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Nr. 342 Ministerkonferenz, Wien, 27. Mai 1856 – I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 27. 5.), Bach 28. 5., K. Krauß, Toggenburg, Bruck, Kempen; abw. Thun.

MRZ. – KZ. 1820 –

Protokoll I der zu Wien am 27. Mai 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

[I.] Aufhebung des Wanderverbots österreichischer Handwerksgesellen in die Schweiz

Gegenstand der Beratung war die von dem tg. gefertigten Minister des Äußern in Anregung gebrachte Frage, ob es nicht tunlich sei, das bisherige Verbot des Wanderns österreichischer Handwerksgesellen nach der Schweiz aufzuheben.

Der Chef der Obersten Polizeibehörde gab hierüber seine Meinung dahin ab, daß, nachdem schon dermalen viele Ausnahmen zugunsten einzelner Kategorien, als der Maurer, Zimmerleute, Steinmetze, Gipser etc. zugestanden worden sind, gegen die Aufhebung des Verbotes im allgemeinen umso weniger ein Bedenken erhoben werden dürfte, als es kaum einem Zweifel unterliegt, daß unter den privilegierten Kategorien ebenso gut politisch Verdächtige als unter den ausgeschlossenen ganz unbedenkliche Individuen sich befinden können. Von seinem Standpunkte aus würde daher der Chef der Obersten Polizeibehörde für die Aufhebung des Verbotes stimmen, da auch die Wahrscheinlichkeit besteht, daß die Anzahl der in früheren Jahren nach der Schweiz gewanderten Handwerksgesellen nicht so groß gewesen, um den Fortbestand der Beschränkung notwendig zu machen. Es wäre jedoch den politischen Behörden, welche die Wanderungsbewilligung zu erteilen haben, zur Pflicht zu machen, daß sie dieselbe nach der Schweiz nur ganz unbedenklichen Personen gewähren.

Aus diesen Rücksichten und, nachdem sich die Verhältnisse seither in der Schweiz in politischer Beziehung günstiger gestaltet haben, trat die Konferenz dem gestellten Antrag einstimmig bei, und der Chef der Obersten Polizeibehörde übernahm es, hierwegen dem Feldmarschall Grafen Radetzky, von welchem die Bedenken gegen das Wandern der Handwerksgesellen nach der Schweiz vornehmlich ausgegangen waren, die erforderliche Mitteilung zu machen1.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Laxenburg, 2. Juni 1856.