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Nr. 406 Ministerkonferenz, Wien, 16. Juni 1857 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 16. 6./4. 7.), gesehen Bach, Thun, Toggenburg, Bruck, Nádasdy, Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner; abw. Kempen.

MRZ. – KZ. 2504 –

Protokoll der zu Wien am 16. Juni 1857 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Dotationserhöhung der griechischen Domkapitel Eperies und Munkács

Der Kultusminister referierte über die Differenzen, welche, Zeuge seines Vortrags vom 26. Mai 1857, KZ. 2474, MCZ. 2218, in betreff der Errichtung eines sechsten Kanonikats am griechisch-katholischen Domkapitel zu Eperies, dann wegen Erhöhung der Dotation für den dortigen Bischof und die Domkapitularen, endlich wegen Nachsicht des Rückersatzes eines Restes von 26.203 fl. 30¼ Kreuzer an den erhobenen Dotationsvorschüssen, zwischen ihm und dem Finanzminister obwalten.

Während der letztere auf seinem ablehnenden Antrage beharren zu müssen erklärte, glaubte der Kultusminister seine Anträge durch die im Vortrage entwickelten Motive rechtfertigen zu können, und der Minister des Inneren stimmte denselben mit der Bemerkung bei, daß, sobald das Bedürfnis der Dotationserhöhung für den Bischof und das Kapitel anerkannt wird, hieraus die Notwendigkeit der Nachsicht jenes Vorschußrestes von selbst folge, weil die Vorschüsse eben nur zum Zwecke der als notwendig anerkannten Dotationserhöhung gegeben worden sind. Die übrigen Votanten fanden hiergegen nichts zu erinnern1.

II. Dotationserhöhung der griechischen Domkapitel Eperies und Munkács

Die zwischen dem Kultusminister laut seines Vortrags vom 26. Mai 1857, KZ. 2480, MCZ. 2223, und dem Finanzminister bestandene Meinungsverschiedenheit über die Fortdauer der den Munkácser griechisch-katholischen Domkapitularen mit Ah. Entschließung vom 13. November 1852 2 auf fünf Jahre bewilligten Dotationserhöhung von je 400 fl. jährlich aus dem ungrischen Religionsfonds hat sich durch den erklärten Beitritt des Finanzministers zu dem Einraten des Kultusministers behoben3.

III. Trennung der Lehrkanzel der Therapie und der Pharmakologie in Prag

Der Antrag des Unterrichtsministers vom 2. Juni 1857, KZ. 2481, MCZ. 2226, wegen Trennung der Lehrkanzel der allgemeinen Pathologie und Therapie von jener der || S. 125 PDF || Pharmakologie und Rezeptierkunde und beziehungsweise Systemisierung zweier Lehrkanzeln für die genannten Fächer wurde gegen die Einsprache des Finanzministers von dem Minister des Inneren mit dem Bemerken unterstützt, daß er diese Maßregel für eine dem Stande der Wissenschaft entsprechende Verbesserung der medizinischen Studieneinrichtung halte, wogegen von Seite der übrigen Votanten nichts eingewendet wurde4.

IV. Dritte Klasse bei der Realschule in Pirano

Die Differenz zwischen dem Unterrichtsminister und dem Finanzminister in betreff der Errichtung eines dritten Jahrgangs an der Unterrealschule zu Pirano (Vortrag vom 26. Mai 1857, KZ. 2288, MCZ. 2079) hat sich durch die Erklärung des Finanzministers behoben, dem Antrage auf die Errichtung dieses Jahrgangs nicht weiter entgegenzutreten5.

V. Anstellung eines Assistenten für chemische Pathologie in Wien

Der Unterrichtsminister glaubte, seinen einverständlich mit dem Minister des Inneren gestellten, nur eine ganz unerhebliche Auslage veranlassenden Antrag vom 2. Juni 1857, KZ. 2476, MCZ. 2220, wegen definitiver Anstellung eines eigenen Assistenten für das Wiener pathologisch-chemische Institut gegen die Einsprache des Finanzministers im Interesse der Wissenschaft und der Krankenpflege der Ah. Genehmigung Sr. Majestät empfehlen zu dürfen6.

VI. Verordnung über Veräußerung und Belastung kirchlicher Güter

Nach Art. XXX des Konkordats7 ist zur Veräußerung und beträchtlichen Belastung von Kirchengütern die päpstliche und kaiserliche Genehmigung erforderlich. Se. Heiligkeit sind geneigt, den Bischöfen die Vollmacht zu geben, solche Genehmigungen zu erteilen oder höheren Orts einzuholen und erwarten bezüglich der landesherrlichen Genehmigung die Bestimmungen der Regierung. Der Kultusminister hat nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Kardinal v. Rauscher den Entwurf einer Ministerialverordnung (Beilage I)a vorgelegt, welcher die Bestimmungen über die Kompetenz zur Erteilung der Veräußerungsbewilligung, dann, nach Feststellung des Begriffs einer „beträchtlichen“ Belastung, zur Erteilung der Belastungsbewilligung enthält, und nachdem es sich || S. 126 PDF || hierbei auch um die Eintragung der durch solche Rechtsgeschäfte erworbenen dinglichen Rechte in die öffentlichen Bücher handelt, hat sich der Kultusminister weiters über den Entwurf (Beilage II) der hierwegen an die Gerichtsbehörden zu erlassenden Weisungb mit dem Justizminister dahin geeinigt, daß zur Eintragung aller die Veräußerung oder Belastung kirchlicher Güter betreffenden Akte in die öffentlichen Bücher die Beibringung der Erklärung der politischen Landesstelle erfordert werde, es sei die lf. und kirchliche Einwilligung zur Veräußerung oder beträchtlichen Belastung des Kirchenguts erteilt worden, oder, im Fall einer nicht beträchtlichen Belastung, den Vorschriften über die Verwaltung des Pfründen- und Gotteshausesvermögens Genüge geschehen.

Die Konferenz erklärte sich mit diesen Verordnungsentwürfen in merito einverstanden, und da es sich nach der Bemerkung des Kultusministers auch um deren Vollziehung in der Militärgrenze handeln wird, behielt er sich über Andeutung des Generaladjutanten FML. Freiherrn v. Kellner vor, hierwegen mit dem Armeeoberkommando in Verhandlung zu treten8.

VII. Lf. Kommissär bei Wahlen lebenslänglicher Ordensoberen

Der Kultusminister referierte seinen Antrag vom 11. Juni 1857, KZ. 2621, MCZ. 2353, wegen Änderung der bisherigen Bestimmungen über die Absendung eines lf. Kommissärs zu den Wahlen der lebenslänglichen Vorsteher der Stifte und Klöster.

Mit der Wirksamkeit des Konkordats9 entfällt ein wesentlicher Teil der bisherigen Funktion des zu einer solchen Wahl abgesandten lf. Kommissärs; er hat auf die Wahl selbst keinen Einfluß zu nehmen und auch die Temporalieninvestitur durch ihn findet nicht mehr statt. Es wäre also von der Absendung des lf. Kommissärs zu solchen Wahlen in der Regel abzustehen und das demselben nur mehr zustehende Recht der Ausschließung eines der Regierung nicht genehmen Individuums vom Bischof im Einvernehmen mit der Landesstelle auszuüben. In Ansehung der nach dem Tode eines || S. 127 PDF || Ordensobern vorzunehmenden Erhebung über den Vermögensstand des Konventes kann es bei der Absendung des lf. Kommissärs verbleiben.

In Ungern bestehen bezüglich der Benediktiner, Prämonstratenser und Zisterzienser besondere lf. Vorrechte der Ernennung des Vorstandes aus drei gewählten Kandidaten durch Se. Majestät, bei welchen es auch zu verbleiben hätte; bei diesen Abteien sowie bei der Erzabtei Martinsberg10 und der Abtei Praglia (Diözese Padua), welche von der bischöflichen Jurisdiktion exemt sind, würde dann auch die Absendung eines lf. Kommissärs zu erfolgen haben.

Der Handelsminister bemerkte hierüber: Es könnte seines Erachtens in allen Fällen bei der Absendung des lf. Kommissärs zu den gedachten Wahlen verbleiben. Denn wenn er auch weder auf den Wahlakt selbst noch auf die Temporalieninstallation einen Einfluß zu nehmen habe, so stehe ihm doch namens der Regierung das Recht der Exclusiva zu, und dieses auszuüben, sei schicklicher durch ihn als durch den Bischof, abgesehen davon, daß es mit Weitläufigkeiten verbunden ist, den Bischof in vorhinein gehörig zu instruieren, wen er auszuschließen habe, da man füglich alle Konventualen dabei in Betracht ziehen müßte. Es dringen weder die Bischöfe auf die Beseitigung des lf. Kommissärs, noch sei dessen Anwesenheit den Konventen selbst unerwünscht, es verstünde sich übrigens von selbst, daß für den Fall der unbedingten Beibehaltung des lf. Kommissärs, dessen Instruktion und Zeremoniell den gegenwärtigen Verhältnissen gemäß abgeändert werden müßte. Die Minister des Inneren und der Justiz teilten im wesentlichen die Ansicht des Handelsministers und glaubten, daß sich die Regierung vorbehalten könne, in einzelnen Fällen von der Absendung des lf. Kommissärs abzugehen, und daß Se. Majestät zu bitten wären, dem Kultusminister diese Ermächtigung zu erteilen.

Gegen diese letztere Modifikation, womit die übrigen Votanten einverstanden waren, fand auch der Kultusminister nichts einzuwenden11.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Laxenburg, am 7. Juli 1857.