicht rechtfertigen lasseng das frühzeitige || S. 312 PDF || Heiraten keineswegs überall um sich greife. Zeigt sich in einzelnen Landesteilen ein solches Verbot als notwendig, um der Entwürdigung der Ehe und der physischen Depravation der Bevölkerung Schranken zu setzen, so möge es dort als spezielle und zeitweilige Anordnung publiziert werden; es allgemein, folglich auch für Länder zu erlassen, in welchen es nicht durch notorische Tatsachen begründet erscheine, dürfte sich nicht rechtfertigen lassen. Der Kultusminister stimmte daher für die Beseitigung des § 8 aus dem Gesetze, vorbehaltlich der Erlassung solcher spezieller Einschränkungen für diejenigen Landesteile, wo wahrgenommene Übelstände eine solche Einschränkung notwendig machen.

Ganz übereinstimmend mit dem Kultus- sprach sich auch der Handelsminister aus. Wen die auch den Verheirateten bis zum 22. Jahre obliegende Militärdienstpflicht (§ 14) nicht von frühzeitigem Heiraten abhält, den wird auch das im § 8 ausgesprochene Eheverbot davon nicht abhalten. Bisher konnte die Milde der Rekrutierungsvorschriften zum frühzeitigen Heiraten verleiten, denn nach demselben wurden die Verheirateten mit mehr Schonung behandelt, und selbst nach dem italienischen Rekrutierungsgesetze waren sie „secondi a marciare“ und wurden nur nach Erschöpfung aller berufenen Ledigen in Anspruch genommen. Nun entfallen diese Rücksichten; der Verheiratete ist, den Fall des § 14 ausgenommen, militärpflichtig wie der Ledige. Dem Militärdienstesbedürfnisse ist hiermit genügt, und mehr als ein – in einem Rekrutierungsgesetze allerdings nicht anständig erscheinendes – Eheverbot wird indirekte die Überzeugung von der Stellungspflichtigkeit der Verheirateten zur Beseitigung verfrühter Ehen beitragen. Wenn demungeachtet hier und da Mißbräuche in dieser Beziehung fortbestünden, so würde durch die vom Kultusminister angedeuteten partiellen Maßregeln abgeholfen werden können.

Auch die übrigen Minister vereinigten sich mit der Ansicht des Kultusministers, und selbst der Minister des Inneren , welcher den § 8 nach dem Antrage der Militärautoritäten und der meisten Statthalter in das Gesetz autgenommen hat und denselben auch hier am Platze findet, weil seine Bestimmung sich eben auf die Rekrutierung bezieht, erkannte nichtsdestoweniger an, daß die ordnungsmäßige Ergänzung der Armee nicht gefährdet würde, wenn auch der § 8 weggelassen werden sollte5.

Zum § 9 wünschte der Chef der Obersten Polizeibehörde die Festsetzung einer Sanktion auf die Außerachtlassung der in diesem Paragraphen enthaltenen Vorschrift6.

Eine solche Verletzung würde zwar, wie der Minister des Inneren bemerkte, in Gemäßheit der Verordnung vom 3. April 1855, RGBl. Nr. 617, der Ahndung durch die politischen Behörden unterliegen; indessen kann auch in diesem Gesetze, und zwar im § 50 statt des dort berufenen § 8, wenn dieser hinwegfiele, oder mit demselben, wenn er bliebe, eine besondere Strafe festgesetzt werden, womit alle Stimmen einverstanden waren8.

§ 13, lit. a und b. Der Handelsminister beantragte die Herabsetzung des dort geforderten Alters von 70 auf 60 Jahre. In der Regel ist der Land- oder Gewerbsmann schon mit 60 Jahren nicht mehr so rüstig, um seinem Erwerbe gehörig nachzugehen. Außerdem wird sub lit. bb noch gefordert, daß von der Anwesenheit des Sohns die Erhaltung der || S. 313 PDF || Familie abhängig sei. Es scheint daher, wenn sich an diese letztere Bedingung gehalten wird, die Festsetzung eines Alters für den Vater oder Großvater überhaupt nicht, umso weniger also die Bestimmung eines so hohen Greisenalters notwendig zu sein. Die weitere Bedingung des Gesetzes, daß dem Alter von 70 Jahren unheilbare geistige oder Körpergebrechen gleichgehalten werden, wenn sie zu jedem Erwerbe unfähig machen, führt dann nur dazu, daß Väter unter 70 Jahren sich durch Beibringung ärztlicher Zeugnisse unter die Kategorie der Krüppel zu stellen und das zu erschleichen trachten werden, was ihnen bei einer billigeren Altersbemessung und beim Nachweis des Erfordernisses bb zuteil geworden wäre. Es wird wesentlich zur Vereinfachung der Konzertationsverhandlungen beitragen und die Schreiberei vermindern, wenn auf das Alter von 60 Jahren herabgegangen würde.

Auch der Minister des Inneren , welcher die angefochtene Bestimmung nach dem Wunsche der Militärautoritäten aus dem bisherigen Rekrutierungsgesetze in das gegenwärtige übertragen hat, verkannte nicht die Richtigkeit der Bemerkungen des Handelsministers und erklärte den Antrag desselben umso mehr zur Berücksichtigung geeignet, als aus dessen Annahme eine Gefährdung des Armeestandes nicht zu besorgen ist, sobald sich an die Bestimmung sub bb strenge gehalten wird. Denn diese, die nachgewiesene Unentbehrlichkeit des Sohns zur Erhaltung der Familie, bildet den Grundtitel der Befreiung, das höhere Alter aber dient nur zur Verstärkung des Beweises jener Unentbehrlichkeit. Hiernach traten auch die übrigen Minister diesem Antrage bei, der Justizminister noch mit der besonderen Bemerkung, daß zeuge der statistischen Tafeln von 100 Menschen im Durchschnitte nur 17 das Alter von 60, nur 9 jenes von 70 Jahren erreichen, mithin die Fälle der Militärentlassung auch bei Annahme des Alters von 60 Jahren nicht zu den häufigen gehören werden. Der Chef der Obersten Polizeibehörde glaubte sich für die mittlere Ziffer von 65 Jahren erklären zu sollen.

FML. Freiherr v. Kellner endlich verharrte auf der Beibehaltung des schon in der bisherigen Gesetzgebung begründeten Alters von 70 Jahren umso mehr, als gerade unter dem Landvolke, worauf doch dieser Paragraph sich vorzüglich bezieht, noch rüstige und wirtschaftstüchtige Männer mit 60 Jahren und drüber gefunden werden, für wirklich gebrechliche aber durch die liberale Bestimmung des Nachsatzes zu bb hinreichend gesorgt ist. Mißbräuche bei der Anwendung desselben könnten durch gehöriges Eingehen auf die Beweismittel hintangehalten werden; die Zahl der itzt schon so häufigen Befreiungsversuche aus diesem Titel aber würde sich zum Nachteile der übrigen Stellungspflichtigen erheblich vermehren, wenn auch noch unter das Alter von 70 Jahren herabgegangen werden sollte9.

In dem Absatz aa: „ein ehelicher und leiblicher“, könnte nach dem auch von der Mehrheit der Konferenz geteilten Erachten des Kultusministers das Wort „leibliche“ wegfallen, weil die damit gemeinte Eigenschaft schon in der Bezeichnung „ehelicher“ (Sohn, Enkel oder Bruder) begriffen ist. FML. Freiherr v. Kellner aber beharrte auf der Beibehaltung desselben, damit jedem Zweifel vorgebeugt sei, als ob sich die Befreiung auch auf sogenannte Stiefsöhne, -enkel oder -brüder erstrecke, welche zwar eheliche (von anderen Eltern) aber nicht leibliche des betreffenden Vaters oder Großvaters sind.

|| S. 314 PDF || § 19. Da über die Erfordernisse zum Eintritt in die Rabbinatskandidatur noch die Verhandlung im Zuge und die Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß von den Rabbinatskandidaten die Ablegung der Maturitätsprüfung nicht wird gefordert werden, so beantragte der Kultusminister die Weglassung der Worte „und mit einer gut abgelegten Maturitätsprüfung aus dem Gymnasium“ und schlug die nebenstehende Textierungh für diesen Paragraph vor10, welche mit Rücksicht auf dasjenige, was über die Befreiung der Studierenden überhaupt zu § 24 des Entwurfes von der Konferenz besprochen und beantragt wurde, in Einklang gesetzt und von der Konferenz sofort angenommen worden ist. Im § 20 wurde auf Antrag des Chefs der Obersten Polizeibehörde vor dem Wort „Eleven“ eingeschaltet „beeidete“.

Fortsetzung am 4. Februar 1858.

Vorsitz und Gegenwärtige wie früher, mit Ausnahme des Handelsministers Ritter v. Toggenburg.

§ 24. Der Generaladjutant Sr. Majestät FML. Freiherr v. Kellner erklärte sich aus nachfolgenden Gründen gegen jede ausdrückliche Stipulierung der Befreiung der Studierenden von der allgemeinen Militärverpflichtung im vorliegenden Gesetzentwurfe11.

Als Se. Majestät der Kaiser die allgemeine Militärpflicht seiner Untertanen aussprach, wie solche schon im lombardisch-venezianischen Königreiche seit der Reokkupation im Jahre 1814 bestand, treten auch die Bestimmungen des Rekrutierungsgesetzes für jenes Königreich im ganzen Umfange der Monarchie provisorisch in Wirksamkeit12. Nach diesem Gesetze ist jeder Student ohne Rücksicht auf seinen Studienfortgang militärpflichtig, und erkannte man unter diesem Titel in jenen beiden Ländern, gleichwie auch in Tirol, ebensowenig ein Motiv zur Befreiung als in Frankreich, Preußen und den Ländern des Deutschen Bundes und überhaupt in allen jenen Ländern, wo die allgemeine Militärpflicht besteht, weil letztere sonst durch solche Ausnahmen zur Ironie geworden wäre. In den deutsch-erbländischen Provinzen der Monarchie genossen vor dem Jahre 1848, als noch || S. 315 PDF || die 14jährige Dienstkapitulation und die siebenjährige Landwehrverpflichtung, mithin eine 21jährige Militärdienstleistung bestand, die Studenten die zeitliche Befreiung, wenn sie in ihrem Studienfortgange durchaus Vorzugsklassen13 nachweisen konnten. Nun aber dermal in der gesamte Monarchie die allgemeine Militärpflicht gesetzlich besteht, die Militärdienstzeit seither von 21 Jahren auf acht respektive mit Einschluß der Reserve auf zehn Jahre herabgesetzt worden ist, so liegt wahrlich gar kein Grund vor, daß Studenten zeitlich befreit sein sollen, selbst wenn sie sich der Vorzugsklassen erfreuen. Wie vorerwähnt, hat man im lombardisch-venezianischen Königreiche und in Tirol bisher diesen Befreiungstitel nicht gekannt. FML. Baron Kellner ist umso mehr der Ansicht, daß es in diesen Kronländern fortan dabei zu verbleiben hätte, und daß durch das neue Rekrutierungsgesetz auch in den anderen Kronländern der Monarchie keine so tief eingreifende Ausnahme von der allgemeinen Militärpflicht ausgesprochen werde, als infolge des Konkordats14 ohnehin schon eine sehr zahlreiche Kategorie im § 16 dieses Entwurfs bezeichneter Studenten von der Stellungspflicht enthoben werden soll15. Besondere Rücksichten können der kaiserlichen Regierung von Zeit zu Zeit, z. B. um die Bildung der Juristen, an denen seit der Einführung der Lernfreiheit notorisch ein fühlbarer Mangel besteht, die zeitliche Befreiung vorzüglicher Studenten als notwendig erscheinen lassen; allein solche Ausnahmen gehören doch wahrlich nicht in das Rekrutierungsgesetz, weil sie zu grell gegen den darin aufgestellten Grundsatz der allgemeinen Militärpflicht kontrastieren, und könnten höchstens in außerordentlichen Fällen über Bewilligung Sr. Majestät der Gegenstand spezieller administrativer Anordnungen für eine bestimmt festgesetzte Zeit sein.

Wenn man jedoch ungeachtet der angeführten triftigen Motive mit dem neuen Rekrutierungsgesetze eine zeitliche Befreiung in jeder Beziehung ausgezeichneter Studenten ins Leben treten lassen wollte, so könnte diese doch wohl nur auf die vollkommene Konstatierung des sittlichen Betragens und der durchgängigen Vorzugsklassen im Fortgange, letzteres durch die Wiedereinführung der früher zur Beruhigung der Eltern, Vormünder und selbst der Staatsbehörden bestandenen Semestralprüfungen gegründet sein. Letztere Prüfungen streiten allerdings gegen den aus der Revolution hervorgegangenen Grundsatz der Lernfreiheit, iein Hauptschiboleth der Revolutionsmänner des 13., 14., 15. März 1848 i ein Hauptschiboleth der Revolutionsmänner des 13., 14., 15. März 1848, allein dessen Beseitigung kann wohl keinem Anstande unterliegen, wo es sich um die Ausnahme von der allgemeinen Militärpflicht zugunsten eines braven Studenten handelt. Wie bei den Vorverhandlungen über den vorliegenden Gesetzentwurf zu entnehmen war, scheint man im Unterrichtsministerium die Ansicht zu hegen, daß alle Studierenden der Universitäten und Obergymnasien vom Militärdienst befreit sein sollten, bloß weil sie diese Anstalten frequentieren, ohne daß sich die Staatsverwaltung von ihrem Fortgange zu überzeugen hätte. In diesem Falle wäre die Lernfreiheit identisch mit der Militärfreiheit, und würden dann die Söhne des höchsten Adels und sonstiger vermöglicher Partikuliers, || S. 316 PDF || deren Eltern das Vermögen besitzen, sie zu Hause privat studieren zu lassen, jener Begünstigung bloß deshalb nicht teilhaftig sein, weil sie die Universität nicht besuchen.

Bei der hierauf stattgefundenen allgemeinen Diskussion bemerkte zuvörderst der Minister des Inneren , daß der § 24 nach der von der Militärzentralkanzlei Sr. Majestät selbst vorgeschlagenen Textierung in den Entwurf aufgenommen worden sei. Er bemerkte weiters in facto, daß durch die Bestimmung dieses Paragraphes den Studenten im lombardisch-venezianischen Königreiche, wo sie bisher nicht befreit waren, eine Begünstigung, dagegen in dem bei weitem größeren Teile der Monarchie, wo sie bis itzt schon bei guten Klassen befreit waren, eine wesentliche Beschränkung zugehe; daß ferner die konkordatmäßigen Befreiungen ebenfalls nur im lombardisch-venezianischen Königreiche gesetzlich eine größere Ausdehnung annehmen werden, während sie faktisch auch jetzt schon dort, in den anderen Kronländern aber auch gesetzlich bestanden haben. Eine bedenkliche Beeinträchtigung des jährlichen Rekrutenkontingents wäre daher dieser Befreiungen wegen nicht zu besorgen, und es sei nur billig, jene Kategorien der Studierenden, welche den Staatsdienst in allen seinen Zweigen mit einem tüchtigen Nachwuchs versehen, in ihrer Vorbereitung dazu nicht zu unterbrechen und um die darauf verwendete Zeit und Kosten zu bringen. Die nähere Würdigung der Frage über die Befreiung der Studenten übrigens müsse zunächst dem Unterrichtsminister überlassen werden.

Der Chef der Obersten Polizeibehörde äußerte sich vorläufig dahin, daß, wenn man alle in diesem Entwurfe enthaltenen Befreiungen abrechnet, der Rest, welcher die Militärpflicht dann allein und überdies nach dem Lose zu tragen hat, ein verhältnismäßig kleiner sein und sich fast bloß auf die rohe Masse der Bevölkerung beschränken werde. Die Entziehung fast aller bildungsfähigen Stoffe macht es dann schwer, die nötige Anzahl von tüchtigen Unteroffizieren zu finden, da die Militärbildungsanstalten solche nicht in der nötigen Menge liefern, und es ist dann auch nicht möglich, die geeigneten Cadres herzustellen, wenn nicht auf diejenigen gegriffen werden darf, welche eine vorzüglichere Eignung dazu mitbringen könnten. jEs bleibt daher den Regimentern und Korps nichts übrig, als aus der Mannschaft mit Mühe und unter Beeinträchtigung ihrer Dienstesfreiheit die erforderliche Zahl von Unteroffizieren heranzubilden und jene Elemente zu ersetzen, welche die öffentlichen Schulen dem Wehrstande vorenthalten. Die Ausdehnung der Befreiung auf die Studierenden scheine daher in dieser Beziehung die Heeresergänzung zu beeinträchtigenj .

Der Unterrichtsminister glaubte vor allem einige Bemerkungen über die von dem ersten Votanten angeregten Beziehungen auf das Studienwesen machen zu sollen. Es ist unmöglich, ein Departement der Staatsverwaltung zu führen, wenn die von der Regierung selbst angenommenen leitenden Grundsätze preisgegeben und jeden Augenblick in Frage gestellt werden können. Die Einrichtung der Studien in der österreichischen Monarchie ist das Ergebnis einer vieljährigen eindringlichen Beratung und als solches von Sr. Majestät Ah. genehmigt worden16. Sie muß daher von allen Organen der vollziehenden || S. 317 PDF || Gewalt als mit Ah. Genehmigung bestehend angenommen und, wo es vorkommt, beobachtet werden. Alle Ausfälle auf die aus der Revolution hervorgegangene Lehr- und Lernfreiheit müssen entfallen, denn nicht der Revolution, sondern der Ah. Sanktion Sr. Majestät verdankt die gegenwärtige Studieneinrichtung ihren Bestand17. Was nun die Frage betrifft, ob und welche Befreiung vom Militär den Studierenden gewährt werden soll, so muß sie von einem doppelten Gesichtspunkt ins Auge gefaßt werden. Einmal ganz im allgemeinen: sollen sie befreit sein, weil sie studieren? Die Militärverwaltung wünscht – allerdings mit Recht – die Einbeziehung bildungsfähiger Elemente in die Militärpflichtigkeit, um daraus gute Unteroffiziere zu gewinnen. In dieser Absicht hat der Unterrichtsminister bereits bei den kommissionellen Beratungen über den Entwurf auf die bisher bestandene Befreiung der Schullehrerpräparanden verzichtet. Dieselben werden den diesfalligen Erwartungen des Militärs entsprechen und auch nach zurückgelegter Kapitulationsdienstzeit für den vorher gewählten Beruf geeignet sein und tüchtige Schullehrer abgeben können. Auch die im § 24 unter den zeitlich Befreiten aufgeführten Kandidaten technischer Fächer an Berg- und technischen, Landwirtschafts- und Forstakademien wäre der Unterrichtsminister bereit zu opfern, denn auch diese vermögen ihre auf jenen Lehranstalten erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten bei vielen Zweigen des Militärdienstes gut zu verwerten und werden auch nach dem Austritte aus demselben ihrem Berufe nicht entfremdet sein. Ganz anders verhält es sich mit den Schülern der Obergymnasien und der Universitäten oder Rechtsakademien. Die dort erworbene klassische Bildung ist für den Militärstand an sich absolut unnötig, den jungen Mann aber macht dieser Stand unglücklich, denn er wird im 20. Lebensjahre, gewöhnlich in der Hälfte des Fakultätsstudienkurses, aus seiner Laufbahn herausgerissen und kann sie nach acht Jahren wohl nicht mehr wieder aufnehmen. Alle darauf verwendete Mühe und Kosten sind verloren.

Ein zweiter Gesichtspunkt zur Beantwortung der Frage ergibt sich aus dem Bedarf des Staats für den administrativen Dienst. Nach den auf Ah. Befehl eingeholten ämtlichen Daten ist der jährliche Bedarf an Nachwuchs für den Zivilstaatsdienst mit 1065 Individuen veranschlagt, für die nächsten Jahre, wo noch mehrere Lücken auszufüllen sind, sogar mit 1600 Individuen. Die Zahl der aus den juridischen Studien austretenden Kandidaten für den Staatsdienst aber beträgt nur 618 jährlich, sie ist zwar größer als vor dem Jahre 1848, aber sie steht noch tief unter jenem Bedarfe, noch unter der Hälfte des Bedarfs für die nächsten Jahre. Könnte man also dazu raten, sie noch zu verringern, indem man die Studierenden der Militärpflicht unterwirft? Nach dem Entwurfe soll ihnen zwar eine durch die darin aufgeführten Modalitäten beschränkte Militärbefreiung zugestanden werden. Allein, diese Modalitäten selbst stimmen mit der nun einmal bestehenden Studieneinrichtung so wenig überein, daß der Unterrichtsminister lieber die Hinweglassung || S. 318 PDF || des ganzen Paragraphes als dessen Beibehaltung in dieser Textierung kmit allem Nachdrucke verlangen müßte. Namentlich sei die Bestimmung, daß die an den Universitäten Studierenden „durch ein Kolloquium über jedes Hauptfach dartuen, daß sie den Unterricht mit ausgezeichnetem Fortgange genossen haben“, mit den bestehenden Studieneinrichtungen völlig unvereinbar. Sie würde die Zahl der Kolloquien in [un]ausführbarer Weise vermehren, schon dadurch zu einem ganz unverläßlichen Resultate führen und überdies den Dozenten ein höchst verführerisches Mittel bieten, durch nachsichtige Beurteilung der Kolloquien die Studenten an sich zu locken und hierdurch ein so demoralisierendes Element in die Studieneinrichtung einfuhren, daß dieselbe geradezu unhaltbar werden müßte. Die Idee eines solchen Ausweises der Studierenden setzt notwendig eine streng geregelte und behördlich überwachte Abhaltung von Semestral- oder Jahresprüfungen und, um diese möglich zu machen, die übrigen wesentlichsten Einrichtungen, durch welche sich das vorbestandene Studienwesen von dem dermaligen unterscheidet, und somit die Rückkehr zu einer durch die Ah. Entscheidung Sr. Majestät definitiv abgetane Sache voraus, worauf, wie schon im Eingange dieses Votums erwähnt worden, nicht eingegangen werden kann.k Der Unterrichtsminister würde daher nach Aufgebung der Befreiung für Schüler der im § 24 bezeichneten technischen Anstalten die Befreiung aller ordentlichen und öffentlichen Studierenden an einer Universität, einer Rechtsakademie, an der orientalischen Akademie und an einem Obergymnasium unter der einzigen Bedingung beantragen, daß sie sich über ihr tadelloses Betragen und über die Erfüllung der zur Anrechenbarkeit ihrer Studien vorgeschriebenen Erfordernisse ausweisen. Die diesem Antrag entsprechende Redaktion des Textes behielt sich der Unterrichtsminister vor.

Der Justizminister teilte die Ansicht des Unterrichtsministers umso mehr, als er in seinem Verwaltungszweige selbst den Mangel an hinreichendem Nachwuchse empfindet. Außerdem müssen die Universitäten ihr Kontingent für Ärzte, Advokaten, Professoren etc. abgeben, wodurch sich die Zahl der in den Staatsdienst tretenden Absolventen noch mehr vermindert. Es muß also, sollen nicht die wichtigsten Staatsinteressen preisgegeben werden, die Beschränkung der Befreiung auf die vorzüglichen Studenten aufgegeben werden. Der FML. Freiherr v. Kellner wandte zwar ein, daß ja nicht alle Studenten zum Militär wirklich abgestellt werden würden, daß die wirklich Gestellten sich loskaufen könnten und daß sie, falls sie es nicht vermögen, in der Regel, wie dies im lombardischvenezianischen Königreiche der Fall ist, nach der Assentierung beurlaubt, ihre Studien ungehindert fortsetzen könnten. [Der Justizminister :]

Allein, die Loskaufung ist bei der itzt festgesetzten hohen Befreiungstaxe nur den Reichen erschwinglich, und die Beurlaubung hängt von zufälligen Ereignissen ab. Tritt sie nicht ein, so wird der junge Mensch mitten aus seinen Berufsstudien herausgerissen und verfällt nach ausgedienter Kapitulation, da er weder seine Studien fortsetzen, noch Beamter werden, noch zum Pfluge oder einem Handwerke greifen kann, dem Proletariate. Was übrigens || S. 319 PDF || die vom Unterrichtsminister angedeutete Aufgebung der Befreiung der Studierenden technischer Fächer betrifft, so würde diese der Justizminister sehr bedauern, da ihm die Erhaltung dieser Klasse für unsere, einer großen Ausdehnung fähige und eines lebhaften Aufschwunges bedürftige landwirtschaftliche und industrielle Produktion sehr wünschenswert erscheint. Auch der Minister des Inneren erkannte an, daß, so sehr der Militärverwaltung an der Vermehrung des bildungsfähigen Elements in der Armee gelegen sein müsse, dieser Zweck durch Einreihung der Studierenden höherer Unterrichtsanstalten kaum erreicht werden würde, weil diese nach dem, was bereits von den Vorstimmen gesagt worden, in der Regel sehr kostspielige und schlechte Unteroffiziere sein würden. Ebenso fand er es untunlich, das bestehende Unterrichtssystem aus Rücksicht für die Ergänzung des Heeres einer Reform zu unterziehen. Er stimmte daher im wesentlichen der Ansicht des Unterrichtsministers bei, nur teilte er in Ansehung der von diesem beabsichtigten Ausscheidung der Schüler technischer Fachwissenschaften aus der Befreiung die Meinung des Justizministers, weil es ihm bei der besonderen Pflege, welche diese Wissenschaften auf den dafür gewidmeten, sehr wenigen Anstalten im Interesse der Entwicklung der Nationalökonomie noch bedürfen, nicht billig erscheint, diese Schüler gegenüber den Schülern der anderen Brotstudien zurückzusetzen. Der Unterrichtsminister erklärte l,daß er von seinem Standpunkte nichts dagegen einzuwenden habe, wennl aus den von den beiden Vorstimmen angeführten Rücksichten für die Ausgezeichneten jener Schüler die Militärbefreiung mbeantragt werde, indem an diesen Anstalten ein Nachweis über den ausgezeichneten Fortgang allerdings geliefert werden könne.m Der Finanzminister war der Meinung, daß, wenn bloß die Rücksicht auf die Ergänzung des Beamtenstandes für die Befreiung der Studierenden vom Militär maßgebend sein sollte, der § 24 allerdings nicht in das Gesetz über die Heeresergänzung auf Grundlage einer allgemeinen Wehrverpflichtung aufzunehmen wäre. In den deutschen Bundesstaaten sowie im lombardisch-venezianischen Königreiche besteht sie nicht, und doch gibt’s dort Juristen genug und der Zivildienst wird mit Kandidaten hinlänglich versorgt. Freilich ist die Dauer der Wehrpflicht in Deutschland viel kürzer, und der Assentierte wird in der Regel schon im zweiten Jahre entlassen; er kann daher die unterbrochenen Studien leicht wieder aufnehmen. Indessen zeigen die Ergebnisse der Rekrutierung von den Jahren 1854–56, daß die Zahl der Befreiungen aus dem Titel der Studien gegenüber der Gesamtzahl der zur Wehrpflicht berufenen Altersklassen eine so geringe, kaum 1 % betragende ist, daß auch fernerhin gegen die Beibehaltung dieses Befreiungstitels, besonders mit den weiter unten beantragten Einschränkungen kein Anstand zu erheben wäre. Der tg. gefertigte Vorsitzende endlich bemerkte, daß gleich wie für das Bedürfnis des Kultus, ebenso auch für den Bedarf des Staatsdienstes an dem erforderlichen Nachwuchse gesorgt werden müsse. Nur wenn vorläge, daß die Anzahl der jährlich absolvierenden Studenten die Summe der für den Staatsdienst erforderlichen Kandidaten übersteigt, wäre die Unterwerfung der Studenten unter die allgemeine Wehrpflicht gerechtfertigt. Nachdem aber vielmehr das Gegenteil davon ausgewiesen worden, so erfordert die Rücksicht für den || S. 320 PDF || Staatsdienst selbst, daß die Befreiung der Obergymnasial- und Universitätsschüler vom Militär ausgesprochen werde.

Um übrigens dieser wichtigen Frage die möglichst reifliche Überlegung zu gönnen, fand sich der tg. gefertigte Präsidierende veranlaßt, die definitive Abstimmung darüber der nächsten Sitzung vorzubehalten.

Fortsetzung am 11. und 16., 20. und 27. Februar 1858.

Vorsitz und Gegenwärtige wie am 4. Februar.

Aus der Beratung vom 4. Februar 1858 hat der Minister des Inneren die Überzeugung gewonnen, daß einerseits das Hauptargument der für die Studenten beanspruchten Militärbefreiung auf der vorübergehenden Rücksicht für den erforderlichen Beamten nachwuchs beruhe, andererseits aber die Modalitäten der Befreiung, wie sie im § 24 des mit der Militärzentralkanzlei Sr. Majestät vereinbarten Entwurfs enthalten sind, mit den bestehenden Studieneinrichtungen nicht im Einklange stehen, daß daher der § 24, wie er hier steht, nicht beibehalten werden könne. Er modifizierte daher den ursprünglichen Antrag dahin, daß die den Studenten aus der erwähnten vorübergehenden Rücksicht zu gewährende Befreiung nicht in das Gesetz, sondern in eine gleichzeitig mit demselben hinauszugebende besondere Verordnung aufgenommen und, da die Militärfreiheit der Studenten bisher nur in den altösterreichischen Provinzen einschließlich Tirols, nicht aber auch im lombardisch-venezianischen Königreiche bestanden hat, nzeitweilig (bis auf weiteres)n nur auf die ersteren, nicht aber auch auf das letztere ausgedehnt und nach den von dem Unterrichtsminister in einem eigenen Textentwurfe übereinstimmend mit der bestehenden Studieneinrichtung festgesetzten Modalitäten geregelt werde. Nachdem übrigens bereits im lombardisch-venezianischen Rekrutierungsgesetze die Militärbefreiung der Stiftlinge in lf. Erziehungsanstalten und der mit Reisestipendien oder dem 1. Preise beteilten Schüler der Kunstakademien ausdrücklich enthalten und durch die Rücksicht begründet ist, daß die Staatsverwaltung die Kosten, welche sie auf die Heranbildung solcher Zöglinge eigens für den Zivilstaatsdienst oder die Kunst verwendet, nicht wohl durch deren Abstellung zum Militär wird verlieren wollen, so glaubte der Minister des Inneren, daß, was immer über die Befreiung der Studenten im allgemeinen entschieden würde, jedenfalls die Befreiung der Stiftlinge in Staatserziehungsanstalten auch im neuen Gesetze ihren Platz behaupten sollte. Mit Rücksicht auf diese und die in der vorigen Sitzung vorgekommenen Ansichten fand der Minister des Inneren unter Vorlage eines seinem gegenwärtigen Antrage entsprechenden alternativeno Entwurfs (Beilage IV)p die Deliberation über § 24 auf folgende Fragen zurückzuführen:

1. Soll die den Studierenden – in größerer oder kleinerer Ausdehnung – zu gewährende Militärbefreiung auf sämtliche Kronländer der Monarchie oder nur auf die altösterreichischen Provinzen mit Ausnahme des lombardisch-venezianischen Königreichs ausgedehnt werden?

Sämtliche Mitglieder der Konferenz erklärten sich für die Ausdehnung der gedachten Befreiung, falls sie die Ah. Genehmigung erhielte, auf die ganze Monarchie, weil der || S. 321 PDF || Unterschied zwischen den altösterreichischen Provinzen und dem lombardisch-venezianischen Königreiche sowohl bezüglich der Kapitulationszeit als bezüglich des Kontingents aufgehört hat, auch die Studieneinrichtung im lombardisch-venezianischen Königreiche auf den Fuß jener in den übrigen Kronländern gestellt wird, mithin kein Grund besteht, in Ansehung der Militärbefreiungen noch eine Verschiedenheit fortbestehen zu lassen.

2. Soll die den Studenten zu gewährende Befreiung als eine zeitliche angesehen und in das vorliegende Gesetz nicht, sondern in eine besondere Verordnung, als eine für die dermal bestehenden vorübergehenden Verhältnisse berechnete Begünstigung, aufgenommen werden?

Die Stimmenmehrheit der Konferenz erklärte sich für die Aufnahme der Befreiung in das Gesetz, und zwar als einer nicht bloß vorübergehenden.

Der Justiz - und der Unterrichtsminister erklärten nämlich übereinstimmend, daß der Zeitpunkt, wo die Notwendigkeit der von ihnen im Interesse des Zivilstaatsdienstes vertretenen Befreiungen der Studenten wegfallen wird, noch ein sehr entfernter ist, indem, wie die weiter unten angeführten Daten beweisen, der für den Zivilstaatsdienst erforderliche Nachwuchs noch lange Zeit nicht wird gedeckt werden können; daß derselbe aber noch mehr verkümmert werden würde, wenn nicht die Befreiung der Studenten vom Militär im vorhinein versichert ist. Denn wer wird Zeit, Mühe und Kosten auf’s Studieren verwenden wollen, wenn er der Gefahr ausgesetzt ist, all dieses fast in dem Momente opfern zu müssen, wo er die Früchte davon zu ernten hoffte? Zur Beruhigung derjenigen, welche sich den Studien widmen, oder die ihre Eltern dazu bestimmen, ist es unumgänglich notwendig, daß sie die bestimmte und nicht bloß vorübergehende Zusicherung erhalten, nicht mitten aus ihrer Laufbahn gerissen zu werden. Ändern sich im Laufe der Zeiten die Verhältnisse derart, daß eine Befreiung der Studierenden vom Militär sich nicht mehr als notwendig darstellt, so versteht es sich ja von selbst, daß Se. Majestät die denselben gewährte Ausnahme wieder zurücknehmen können.

Nach dem vom Justizminister vorgelegten Ausweise (Beilage V)q der in den deutschen, slawischen und ungrischen Kronländern systemisierten 1144 Auskultantenstellen sind von denselben im ganzen nur 496 besetzt, also 648 erledigt und darunter 372 mit dem Adjutum und 276 ohne Adjutum. Diese Ziffern für den einzigen Zweig der Justizverwaltung allein – im Entgegenhalte zu der vom Unterrichtsminister in der vorigen Sitzung nachgewiesenen Zahl von nur 618 absolvierten Studenten – zeigt klar, daß es unmöglich ist, den Dienstbedarf dieses einzelnen Verwaltungszweiges aus den jährlich Absolvierenden mit dem erforderlichen Nachwuchs [zu] decken; daß es daher schon für diesen Verwaltungszweig allein ein Gebot der Notwendigkeit sei, jede weitere Verkümmerung des Nachwuchses durch andere Widmung desselben zu verhindern. Natürlich wird auch für den Dienst der übrigen Verwaltungszweige eine verhältnismäßige Ziffer in Anspruch genommen18. Faßt man aber auch noch die Ergebnisse der Konskription und Rekrutierung || S. 322 PDF || selbst ins Auge, so ergibt sich folgendes: Die Gesamtzahl der Stellungspflichtigen in der ersten Altersklasse war 1856 360.000, davon waren 177.000 untauglich, 50.000 Befreite und nur 3000 Studenten, von denen nach obigem Verhältnisse ebenfalls mehr als die Hälfte als untauglich angenommen werden dürfen. Es handelt sich also in letzter Auflösung um die Stellung von 13–1400 Studenten, und von dieser Zahl soll die Ergänzung des Heeres abhängen? Es wäre in der Tat traurig, wenn es der k. k. Armee auf diese paar Hundert Mann ankäme. Die Abnahme der Studierenden aber wäre bei der ohnehin gegen früher in den Anforderungen an sie eingetretenen erhöhten Strenge die unausbleibliche Folge, wenn ihnen auch noch die Unterwerfung unter die allgemeine Wehrpflicht auferlegt wird, rwo noch bemerkt werden muß, daß in vielen Orten die ganze erste Altersklasse ohne Losziehen gestellt wird, folglich alle in diese Altersklasse fallenden Studenten an diesen Orten dem Beamtenstand entzogen werden.r

Der Chef der Obersten Polizeibehörde und der Generaladjutant Sr. Majestät Freiherr v. Kellner waren dagegen wie früher im Grundsatze gegen die Befreiung der Studierenden vom Militär; und zwar der Chef der Obersten Polizeibehörde darum, weil der Bedarf an Intelligenzen überall sich zeigt, mithin auch die Armee einen Teil umso mehr davon beanspruchen darf, als die Kapitulationszeit herabgesetzt und die technischen Korps in der Armee vermehrt worden sind; FML. Freiherr v. Kellner aus folgenden Gründen: Durch die Äußerung des Unterrichtsministers, daß er sich mit der Wiedereinführung der früher bestandenen, zur Konstatierung der Vorzüglichkeit der Studenten so notwendigen Prüfungen nicht einverstanden erklären könne, sich vielmehr ob des daraus hervorgehenden Angriffs auf das Prinzip der Lernfreiheit aufs entschiedenste gegen jene Prüfungen erklären müsse, finde er, (FML. Freiherr v. Kellner) seine Ansicht noch mehr bestärkt, daß der § 24 des Entwurfs ganz wegzulassen sei. Selbst die konstatierte Vorzüglichkeit eines Studenten erscheine noch immer als ein zu prekärer Befreiungstitel, um in ein Rekrutierungsgesetz aufgenommen zu werden, als dessen Basis die allgemeine Wehrpflicht aller Untertanen Sr. Majestät zu gelten hat. Bei dem Entwurfe zum neuen Rekrutierungsgesetze waltet, wie bei allen derlei Gesetzen anderer Staaten im gleichen Falle, der leitende Grundsatz vor, daß nur diejenigen Staatsbürger, denen allein die Erhaltung einer Familie obliegt, ferner die im Staatsdienste Angestellten oder durch geleisteten Amtseid dazu Berufenen von der Militärpflicht befreit zu sein haben. sIn Preußen ist diese Pflicht sogar auf königliche Beamte ausgedehnt bis zum vollstreckten 38. Lebensjahr, während in Österreich diese erste Untertanspflicht schon mit dem vollendeten 30. Lebensjahre aufhört.s Infolge des mit dem Hl. Stuhle abgeschlossenen Konkordats erstreckt sich diese Befreiung auch noch auf die Kandidaten des katholischen und mithin folgerichtig auf jene des Klerus der andern christlichen Konfessionen und selbst des Rabbinats. Alle übrigen Staatsbürger sind der allgemeinen Militärpflicht unterworfen, der sie sich ohne Unterschied des Standes zu unterziehen haben, wenn sie das Los trifft. Je geringer die Zahl der zeitlich oder definitiv Befreiten ist, desto zahlreicher werden die beiden ersten Altersklassen, aus denen unter gewöhnlichen Verhältnissen das Rekrutenkontingent zu leisten ist, und desto größer wird die Zahl derjenigen sein, welche nach der Losziehung militärfrei bleiben. || S. 323 PDF || Die diesfällige Praxis im lombardisch-venezianischen Königreiche gibt darüber die tatsächlichsten Belege, und [es] bestand dort, wie der Finanzminister (in der vorigen Sitzung) bemerkte, ungeachtet die Studenten niemals militärfrei waren, zu keiner Zeit ein Mangel an Beamten und Gelehrten jeder Gattung, ja sogar leider überdies auch noch immer zu viel literarisches Proletariat. Wie ließen sich aber speziell gegenüber dem lombardisch-venezianischen Königreiche die im § 24 beantragten Befreiungen der Studenten dermal rechtfertigen, wo mit Rücksicht auf die Volkszahl jenem Königreiche ein Infanterieregiment, vier Kavallerieregimenter, drei Jägerbataillons, ein Pionier-, ein Geniebataillon und beinahe ein ganzes Artillerieregiment mehr als vor 1848 zur Ergänzung zugewiesen worden ist? Es wäre doch ein eigentümliches Paradoxon, daß man diesem Lande die Ergänzung von ca. 20.000 Mann mehr als ehedem aufbürdet und zugleich die Zahl der Stellungspflichtigen durch die bis jetzt dortlandes gar nicht gekannte Militärbefreiung der Studenten so wesentlich vermindern will. Der gleiche Fall würde bei Tirol eintreten, das früher das Kaiserjägerregiment mit vier Bataillons zu 24 Kompanien, jetzt aber acht Bataillons zu 33 Kompanien, nämlich ungefähr 1500 Mann mehr als früher zu stellen hat. Die Befreiung der Studenten vom Militärdienste bloß aus dem Grunde, weil sie bei Universitäten oder andern Unterrichtsanstalten immatrikuliert sind und dort studieren, ist mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit gegen die übrigen Untertanen Sr. Majestät aller, selbst der höchsten Stände nicht zu vereinbaren, und es ist überhaupt nicht einzusehen, wie gerade das k. k. Heer auf den, ihm überdies nur durchs Los zufallenden intelligenteren Teil der Bevölkerung allein verzichten soll, dasjenige Heer, in dem das von Sr. Majestät aufgestellte Prinzip der Monarchieeinheit sich bereits als verkörpert darstellt und das den eisernen Ring bildet, der die heterogenen Kronländer der Monarchie umschließt und zusammenhält, wie dies die ältere Geschichte und jene der Jahre 1848 und 1849 genugsam nachweiset.

FML. Freiherr v. Kellner und der Chef der Obersten Polizeibehörde bleiben daher bei dem Antrage auf gänzliche Weglassung des § 24, weil eine Befreiung selbst vorzüglicher Studenten höchstens nur dann einzutreten hätte, wenn es das Bedürfnis des öffentlichen Dienstes erheischt, wo dann die zeitliche Befreiung als eine temporäre Maßregel von Fall zu Fall Ah. anbefohlen werden würde. Wenn jedoch die vom Minister des Inneren jetzt beantragte, bisher im § 24 nicht enthaltene Befreiung der Zöglinge des Theresianums und der lf. Konvikte (wovon im folgenden Absatze die Rede sein wird), insofern sie in denselben Staats- oder Stiftungsplätze einnehmen, gleich jenen der orientalischen Akademie, Ah. genehmigt werden sollte, so würden sich FML. Freiherr v. Kellner und der Chef der Obersten Polizeibehörde eher für die Aufnahme dieser Befreiung in das Gesetz selbst als für die Promulgierung durch eine Spezialverordnung, deren Wirksamkeit für immer zu bestehen hätte, erklären. Für das gleiche sprachen sich diese Stimmführer im Falle der Ah. Genehmigung des jetzigen Antrags bei den Zöglingen der Akademie der bildenden Künste, den Studierenden der Universitäten und der kaiserlichen höheren montanistischen, landwirtschaftlichen, forst-, nautischen und tierärztlichen Lehranstalten aus, insofern deren Vorzüglichkeit, ganz abgesehen davon, ob es nach den Grundsätzen des dermaligen Unterrichtssystems zulässig ist, durch Prüfungen konstatiert wird.

Hiernach haben sich also alle Stimmführer der Konferenz für die Aufnahme der von Sr. Majestät etwa genehmigt werdenden Befreiungen von Studierenden vom Militär in den Text des Gesetzes selbst ausgesprochen.

|| S. 324 PDF || 3. Welchen Kategorien von Studierenden und unter welchen Bedingungen soll ihnen die Militärbefreiung zugestanden sein?

Dem vom Minister des Inneren vorgelegten neuen Entwurfe (Beilage VI, lit. r)t folgend handelt es sich zuvörderst um die Zöglinge des Theresianums, der lf. Konvikte und der orientalischen Akademie.

FML. Freiherr v. Kellner wollte die denselben zugedachte Befreiung nur mit der Einschränkung auf die Stiftlinge zugeben und beantragte daher den Zusatz: „wenn sie (Zöglinge) in denselben Staats- oder Stiftungsplätze einnehmen“, denn nur in Ansehung dieser gilt das für die Befreiung geltend gemachte Argument, daß der Staat das für deren Erziehung für seinen Dienst eigens verwandte Geld nicht durch deren Abstellung zum Militär vergebens ausgegeben haben soll. Auf zahlende Zöglinge in diesen Instituten also, sowie auf Zöglinge von Privatkonvikten hätte daher die beantragte Befreiung aus diesem Titel keinen Bezug. Der Minister des Inneren erklärte diese Auffassung als in seinem Antrage gelegen und nahm daher den vorgeschlagenen Zusatz auf.

Der uFinanzminister hieltu Finanzminister hielt es aber nicht für billig, Zahlzöglinge eines und desselben Konvikts von der Begünstigung auszuschließen, die ihren Kollegen, weil sie Stiftlinge sind, gewährt würde; die Folge davon wäre eine Abnahme der Zahlendenv . Der Justizminister bemerkte: Der Stiftung des Theresianums und der Orientalischen Akademie liegt der wichtige Zweck zum Grunde, Jünglinge aus allen Teilen der Monarchie aufzunehmen und ihnen eine universelle Bildung im Geiste des Gesamtstaates angedeihen zu lassen, deren sie daheim unter den provinziellen Einflüssen nicht teilhaftig geworden wären. Es ist also im öffentlichen Interesse ratsam, die Teilnahme daran zu erhöhen, nicht aber davon fernzuhalten. Letzteres würde geschehen, wenn bezüglich der Militärbefreiung zwischen Stiftlingen und Zahlenden ein Unterschied gemacht werden sollte, und es würde sich wohl kaum jemand geneigt finden, seinen Sohn mit großen Kosten nach Wien ins Theresianum als Zahlzögling unterzubringen, wenn er ihn der Gefahr ausgesetzt sähe, zum Militär abgestellt zu werden. Sonach beantragte der Justizminister die Militärbefreiung auch für die zahlenden Zöglinge des Theresianums und der Orientalischen Akademie, indem er bezüglich der übrigen Konvikte, wo diese speziellen politischen Rücksichten nicht eintreten, es bei der Befreiung der Stiftlinge allein bewenden zu lassen umso || S. 325 PDF || mehr erachtete, als in der Regel wenigstens jener, der imstande ist, seine Kinder auf eigene Kosten außer dem Hause erziehen zu lassen, erforderlichenfalls auch die Militärbefreiungstaxe für sie wird erschwingen können.

Diesem Antrage traten sofort die übrigen Stimmen bei.

Der Unterrichtsminister wbemerkte: Eine spezielle Bestimmung bezüglich der Befreiung der Zöglinge gewisser Staatserziehungsanstalten und dgl. zu entwerfen sei der Minister des Inneren nur dadurch veranlaßt worden, daß die Konferenz in dem Gesetze von der Befreiung von Studierenden überhaupt keine Erwähnung machen zu wollen schien. Unter dieser Voraussetzung würde allerdings jenes Auskunftsmittel notwendig sein. Wird aber die Befreiung der Studierenden an Gymnasien, Universitäten und Rechtsakademien unter der Bedingung entsprechender Verwendung im Gesetze anerkannt, so entfällt die Notwendigkeit jener speziellen Bestimmungen, was sehr wünschenswert ist, weil ihnen wesentliche Bedenken entgegenstehen. Die Befreiung derjenigen, die Staatsstiftsplätze genießen, drängt allerdings dazu, auch ihren zahlenden Mitschülern die gleiche Begünstigung zuzuwenden. Dadurch würde aber den Eltern ein Beweggrund gegeben, ihre Söhne lieber diesen Anstalten als anderen gleichbewährten Erziehungsanstalten geistlicher Korporationen anzuvertrauen, und doch sei das durchaus nicht wünschenswert. Vielmehr habe die Regierung allen Grund, Anstalten der letzteren Art möglichst zu unterstützen. Das Theresianum kann schon jetzt nicht allen Gesuchen um Aufnahme von Zahlzöglingen entsprechen. Eine Vermehrung von Konvikten, deren viele im Jahre 1848 durch eine überstürzte Maßregel aufgelöst worden sind, ist ein dringendes Bedürfnis. Die Regierung werde aus finanziellen und anderen Gründen kaum selbst neue Konvikte errichten und muß vielmehr wünschen, daß sich geistliche Korporationen dieser Aufgabe unterziehen, für welche sie vorzugsweise geeignet sind. Es ist also gegen ihr Interesse, die Zöglinge derselben minder günstig als die der Staatskonvikte zu behandeln. Ferner werde man dazu gedrängt, die Befreiung, die den Stiftlingen gewährt wird, auch denjenigen zu gewähren, welche Handstipendien genießen, die an die Stelle von Konviktsplätzen getreten sind. Allein die Konviktsfonds sind aus der Einziehung verschiedener Stipendien entstanden, und es werde den Eindruck einer Unbilligkeit machen, wenn in Beziehung auf Militärbefreiung unterschieden würde zwischen Stipendisten, je nachdem ihr Stipendium einst zum Konviktsfonds eingezogen war oder nicht. All diesen Schwierigkeiten würde durch die Fassung vorgebeugt, die der Unterrichtsminister dem Minister des Inneren übergeben habe und auf welcher er bestehen müsse.w

Belangend die Studierenden an einer Akademie der bildenden Künste (Beilage VI, lit. s) wünschte der Justizminister die Militärbefreiung nicht bloß auf die mit einem ersten Preise ausgezeichneten beschränkt, sondern auch auf jene ausgedehnt zu sehen, die mit einem minderen Preise oder Akzessit19 beteilt sind, weil auch diese als hoffnungsvolle Kunstjünger verdienen dürften, in ihrer Bildungsperiode nicht unterbrochen zu werden. Allein, nach der vom Unterrichtsminister gegebenen Aufklärung werden xan den Wiener Akademien Schulpreise nicht mehr verteilt, sondern nur mehr Zeugnisse ausgestellt, welche den Schüler eines ersten Preises würdig d. i. als ausgezeichnet bezüglich des Talentes wie des Fleißes erkennen, und auf diesem Titel beruht die Befreiung. An den italienischen Akademien werden noch Schulpreise verliehen.x an den Wiener || S. 326 PDF || Akademien Schulpreise nicht mehr verteilt, sondern nur mehr Zeugnisse ausgestellt, welche den Schüler eines ersten Preises würdig d. i. als ausgezeichnet bezüglich des Talentes wie des Fleißes erkennen, und auf diesem Titel beruht die Befreiung. An den italienischen Akademien werden noch Schulpreise verliehen. Die Konferenz erachtete daher, es bei der diesfälligen Bestimmung sub s zu belassen, und der Justizminister bestand auf seinem obigen Antrage nicht mehr.

Was die Befreiung der Studierenden an Universitäten und Rechtsakademien betrifft (lit. t und u), so war die Mehrheit der Konferenz mit dem rücksichtlich der Modalität nach dem Entwurfe des Unterrichtsministers modifizierten Antrage einverstanden; nur FML. Freiherr v. Kellner und der Chef der Obersten Polizeibehörde beharrten auf dem schon oben berührten Antrage, daß, wenn diese Befreiung die Ah. Genehmigung erhielte, dieselbe nur für die Ausgezeichneten zu gelten hätte, wogegen jedoch der Unterrichtsminister bemerkte, daß diese Einschränkung umso weniger angenommen werden könnte, als eine der Ursachen, welche zu dem Majoritätsgutachten bestimmten, in der Sicherung des Nachwuchses für den Zivilstaatsdienst besteht, für welchen nach den vorausgeschickten Daten nicht bloß die Vorzüglichen, sondern alle in Anspruch genommen werden müssen, die sich die nötige Vorbildung zu brauchbaren Staatsdienern erworben haben. yDabei dürfe nicht übersehen werden, daß derjenige, der die Maturitätsprüfung und die rechtshistorische Staatsprüfung besteht, ohnehin Anforderungen entspricht, die dasjenige, was ehedem in den philosophischen Jahrgängen und in den ersten Jahren der juridischen Studien zur Erlangung einer Vorzugsklasse gefordert wurde, weit übertrifft.y Es versteht sich übrigens von selbst, daß die Befreiung der Universitätsstudenten sich nicht bloß auf jene der juridischen, sondern auch auf die der medizinischen und philosophischen Fakultät beziehe, von denen insonderheit die letztere bestimmt ist, die Kandidaten für den so wichtigen Lehrstand abzugeben.

Die im mit der Militärzentralkanzlei vereinbarten Entwurfe den Schülern des Obergymnasiums zugedachte Befreiung wurde im neuen Entwurfe des Ministers des Inneren übergangen, weil, wie der Finanzminister geltend machte, bei denselben nicht jene Rücksichten eintreten, die bei den Hörern von Fach- oder Brotstudien eintreten. Sie widmen sich nicht selten während oder nach absolviertem Obergymnasialstudium einer anderen Bestimmung, zu welcher sie jenes Vorbereitungsstudiums nicht bedurft und mithin während der darauf verwandten Zeit keinen Anspruch auf Militärfreiheit gehabt hätten. In der Regel – setzte der Justizminister hinzu – treten die Jünglinge in das Gymnasium mit zehn Jahren ein, sie haben also nach Absolvierung desselben das militärpflichtige Alter noch nicht erreicht; hätten sie es aber, so schützt sie die mit Erfolg abgelegte Maturitätsprüfung und der Eintritt in das höhere Fakultätsstudium. Eine Befreiung der Gymnasialschüler als solche würde nur Anlaß geben, Jünglinge in vorgerückteren Jahren in Gymnasien eintreten zu lassen, um sie während der beiden ersten militärpflichtigen Altersklassen der Stellung zu entziehen.

|| S. 327 PDF || Die Mehrheit der Konferenz war daher mit der Aufgebung der Befreiung der Gymnasialschüler als solcher einverstanden. Nicht so der Unterrichtsminister . Bei der wesentlichen Verschiedenheit der Entwicklung des Elementarunterrichts in den einzelnen Kronländern ist die Forderung oder Voraussetzung des gleichen Alters zum Eintritt ins Gymnasium unmöglich. Namentlich kommt es bei Kandidaten des geistlichen Standes, zdie zum größten Teile aus dem Landvolke hervorgehenz, vor, daß manche erst in reiferem Alter von 12–14 Jahren ins Gymnasium eintreten und in demselben das Stellungspflichtige Alter erreichen. aaDaß diesen die Militärbefreiung während des Gymnasialstudiums gewährt wurde, ist bei dem Mangel an Priestern, der in vielen Diözesen in sehr beunruhigender Weise sich geltend macht, ein dringendes Bedürfnisaa . Besser also, die Befreiung der Gymnasialschüler überhaupt beizubehalten; sie überhebt aller Distinktionen und Kautelen bei Stiftlingen und Konviktisten, bbwas schon oben bei der betreffenden Rubrik als sehr wünschenswert bewiesenab worden ist. Ohnehin wird – bei dem von Tag zu Tag mehr hervortretenden Streben nach möglichst schneller Zurücklegungac der Vorbereitungsstudien – die Anzahl solcher Spätlinge gering, also auch der Ausfall am Kontingent ihrer Befreiung wegen ganz unbedeutend sein.

Die Befreiung der Schüler an einer Bergakademie, an einer tierärztlichen oder höheren technischen, land- oder forstwirtschaftlichen Lehranstalt (lit. v) war der Unterrichtsminister laut seines früher abgegebenen Votums bereit aufzugeben. Aus den schon bei jener Gelegenheit von den Ministern der Justiz und des Inneren angeführten Rücksichten glaubte der letztere, dieselbe für die Bergakademisten, die Schüler einer tierärztlichen, land- oder forstwirtschaftlichen, endlich einer nautischen Schule umso mehr in Anspruch nehmen zu sollen, als die diesfälligen ohnehin nur auf wenigen Schulen und von verhältnismäßig wenigen Schülern gepflegten Fachkenntnisse von großer Wichtigkeit für die Entwicklung der nationalökonomischen Zustände sind. Dagegen schienen ihm die Schüler der technischen Lehranstalten dieser Rücksicht nicht zu bedürfen, weil in der gegenwärtigen Zeit das Streben nach technischer Ausbildung ein so überwiegendes geworden ist, daß es wahrlich einer Aufmunterung dazu mittels der Begünstigung der Militärfreiheit nicht bedarf. Vielmehr erscheint es angemessen, einen Teil der Techniker durch die Aussicht auf die Militärbefreiung für jene obgenannten speziellen Fachlehranstalten zu gewinnen, bei denen derzeit ein größerer Aufschwung erwünschlich ist. Dagegen fände es der Unterrichtsminister unbillig, die Techniker von der Befreiung ganzad auszuschließen, wenn selbe den Schülern der bezeichneten Fachschulen zugestanden wird. Für die gesamte Industrie, für das weitverbreitete Bau- und Eisenbahnwesen und somit, wie der Finanzminister für sich und im Interesse des Handelsministeriums hinzusetzte, für einen wichtigen Zweig des Staatsdienstes selbst ist die technische Ausbildung von ebenso hoher, wenn nicht höherer Bedeutung als die Kenntnisse, welche man an Berg-, Forst- und dergleichen || S. 328 PDF || Akademien erwirbt. Beide Votanten waren daher für den Fall, daß die Militärbefreiung der sub lit. v benannten Anstaltsschüler beliebt würde, auch für die Befreiung der vorzüglichen Schüler höherer technischer Lehranstalten, wie sie in lit. w ausgedrückt ist, mit der einzigen Modifikation, daß das Wort „obligaten“ entfalle, weil, wie der Unterrichtsminister bemerkte, an diesen Lehranstalten keine Obligatfächer bestehen.

Die Majorität der Konferenz trat sofort diesem Antrage bei. FML. Freiherr v. Kellner aber sprach sich entschieden gegen die beantragte Befreiung der Studierenden der höheren technischen Lehranstalten aus, weil deren Zahl in der jetzigen Zeit so bedeutend ist, daß jene außerordentliche Begünstigung eine zu große Ausdehnung annehmen würde. Gegen die Bestimmungen des Absatzes x wegen Befreiung der Kandidaten für Gymnasiallehrämter und Doktoranden der Fakultässtudien, dann über die Wirksamkeit der Maturitätsprüfung wurde nichts eingewendet.

Sonach hat sich die Konferenz in der Hauptsache mit dem neuen Entwurfe des § 24, Beilage VI, einverstanden erklärt, der Unterrichtsminister jedoch unter Aufrechthaltung seines Antrags auf Befreiung der Schüler des Obergymnasiums, wornach lit. r wegen der Stiftlinge entfallen oder modifiziert werden könnte, der Chef der Obersten Polizeibehörde und FML. Freiherr v. Kellner mit Aufrechthaltung der Forderung der Vorzüglichkeit bei den Absätzen t, u und v, endlich FML. Freiherr v. Kellner unter Weglassung des Absatzes lit. w Befreiung der Techniker betreffend.

§§ 25 und 26. Gegen die Beibehaltung dieser Paragraphen eein der vorliegenden, von der Ministerialkommission beantragten, militärischerseits nicht beanständeten Fassungae drangen sich dem Minister des Inneren Bedenken auf, und zwar wegen der Ausdehnung der bisher nur in einem Teile der Monarchie gesetzlich bestandenen Befreiung der Grundbesitzer auf die ganze Monarchie, dann wegen deren Einschränkung auf den mittleren Grundbesitz, während der größere (Ganzlehen), der sie bisher in den altösterreichischen Landen hatte, nun ausgeschlossen sein sollte, endlich wegen der Unhaltbarkeit des sub cc des § 25 vorgeschriebenen Steuermaßes von 10–30 fr., welches bei der Verschiedenheit der Kulturverhältnisse in den einzelnen Kronländern ein wesentlich verschiedenes Objekt, Besitzkomplex, repräsentieren würde. Der Minister des Inneren wäre daher geneigt, die §§ 25 und 26, wie sie hier im Entwurfe beantragt sind, fallenzulassen, umso mehr, als nach den Resultaten der Rekrutierungen von 1854 bis 1856 die Zahl der aus diesem Titel (freilich auch mit Einschluß der bisher noch zugelassenen Befreiung auf erkaufte Landwirtschaften) Befreiten eine sehr bedeutende, nämlich im Jahre 1854/I: 52.000, 1854/II: 48.000, und 1856: 34.000 war.

Allein, der Unterrichtsminister sprach sich auf das entschiedenste für die Aufrechthaltung der Befreiung der Besitzer wenigstens ererbter bestifteter Bauerngüter aus. Denn in dem bestifteten Bauernstande beruht das wahre konservative Element, und es muß an dessen Erhaltung in einem Agrikulturstaate wie Österreich alles gelegen sein. Bis zum Jahre 1827 waren die Besitzer ererbter, erkaufter und selbst erheirateter Wirtschaften vom Militär frei; im Jahre 1827 hatte man letztere fallen lassen20. Wenn man nun auch die || S. 329 PDF || Besitzer der erkauften Bauerngüter der Militärpflicht unterwerfen will, so mag dies durch den Umstand gerechtfertigt sein, daß man hierdurch einem Mißbrauche steuern will, der bisher von Seite der reichen Bauern geübt wurde, um ihre Söhne der Militärpflicht zu entziehen. Die Befreiung der Besitzer ererbter Bauernwirtschaften aber aufzugeben, würde umso bedenklicher sein, als sie nicht nur in den Ländern, wo sie bisher bestand, den übelsten Eindruck machen, ja wahrhafte Mißstimmung erregen, sondern auch in nationalökonomischer Beziehung von den verderblichsten Folgen sein würde, indem hiermit eine gewiß nicht unbedeutende Anzahl von Landwirten im kräftigsten Mannesalter jahrelang ihren Gütern entzogen und der Verfall oder doch die Vernachlässigung ihrer Wirtschaften herbeigeführt würde. Wenn ein solcher bestifteter Gutsbesitz in einigen Teilen der Monarchie nicht besteht, so folgt durchaus nicht, daß eine Grundbedingung seines Bestandes in den andern preisgegeben werde, vielmehr ffwäre es eine Aufgabe der Staatsverwaltung, auch dort, insofern dazu noch Elemente eines Bauernstandes vorhanden sind, demselben durch gesetzliche Regelung der Bestiftung wieder feste Grundlagen zu geben.af Ein Hinweisen auf dasjenige, was diesfalls in auswärtigen, selbst in deutschen Staaten besteht, ist hier nicht am Platze, denn ggin manchen derselben gibts keinen eigentlichen Bauernstand mehr, weil eben zum großen Nachteile der sozialen Verhältnisse die Bedingungen seines Bestandes lange außer Acht gelassen wurden. Auch wo er noch besteht, sind die Regulationsverhältnisseag und selbst der Umfang der Wehrpflicht so wesentlich verschieden von dem unserigen, daß jeder Versuch einer Gleichstellung aufgegeben werden muß. Es mag allerdings schwierig sein, den Satz zu finden, nach welchem die eine Befreiung begründende Größe des Besitzes in den verschiedenen Kronländern gleichmäßig zu bestimmen wäre, und namentlich erscheinen die Bestimmungen aa-cc des § 25 nicht glücklich gewählt; es wird sich jedoch gewiß eine Formel finden lassen, die dem Begriffe der geschlossenen bestifteten Bauernwirtschaft entspricht und auf alle Kronländer Anwendung finden kann.

Der Minister des Inneren war zwar der Meinung, daß das Mittel der Aufrechthaltung des bestifteten Grundbesitzes nicht sowohl in der Militärbefreiung des Besitzers als vielmehr in der Erhaltung der Unteilbarkeit des Komplexes selbst zu finden sei. Indessen verkannte auch er nicht die Wichtigkeit der vom Unterrichtsminister geltend gemachten Rücksichten und brachte demgemäß den beiliegenden Entwurf (Beilage VII)ah statt der §§ 25 und 26 in Vorschlag, mit dessen ersten Absatz s sowie mit dem Nachsatze, der durch die besonderen Verhältnisse Tirols motiviert ist, sich sofort nicht nur der Unterrichtsminister, sondern auch die Mehrheit der Konferenz vereinigte.

FML. Freiherr v. Kellner beanständete die in diesem neuen Entwurf, abweichend von der ursprünglichen (Beilage II) beantragten Ausdehnung auf den Ganzlehenbesitzer und würde die Herstellung der Beschränkung auf ein Viertel bis drei Viertel Session vorziehen, || S. 330 PDF || weil die Ganzlehner zu den vermöglichsten Bauern gehören, die wohl imstande sein dürften. sich durch Erlag der Befreiungstaxe vom Militärdienste freizumachen.

Der Minister des Inneren bemerkte jedoch dagegen, daß der eigentliche politische Grund der Militärfreiheit der Grundbesitzer des Bauernstandes für alle ohne Ausnahme gleich spricht; daß ferner die Ausschließung der Ganzlehner Störungen und Unzufriedenheit im Bauernstande erregen und zur Zerteilung der Güter Anlaß geben würde; daß endlich die Voraussetzung, jeder Ganzlehner vermöge sich vom Militär loszukaufen, einige seltene Fälle ausgenommen, nicht als richtig angenommen werden kann, indem die Befreiungstaxe eine bedeutende und gänzlich unproduktive Auslage verursacht. In letzterer Beziehung bemerkte auch der Justizminister , daß dem Bauern, wenn er das zur Befreiungstaxe erforderliche Kapital von 1500 fr. aufnehmen muß, vorausgesetzt, daß er es unter den jetzigen knappen Geldverhältnissen zu 5 % erhalten kann, schon durch dessen Verzinsung allein eine jährliche Auslage von 75 fr. und mit Zurechnung einer 5 %igen Kapitaltilgungsquote im gleichen Betrage, zusammen also eine ganz unproduktive Mehrauslage von 150 fr. über seine gewöhnlichen Lasten an Steuern, Landes- und Kommunalabgaben, Regiekosten und etwaigen andern Schulden erwächst und dadurch seinem Wohlstande und selbst seiner Steuerfähigkeit eine empfindliche, wo nicht tödliche Wunde versetzt wird.

Was den Absatz t des neuen Entwurfs betrifft, so ist er nach § 26 des ursprünglichen Entwurfs Beilage II beibehalten worden. Der Stimmenmehrheit der Konferenz schien er aber ganz entbehrlich zu sein, weil bereits im § 13 für die Erhaltung der hier berücksichtigten Personen vorgedacht ist, und die Wirtschaft wohl auch durch einen gemieteten Hilfsarbeiter, dessen Erhaltung, wie der tg. gefertigte Vorsitzende bemerkte, nicht mehr kosten wird, als die des Sohns etc., besorgt werden kann. Nach dem Erachten des Ministers des Inneren und des Unterrichtsministers aber ist der hier sub t vorgesehene Fall von jenem des § 13 wesentlich verschieden. Dort handelt es sich um die Erhaltung der Familie ganz abgesehen vom Grundbesitz, hier um den letzteren selbst. Die Familie würde, wenn sie ihre Wirtschaft verkauft, von dem Ertrag des Erlöses, von ihrer Arbeit etc. leben können, wenn auch der einzige Sohn oder Enkel zum Militär abgestellt wird. Aber eben das will man hintanhalten, daß die Wirtschaft veräußert werde und die darauf ansässige Familie dem Proletariate anheimfalle, und darum soll ihr der Sohn etc. für den Betrieb des Gutes erhalten bleiben, für das er gewiß mit mehr Interesse arbeitet als ein Mietling. Diese beiden Votanten blieben also bei der Bestimmung des Absatzes t iials eines notwendigen Komplements des Befreiungstitels sai .

Hier bzw. schon nach § 24 brachte der Finanzminister die Aufnahme des § 247 der Verfassung der Finanzwache21, womit den Individuen derselben für die Dauer ihrer Dienstleistung in diesem Körper die Militärbefreiung zugesichert ist, in den vorliegenden Gesetzentwurf in Antrag. Bis zum Jahre 1848 bestand diese Befreiung unbedingt; dann wurde sie aufgehoben, jedoch die zum Militär assentierte Wachmannschaft für den Finanzdienst beurlaubt22, endlich aber, zufolge Ah. Kabinettschreibens vom || S. 331 PDF || 4. August 1857 23 dahin beschränkt, daß die aus dem Militärstande als Urlauber in den Finanzwachdienst Übergetretenen zwar nur in dringenden Fällen wieder zum Militär einberufen, dagegen die aus dem Stande der Finanzwache zum Militär Abgestellten, später aber wieder Beurlaubten, bei der Finanzwache nur in den ihren Korps zunächst gelegenen Bezirken verwendet [werden] dürfen und über jedesmaliges Begehren ihres Militärkommandanten wieder zum Militärdienste einrücken müssen. Durch diese Beschränkungen sind in der Finanzwache empfindliche Lücken entstanden; um sie auszufüllen, muß auf Leute jeden Schlages, wenn nur körperlich tauglich, gegriffen werden, weil mit dem Entfallen der Militärbefreiung auch ein mächtiger Reiz zum Eintritt in die Finanzwache für Leute vorzüglicherer Qualifikation hinweggefallen ist. Soll die Finanzwache ihrem wichtigen und beschwerlichen Berufe an den Grenzen und im Inneren des Landes entsprechen, so muß sie aus pflichttreuen, Leben und Gesundheit dem Dienste aufopfernden Individuen zusammengesetzt sein, denn nirgends ist die Versuchung zu Pflichtverletzungen oder Vernachlässigungen größer, als bei der Finanzwache. Eines der wirksamsten, wo nicht das einzige Mittel, ihrem Dienste die nötige Anzahl solcher ganz verläßlicher Leute zu sichern, besteht aber in der Befreiung derselben vom Militärdienste. Der Finanzminister glaubte daher, sie im Sinne des § 247 der Finanzwachverfassung umso mehr in Anspruch nehmen zu müssen, als die Finanzwache wegen ihrer Wirksamkeit für die Sicherung der wichtigsten und bedeutendsten Einnahmsquellen des Staates, und selbst, wie das Jahr 1848 lehrte, für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung nicht mindere Rücksicht als die Armee verdienen dürfte. Könnte die Ergänzung der Finanzwache nicht mehr, wie früher, unmittelbar aus der Bevölkerung gezogen werden, so müßte bei der geringen Anzahl der für ihren Dienst aus dem Stande der ausgedienten Militärs sich Meldenden zur Sicherung der lf. Gefälle eine bedeutende Vermehrung der Finanzbeamten stattfinden. Diese Maßregel würde aber den Steuerpflichtigen, die sie bezahlen müssen, gewiß empfindlicher sein als die Stellung eines Kontingents von ca. 2500 Mann jährlich zur Finanzwache.

FML. Freiherr v. Kellner bemerkte: Vom militärischen Standpunkte aus kann zu jeder Art der Ergänzung der Finanzwache die Zustimmung gegeben werden, welche die Heeresergänzung und die Schlagfertigkeit der Armee nicht beeinträchtigt. Wenn es daher untunlich sein sollte, die Finanzwache durch freiwilligen Eintritt solcher Individuen zu komplettieren, welche wegen Gebrechen der Militärpflicht nicht unterliegen oder welche ihr bereits Genüge geleistet haben, so unterliegt es militärischerseits keinem Anstande, daß jährlich die zur Ergänzung der Finanzwache nötige Mannschaft dem jeweiligen Rekrutenkontingente entnommen werde; jedoch müßte sodann der hierdurch entstehende Ausfall durch die entsprechende Mehrstellung von Rekruten gedeckt werden. Wollte man aber der Armee den zur Komplettierung der Finanzwache wichtigen Fonds an Mannschaft als ein Superplus in Stand geben, so müßte bei den Truppenkörpern, denen sie eingereiht werden, der Friedensstand erhöht werden, da letzterer nur so bemessen ist, daß man wohl die zur eigenen Ergänzung nötigen Rekruten, aber keinenfalls eine Überzahl derselben jährlich abzurichten und so die Schlagfertigkeit der Armee zu erhalten || S. 332 PDF || vermag. Die beste Ergänzung der Finanzwache wäre wohl die aus solchen Leuten, welche bereits ihrer Militärpflicht Genüge getan haben, sich im kräftigsten Alter, bei gereiftem Verstande befinden und durch die Militärdienstleistung an Ordnung und Disziplin gewöhnt wurden. Daß die Finanzwache für solche Männer keine Anziehungskraft hat, beweiset, daß es nicht die Liebe zum Finanzdienste oder die damit verbundene Bezahlung, sondern einzig und allein die durch den Finanzdienst mögliche Entziehung vom Militärdienste ist, welche derselben ihre Ergänzungsmannschaft zuführt. Die einzuführende Ergänzungsart der Finanzwache darf daher weder das Kontingent der Armee schmälern, noch die Möglichkeit der Rekrutenabrichtung beeinträchtigen oder verhindern, daß ein in den Stand der Armee gehöriger, aber bei der Finanzwache dienender Mann nicht jederzeit zum Dienste bei seinem Militärtruppenkörper verwendet werden könne.

Der Minister des Inneren vermöchte nicht dafür zu stimmen, daß die zur Ergänzung der Finanzwache jährlich erforderliche Mannschaft dem jeweiligen Kontingent der Armee gegen Mehrstellung des hieraus für diese entstehenden Abgangs entnommen werde. Denn der jährliche Bedarf zur Ergänzung der Finanzwache bei einem Gesamtstande von zirka 25.000 Mann würde mit Rücksicht auf die vierjährige Dienstverpflichtung mindestens mit jährlichen 6000 Mann entfallen, um welche daher das Rekrutenkontingent erhöht werden müßte. Dieses entfällt aber ohnehin schon mit 103.000 Mann und kann nur schwer aufgebracht werden. Eine jährliche Erhöhung desselben um 6000 Mann würde eine sehr fühlbare und bedenkliche Belastung der Bevölkerung sein. Aus dieser Rücksicht haben sich auch bei der über die Frage wegen Befreiung der Finanzwachmannschaften vom Militär jüngst auf Ah. Befehl eingeleiteten Verhandlung fast alle Landesstellen gegen diese Modalität ausgesprochen. Sie erscheint dem Minister des Inneren auch nicht als notwendig, weil einerseits die Armee von ihren 600.000 (200.000 Urlauber) Mann die davon für den Finanzdienst in Anspruch genommene Anzahl entbehren, dieser aber selbst besser beraten sein dürfte, wenn ihm nicht die ganz jungen Leute aus den drei ersten Alterkslassen, sondern diejenigen überlassen werden, welche im 24. Lebensjahre in die Finanzwache eintreten und für die Zeit ihrer dortigen Verwendung vom Militärdienste befreit bleiben sollen. Se. Majestät haben bereits über eine zwischen dem Finanzminister und dem Armeeoberkommando gepflogene Verhandlung mit Ah. Kabinettsbefehle vom 4. August 1857 (Beilage VIII)aj anzuordnen geruht, daß die zum Militär abgestellten Individuen der Finanzwache zum Dienste in derselben beurlaubt und nur in außerordentlichen Fällen wieder zur Militärdienstleistung einberufen werden dürfen, und selbst Militärurlauber, welche sich erst als solche zum Eintritte in die Finanzwache melden, dabei jedoch nur im Bereiche ihrer Militärtruppenkörper und bis zur Einberufung durch ihre Kommandanten verwendet werden können. Durch dieses Ah. Zugeständnis schiene dem Minister des Inneren dem Bedürfnisse des Finanzwachdienstes ausreichend genügt zu sein. Sollte gleichwohl noch mehr erforderlich sein, so würde er sich nur zu dem Antrage auf Befreiung der vier letzten Altersklassen vom Militär für den Finanzwachdienst verstehen und für diesen Fall nach § 25 die Aufnahme eines neuen Paragraphs || S. 333 PDF || mit folgender Fassung beantragen: „lit.: kkFinanzwachmänner, welche die dritte Altersklasse überschritten habenak, für die Dauer ihrer Dienstleistung in diesem Körper.“

Nachdem durch diesen letztern Antrag – wie FML. Freiherr v. Kellner bemerkte – den in die Finanzwache eintretenden Individuen ein nicht unerheblicher Vorteil, nämlich die Nachsicht von mehr als der halben Militärkapitulation, zuginge und hierin ein genügendes Motiv für viele zum Eintritt in den Finanzwachdienst gefunden werden dürfte, so erklärte der Finanzminister mit Rücksicht auf die aus den neuesten Daten über den Stand und die Komplettierung der Finanzwache geschöpften Überzeugung über das Bedürfnis ihres Dienstes sich unter vollständiger Aufrechthaltung der Bestimmungen der Ah. Entschließung vom 4. August 1857 auch mit dem obigen auf die vier letzten Altersklassen beschränkten Befreiungsantrage befriedigen zu llwollen, wenn eine nähere Erwägung des Vorschlages dies tunlich erscheinen lassen werde; jedenfalls aber, wennal die Erfahrung zeigen sollte, daß hiermit das Auslangen nicht gefunden würde, müßte er sich die weiteren Anträge vorbehalten.

Die Mehrheit der Konferenz erklärte sich hiermit einverstanden, der Chef der Obersten Polizeibehörde aber dahin, daß er – gleich dem Minister des Inneren – in erster Linie nur für die Aufrechthaltung der Bestimmungen der Ah. Entschließung vom 4. August 1857 und erst in zweiter Linie für die weiter in Antrag gebrachte beschränkte Befreiung stimme.

Schließlich behielt sich der Minister des Inneren vor, die sämtlichen in den §§ 13 bis inklusive 26 aufgeführten Befreiungstitel nach den Kategorien geordnet, in einer deren Übersicht erleichternden neuen Fassung zu redigieren.

Gegen die §§ 27–40 wurde nichts eingewendet.

Das VI. Hauptstück: „Besondere Bestimmungen über die Stellung für die k. k. Marine“ (§§ 41–43) wurde mit Rücksicht auf die vom Handelsminister vorbehaltenen Anträge über die Marineinskription einer besonderen, nach dessen Zurückkunft zu pflegenden Beratung vorbehalten24. FML. Freiherr v. Kellner erachtete zwar, daß jede diesfällige besondere Verhandlung bereits durch die Ah. Entschließung vom 24. Oktober 1856 abgeschnitten sei, womit die Ergänzung der k. k. Marine lediglich durch das Armeeoberkommando zu veranlassen und kein eigner Marineergänzungsbezirk zu bestimmen ist25. Nachdem es sich aber hiebei nicht nur um die k. k. Kriegs-, sondern auch um die Handelsmarine handelt, so glaubte die Konferenz sich unbeschadet der vorbelobten Ah. Bestimmung auf jene Verhandlung einlassen zu dürfen.

Zu § 47, lit. b, wünschte der Justizminister , daß die in dem abschriftlich beiliegenden Hofdekrete vom 5. Februar 1838 26 (Beilage IX)am den Vätern oder Vormündern freiwillig || S. 334 PDF || Eingetretener zugestandene Reklamationsfrist von einem Jahre sowie die weiteren darin vorkommenden Detailbestimmungen über die Verständigung der Interessenten, Rückzahlung des Handgeldes etc. beibehalten werden.

Was die Reklamationsfrist betrifft, so bemerkte der Minister des Inneren , daß drei Monate nach dem bekanntgewordenen Eintritt des Sohns oder Mündels für den Vater oder Vormund hinlänglich sein dürften, um einen Entschluß über dessen weitere Bestimmung fassen zu können. Die Detailbestimmungen des Hofdekrets vom 5. Februar 1838 aber würden in das Gesetz nicht passen, wohl aber in der den Behörden ohnehin hinauszugebenden Vollzugsinstruktion ihren Platz finden.

Hiermit war auch die Konferenz einverstanden, umso mehr, als bei einer etwaigen Erweiterung der Frist auch der auf vier Monate festgesetzte Termin zur Einberufung des Nachmanns des reklamierten Freiwilligen angemessen erweitert werden müßte, was für die Nachmänner sehr lästig wäre.

Unter diesen Umständen beharrte der Justizminister wenigstens darauf, daß die anderen Bestimmungen des zitierten Hofdekrets gehörigen Orts aufgenommen werden.

Im § 49 würde der Minister des Inneren die vom Chef der Obersten Polizeibehörde zum § 9 beantragte Strafsanktion mit folgendem aufnehmen: „Die Übertretung der Vorschrift des § 9 wird nach den über die Meldungen bestehenden allgemeinen Vorschriften geahndet“, womit sich FML. Freiherr v. Kempen sowie die übrigen Stimmen einverstanden erklärten.

Der § 50 würde in Gemäßheit des Majoritätsantrags zum § 8 wegfallen. FML. Freiherr v. Kellner war mit Beziehung auf sein Votum zum § 8 auch für die Beibehaltung des § 50, ebenso der Minister des Inneren und der Chef der Obersten Polizeibehörde für den Fall, daß Se. Majestät die Anordnung des § 8 zu genehmigen fanden.

Die §§ 51–53, von der Stellungsflucht handelnd, würde der Minister des Inneren in einen Paragraphen zusammenfassenan,27.

Die Ah. Entschließung fehlt, siehe dazu Sammelprotokoll Nr. 444, Anm. 16.