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Nr. 310 Ministerkonferenz, Wien, 16. Oktober 1855 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 16. 10.), Bach (17. 10), Thun (18. 10), K. Krauß (18. 10), Toggenburg, Bruck (18. 10).

MRZ. – KZ. 3689 –

Protokoll der zu Wien am 16. Oktober 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Kundmachungspatent zum Konkordat

Der Kultusminister brachte den infolge des Ah. Kabinettsschreibens vom 7. d. M.1 nach vorläufiger Besprechung mit dem Fürsterzbischof von Wien ausgearbeiteten Entwurf eines Patents zur Kundmachung des von Sr. Majestät mit dem päpstlichen Stuhl abgeschlossenen Konkordats in der aus der Beilage ersichtlichen Fassung zum Vortrage2. Folgende Modifikationen wurden im Laufe der Beratschlagung in Antrag gebracht:

Im Eingange, meinte der Minister des Inneren , sollte es statt „zu befestigen oder zu erneuern“ heißen „zu erneuern und zu befestigen“, dann dürfte das Wort || S. 145 PDF || „durchgreifend“ wegbleiben. aÜber die im Eingange vorkommende Stelle „Seit Wir unter dem Beistande des Allmächtigen“, bemerkte der Justizminister, es scheine ihm angemessen, eine passendere, beiläufig so lautende Textierung: „Nachdem Wir durch die Fügung der göttlichen Vorsehung“ oder „Nachdem Wir infolge der unerforschlichen Ratschlüsse des Allmächtigen“ zu wählena Über die im Eingange vorkommende Stelle „Seit Wir unter dem Beistande des Allmächtigen“, bemerkte der Justizminister , es scheine ihm angemessen, eine passendere, beiläufig so lautende Textierung: „Nachdem Wir durch die Fügung der göttlichen Vorsehung“ oder „Nachdem Wir infolge der unerforschlichen Ratschlüsse des Allmächtigen“ zu wählen.

Die Stelle „welche Uns die Bischöfe jener Länder als die dringendsten bezeichnet hatten“ wurde vom Justizminister beanständet, weil nicht die Bischöfe, sondern die Räte der Krone berufen sind, Sr. Majestät Regierungsmaßregeln vorzuschlagen und weil auch in den kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850 3, die hier bezogen werden, eine Berufung auf Anträge der Bischöfe nicht, sondern nur jene auf den Antrag des Kultusministers und des Ministerrates stattgefunden hat. Sonach würde der Justizminister es für angemessen erachten, wenn gesagt würde „welche Wir als die dringendsten erkannt haben“.

Der Kultusminister entgegnete, daß seine Textierung den tatsächlichen Verhältnissen entspreche und daß niemandem die Konferenzen der Bischöfe, die zu diesem Zwecke jener Verordnungen stattfanden, unbekannt geblieben seien. In dieser Beziehung glaubte der Minister des Inneren die beiderseitigen Ansichten in der nachstehenden Textierung vereinigen zu können: „welche Wir nach Einvernehmung der Bischöfe jener Länder als die dringendsten erkannt hatten“. Zum Absatz I wurde statt der Worte: „in welchen sie bisher noch nicht in den Händen der Bischöfe ruht“ übereinstimmend vom Minister des Inneren und der Justiz folgende Textierung beantragt: „in welchen sie bisher noch nicht den Bischöfen anvertraut“ oder „übergeben ist“.

Im Absatz II wünschte der Minister des Inneren in der Phrase: „werden Wir nach Einvernehmung der Wünsche und Anträge der Bischöfe bekannt geben lassen“ die Hinweglassung der Worte „der Wünsche und Anträge“, weil es sich bezüglich des Zeitpunkts der Aktivierung der geistlichen Ehegerichte nicht mehr um neue Wünsche und Anträge der Bischöfe handeln kann, sondern nur darum, bis wann dieselben in der Lage sein werden, diese Gerichte zusammenzusetzen.

Außer diesen vornehmlich stilistischen Modifikationen hat sich noch eine wesentliche Differenz in diesem Absatze bei der Stelle ergeben: „Bis dahin bleiben die bestehenden Gesetze über diese Angelegenheiten auch für Unsere katholischen Untertanen verbindlich und die darauf gegründeten Entscheidungen Unserer Gerichte bleiben für die bürgerlichen Wirkungen ihrer (der) Ehen maßgebend.“ Es beantragte nämlich der Justizminister den Satz mit dem Worte „verbindlich“ zu schließen und den Nachsatz „und die darauf gegründeten etc.“ wegzulassen, weil hiermit sowohl dem Wortlaute als dem Sinne des entsprechenden Absatzes des Ah. Kabinettschreibens vom 7. Oktober4 vollkommen genüge getan wird, der Nachsatz aber eine bin den klaren Worten und in der klaren Absicht des Ah. Handbillets nicht liegende, sondern denselben widersprechendeb in den klaren Worten und in der klaren || S. 146 PDF || Absicht des Ah. Handbillets nicht liegende, sondern denselben widersprechende Restriktion enthält, welche leicht zu Mißverständnissen, cja sogar zu der Meinungc Anlaß geben könnte, ddaß die Richtersprüche nur bis zum Beginne der Wirksamkeit des X. Artikels des Konkordats von rechtlicher Wirkung sein werdend .

Man muß man nämlich – setzte der Handelsminister hinzu – den Gegensatz wohl beachten, in welchem der Bestand (Gültigkeit oder Ungültigkeit) des Ehebandes zu den bürgerlichen Wirkungen im Art. X des Konkordats selbst genommen wird5. Nach diesem Artikel haben die geistlichen Gerichte allein über den Bestand des Ehebandes zu entscheiden und nur auf Grundlage dieser Entscheidung erkennen sodann die weltlichen Gerichte über die bürgerlichen Wirkungen der Ehe. Bleibt nun der beanständete Satz „und für die bürgerlichen Wirkungen maßgebend“, so werden die weltlichen Gerichte mit Hinblick auf obige Distinktion des Art. X, sich zur Entscheidung über den Bestand der Ehe nicht für kompetent erachten, und es werden, da die geistlichen Ehegerichte noch nicht konstituiert sind, alle das Eheband selbst betreffenden Streitigkeiten bis zu dem im Absatz 2 vorbehaltenen Zeitpunkt unentschieden bleiben, was zu großen Unzukömmlichkeiten führen und ohne Zweifel auch der Ah. Absicht Sr. Majestät wegen einstweiliger Aufrechterhaltung der bestehenden Ehegesetze nicht entsprechen würde. eDieser Auffassung trat auch der Justizminister beie .

Der Kultusminister bemerkte zwar dagegen, er besorge eine solche Auffassung des beanständeten Satzes von Seite der Gerichte keineswegs, nachdem ja klar gesagt wird, daß die bestehenden Ehegesetze und die darauf gegründeten Entscheidungen der Gerichte zu gelten haben. Auch statuiert der Nachsatz nichts, was nicht schon gegenwärtig tatsächliche Geltung hätte, indem ja auch gegenwärtig schon den weltlichen Gerichten eine Judikatur über das Sakrament nicht zusteht, so daß, wenn z. B. jetzt ein Gericht nach dem ABGB. die Ungültigkeit einer Ehe ausspräche, welche nach den kanonischen Satzungen als gültig angesehen wird, jene Ungültigkeitserklärung wohl für die bürgerlichen Verhältnisse der Parteien, ihr Vermögen, Unterhalt etc., nicht aber auch dahin wirksam sein könnte, den katholischen Seelsorger zur Anerkennung der Ungültigkeit und zur Zulassung der Parteien zur Ehe mit anderen Personen zu nötigen. Im übrigen erscheint dem Kultusminister der angefochtene Beisatz notwendig und angemessen, weil derselbe als eine erläuternde Bestimmung geeignet ist, den römischen Hof darüber zu beruhigen, daß es der Regierung mit der aufrichtigen Vollziehung des Konkordats ernst ist und zugleich die eigenen Untertanen über die wahren Wirkungen der Gesetze zu belehren.

Alle übrigen Stimmführer schlossen sich jedoch der Ansicht des Justiz- und Handelsministers für die Weglassung des Nachsatzes in der Rücksicht an, weil derselbe bedenklich und, insofern er nichts Neues statuieren will, überflüssig erscheint, || S. 147 PDF || und selbst zur Beruhigung des römischen Hofs nicht notwendig sein dürfte, nachdem andere Garantien für die Erfüllung der im Konkordate übernommenen Verbindlichkeiten von Seite der österreichischen Regierung gegeben sind.

Zum Absatz III schlug der Minister des Inneren vor, statt „haben etc. volle Gesetzeskraft“ zu setzen „haben etc. in volle Gesetzeskraft zu treten“.

Schließlich machte der Justizminister auf die Notwendigkeit aufmerksam, am Ende des Patents die übliche Klausel wegen Vollziehung dieser Anordnungen durch die Minister, die es betrifft, beizufügen.

Mit diesen Modifikationen wird der Entwurf zur Ah. Genehmigung Sr. Majestät durch den tg. gefertigten Präsidenten der Konferenz vorgelegt werden6.

II. Verpflegung des Landesgerichtsrates Joseph Komornik

Die Differenz zwischen dem Minister des Inneren und der Justiz einer-, dann dem Finanzminister andererseits wegen Gestattung der Verpflegung des irrsinnigen Landesgerichtsrates Joseph Komornik nach der 2., gegen Bezahlung der 3. Klasse (Vortrag vom 9. d. M., KZ. 3541, MCZ. 3223) wurde durch den Beitritt des Finanzministers zu dem Antrage der ersteren behoben.

III. Gnadengabe für die Professorswaise Innocenza De la Casa

Bei der wiederholten Einsprache des Finanzministers gegen den Antrag des Unterrichts­ministers vom 11. Oktober 1855, KZ. 3585, MCZ. 3266, wegen Beteilung der Professorswaise Innocenza De la Casa mit einer Gnadengabe von jährlichen 60 fr., nachdem dieselbe vermöge des neuesten ärztlichen Zeugnisses vom 31. August 1855 nicht als absolut erwerbsunfähig, sondern nur als „di mal ferma salute, nè atta a sostenere assiduo lavoro“ bezeichnet wird, erklärte der Unterrichtsminister , auf seinem diesfälligen Antrag nicht unbedingt bestehen, sondern denselben lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimstellen zu sollen7.

IV. Personalzulage für den Ingenieur Joseph Schembera

In der Meinungsdifferenz, welche zwischen dem Handels- und dem Finanzminister über die Ziffer der mit dem Vortrage vom 3. d. M., KZ. 3500, MCZ. 3185, für den Bezirksingenieur Joseph Schembera zu erwirkenden Personalzulage von 200 bezüglich 100 fr. obwaltet, trat der Justizminister der günstigeren Meinung des Handelsministers aus den von dem letzteren geltend gemachten Rücksichten für die lange Dienstzeit, die zahlreiche Familie und das Verhältnis des Gehalts des Bittstellers zu der vorgeschlagenen Verbesserung bei. Die mehreren Stimmen jedoch schlossen sich der Meinung des Finanzministers für die der nächsthöheren Gehaltskategorie entsprechende Zulage von 100 fr. an8.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 5. November 1855.