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Nr. 304 Ministerkonferenz, Wien, 11. August 1855 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 11. 8.), Bach (IV–VIII, 21. 8.), Thun, Toggenburg, Bruck; abw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 2561 –

Protokoll der zu Wien am 11. August 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Auszeichnung für Mathias Drexler, Philipp Degel und Emanuel Fronek

Der Kultusminister erhielt die Zustimmung der Konferenz zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Ag. Verleihung

a) des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Personaldechant und Pfarrer zu Hossin in Böhmen, Pater Mathias Drexler, dann des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens,

b) an den Leitmeritzer infulierten Domsenior, Konsistorialrat usw. Philipp Degel und

c) an den Kreuzherrnordenspriester, den infulierten Propst am Pöltenberg, Emanuel Fronek, in Ansehung der von jedem dieser Priester im 50jährigen Seelsorgeramte um Kirche und Staat erworbenen Verdienste1.

II. Gehaltserhöhung für Professor Ludwig Arányi

Der Unterrichtsminister referierte über eine Meinungsdifferenz, welche zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der Gehaltserhöhung für den Professor der pathologischen Anatomie in Pest, Dr. Arányi, obwaltet.

Es wurde für diesen mit 750 fr. honorierten Professor die Erhöhung seiner Bezüge auf 1000 fr. beantragt, diese aber vom Finanzministerium vornehmlich aus dem Grunde abgelehnt, weil Arányi wegen seines politischen Verhaltens zur Rechtfertigung gezogen und weil seine Befähigung zum Lehramte bezweifelt wurde. Beide Einwendungen erscheinen aber als behoben, nachdem Arányi hinsichtlich seines politischen Verhaltens vor der Purifizierungskommission sich gerechtfertigt hat und seiner wissenschaftlichen Befähigung sowohl von den Pester Professoren als auch von den hiesigen Professor Rokitansky ein günstiges Zeugnis erteilt wird. Bei diesen Verhältnissen erachtete der Unterrichtsminister – gegen die Einsprache des Finanzministers – seinen Antrag auf Erhöhung des für einen Universitätsprofessor zum anständigen Auskommen heutzutage offenbar unzureichenden Gehalts von 750 auf 1000 fr. – unter Beistimmung der übrigen Votanten – zur Ah. Genehmigung empfehlen zu dürfen2.

III. Musikkonservatorium in Mailand

In der zwischen dem Unterrichts- und dem Finanzminister über die Reorganisierung des Musikkonservatoriums in Mailand gepflogenen, der Ah. Sanktion Sr. Majestät zu unterziehenden Verhandlung hat sich zwischen beiden Ministern eine Meinungsverschiedenheit in Ansehung der Art der Bestellung der Professoren dieser Anstalt darin ergeben, daß das Finanzministerium sich gegen die vom Unterrichtsminister beantragte stabile Anstellung der Professoren erklärte. Der Unterrichtsminister stellte jedoch vor, daß eine bloß zeitliche Aufnahme der Professoren gegen Remuneration bei diesem Institute eine Neuerung wäre, welche bezüglich der schon Angestellten gar nicht anwendbar sein, für die Zukunft aber den übelsten Eindruck machen und tüchtige Bewerber um Professorenstellen abschrecken würde.

In der Voraussetzung, daß die Dotierung der Anstalt in der Folge auf den Landesfonds wird überwiesen werden können, erklärte der Finanzminister, vorderhand dem Antrage des Unterrichtsministers nicht weiters entgegentreten zu sollen.

IV. Pensionserhöhung für den Sardar Bartolomeo Alborghetti

a Der Minister des Inneren referierte über die Meinungsdifferenz, welche zeuge seines Vortrags vom 9. August 1855, KZ. 2811, MC[Z]. 2537, zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der Pensionserhöhung für den Sardar3 der dalmatischen Forza territoriale, B. Alborghetti, besteht.

Bei der – fortan aufrecht erhaltenen – Einsprache des Finanzministers gegen dieses Zugeständnis erachtete der Minister des Inneren seinen Antrag auf Verleihung einer Pension von 480 fr. der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimstellen und sich auf die im Vortrage entwickelten Gründe beziehen zu sollen4.

V. Pension für die Witwe Magdalena Lier

Der Antrag des Ministers des Inneren vom 2. August 1855, KZ. 2694, MC[Z].2461, wegen Beteilung der Bezirksvorsteherswitwe Magdalena Lier mit einer Gnadenpension von jährlich 150 fr. erhielt gegen die des Prinzips und der Exemplifikationen wegen vom Finanzminister getane Einsprache aus den vom Minister des Inneren angeführten Motiven die Beistimmung der Mehrheit der Konferenz5.

VI. Unterstützung der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften

Die Meinungsdifferenz, welche zeuge des Vortrags des Minister des Inneren vom 30. Juli 1855, KZ. 2649, MC[Z]. 2421, zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften auf zehn Jahre zu bewilligenden Dotation von jährlich 1000 fr. obwaltet, ist, nachdem der Kultusminister sich im Interesse dieses Institutes auf das Wärmste für den Antrag des Ministers des Inneren ausgesprochen hatte, durch die Erklärung des Finanzministers als behoben anzusehen, wornach er in der Voraussetzung, || S. 128 PDF || daß sich bei der Verhandlung über die Regulierung der Landesfonds die Möglichkeit der Überweisung dieser Dotation auf den Landesfonds ergeben dürfte, vorderhand dem Antrage des Ministers des Inneren beipflichtete.

VII. Gnadengabe für die Bahnwärterwaisen Zanetti

In der Meinungsdifferenz, welche zwischen dem Handelsminister laut Vortrags vom 25. Juli l. J., KZ. 2579, MC[Z]. 2372, und dem Finanzminister über die Pensionsbehandlung der Hinterlassenen des Bahnwächters Joseph Zanetti besteht, hat sich die Majorität der Konferenz mit dem Antrage des Handelsministers für die günstigere Behandlung vereinigt6.

VIII. Verhandlungen über die evangelischen Kirchenangelegenheiten in Ungarn

Der Kultusminister hat in Befolgung der Ah. Entschließung vom 9. Dezember 1854 7 mit Vertrauensmännern der evangelischen Glaubensgenossen in Ungarn, Siebenbürgen, der serbischen Woiwodschaft, Kroatien und Slawonien die Verhandlung über den die Regelung der kirchlichen Verhältnisse dieser Akatholiken bezweckenden, der Ah. Genehmigung Sr. Majestät zu unterziehenden Gesetzesentwurf gepflogen8. Das Resultat der Verhandlung kann nach der Versicherung des Ministers im ganzen als ein befriedigendes angesehen werden. Nur in drei Punkten haben sich die Abgeordneten eine Modifikation der in der Ah. Entschließung vom 9. Dezember bereits als Grundlage der Verhandlung festgesetzten Bestimmungen erbeten, wornach es notwendig ist, hierüber noch vorläufig und vor der endlichen Vorlage des Ganzen die Ah. Entscheidung Sr. Majestät einzuholen. Diese Punkte sind:

1. Die Abhaltung periodischer Synoden ohne Zuziehung eines lf. Kommissärs.

2. Die alljährliche Abhaltung von Konferenzen (für jede Konfession abgesondert) aus allen Superintendenzen der betreffenden Konfession zur Beratung gemeinsamer Geschäfte und Interessen, als: Stiftungsadministration, Schul- und Kirchensammlungen, gemeinsame Beschwerden gegen den obersten Kirchenrat, Vorbereitung der Vorlagen für die Synode.

3. Die Zugestehung von bUnterstützungspauschahen an die Superintendenzen, aus welchen die Senioren und Superintendenten von der Superintendenz statt unmittelbar aus einer Staatskassa angemessene Funktionszulagen erhalten sollenb Unterstützungspauschahen an die Superintendenzen, aus welchen die Senioren und Superintendenten von der Superintendenz statt || S. 129 PDF || unmittelbar aus einer Staatskassa angemessene Funktionszulagen erhalten sollen, damit solche nicht als besoldete Staatsdiener erscheinen und damit die nach der Honorierung derselben noch verbleibenden Reste an der Ag. zugestandenen Dotation zur Unterstützung von armen Kirchen und Schulen verwendet werden können.

Im allgemeinen erscheinen diese Begehren nicht als unzulässig, und der Kultusminister glaubte, dieselben vornehmlich in der Rücksicht unterstützen zu sollen, weil durch deren Gewährung die Abgeordneten zum Aufgeben der den Evangelischen in den ungarischen Kronländern durch den 26. Artikel des Landtagsbeschlusses von 1791 garantierten Generalkonvente9 vermocht und hiernach ein gedeihliches Resultat der Schlußverhandlungen gesichert werden würde, welches sonst nicht zu erwarten sein dürfte. Was die Einzelheiten betrifft, so wäre nach dem Erachten des Kultusministers die Gewährung der Bitte ad 1. an die Bedingung zu knüpfen, daß die Zahl und die Bestimmung der zur Synode zu berufenden Individuen vorher gesetzlich festgesetzt werde, daß die Synode sich ausschließlich nur mit der Beratung kirchlicher clegislativer und dogmatischerc Angelegenheiten zu beschäftigen, ihre Protokolle Sr. Majestät vorzulegen habe und ihre Beschlüsse nur mit kaiserlicher Genehmigung ausführen dürfe.

Belangend die sub 2. gedachten Konferenzen zur Beratung gemeinsamer Angelegenheiten, so würden diese durch Beschränkung der Abgeordneten auf zwei bis drei Individuen aus jeder Superintendenz verhältnismäßig kleine Kollegien bilden. Es würde auch das angesuchte Recht, gemeinsame Angelegenheiten und Beschwerden gegen den obersten Kirchenrat auf diesen Konferenzen zur Sprache zu bringen, nicht bedenklich erscheinen, weil deine unbedingte Versagung, Beschwerden vorzubringen, an sich nicht möglich sei, es aber nur zweckmäßig erscheine, daß die Beschwerdeführung über allgemeine Angelegenheiten nicht von jeder Superintendenz einzeln geführt werden, sondern die ungegründete Aufregung einer Superintendenz durch die Notwendigkeit der Beratung des Gegenstandes zurückgehalten werded .

Bezüglich der sub. 3 gedachten Amtspauschalien kommt nur zu bemerken, daß, obwohl hiermit etwas Mehreres, als Allerhöchstenorts festgesetzt ist, nämlich auch die Unterstützung der Gemeinden bezielt wird, doch dieselben innerhalb der Grenzen der Bescheidenheit in Anspruch genommen werden. Da übrigens nur bei Gewährung dieser drei Bitten ein ersprießliches Resultat der ganzen Verhandlung zu hoffen ist, so erbat sich der Kultusminister die Beistimmung der Konferenz zur Erwirkung der Ah. Genehmigung seiner Anträge.

Der Minister des Inneren erklärte sich mit diesen Anträgen vollkommen einverstanden, || S. 130 PDF || und auch die übrigen Votanen fanden nicht das mindeste dagegen einzuwenden10.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Laxenburg, 30. August 1855.