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Nr. 365 Ministerkonferenz, Wien, 1. Oktober 1856 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 1. 10.), Bach, Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck.

MRZ. – KZ. 2969 –

Protokoll der zu Wien am 1. Oktober 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Höhere theologische Lehranstalt an der Universität Wien

Der Minister für Kultus und Unterricht referierte über die vom Kardinal Fürsterzbischofe von Wien beantragte Errichtung eines höheren theologischen Lehrkurses an der Wiener Universität, dann wegen Bestellung des Professors Fessler, für die diesfalls beabsichtigte erste Lehrkanzel des kanonischen Rechts beziehungsweise über die hierwegen mit dem Finanzminister obwaltende Meinungsdifferenz, wornach die Kosten für die Anstalt, wenn solche errichtet würde, nicht auf den Studienfonds, sondern auf den Religionsfonds zu übernehmen wären und von der angetragenen Erhöhung des Gehalts des Professors Fessler von 1400 f. auf 2000 f. abgegangen werden sollte1.

Nachdem es dem Kultus- und Unterrichtsminister sehr daran liegt, daß die einem dringenden Bedürfnisse entsprechende höhere theologische Lehranstalt an der Universität bestehe, so ist kein Grund, den Fonds zu ändern, aus dem die für Studienzwecke bestimmten Auslagen bestritten werden. Was ferner die Besoldung für Dr. Fessler anbelangt, so scheint die Rücksicht für den ausgezeichneten Ruf dieses Gelehrten sowie der Umstand, daß er bereits für das Bistum Brixen in Vorschlag gebracht worden, zu fordern, daß man ihm eine seinen Leistungen und Aussichten mehr entsprechende Besoldung gebe.

Bei der Abstimmung erkannte die Majorität der Konferenz die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Errichtung der fraglichen Lehranstalt an. Bezüglich der Besoldung für Fessler aber sprach sie sich bloß für eine Zulage von 600 f. zu dessen Gehalte per 1400 f. unter Beitritt des Finanzministers aus, weil die Gehaltserhöhung auf 2000 f. für Fesslers Nachfolger ein Präzedenz sein und gewissermaßen eine Systemisierung zur Folge haben würde; wogegen jedoch der Kultus- und Unterrichtsminister bemerkte, daß dies nicht der Fall sei, nachdem für Universitätslehrfächer überhaupt keine besondern Gehaltsausmaße systemisiert sind, sondern nur ein Gehaltsminimum festgesetzt ist2.

II. Hospizgebäude Santa Maria dell’Anima in Rom

Der Kultusminister referierte über seinen Vortrag vom 23. August 1856, KZ. 3283, MCZ. 2998, wegen Miete und Herstellung einer Wohnung für den Rektor des Hospizes Santa Maria dell’Anima in Rom im dritten Stocke des dortigen Hauses Nr. 21, dann Herstellung des vierten Stockes zur Unterbringung junger Priester, welchen Vortrag Ew. Majestät mit dem Ah. Kabinettschreiben vom 30. September 1856 samt der hierüber am 30. August 1856 abgegebenen Äußerung des Finanzministers an den tg. gefertigten Präsidenten der Konferenz mit dem Auftrage herabgelangen zu lassen geruhten, diese Angelegenheit in der Ministerkonferenz einer umfassenden und eindringlichen Beratung zu unterziehen, und das Ergebnis Allerhöchstdemselben mit seinem Gutachten zu unterlegen.

Vor allem bemerkte der Kultusminister, daß es sich derzeit noch nicht um die Bewilligung einer bestimmten Ziffer für die gedachten Herstellungen, sondern nur um den Antrag handle, daß Se. Majestät diese Herstellungen in thesi Ag. zu genehmigen geruhen und die Ausführung derselben nach Überprüfung des Bauprojekts durch den aderzeit in Rom befindlichena österreichischen Architekten Barvitius und den Rektor Flir3 der weitern Verhandlung vorbehalten bleibe. Sodann glaubte er der im Gutachten des Finanzministers gemachten Andeutung, daß die Kongregation dell’Anima die Miete und die Herstellungen im eigenen Stiftungshause zu bestreiten hätte, die Bemerkung entgegensetzen zu sollen, daß bdas ganze Hausb bereits von dem Kardinalerzbischofe Fürst Schwarzenberg4 gemietet sei, es sich also nunmehr um die Aftermiete dieser Lokalitäten handle und daß cder Rektor eine Wohnung im Institutsgebäude habe, welche aber erbärmlich und der sehr untergeordneten Stellung entsprechend sei, in welcher der Rektor von der Kongregation gehalten würde; daß es sich jetzt darum handle, ihm eine bessere, seiner Stellung entsprechende anzuweisen, zu welcher ihm die österreichische Regierung zu verhelfen bestrebt ist, damit er in der Lage sei, in ihrem Interesse größeren Einfluß zu üben, und dazu beizutragen, daß die österreichische Einwirkung auf tatsächlichem Wegec auf diese deutsch-welsche Stiftung gegen anderweitige Prätensionen dgesichert werded, sowie einen Kern zu bilden, um den sich emehr und mehr die deutschen katholischene Elemente in Rom sammeln und befestigen || S. 179 PDF || können. Als ein Mittel hiezu erscheint nun auch eine der Stellung des Rektors angemessene Unterkunft, die ihm die Mittel gewährt, Gastfreundschaft in anständiger Weise zu üben. fDie kaiserliche Regierung habe durch ihr Protektorat – welches selbst noch nicht gegen Anfechtungen gesichert sei, sondern erst durch die im Zuge befindliche kanonische Visitation gesichert werden könne, wenn die Regierung jetzt jede Gelegenheit wahrnimmt, um sich als Wohltäterin dem Institute gegenüber geltend zu machen – weder ein Recht noch die Macht, die Kongregation zu verhalten, daß sie aus Mitteln des Institutes besser für den Rektor der Kirche Santa Maria dell’Anima sorge, sondern, wenn es geschehen soll, so müsse sie es aus ihren Mitteln tunf . Der Kultusminister hielt es daher für ein dringendes Bedürfnis, daß dem Rektor die Wohnung in der angetragenen Weise mit Vorbehalt der im Einvernehmen mit dem Architekten Barvitius zu veranlassenden Erhebungen verschafft werde. Was den Antrag wegen des vierten Stockwerkes betrifft, so erklärte der Kultusminister, gdaß derselbe zu den Verhandlungen über das Institut dell’Anima in keiner direkten Beziehung stehe, sondern daß es sich lediglich darum handle, durch Herrichtung dieser Lokalitäten die Absicht der österreichischen Bischöfe zu fördern, welche über Anregung der Kardinalerzbischöfe von Wien und Prag dahin geht, dieselben sodann zu mieten als gemeinsame Unterkunft für junge Priester, welche sie nach Rom senden wollen, um dort eine höhere Ausbildung zu erlangen. Der Kultusminister ist des Erachtens, daß die Regierung alle Ursache habe, auch dieses Vorhaben zu fördern. Sollte jedoch Se. Majestät wenigstens vorläufig hierauf noch nicht definitiv einzugehen geruhen, so könne die Entschließung hierüber allerdings auch noch bis zu dem Ergebnisse weiterer Erhebungen über die Kosten dieser Herrichtung vorbehalten werdeng daß derselbe zu den Verhandlungen über das Institut dell’Anima in keiner direkten Beziehung stehe, sondern daß es sich lediglich darum handle, durch Herrichtung dieser Lokalitäten die Absicht der österreichischen Bischöfe zu fördern, welche über Anregung der Kardinalerzbischöfe von Wien und Prag5 dahin geht, dieselben sodann zu mieten als gemeinsame Unterkunft für junge Priester, welche sie nach Rom senden wollen, um dort eine höhere Ausbildung zu erlangen. Der Kultusminister ist des Erachtens, daß die Regierung alle Ursache habe, auch dieses Vorhaben zu fördern. Sollte jedoch Se. Majestät wenigstens vorläufig hierauf noch nicht definitiv einzugehen geruhen, so könne die Entschließung hierüber allerdings auch noch bis zu dem Ergebnisse weiterer Erhebungen über die Kosten dieser Herrichtung vorbehalten werden.

Die Konferenz erkannte zwar die Notwendigkeit an, dem Rektor eine anständige Wohnung im Hospiz zu verschaffen; allein, da über die Natur der Stiftung und deren Einkünfte keine Daten vorliegen, so war sie auch nicht in der Lage, sich mit Zuverlässigkeit darüber auszusprechen, ob nicht die Kongregation selbst verpflichtet sei, dem Rektor die Wohnung in der angedeuteten Weise beizustellen. In der ferneren Erwägung, daß das Verhältnis der Aftermiete, in welches das Ärar zu dem Kardinalerzbischof auf die Dauer seines Mietkontraktes mit der Kongregation träte, die Verwendung eines namhaften Betrags auf Herstellung der nach Ablauf der Mietsdauer des Kardinals wieder kündbaren Wohnung nicht rätlich erscheinen lasse, glaubte die Konferenz, sich dem Antrage des Finanzministers anschließen zu sollen, daß hdem Rektor der jährliche Betrag von 110 Scudi, damit er selbst die Wohnung im dritten Stocke mieten könne und zur Adaptierung und Einrichtung dieser Wohnung, ferner ein Pauschale von einigen tausend Gulden bewilligt werden dürfte, daß aber in betreff des vierten Stockes bis zur weiteren Aufklärung dieser Sache nichts vorgekehrt werde, gegen welchen Antrag schließlich auch der Kultusminister unter der Voraussetzung, daß das zu bewilligende Adaptierungspauschale hinreichend bemessen werde, nichts einzuwenden fandh dem Rektor der jährliche Betrag von 110 Scudi, damit er selbst die Wohnung im dritten Stocke mieten könne und zur Adaptierung und Einrichtung dieser Wohnung, ferner ein Pauschale von einigen tausend Gulden bewilligt werden dürfte, daß aber in betreff des vierten Stockes || S. 180 PDF || bis zur weiteren Aufklärung dieser Sache nichts vorgekehrt werde, gegen welchen Antrag schließlich auch der Kultusminister unter der Voraussetzung, daß das zu bewilligende Adaptierungspauschale hinreichend bemessen werde, nichts einzuwenden fand,6.

III. Pensionszulage für den Lehrer Stephan Kalamanowicz

In der zwischen dem Unterrichtsminister laut seines Vortrags vom 26. September 1856, KZ. 3791, MCZ. 3467, obwaltenden Meinungsdifferenz mit dem Finanzministerium wegen einer Pensionszulage für den Lehrer Stephan Kalamanowicz, welcher 46 Jahre gedient und bei seiner Pensionierung mehrere gesetzlich zulässige Emolumente eingebüßt hat, glaubte der Unterrichtsminister seinen Antrag auf Ag. Bewilligung dieser Zulage per 100 fr. durch die im Vortrage geltend gemachten Rücksichten vor der Ah. Gnade Sr. Majestät vertreten zu können, wogegen nichts erinnert wurde7.

IV. Paul v. Gyürkysches Seniorat

Bei der zwischen dem Minister des Inneren zeuge des Vortrags vom 22. September 1856, KZ. 3710, MCZ. 3393, bestehenden Meinungsverschiedenheit über die vom Justizminister einstimmig mit dem Obersten Gerichtshofe beanständete Errichtung des Paul v. Gyürkyschen Seniorats haben sich die mehreren Stimmen der Konferenz in Anbetracht der anerkannten Unzweckmäßigkeit dieser Fideikommißform gegen die Zugestehung desselben ausgesprochen8.

V. Gnadengabe für Franziska Salcher

Der Minister des Inneren glaubte, seinen Antrag vom 23. September 1856, KZ. 3724, MCZ, 3410, wegen Ag. Bewilligung einer Gnadengabe von 80 fr. für die Witwe Franziska Salcher gegen die in den Normalien gegründete Einsprache des Finanzministeriums im Gnadenwege befürworten zu können, wogegen nichts erinnert wurde9.

VI. Gnadengabe für Judith de Lorenzi

In der Meinungsdifferenz, welche zwischen dem Justiz- und dem Finanzminister über die Ziffer der Gnadengabe besteht, die zeuge Vortrags vom 22. September 1856, KZ. 3742, MCZ. 3430, für die Ratswaise Judith de Lorenzi10, dann

VII. Gnadengabe für Wilhelmine v. Nickfeld

KZ. 3740, MCZ. 3428, für die Expeditsdirektionsadjunktenswaise Wilhelmine v. Nickfeld in Antrag gebracht worden ist, erachtete der Justizminister seinen günstigeren Antrag aus den im Vortrage dargestellten Motiven der Ah. Gnade Sr. Majestät empfehlen zu dürfen, wogegen nichts erinnert wurde11.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Ischl, 22. Oktober 1856.