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Nr. 340 Ministerkonferenz, Wien, 17. Mai 1856 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE und anw. (Buol 17. 5., I–IV), Bach 20. 5., Thun 21. 5., K. Krauß, Toggenburg, Wellenthal; abw. Bruck.

MRZ. – KZ. 1819 –

Protokoll der zu Wien am 17. Mai 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Kaufschilling für das Pester Tierarzneiinstitutsgebäude

Nach dem Vortrage des Unterrichtsministers vom 10. Mai 1856, KZ. 1878, MCZ. 1725, handelt es sich um die Bestimmung des Fonds, aus welchem der Kaufschilling für den zum Tierarzneiinstitute zu widmenden sogenannten Produktenhof bezahlt werden soll.

Während das Finanzministerium den Universitäts- oder den Landesfonds als hierzu berufen bezeichnet, legen sowohl das Unterrichts- als das Ministerium des Inneren hiergegen Verwahrung ein und weisen auf den Staatsschatz hin. Der Repräsentant des Finanzministeriums 1 erklärte zwar auch heute, auf der von dem letzteren schon bei der schriftlichen Verhandlung vertretenen Ansicht verharren zu müssen, weil nach der Natur der Anstalt als Lehr- und Landesanstalt die Kosten derselben dem Studien- oder dem Landesfonds zur Last fallen, der erstere insbesondere auch in anderen Kronländern für wissenschaftliche Institute überhaupt verwendet und, bei dessen Unzulänglichkeit, aus dem Staatsschatze unterstützt wird. Hiergegen erinnerte der Kultus- und Unterrichtsminister , daß der Universitätsfonds als passiv und der Studienfonds als ein katholischer Fonds zur Widmung für ein Veterinärinstitut nicht geeignet sind, und daß, wenn anderwärts der letztere für andere als für katholische Lehranstalten in Anspruch genommen worden ist, dieses als nicht gerechtfertigt abgestellt werden müßte. Wollte der Landesfonds dazu bestimmt werden, so hätte der Unterrichtsminister aus seinem Standpunkte nichts dagegen; allein, da hiergegen vom Minister des Inneren Einspruch getan wurde, und es überhaupt schwer zu bestimmen ist, ob eine Anstalt, wie die hier in Rede stehende, bloß dem Lande, wo sie errichtet werden soll, oder dem ganzen Reiche zum Nutzen gereiche, hier aber offenbar nicht bloß ein partikulares, sondern ein höheres allgemeines Interesse zu beachten ist, so glaubte der Unterrichtsminister die Bitte um Bestreitung der fraglichen Auslage aus dem Staatsschatze stellen zu sollen.

Auch der Minister des Inneren vertrat die Ansicht über den Charakter des ungrischen Veterinärinstitus als Staatsanstalt. In anderen Kronländern werden Veterinärschulen als solche angesehen und aus dem Staatsschatze dotiert; die Erfolge einer solchen Schule kommen nicht bloß einzelnen Ländern, sondern der ganzen Monarchie || S. 47 PDF || zugute, weil sie Tierärzte bildet, deren Verwendung geeignet ist, große Kalamitäten, die die Landwirtschaft im ganzen und großen bedrohen, abzuwenden oder einzuschränken. Es ist ein dringendes Bedürfnis, daß für Ungern eine solche Anstalt baldigst ins Leben trete, umso mehr, als das Wiener Veterinärinstitut fast ausschließlich für das Militare benützt wird. Da übrigens der ohnehin schon sehr bebürdete ungrische Landesfonds eine neue Last zu übernehmen nicht vermöchte, so unterstützte der Minister des Inneren den Antrag auf Anweisung des Kaufschillings aus dem Staatsschatze. Die übrigen Stimmen traten ebenfalls diesem Antrage bei2.

II. Unterstützung des Bischofs von Verona

Über das Gesuch des Bischofs von Verona, Benedikt v. Riccabona, waltet, zeuge des Vortrags des Kultusministers vom 15. d. M., KZ. 1877, MCZ 1724, zwischen diesem und dem Finanzministerium eine Meinungsverschiedenheit darin ob, daß die dem Bischofe zur Tilgung seiner Schulden etc. zu bewilligende Subvention nach dem Antrage des ersteren, außer einem Betrage von 5000 f. als Entschädigung der Kosten des Aufenthalts in Rom, mittelst einer Dotationszulage von 5000 f. auf fünf Jahre, nach jenem des Finanzministeriums aber mittelst eines unverzinslichen Vorschusses von 15.000 f. und einer fünfjährigen Zulage à 2000 f. gewährt werden dürfte.

Die Konferenz erkannte die Würdigkeit und Bedürftigkeit des Bittstellers, insbesondere den Anspruch auf eine Kostenvergütung für seinen im Interesse der Regierung verlängerten Aufenthalt in Rom, allseitig an. Der Minister des Inneren bemerkte, daß dem Bischofe bei seinem ausgewiesenen Schuldenstande weniger mit einer höheren Jahresrente als mit einer größeren Summe auf einmal geholfen sein und eine namhafte Dotationserhöhung leicht andere Bischöfe zu ähnlichen Ansprüchen auffordern dürfte. Er beantragte daher die Bewilligung eines Betrags von 10.000 f. als Entschädigung für die teils bei der Reise nach Rom, teils für die anderweitig im Interesse der Regierung gemachten Auslagen, dann eines Zuschusses von jährlich 2000 f. durch fünf Jahre zur Dotation. Diesem Antrage trat der Justizminister bei.

Der Handelsminister stimmte für einen bleibenden Dotationszuschuß von 2000 f. jährlich und für einen in einer angemessenen Anzahl von Jahren rückzahlbaren Vorschuß von 20.000 f., wodurch der Bischof in die Lage kommt, seine Schulden zu tilgen und zugleich eine Dotationserhöhung erhält, die durch die neuen Verhältnisse des Bischofsitzes von Verona dringend geboten ist.

In betreff des Vorschusses war der Repräsentant des Finanzministerium s3 mit der Vorstimme einverstanden; rücksichtlich der Dotationserhöhung blieb er bei 2000 f. jährlich auf fünf Jahre. Der Kultusminister bemerkte: Es liege zwar nichts vor, was darauf schließen lasse, daß der Bischof sich in momentanen Geldverlegenheiten befände, welche es notwendig machten, ihm durch eine größere Summe schleunige Hilfe zu gewähren, indem er selbst nur um eine jährliche Subvention, allerdings auch für die zwei verflossenen Jahre, bittet. Gleichwohl fand dieser Minister dagegen, daß diese jährliche Subvention auf 2000 f. ermäßigt werde, unter der || S. 48 PDF || Bedingung nichts einzuwenden, daß die Gesamtsumme der Unterstützung, die nach seinem Antrage 30.000 f. betragen würde, nicht verringert, und daß dem Bischofe nicht eine Zurückzahlung zugemutet werde, die er zu leisten nicht imstande sein dürfte4.

III. Pension des ehemaligen Bischofs von Belluno-Feltre

Die Differenz zwischen dem Kultusminister und dem Finanzministerium, welche zeuge des Vortrags vom 10. Mai d. J., KZ. 1816, MCZ. 1675, über die Ziffer der dem ehemaligen Bischof von Belluno, Anton Gava, zugedachten Pension besteht, dann

IV. Gnadengabe für die Ingenieurswaise Clotilde Müller

welche laut des Vortrags des Handelsministers vom 9. Mai 1856, KZ. 1786, MCZ. 1649, zwischen diesem und dem Finanzministerium in Ansehung der Bewilligung einer Gnadengabe von 60 f. für die Oberingenieurswaise Clotilde Müller obwaltet, wurde durch den erklärten Beitritt des Repräsentanten des Finanzministeriums zu dem Einraten des Vortrag erstattenden Ministers behoben.

V. Anweisung der Pensionszulage für Otto Graf Chotek

a Der Repräsentant des Finanzministeriums referierte über die laut Vortrag des Finanzministers vom 6. d. M. zwischen diesem und dem Minister des Inneren bestehende Meinungsdifferenz in betreff des Zeitpunkts der Wiederanweisung der dem gewesenen Oberstburggrafen v. Chotek mit Ah. Entschließung vom 8. Juni 1844 5 bewilligten Zulage von 2000 f. und beharrte aus den im Vortrage umständlich angeführten Gründen auf dem Antrage, daß die auf einer neuen Gnade beruhende Anweisung der fraglichen Zulage nur vom Tage der Ah. Entschließung über den gegenwärtigen au. Vortrag vom 6. d. M. erfolgen dürfte. Entgegen machte der Minister des Inneren unter Beitritt des Justizministers den Wortlaut der Ah. Entschließung vom 8. Juni 1844, womit dem Grafen Chotek diese Zulage auf die Dauer seines Quieszentenstandes bewilligt wurde, für die Ansicht geltend, daß ihm dieselbe auch pro praeterito, vom Tage der Reduktion der Pensionen auf 8000 f. überhaupt gebühre.

Der Kultusminister konnte nicht umhin, sein Bedauern über die Maßregel von 1848 und den Wunsch auszusprechen, daß es gegenwärtig, wo die Notwendigkeit ihrer Fortdauer nicht mehr besteht, im allgemeinen wieder davon abkomme und alle Pensionisten in ihre wohlerworbenen Rechte wieder eingesetzt werden. Wenn jedoch dies im allgemeinen nicht zulässig befunden würde, hielte es der Kultusminister nur für konsequent, daß auch in diesem Falle nach dem Antrage des Finanzministers entschieden werde6.

VI. Nachsicht des Schadenersatzes für den Kreishauptmann Leopold Kratter

In der vom Stellvertreter des Finanzministers (wegen der zwischen diesem und dem Minister des Inneren obwaltenden Differenz) zum Vortrage gebrachten Angelegenheit des Hofrates und Lemberger Kreisvorstehers Leopold Kratter || S. 49 PDF || wegen Nachsicht des bereits auf ein Drittel herabgesetzten und durch Abrechnung des Bonomoschen Ersatzes noch weiter verminderten Ersatzes aus der Kreiskassier Fischerschen Defraudation (Vortrag vom 3. Mai 1856, KZ. 1746, MCZ. 1620), haben sich die mehreren Stimmen der Konferenz dem Antrage des Ministers des Inneren auf Bewilligung der Nachsicht, teils aus den von diesem Minister angeführten Gründen, teils in Berücksichtigung jener Umstände angeschlossen, welche der Justizminister aus eigenem Wissen über die obwaltenden Lokal- und persönlichen Verhältnisse des durchaus rechtlichen Kreishauptmanns Kratter und [des] Kassiers Fischer anzugeben in der Lage war. Nur der Kultusminister trat der Ansicht des Finanzministers und dessen Stellvertreters bei, weil Kratter in kaum zu verantwortender Weise die gewöhnlichsten Vorsichten bei den Kasseskontrierungen außer Acht gelassen hat und, wenn in einem solchen Falle Nachsicht geübt wird, jede Haftung zunichte werden würde7.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Laxenburg, 26. Mai 1856.