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Nr. 381 Ministerkonferenz, Wien, 17. Dezember 1856 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 17. 12.), Bach 20. 12., Thun (I; nur am Anfang) 21. 12., K. Krauß, Toggenburg, Bruck, Bamberg.

MRZ. – KZ. 4553 –

Protokoll II der zu Wien am 17. Dezember 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Forderung von Loyalitätszeugnissen von seiten der Bewerber um Entschädigung für Kriegsprästationen in Siebenbürgen

Mit dem Ministerialerlasse vom 20. August 1850 1 wurde in betreff der Vergütung für Lieferungen und Leistungen an die k. k. und russischen Truppen in Siebenbürgen2 in den Jahren 1848 und 1849 unter anderm festgesetzt, daß von der Vergütungsleistung bloß die vermöge kriegsrechtlichen Urteils zum Vermögensverluste Verurteilten auszuschließen seien3. Kürzlich kam dem Minister des Inneren eine Vorstellung der Statthalterei gegen ein Ansinnen des Landesmilitärkommandos vor, worin behufs solcher Vergütungen überhaupt auch die Beibringung eines Zeugnisses über die tadellose politische Haltung des Entschädigungswerbers gefordert wurde. Da diese Forderung nicht im Sinne des zitierten Normals vom 20. August 1850 liegt, so beantragte der Minister des Inneren einverständlich mit der Statthalterei beim Armeeoberkommando und Finanzministerium die Zurücknahme derselben, wogegen sich jedoch diese beiden Zentralstellen erklärten, so daß der Minister des Inneren in dem Falle war, hierwegen unterm 15. November 1856, KZ. 4470, MCZ. 4093, die Ah. Entscheidung Sr. Majestät sich zu erbitten. Bei dem heutigen Vortrage beharrte der Minister des Inneren auf seiner Ansicht, wogegen der Finanzminister und der Repräsentant des Armeeoberkommandos GM. Freiherr v. Bamberg die fernere Aufrechthaltung der bisher in Übung gestandenen Forderung wegen Beibringung eines solchen Loyalitätszeugnisses vornehmlich aus dem Gesichtspunkte rechtfertigen zu können glaubten, daß, wenn jetzt davon abgestanden werden sollte, alle diejenigen, welche bisher wegen Mangels eines Loyalitätszeugnisses mit ihren Entschädigungs­ansprüchen abgewiesen wurden, mit Reklamationen dagegen auftreten und auf Grundlage der Gleichheit in der Behandlung ihre Ansprüche auf Vergütung erneuern würden.

Die Mehrheit der Konferenz stimmte der Ansicht des Ministers des Inneren bei, weil bei dem Bestande des Normales vom 20. August 1850, welches nur die wirklich || S. 253 PDF || Verurteilten von der Vergütung ausschließt, eine gegen dasselbe eingeführte Praxis, wodurch auch alle Nichtverurteilten noch zu der besonderen Nachweisung ihres Wohlverhaltens verpflichtet werden wollten, nicht als zu Recht bestehend anerkannt werden kanna .

Selbst der Finanzminister und GM. Freiherr v. Bamberg gaben zu, daß von diesem Gesichtspunkte aus gegen die Meinung des Ministers des Inneren nichts einzuwenden sei, nur konnte der Finanzminister nicht umhin, seine Verwunderung darüber zu äußern, wie bei der Vereinigung der obersten Zivil- und Militärgewalt im Lande in der Hand des Gouverneurs der im Eingange berührte Zwiespalt in den Ansichten der Statthalterei und des Militärkommandos sich habe ergeben können; und GM. Freiherr v. Bamberg glaubte den Minister des Inneren auf einen in den Akten zitierten Erlaß vom 28. Juni 1853, Z. 4328, aufmerksam machen zu sollen, wornach im allgemeinen der Grundsatz festgehalten worden sei, alle politisch Verdächtigen von der Vergütung auszuschließen. Bezüglich der Form, in welcher die besprochene Übung der Forderung eines Loyalitätszeugnisses aufzuheben wäre, erkannte man im allgemeinen als zweckmäßig an, daß dieser Ausspruch ohne öffentliche Kundmachung bloß durch eine Verweisung der Landesbehörden auf die einfache Beobachtung der Vorschrift vom 20. August 1850 zu erlassen wäre. Der Handelsminister glaubte insbesondere, daß dieselbe ohne Behelligung Sr. Majestät bloß vom Ministerium auszugehen hätte, nachdem auch das Normale nur vom Ministerium ausgegangen ist, und der tg. gefertigte Vorsitzende war der Meinung, daß sich dabei vielleicht auch eine Form finden lassen dürfte, um der von dem Repräsentanten des Armeeoberkommandos und vom Finanzminister geteilten Besorgnis vor nachträglichen Rekla­mationen der bis itzt wegen Mangel eines Loyalitätszeugnisses abgewiesenen Entschädigungs­werber zu begegnen.

Der Minister des Inneren , in der einen wie in der anderen Beziehung sich die weitere Erwägung vorbehaltend, nahm sofort seinen Vortrag vom 15. November 1856, KZ. 4470, MCZ. 4093, zu dem Ende zurück, um noch vorläufig durch Einvernehmung der Landesbehörden genau konstatieren zu lassen, wie groß sich der gesamte Stand der Entschädigungsforderungen stelle, wieviele zugelassen, wieviele und aus welchem Titel ausgeschlossen worden und welche noch in Aussicht seien. Das Resultat wird er seinerzeit, bfalls nicht die Angelegenheit im Einvernehmen der unmittelbar betroffenen Zentralstellen erledigt werden sollteb, mit seinen weiteren Anträgen in der Konferenz vortragen4.

II. Gnadenunterstützung für die Jablonitzer Insassen für Kriegsschäden

Der Antrag des Ministers des Inneren vom 14. November 1856, KZ. 4454, MCZ. 4080, wegen Bewilligung einer Gnadenunterstützung von 1000 f. an die durch die Verbrennung der Brücke beschädigten hilfsbedürftigen Jablonitzer Insassen wurde – bei der nur prinzipiellen Einsprache des Armeeoberkommandos und des Finanzministeriums – lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheim gestellt5.

III. Norm über Instandhaltung, Weißigung und Reinigung der Militärquartiere

Der Minister des Inneren referierte über die Meinungsdifferenzen, welche zeuge des Vortrags vom 9. September 1856, KZ. 3529, MCZ. 3240, zwischen ihm, dem Finanzminister und dem Armeeoberkommando über die Norm wegen Instandhaltung, Weißigung und Reinigung der zur Unterkunft des Militare nach der Bequartierungsvorschrift vom 15. Mai 1851 6 beigestellten Gebäude und Räumlichkeiten obwalten. Nach dem vom Finanzministerium im Einverständnisse mit dem Armeeoberkommando vorgelegten Entwurfe soll nämlich diese Weißigung und Reinigung der Lokalitäten, die für das Militär zu einem Spitale, Kanzlei etc., dann zu Wohnungen für Offiziere, Militärbeamte und Parteien gegen die in der Bequartierungsvorschrift bestimmten oder hiernach zu ermittelnden Vergütungen aus dem Militärfonds beigestellt werden, demjenigen obliegen, welcher dieselben beigestellt hat; wogegen nach dem Antrage des Ministers des Inneren bei allen zu obigen Zwecken bestimmten Lokalitäten in Ansehung jener Funktionen das zu gelten hätte, was bei gemieteten Gebäuden geschieht.

Der Finanzminister und der Repräsentant des Armeeoberkommandos, G M. Freiherr v. Bamberg glaubten die erstere Ansicht vornehmlich aus dem Gesichtspunkte vertreten zu können, daß die Beistellung jener Lokalitäten um den in der Bequartierungsvorschrift bestimmten Preis auf der besonderen Verpflichtung der Gemeinden zur Bequartierung des Militärs beruhe, mithin den Charakter einer Landesprästation7 annehme, auf welche die Vorschriften des gemeinen Rechts über Mietverträge keine Anwendung finden können. Nur dort, wo das Militare als eigentlicher vertragsmäßiger Mieter Lokalitäten innehat, könne ihm die Übernahme der dem gemeinen Mieter einer Wohnung obliegenden Herstellungen rechtmäßig zugemutet werden. Dabei machte GM. Freiherr v. Bamberg noch die Rücksicht der Konvenienz geltend, daß in der Regel dem Quartiergeber die Bestreitung der fraglichen Herstellungen leichter falle und weniger koste, als dem Militärärar, besonders an Orten, wo der Militärbehörde die Beischaffung der erforderlichen Materialien etc. nur aus der Ferne möglich ist.

Der Minister des Inneren erinnerte dagegen, daß die Beistellung von Räumlichkeiten für Kanzleien, Spitäler etc. und Offiziere etc. nach § 17 der Bequartierungsvorschrift im Mietwege erfolgt, wo die Gemeinde der Militärverwaltung gegenüber Aftermietgeber ist. Der einzige Unterschied zwischen solchen Mieten und jenen von Privaten liegt in dem Zwange, daß die Gemeinde solche Verträge eingehen muß, auch dann, wenn der militärischerseits bezahlte Zins ihre Auslage nicht deckt. Nur zur Beistellung, nicht aber zur Instandhaltung, Weißigung und Reinigung solcher Lokalitäten ist die Gemeinde durch die Bequartierungsvorschrift verbunden; sie hat daher nur den Hausbesitzer, mit dem sie die Miete schloß, zur Erfüllung seiner Verpflichtung zu verhalten; worin diese bestehe, bestimmt das ABGB. Was die vom Repräsentanten des Armeeoberkommandos gemachte Bemerkung über die Konvenienz der Überlassung der fraglichen Herstellungen an den Quartiergeber betrifft, so dürfte dieselbe in den meisten Fällen entfallen, da die Lokalitäten, um die es sich hier handelt, Spitäler, Kanzleien etc. gewöhnlich nur in Städten oder größern Orten benötigt werden, wo auch der || S. 255 PDF || Militärverwaltung hinlänglich Gelegenheit zur Beischaffung des nötigen Materials etc. geboten ist. Der Justizminister schloß sich ganz der Meinung des Ministers des Inneren an. Da für die Lokalitäten der Frage vom Militärärar eine Miete gezahlt wird, so muß wohl das diesfällige Verhältnis als ein Mietsverhältnis angesehen und nach den dafür bestehenden Rechten beurteilt werden. Beruht der Mietzins auf einem Übereinkommen, so wird, was man immer für Verpflichtungen dem Vermieter noch auferlegen will, dieser sich dafür durch Bedingung eines höheren Zinses schadlos zu halten suchen; das Ärar wird daher die Weißigungs- und Reinigungskosten indirecte in dem Mietzinse entrichten müssen. Wenn aber die Lokalität um einen fixierten Preis unter dem wahren Werte der Lokalität beigestellt werden muß, so berechtigt dieses die Militärverwaltung nicht, von der Gemeinde noch ein neues Opfer zu verlangen, welches ihr weder in der Bequartierungsvorschrift, noch im gemeinen Rechte dem Vermieter auferlegt wird.

Auch der Handelsminister trat der Ansicht des Ministers des Inneren bei. Die Prästation der Gemeinde besteht im gegebenen Falle in der Beistellung einer Lokalität um einen fixierten oder auszumittelnden Zins. In beiden Fällen nimmt sie den Charakter einer Miete an und muß bei dem Schweigen der Bequartierungsvorschrift über die damit verbundenen Lasten und Verpflichtigung nach dem allgemeinen Gesetze über Mieten beurteilt werden. Spricht dieses den Vermieter von der Weißigung und Reinigung frei, so kann das Militär als Mieter dieselbe von ihm und beziehungsweise von der Gemeinde nicht verlangen. Sonach war die Majorität der Konferenz für den Antrag des Ministers des Inneren. cDer Finanzminister findet hingegen keinen Grund, von der seit der Kaiserin Maria Theresia bestandenen Übung abzugehen und beharrt deshalb bei seinem au. Vortragec Der Finanzminister findet hingegen keinen Grund, von der seit der Kaiserin Maria Theresia bestandenen Übung abzugehen und beharrt deshalb bei seinem au. Vortrage.8

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Verona, 9. Jänner 1857.